Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Maschinen“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 11 (1888), Seite 306309
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Maschinen. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 11, Seite 306–309. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Maschinen (Version vom 21.11.2021)

[306] Maschinen, Verbindungen widerstandsfähiger Körper, welche so eingerichtet sind, daß mittels ihrer mechanische Naturkräfte genötigt werden können, unter bestimmten Bewegungen zu wirken (Reuleaux). Die Verbindung der Körper zu einer Maschine schließt nicht alle und jede Bewegung aus, sondern verhindert nur die für den Zweck der Maschine unnötigen und störenden Bewegungen, so daß die zweckmäßigen Bewegungen als die allein möglichen übrigbleiben. Diese beschränkte Beweglichkeit der Körper wird durch eigentümliche, paarweise zusammengehörige Verbindungsteile, die sogen. Elementenpaare, hervorgebracht, deren wichtigste sind: das Cylinderpaar, ein cylindrischer Drehzapfen mit daraufgestecktem Hohlcylinder (Lager), jener an einem Körper angebracht, dieser an einem andern, so daß eine gegenseitige Drehung der beiden Körper gegeneinander möglich ist; das Prismenpaar, ein Vollprisma in einem Hohlprisma von gleichem Querschnitt, gestattet zwei Körpern, deren einer das Vollprisma, deren zweiter das Hohlprisma trägt, sich geradlinig gegeneinander zu verschieben; das Schraubenpaar, eine Schraube in ihrer Mutter, gestattet eine schiebende und zugleich drehende (schraubenförmige) Bewegung; das Zahnräderpaar, zwei ineinander eingreifende Zahnräder, u. a. Die in ihrer Zusammensetzung die M. bildenden Körper oder die baulichen Bestandteile der M. nennt man Maschinenteile oder Maschinenelemente (wohl zu unterscheiden von den obigen Elementenpaaren) und rechnet dazu Schrauben und Verschraubungen, Keile und Keilverbindungen, Niete und Nietungen, Zapfen (Drehzapfen), Achsen, Wellen, Kuppelungen etc. Von mechanischen Naturkräften (auch Motoren genannt), welche zur maschinellen Arbeitsleistung herangezogen werden, sind zu nennen: die Muskelkräfte von Menschen und Tieren, die Kraft des bewegten Wassers und der bewegten Luft, der Druck hoher Wassersäulen und komprimierter Luft, die saugende Kraft verdünnter Luft, die Spannkraft des Wasserdampfes und der erhitzten Luft, die Explosionskraft von Gasgemischen, nebelartig verteiltem Petroleum und Schießpulver, flüssige Kohlensäure, Gewichte, Federn und Elektrizität. Wenn nun eine dieser Kräfte in einer Maschine bestimmte Bewegungen hervorruft, so können letztere entweder den Endzweck der Maschine darstellen, oder dazu gebraucht werden, Formveränderungen an einem Körper hervorzurufen. Die Arbeit der an der Maschine wirksamen Naturkraft besteht demnach darin, die Widerstände zu überwinden, welche sich einer bestimmten Bewegung oder einer gewissen Formveränderung entgegensetzen (die sogen. Nutzwiderstände), z. B. bei der Lokomotive die die Bewegung des Zugs hemmende Reibung und den Luftwiderstand, bei einer Drehbank die