Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Maremmen“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 11 (1888), Seite 227228
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Maremmen. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 11, Seite 227–228. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Maremmen (Version vom 25.12.2023)

[227] Maremmen (ital., v. lat. maritima, „am Meer gelegen“), sumpfiger und ungesunder, von der Malaria heimgesuchter Landstrich, welcher sich an der Küste des Tyrrhenischen Meers in Italien von der Mündung der Magra bis zu der des Volturno hinzieht und aus zwei Teilen, den römischen und den toscanischen M., besteht. Den erstern Teil bilden die Campagna von Rom und die Pontinischen Sümpfe. Die toscanischen M. oder die M. im engern Sinn umfassen den größern Teil der Provinz Grosseto zwischen der Cecina und Fiora, ca. 3200 qkm (58 QM.), zur Hälfte aus Hügelland, zu einem Viertel aus Thalgrund, im übrigen aus Sumpf- und Wasserfläche bestehend. Zur Zeit der Etrusker und der Volsker war diese Küste ein mit zahlreichen Städten besetztes Land, zur Römerzeit schon wegen seiner Fieber im Sommer von den Wohlhabenden geflohen, aber noch von einer der Hauptverkehrsadern Italiens, der Via Aemilia Scauri, durchzogen; im Mittelalter erhoben sich noch Burgen und Flecken auf den Höhen, dann verödete die Gegend immer mehr und ward zu einer menschenleeren Wildnis mit Waldungen von Pinien, Stein- und Korkeichen, Kastanien, Myrten, Ahornen etc., nur von ausgedehnten Weideländereien und in den Niederungen von pflanzenreichen Sümpfen unterbrochen und von einer reichen Tierwelt bevölkert. Die Ursache dieser großen Verödung eines an sich fruchtbaren, einst bevölkerten Landes ist nichts andres als die Malaria (s. d.), die von Juni bis Mitte September verheerend in der Gegend herrscht. Als Gründe, welche die Malaria hervorgerufen haben, sind der mit der Vernichtung der politischen Selbständigkeit zusammenhängende Rückgang der wirtschaftlichen Verhältnisse und der Bodenkultur sowie die Entwaldung anzusehen. Seit dem Großherzog Leopold I. hat man dem Übel ernstlich und mit Erfolg entgegengewirkt teils durch künstliche Ausfüllung der Sümpfe mit den Sinkstoffen der hineingeleiteten Flüsse, teils durch Kolonisation mittels Parzellierung des Landes. Die malariafreien Stellen haben sich seitdem bedeutend vermehrt und erweitert, sowohl am Meer (bei Orbetello, Piombino, Santo Stefano), wo überhaupt die bewegte Seeluft die Malaria nie zur vollen Geltung kommen ließ, als auch im Innern, wo namentlich das früher so berüchtigte Massa marittima wesentlich assaniert worden ist. Noch immer aber fordert die Malaria zahlreiche Opfer, obwohl nur im Winter einzelne Hirten mit ihren Herden längere Zeit sich in den M. aufhalten, sonst aber die Bewohner bloß zur Aussaat und Ernte von den malariafreien Höhen herabsteigen. Dem frühern Mangel an Kommunikationen ist jetzt dadurch abgeholfen, daß die M. von [228] der Eisenbahn Livorno-Civitavecchia (der sogen. Maremmenbahn) mit zwei Seitenlinien durchzogen werden (s. Karte „Italien, nördl. Hälfte“). Vgl. Noël de Vergers, L’Étrurie et les Étrusques (Par. 1862–64, 3 Bde.); Grottanelli, La maremma toscana (Siena 1873–76, 2 Bde.).