Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Medeia“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 11 (1888), Seite 394
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Medeia. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 11, Seite 394. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Medeia (Version vom 23.08.2021)

[394] Medeia (Medēa), eine mit der Argonautensage eng verwobene mächtige Zauberin des Altertums, Tochter des kolchischen Königs Äetes und der Okeanide Idyia oder der Hekate, verhalf dem Iason (s. d.) zum Goldenen Vlies und entfloh mit ihm in Begleitung ihres Bruders Absyrtos, den sie aber unterwegs, als ihr Vater Äetes die Argonauten verfolgte, tötete und, in Stücke zerschnitten, ins Meer warf. Während sich Äetes damit aufhielt, die einzelnen Stücke zu sammeln, entkamen M. und Iason nach Iolkos, nachdem sie sich auf der Insel der Phäaken vermählt hatten. Da Pelias (s. d.) seinem Neffen Iason das väterliche Reich nicht abtreten wollte, wurde er von M. mit Hilfe der Töchter des Pelias, denen sie vorspiegelte, ihn in ihrem Zauberkessel zu verjüngen, aus dem Wege geschafft. Dann von Pelias’ Sohn Akastos vertrieben, ging Iason mit M. nach Korinth, verstieß sie aber nach zehnjähriger Ehe, um sich mit der Glauke oder Krëusa, der Tochter des Königs Kreon, zu vermählen. Aus Rache sandte M. der Braut ein vergiftetes Gewand und Diadem zum Hochzeitsgeschenk, und jene ward, als sie es angelegt, von Flammen verzehrt. Auf Kreons Palast ließ sie dann Feuer regnen, ermordete ihre beiden Kinder Mermeros und Pheres, die sie dem Iason geboren hatte, und entfloh auf ihrem von Helios erhaltenen Drachenwagen nach Athen zum König Ägeus, dessen Gattin sie wurde, und dem sie den Medos gebar. Da sie ihren neuen Gemahl aber beinahe zur Ermordung seines Sohns Theseus verleitet hätte, mußte sie auch aus Athen fliehen und begab sich mit ihrem Sohn Medos wieder in ihre väterliche Heimat, wo sie ihren Bruder Perses, der den Vater vom Thron gestürzt hatte, ermordete und den Vater wieder in seine Herrschaft einsetzte. Zuletzt unsterblich, genoß sie göttlicher Verehrung und wurde in den Elysischen Gefilden Gemahlin des Achilleus (vgl. Argonauten). Die Sagen von M. sind oft von antiken und modernen Tragikern behandelt worden. Die Tragödien des Euripides und Seneca sind uns erhalten, die des Äschylos, Ennius u. a. verloren gegangen. Aus neuerer Zeit sind besonders die Dramen von Corneille und Grillparzer, das Melodram von Benda (Text von Gotter) und die Oper „Medea“ von Cherubini zu erwähnen. Über antike Darstellungen der M. vgl. Dilthey in den „Annali dell’ Instituto“ (1869, S. 1 ff.) und Conze in den „Historisch-philologischen Aufsätzen für E. Curtius“ (Berl. 1884).