der Ablösung eines Drehspans von dem abzudrehenden Gegenstand Widerstand leistende Kohäsion. Außer diesen bezweckten nützlichen oder nutzbringenden Arbeiten treten indessen innerhalb jeder Maschine infolge der natürlichen Beschaffenheit der physischen Körper ganz spontan oft sehr bedeutende Arbeiten (Nebenarbeit) auf, welche in der Überwindung derjenigen Widerstände (Nebenwiderstände, schädlichen Widerstände) bestehen, die der Bewegung der einzelnen Teile der Maschine in Form von Reibung, Seilbiegungen, Luftwiderstand entgegenarbeiten. Da nun aber die Naturkraft auch diese Nebenarbeit mit verrichten muß, so leuchtet ein, daß die von der Naturkraft geleistete Arbeit um die Nebenarbeit größer sein muß als die von der Maschine verrichtete Nutzarbeit, woraus zur Genüge hervorgeht, daß bei M. niemals ein Arbeitsgewinn, sondern stets ein Arbeitsverlust eintreten wird, und daß somit das Perpetuum mobile, d. h. eine Maschine, welche, ohne Arbeit zu konsumieren, Arbeit verrichten soll, ein Ding der Unmöglichkeit ist. Nach obigem kann man die M. in ortsverändernde und formverändernde einteilen (so sind Lokomotiven, Kräne, Pumpen, Gebläse als ortsverändernde, Drehbänke, Hobelmaschinen, Mahlmühlen, Webstühle als formverändernde M. anzusehen). Die letztere Gruppe von M. hat als charakteristische Merkmale das Werkzeug und das Werkstück, d. h. einen für die hervorzubringende Formveränderung geeigneten Teil (Hammerkopf, Bohrer, Meißel, Mühlstein, Walzen, Schleifstein, Polierscheibe, Schneidkluppe, Fräse, Spindel, Nähnadel etc.) und einen in seiner Form zu ändernden oder zu bearbeitenden Gegenstand (der zu hobelnde, zu drehende, zu hämmernde Körper, die zu verspinnende Baumwolle etc.). Nach einer andern Ansicht, welche besonders durch die ältern Maschinentheoretiker vertreten wurde, zerfällt jede Maschine in drei Teile oder Gruppen von Teilen, nämlich in Rezeptor, Transmission (Zwischen- oder Verbindungsmaschine) und Werkzeug. Beim Dampfhammer z. B. ist der Cylinder mit dem Kolben der Rezeptor, die Kolbenstange die Transmission, der Hammer mit dem Amboß das Werkzeug. Danach wäre jedoch die Dampfmaschine, die Turbine, die Uhr u. a. keine vollständige Maschine, weil jeder von ihnen das Werkzeug fehlt. Die folgende Zusammenstellung gibt, ohne auf absolute Vollständigkeit Anspruch zu machen, eine Übersicht über das Gesamtgebiet der M.

I. Ortsändernde M. A. Kraftaufnehmende M. (sie erteilen irgend einem ihnen angehörigen Teil eine Ortsveränderung oder Bewegung, welche zu [307] einem noch zur Wahl stehenden Zweck verwendet werden soll) und zwar: 1) M. zur Aufnahme von Muskelkräften: Hebel, Kurbel, Haspel, Wellräder, Göpel, Lauf- und Tritträder, Tretscheiben, Tretbühnen; 2) M. zur Aufnahme von Elementarkräften: Wasserräder, Turbinen, Wassersäulenmaschinen, Windräder, Dampfmaschinen, Heißluft-, Gaskraft-, Petroleumkraftmaschinen, Federmotoren, elektromagnetische Kraftmaschinen. – B. M. zum Messen, Zählen und Regulieren (hier wird der Ort eines der Maschine angehörenden Teils derart geändert, daß entweder aus der Größe dieser