Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Menschĭkow“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 11 (1888), Seite 480481
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Menschĭkow. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 11, Seite 480–481. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Mensch%C4%ADkow (Version vom 20.03.2024)

[480] Menschĭkow, 1) Alexander Danilowitsch, Fürst von, russ. Staatsminister, geb. 6. (16.) Nov. 1672 bei Moskau aus niederm Stand, war in jungen Jahren Spielgenosse Peters d. Gr. Als Sergeant im Garderegiment Preobraschensk machte er 1696 den Feldzug gegen Asow mit und begleitete dann den Zaren auf seiner Reise nach Holland und England. Im Ausland benutzte er die Zeit zu fleißiger Arbeit und tüchtigen Studien. Immer höher in der Gunst des Zaren steigend, übernahm er die Oberaufsicht der Erziehung von dessen Sohn Alexis. Im Nordischen Krieg zeichnete er sich mehrfach, namentlich 1702 vor Schlüsselburg, aus, zu dessen Kommandanten er nach der Eroberung ernannt wurde. Bei der Einnahme von Marienburg 1702 kam er in den Besitz jenes Mädchens, welches später als Kaiserin Katharina I. den Urheber ihres Glückes nie vergaß. M. ward vom Kaiser Leopold I. 1702 zum Grafen, 1706 zum deutschen Reichsfürsten und, nachdem er 30. Okt. 1706 die Schweden bei Kalisch geschlagen, von Peter zum russischen Fürsten und Herzog von Ingermanland erhoben. Nach der Schlacht bei Poltawa 1709 zwang er bei Peremolotschna den größten Teil der schwedischen Armee unter Löwenhaupt zur Kapitulation und erhielt noch auf dem Schlachtfeld die Feldmarschallswürde. 1710 nahm er Riga, rückte dann in Pommern und Holstein ein und eroberte 1713 Stettin. 1714, 1719 und 1723 wurde er der ärgsten Bestechungen und Veruntreuungen angeklagt und erlangte nur durch die Gunst Katharinas die Gnade des mißtrauisch gewordenen Zaren wieder. Als nach Peters Tod 1725 Katharina durch Menschikows Mitwirkung den Thron bestieg, erreichte dessen Macht den höchsten Gipfel. M. veranlaßte die Kaiserin, Peter II. als Nachfolger einzusetzen, indem er während der Regierung des minderjährigen Kaisers noch lange zu herrschen hoffte. Auch bewirkte er die Verlobung seiner Tochter mit Peter II. Diese ehrgeizigen Pläne erregten jedoch den Neid von Menschikows Feinden, und da Peter überdies des Zwanges überdrüssig war, ward M. plötzlich des Hochverrats, der Teilnahme am Tode des Prinzen Alexis, der Absicht auf die Krone, vielfacher Bestechungen etc. angeklagt und nebst seiner Familie nach Beresow in Sibirien verwiesen, während sein unermeßliches Vermögen der Krone verfiel. M. starb 22. Okt. (2. Nov.) 1729. Seine beiden noch übrigen Kinder wurden von der Kaiserin Anna aus der Verbannung zurückgerufen. Die Tochter Alexandra vermählte sich mit dem General Grafen Gustav Biron, Bruder des Herzogs von Kurland, und starb 13. (24.) Okt. 1736 in Petersburg. Der Sohn, Fürst Alexander Alexandrowitsch, geb. 1713, wurde Gardeoffizier, erhielt die väterlichen Güter zurück, zeichnete sich in den türkischen und schwedischen Kriegen aus und starb als General en Chef 27. Nov. (8. Dez.) 1764.

2) Alexander Sergejewitsch, Fürst, russ. Staatsmann, Enkel des Fürsten Alexander Alexandrowitsch, geb. 1789, trat 1805 in die Armee ein, widmete sich aber bald der diplomatischen Laufbahn und ward Attaché bei der Gesandtschaft in Wien. Die Feldzüge von 1812 bis 1815 machte er als Flügeladjutant des Kaisers Alexander I. mit und rückte in ihnen bis zum General auf, nahm aber 1823 mit Kapo d’Istrias, Stroganow u. a. seine Entlassung, weil die von ihnen gewünschte Intervention zu gunsten Griechenlands nicht stattfand. Nach der Thronbesteigung des Kaisers Nikolaus 1825 ward M. nach Persien gesandt, um dem Schah ein Bündnis mit Rußland gegen die Türkei anzubieten; doch scheiterte das Projekt teils an Menschikows Schroffheit, teils an des Schahs Übermut. An dem alsbald ausbrechenden persisch-russischen Krieg nahm M. im Generalstab teil. Im türkischen Feldzug von 1828 erhielt er das Kommando der Expedition nach Anapa, welche Festung sich ihm nach kurzer Belagerung im Juni ergab. Dann mit der Belagerung von Warna beauftragt, wurde er bei einem Ausfall der Garnison schwer verwundet. Nach seiner Wiederherstellung trat er als Vizeadmiral und Chef des Marinegeneralstabs an die Spitze des russischen Seewesens, welches ihm hauptsächlich sein Aufblühen verdankte. Seit 1831 auch Generalgouverneur von Finnland, wurde M. 1834 zum Admiral befördert und 1836 Marineminister, trat aber später wieder in seine Stelle als Statthalter von Finnland [481] zurück und beschäftigte sich daneben mit der Organisation der Ostseeflotte und der Verstärkung der russischen Seefestungen im Finnischen Meerbusen. Im März 1853 sandte ihn Kaiser Nikolaus als außerordentlichen Botschafter nach Konstantinopel; hier forderte er die ablehnende Antwort der Pforte durch seine Verletzung aller Formen des Hofs heraus, indem er im Paletot vor dem Sultan erschien. Am 22. Mai verließ er diese Stadt wieder und übernahm den Befehl über die Streitkräfte zu Land, lieferte den Alliierten im September 1854 die Schlacht an der Alma sowie 5. Nov. die unglückliche Schlacht bei Inkerman und leitete dann die Verteidigung von Sebastopol, erkrankte aber im Februar so ernstlich, daß er Anfang März von seinem Kommando abtreten mußte. Am 20. Dez. 1855 ward er zum Gouverneur von Kronstadt ernannt, im April 1856 aber von diesem Posten wieder abberufen. Als witzig und zu beißendem Spott geneigt, spielte M. in den höhern Kreisen der russischen Gesellschaft eine große Rolle. Es wird eine Unzahl von anekdotischen Zügen von ihm erzählt. Er starb 2. Mai 1869.


Jahres-Supplement 1891–1892
Band 19 (1892), Seite 607
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[607] Menschikow, 1) Alexander Danilowitsch, Fürst, russ. Feldmarschall. Ihm zu Ehren erhielt 1891 das 2. russische Rohowsche Dragonerregiment seinen Namen.