MKL1888:Mehrphasenstrom
[605] Mehrphasenstrom (Drehstrom) ist eine Verbindung mehrerer Wechselströme, deren Verlauf zeitlich gegeneinander verschoben ist. Der gewöhnliche Wechselstrom steigt von Null an, gelangt nach einer gewissen
Zeit zu einem positiven Maximum, nimmt dann allmählich wieder bis Null ab, fällt weiter bis zu einem negativen Maximum und beginnt wieder, zu Null ansteigend, das gleiche Wechselspiel von neuem. Die oben stehende Sinuslinie gibt am besten den Verlauf eines Wechselstroms. Bei o, o, o sind die Punkte, wo die Intensität Null ist, bei +a, −a jene Punkte, wo sie ihr positives, bez. negatives Maximum erreicht. Erzeugt man einen zweiten Wechselstrom von demselben Verlauf, jedoch so, daß seine Null- und Maximapunkte o′, o′, o′ nicht gleichzeitig mit dem zuerst betrachteten auftreten, sondern zeitlich gegen sie verschoben sind, so haben wir das einfachste Schema eines Mehrphasenstromverlaufs. Selbstverständlich kann man sich eine ganze Reihe solcher einzelnen Wechselströme, die alle zwar den gleichen Verlauf (die gleiche Periode) besitzen, jedoch sämtlich „in ihrer Phase“, wie man sagt, gegeneinander verschoben sind, zur Bildung des Mehrphasenstroms herangezogen denken. Der M. hat gegenüber dem gewöhnlichen einphasigen Wechselstrom den Vorzug, daß er weit besser zu Leistung motorischer Arbeit verwendet werden kann. Während man mit dem gewöhnlichen Wechselstrom nur schwer und nur unter gewissen Beschränkungen mechanische Arbeit leisten kann (s. Wechselstrommotoren), erzeugt der M. drehende Bewegung direkt, aus welchem Grunde man ihn auch „Drehstrom“ zu nennen liebt (s. Elektromotoren). Zur Erzeugung des Mehrphasenstroms dienen die Mehrphasenstrommaschinen, als welche jede gewöhnliche Gleichstrommaschine benutzt werden kann, wenn man die Stromabnahme etwas verändert (s. d. betr. Artikel).