Bewegung auf die Länge verflossener Zeit, die Menge ausgeflossener Flüssigkeit, die Intensität einer Kraft etc. geschlossen werden kann, oder daß durch diese Bewegung die Bewegung einer andern Maschine beschleunigt oder verzögert wird): Uhren, Umlauf-, Hub- und Schrittzähler, Rechenmaschinen, Registriermaschinen, Zeug-, Wasser- und Windmeßmaschinen, Planimeter, Meßräder, Manometer und Barometer, Dynamometer und Indikatoren, Geschwindigkeitsmesser, Wagen, Bremsen, Pendel, Zentrifugalpendel, Windfänge, Schwungräder. – C. Transmissionsmaschinen (zum Übertragen mechanischer Arbeit von einer Maschine auf eine andre): Wellenleitungen, pneumatische und hydraulische Transmissionen, Zahnräder-, Reibungsräder- u. Riemenrädergetriebe, Schnur- u. Seiltriebe, Sperr- und Hemmwerke. – D. Bewegungs- oder Transportmaschinen und zwar: 1) für feste Körper: Hebel, Keile, schiefe Ebenen, Hebeladen, Haspel, Flaschenzüge, Kräne, Winden, Aufzüge, Fahrkünste, vertikale und horizontale Seilförderungen, Seilbahnen, Baggermaschinen und Exkavatoren, Rammmaschinen, Düngerstreumaschinen, Reihensaat- und Steckmaschinen, Wagen, Lokomotiven, Straßenlokomotiven, Dampfwagen, Dampfschiffe, lenkbare Luftballons und Flugmaschinen; 2) für flüssige Körper: Kolben- und Zentrifugalpumpen, Pulsometer, Strahlpumpen, Ejektoren und Injektoren, hydraulische Widder, Wasserschrauben, Schnecken, Wurfräder, Pumpräder, Kastenräder, Eimerwerke, Tympanons etc.; 3) für luftförmige Körper: Luftpumpen, Kompressionspumpen, Kompressoren, Gebläse, Ventilatoren und Exhaustoren.

II. Formändernde M. (Fabrikationsmaschinen). A. M. zur Veränderung der Anordnung der Teile eines Körpers: Hammer- u. Walzwerke, Schmiedepressen, Nagel- und Nietpreßmaschinen, Blechbiegemaschinen, Molettierstühle, Kettenglieder- und Knopfmaschinen, M. zum Verfertigen und Setzen der Krempelzähne, Walk-, Wickel-, Spul-, Bürst-, Kratz-, Setz-, Klischier-, Rühr- und Ziegelmaschinen, Pflüge, Kultivatoren etc. – B. M., durch welche Körper eine Trennung ihrer Teile erfahren: Drehbänke, Hobel-, Fräs-, Feil-, Nutstoß-, Bohr-, Schraubenschneidemaschinen, Muttermaschinen, Scheren, Loch-, Durchschnitt-, Riffel-, Schleif-, Arrondier-, Gravier-, Reliefkopier-, Guillochiermaschinen, M. zum Kopieren runder Körperformen, Mahl- und Zerkleinerungsmaschinen, Säge-, Farbholzraspel-, Korkschneide-, Torfstech-, Spaltmaschinen, Lumpenschneider, Holländer, Stampfwerke, Kammschneide-, Rübenschneide-, Rübenreibe-, Häckselschneidemaschinen etc. – C. M., welche zur Trennung ungleichartiger Körper voneinander dienen: Siebe, Korn- und Samenreinigungsmaschinen, Beutel- und Sichtmaschinen, Grießputzmaschinen, Dreschmaschinen, Reisschälmaschinen, Wein-, Öl-, Zucker-, Torfpressen, Setzmaschinen, Rund- und Stoßherde, Hechel-, Wasch-, Filtriermaschinen, Zentrifugen, Buttermaschinen etc. – D. M., welche getrennte Körper verbinden: Spinn-, Web-, Bobbinet-, Wirk-, Strick-, Näh-, Stick-, Flecht-, Zwirn-, Seil-, Papier-, Schlicht-, Druck-, Paginier-, Blattbinde-, Stecknadel-, Knopf-, Niet-, Flaschenstöpsel-, Knetmaschinen etc.

[Geschichtliches.] Wann und wo die erste Maschine erfunden und verwendet wurde, wird sich nie ermitteln lassen, da die ältesten historisch bekannten Völker schon M., wenn auch von sehr primitiver Natur, gebrauchten. Nach Reuleaux ist es wahrscheinlich, daß das Bedürfnis des Feueranmachens die erste Maschine, den sogen. Feuerquirl, hervorrief. Es ist das ein runder Holzstab, der in senkrechter Stellung mit seinem untern spitzen Ende in eine Vertiefung eines auf dem Erdboden liegenden Holzstücks gesetzt und unter gleichzeitig nach unten gerichtetem Druck mit den Händen quirlartig so lange hin- und hergedreht wird, bis das Holz Feuer fängt. Durch Zuführung von Schleifmaterial (Sand) und Wasser zu der gedrehten Spitze war eine einfache Bohrmaschine erfunden. Weiter entwickelten sich aus dem Feuerquirl mit der Zeit alle diejenigen M., welche die Herstellung von Drehkörpern bezwecken, außer den Bohrmaschinen die Drehwippe, der Drehstuhl, die Drehbank, die Töpferscheibe, indem die hin- und hergehende Drehbewegung allmählich durch die dauernde Drehung nach einer Richtung ersetzt wurde. Uralt sind jedenfalls auch die M. zur Bewässerung von Ländereien, wie sie durch die Schöpfräder und Paternosterwerke der Chinesen und die Schwingbäume oder Kuduffs der Ägypter (ähnlich dem noch bei uns auf Dörfern gebräuchlichen Ziehbrunnen) repräsentiert werden; ferner M. zur Herstellung von Gespinsten und Geweben sowie die Getreidemahlmühlen. Daß die sogen. einfachen M., Hebel, Rolle, Keil, schiefe Ebene, schon in grauer Vorzeit zu großartigen Leistungen verwendet wurden, bezeugen die Baudenkmäler der alten Ägypter, Assyrer, Inder etc., wie anderseits aus vielen diese Denkmäler schmückenden Abbildungen das hohe Alter von Vorrichtungen zum Transport zu Wasser und zu Lande, Wagen, Ruder- und Segelschiffen hervorgeht. Bemerkenswert ist auch das außerordentlich frühe Auftreten der Wage. Sie ist schon Abraham bekannt und findet sich auf den ältesten Denkmälern der Ägypter abgebildet. Lange Zeit scheint der Mensch gebraucht zu haben, ehe er dazu überging, zum Betrieb von M. an die Stelle seiner Muskelkräfte diejenigen von Tieren oder gar Elementarkräfte zu setzen. Von den Elementarkräften wurden lange Zeit nur die Wasserkraft zum Betrieb von Wasserrädern, die Windkraft zum Fortbewegen von Segelschiffen und die Spannkraft elastischer Körper (Holz, Horn, Seile, Sehnen) zu Schußwaffen verwendet.

Die Entwickelung der M. ging in den ersten Jahrtausenden der Geschichte sehr langsam vorwärts, so daß um Christi Geburt außer den genannten M. nur etwa bekannt waren: Flaschenzüge, Haspel, Winden, Göpel, Wasserschrauben, Trommelräder, Kolbenpumpen mit Windkesseln, Keil-, Hebel- und Schraubenpressen (besonders zur Gewinnung von Wein und Olivenöl), Kollergänge zum Zerquetschen der Ölfrüchte, Lederblasebälge zum Anschüren des Feuers und eine Art Cylindergebläse zum Betrieb von Wasserorgeln, Wassermahlmühlen mit unterschlächtigen Rädern, die Schnellwage, ferner an M. für Kriegszwecke der Mauerbrecher oder Widder, der Enterhaken, die Armbrust, die Katapulten und Ballisten. Die Dampfkraft wußte man zu physikalischen Spielereien (zum Betrieb des Heronsballes und der Äolipile) [308] zu benutzen. Aus der Zeit bis zum 18. Jahrh. sind an neuen Erfindungen nur zu erwähnen: im 14. Jahrh. die Feuerwaffen, die als neuen Motor die Kraft von Explosionsgasen benutzen, und die Uhren, im 15. die Druckerpresse, im 17. die Luftpumpe und die Elektrisiermaschine sowie Papins Dampfmaschine, im 18. Jahrh. die Spinnereimaschine, der Maschinenwebstuhl und als die folgenschwerste Erfindung, die jemals gemacht wurde, die Wattsche Dampfmaschine (1765–84), welche sich sehr schnell über die ganze Welt verbreitete.

Mit der fortschreitenden Verwendung der Dampfmaschine nahm das gesamte Maschinenwesen einen ungeheuern Aufschwung, ja man kann sagen, sie habe das moderne Maschinenwesen erst geschaffen. Eine Erklärung dafür ist in folgenden Umständen zu suchen. Einmal veranlaßte die Dampfmaschine eine Verbesserung der Werkzeuge, welche durch sie in Bewegung gesetzt wurden, und führte zur Erfindung neuer Arbeitsmaschinen, welche nicht nur zur Vollendung der M. in konstruktiver Hinsicht, sondern auch zu einer größern Massenhaftigkeit in der Maschinenfabrikation beitrug. Dann war die Einführung eines widerstandsfähigern und dauerhaftern Rohmaterials für den Maschinenbau, nämlich der Metalle (besonders des Eisens) an Stelle des bis dahin vorherrschenden Holzes, nur dadurch möglich, daß die Dampfmaschine die Gewinnung und den Transport derselben in unbegrenzten Quantitäten gestattete. Endlich ist auch ganz besonders zu berücksichtigen, daß die Dampfmaschine die erste allgemein verwendbare Maschine war, deren Erfindung auf einer rationellen und ökonomischen Ausnutzung von Naturkräften begründet war, so daß sie fortan als Beispiel dafür diente, wie die in reichem Maß aufgespeicherten naturwissenschaftlichen und mathematischen Kenntnisse technisch zu verwerten seien.

Die Bedeutung der M. für die Entwickelung der modernen materiellen Kultur liegt darin, daß sie Menschen und Tierkräfte ersparen und vorteilhaft ersetzen können, eine große Schnelligkeit und Stärke des Verkehrs gestatten und die Quantität, Qualität und Wohlfeilheit der Arbeit erhöhen, ja zu ganz neuen Arbeiten Veranlassung geben, die ohne sie nicht möglich sind. Wie unvorteilhaft die Verwendung animalischer Kraft zur Ausübung sehr großer Kraftleistungen ist, zeigt z. B. die Aufrichtung der Alexandersäule in Petersburg (1834), deren Schaft 876,000 kg wiegt. Dabei verwandte man 681 Arbeiter und 1950 Soldaten; dessenungeachtet waren 62 Winden und 186 Flaschenzüge erforderlich. Dagegen wurden die 1,900,000 kg schweren Eisenblechkasten, aus welchen die Britanniabrücke Robert Stephensons über die Menaistraße zusammengesetzt ist, von nur drei hydraulischen Pressen aufgezogen, welche von einer einzigen Dampfmaschine in Bewegung gesetzt wurden. Bei vielen Arbeiten der neuern Technik reicht Menschenkraft überhaupt nicht hin, um Erfolge zu erzielen, so z. B. beim Ziehen dicker Eisendrähte, Blei- und Messingröhren, beim Hämmern und Walzen der in Puddel- und Schweißöfen gewonnenen Eisenmassen, des Stabeisens, der Bleche etc. Die Schnelligkeit des modernen Verkehrs beruht auf der Erfindung der Eisenbahnen, Lokomotiven, Dampfschiffe und Telegraphen. Eine Schnellzugslokomotive befördert einen Zug von etwa 100,000 kg Gewicht mit 25 m Geschwindigkeit pro Sekunde auf horizontaler Strecke. Ein Pferd vermag auf horizontaler Chaussee eine Last von 2500 kg mit 1 m Geschwindigkeit fortzuschaffen. Um auf einer horizontalen Chaussee eine Last gleich dem Gewicht des Schnellzugs fortzuschaffen, wären 40 Pferde nötig und würde die Transportzeit 25mal größer sein. Was die Erhöhung der Arbeitsquantität durch die M. betrifft, so liefert ein Arbeiter an der Strickmaschine in einem Tag mehr Strümpfe als die geschickteste Strickerin in Monaten. Nähmaschinen machen 1200–1500 Stiche pro Minute im Vergleich zu 50, welche eine geübte Näherin machen kann. Buchdruckhandpressen geben etwa 250 Abdrücke pro Stunde, die Schnellpressen dagegen deren bis 20,000. In den meisten Fällen sind die M. auch im stande, eine bessere Arbeit zu liefern, als die Hand; vor allen Dingen deshalb, weil bei ihnen die Kraft gleichmäßiger zur Verwendung kommt. Daher findet man z. B. bei aufmerksamer Vergleichung von Maschinen- und Handgespinst sofort, daß der Maschinenfaden den durch die Hand gesponnenen Faden an Gleichheit, Rundung und Reinheit übertrifft, wie auch, daß er durch die bessere Drehung zugleich stoffreicher und schwerer geworden ist. Besonders auffallend sind die Vorzüge der Maschinenarbeit beim Verspinnen von Werg, wobei die Handarbeit nichts entfernt Ähnliches zu leisten vermag. Ebenso bleibt letztere durchaus zurück in der Feinheit des Garns, die man jetzt auf M. erreicht. Qualitätsvorzüge lassen sich außerdem in sehr vielen Fällen nachweisen; es genügt, auf die Kratzen, Schraffiermaschinen, Schermaschinen, Kalander, Werkzeugmaschinen, ja fast auf alle Fabrikationsmaschinen zu verweisen. Manche Arbeiten, wie die der Reliefkopiermaschinen, Guillochiermaschinen etc., lassen sich überhaupt nicht von Menschenhand ausführen. Bei allen diesen Vorzügen ist die Maschine überdies im stande, die Arbeit äußerst wohlfeil zu verrichten. Ein Stück glatten englischen Tülls oder Bobbinets wird jetzt nach Erfindung der Heathcoatschen Bobbinetmaschine 50mal so billig verkauft als am Ende des vorigen Jahrhunderts. Japy in Beaucourt fertigte kleine Kastenschlösser zum Preis von noch nicht völlig 3½ Pfennig pro Stück. Einen höchst wichtigen Einfluß auf die Wohlfeilheit mancher Artikel hat das dabei angewandte Prinzip der Arbeitsteilung, welches in solchem Maß ausgebildet ist, daß z. B. jede Nähnadel 90–120mal durch die Hand gehen muß, ehe sie vollendet ist, und daß sich die Arbeiten bei der Uhrenfabrikation in 54 Beschäftigungsarbeiten teilen, so daß nicht Eine Hand thätig ist, welche auch nur den kleinsten Uhrteil ganz fertig macht. Über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Maschinenwesens s. Fabriken.

[Maschinenfabrikation, Handel.] Die Herstellung der M. geschieht von Mechanikern oder Maschinenbauern in eignen Maschinenwerkstätten oder Fabriken und zwar meistenteils wieder mit M., den sogenannten Werkzeugmaschinen. Auch hierbei ist das Prinzip der Arbeitsteilung eingeführt, und häufig findet man Maschinenbauanstalten, die nur eine Sorte von M. bauen. Dies bietet wesentliche Vorteile dar, und man hat es vielfach schon erreicht, daß neben dem Handel mit ganzen M. noch ein solcher mit einzelnen Maschinenteilen vorteilhaft betrieben werden kann. Alle M. aus einer Werkstätte sind dann so genau nach demselben Maßstab gearbeitet, daß man ihre entsprechenden Teile sofort vertauschen kann, bei Beschädigung irgend eines Maschinenteils also auch im stande ist, denselben auf die einfachste Weise wieder zu ersetzen. Jedes Rad und jede Schraube hat eine Nummer, unter welcher man das Stück einzeln kaufen und seiner Maschine einfügen kann. Man bestrebt sich vielfach, [309] unter den Schrauben aller Maschinenwerkstätten Gleichartigkeit herzustellen, so daß ein Ersatz dieser am häufigsten gebrauchten Maschinenteile noch mehr erleichtert wird. Die durch die Arbeitsteilung erfolgte Zersplitterung im Maschinenhandel wird ausgeglichen durch permanente Industrieausstellungen, Musterlager für M. und Agenturen, wie sie bereits in den Mittelpunkten der industriellen Kreise bestehen. Maschinenfabrikation findet sich fast in allen Ländern, in denen überhaupt eine Industriethätigkeit rege ist, und besonders da, wo vorhandene Schätze an Eisen und Kohlen auf diesen Gewerbszweig fördernd einwirkten, wie in England, Nordamerika, Deutschland und nächstdem Frankreich und Belgien. In Großbritannien, wo die Maschinenfabrikation zuerst zur Blüte gelangte, gibt es etwa 2000 Maschinenfabriken mit 178,000 Arbeitern und einer Jahresproduktion im Wert von 1–1½ Milliarden Mark. In den Vereinigten Staaten von Nordamerika sind etwa 7000 Gießereien und Maschinenfabriken mit 180,000 Arbeitern in Thätigkeit, deren Jahresprodukte einen Wert von ca. 1,203,000,000 Mk. repräsentieren. In Deutschland gibt es etwa 3000 Maschinenfabriken mit 145,000 Arbeitern und 750 Mill. Mk. Jahresproduktion. Frankreich hat etwa 80,000, Belgien 50,000, Österreich-Ungarn 50,000, die Schweiz 20–30,000 in der Maschinenindustrie beschäftigte Arbeiter. Die übrigen Länder haben eine verhältnismäßig beschränkte Maschinenindustrie und decken ihren Bedarf an M. mehr oder weniger durch Einfuhr. Im Aufschwung begriffen sind jedoch Rußland mit 50,000 Arbeitern und 200 Mill. Mk. Jahresproduktion, Schweden mit 12,000 Arbeitern und 40 Mill. Mk. Jahresproduktion sowie die australischen Kolonien.

Der Exporthandel mit M. wird zur Zeit immer noch von England beherrscht. Wenn auch die M. andrer Länder, besonders von Deutschland, Nordamerika und Frankreich, dem Material und der Konstruktion nach den englischen M. vielfach ebenbürtig sind, so ist doch ein Vorurteil zu gunsten der englischen Ware vorhanden, welches zum Teil in der langjährigen Gewohnheit von der Zeit her begründet ist, in welcher der Maschinenbau in den andern Ländern erst in der Entwickelung begriffen war, zu einem andern Teil auch in gewissem Grade dadurch berechtigt ist, daß die Engländer infolge ihrer jahrhundertelangen Bedeutung als erste Kolonial- und Handelsmacht und der dadurch herbeigeführten vielfachen Berührung mit Ländern und Verhältnissen fremder Zonen schon früh eine genauere Kenntnis von den speziellen Anforderungen und Bedürfnissen derselben erworben und ihre M. denselben anzupassen verstanden haben. In der folgenden Tabelle sind die wichtigsten Ziffern über die Aus- und Einfuhr von M. zusammengestellt:

Staaten Einfuhr in Mark Ausfuhr in Mark
1881 1882 1883 1881 1882 1883
Groß­britan­nien und Ir­land 199304000 238645000 268872000
Deut­sches Zoll­gebiet 18124000 23532000 23763000 45650000 63593000 66701000
Belgien 9406000 10233000 45074000 63879000
Ver­einigte Staaten von Nord­amerika 7835000 8165000 9120000 38000000 49302000 60240000
Frank­reich 53282000 70070000 74226000 20829000 22414000 23002000
Öster­reich-Ungarn 27617000 39482000 9472000 12110000
Nieder­lande 14390000 18003000 8226000 14407000
Schwe­den 6840000 2972000
Italien 25114000 31738000 32081000 571000 727000 779000

Hervorragende Importländer sind noch: Rußland, Spanien, Britisch-Indien, Australien, Südamerika, Britisch-Nordamerika, Mexiko, Südafrika, Ägypten, die südostasiatischen Inseln, Japan, China u. a. m.