Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Marder“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 11 (1888), Seite 226
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Marder. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 11, Seite 226. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Marder (Version vom 25.12.2023)

[226] Marder (Mustela L.), Raubtiergattung aus der Familie der Marder (Mustelida), mittelgroße Tiere mit schlankem, langgestrecktem Körper, vorn verschmälertem Kopf, zugespitzter Schnauze, ziemlich kurzen, fast dreiseitigen Ohren, mittelgroßen Augen, niedrigen Beinen, fünfzehigen Füßen mit kurzen, scharfen, zurückziehbaren Krallen, mittellangem, gleichmäßig dickem Schwanz, langhaarigem, weichem Pelz und eine eisenartige Flüssigkeit absondernden Afterdrüsen. Der Edelmarder (Baummarder, M. Martes L., s. Tafel „Raubtiere I“), etwa 55 cm lang, mit 30 cm langem Schwanz, am Widerrist 26 cm hoch, ist oben dunkelbraun, an der Schnauze fahl, an Stirn und Wangen lichtbraun, an den Seiten und am Bauch gelblich, an den Beinen schwarzbraun, am Schwanz dunkelbraun. Unterhalb der Ohren zieht sich ein schmaler, dunkelbrauner Streifen hin. Zwischen den Hinterbeinen befindet sich ein rötlichgelber, dunkelbraun gesäumter Fleck; welcher sich manchmal in einem schmutziggelben Streifen bis zur Kehle fortsetzt. Diese und der Unterhals sind schön dottergelb gefärbt. An der Oberlippe stehen vier Reihen von Schnurrhaaren. Im Winter ist der Pelz im allgemeinen dunkler als im Sommer; das Weibchen zeigt blässere Färbung des Rückens und einen weniger deutlichen Fleck. Der Baummarder findet sich, in der Größe und der Pelzfarbe vielfach variierend, weitverbreitet in der nördlichen Erdhälfte, besonders in Skandinavien, Rußland, England, Deutschland, Frankreich, Ungarn und Italien, in Asien bis zum Altai und südlich bis zu den Quellen des Jenissei. Er bewohnt einsame Laub- und Nadelwälder als echtes Baumtier und benutzt hohle Bäume, verlassene Eichhörnchen- und Vogelnester, manchmal auch Felsenklüfte als Ruhestätten. Im Klettern und Springen sucht er seinesgleichen; er ruht gewöhnlich am Tag, treibt aber an stillen Orten sein Wesen auch am Tag, ist scheu, listig und höchst mordsüchtig. Er verfolgt alle Säugetiere, vom Rehkälbchen bis herab zur Maus, besonders Eichhörnchen und Bilche, dann auch Auer-, Birk- und Haselhühner, Rebhühner; auch plündert er alle Nester, holt aus der Schlinge die gefangenen Vögel und die Vogelbeeren, frißt auch Birnen, Kirschen, Pflaumen, Honig und mordet in Hühner- und Taubenställen weit mehr, als er verzehren kann. Die Paarungszeit fällt in den Januar oder Februar. Ende März oder Anfang April wirft das Weibchen 3–5 Junge, die der Mutter schon nach wenigen Wochen auf die Bäume folgen, sich auch leicht auffüttern lassen, aber ihre angeborne Wildheit selten verlieren. Gefangene Edelmarder pflanzen sich auch fort, fressen aber ihre Jungen gewöhnlich auf. Man verfolgt den Edelmarder sehr eifrig sowohl wegen des Schadens, den er unter Haus- und Waldtieren anrichtet, als auch wegen seines schönen Felles. Der Hausmarder (Steinmarder, M. Foina Briss.) ist 45 cm lang, mit 25 cm langem Schwanz, verhältnismäßig kürzern Beinen, längerm Kopf, kleinern Ohren und kürzerm, graubraunem, an Beinen und Schwanz dunklerm, an den Füßen dunkelbraunem Pelz mit kleinerm und rein weißem Kehlfleck. Er findet sich in Deutschland, Frankreich, Italien, England, Schweden, dem gemäßigten europäischen Rußland bis zum Ural, in der Krim und in Westasien. Er kommt häufiger vor als der Edelmarder und nähert sich weit mehr als jener den Wohnungen der Menschen; in Lebensweise und Manieren stimmt er mit demselben ganz überein. Die Paarungszeit ist im Februar; im April oder Mai wirft das Weibchen 3–5 blinde Junge, welche sich sehr leicht zähmen und selbst abrichten lassen, meist aber durch das Hervorbrechen

Spur des Steinmarders.

ihrer Raublust lästig werden. Der Hausmarder erzeugt auch mit dem Edelmarder lebenskräftige Blendlinge. Sein Pelz ist ebenfalls sehr geschätzt. Die Jagd auf M. wird hauptsächlich dadurch betrieben, daß man sie bei einer Neue in ihrem Versteck festspürt und dort erlegt. Besonders günstig ist es, wenn der Schnee erst nach Mitternacht oder gegen Morgen gefallen ist, weil dadurch die Verfolgung der sonst oft meilenlangen Spur (s. Figur) sehr abgekürzt wird. Namentlich der Baummarder bäumt auf seinen nächtlichen Streifereien oft und geht in den Ästen nahestehender Bäume weiter, was man an dem von den Zweigen abgestoßenen Schnee erkennt. Außerdem fängt man die M. in Eisen und mit der Prügelfalle, nachdem sie vorher durch kleine Vögel oder Eier angekirrt sind, legt auch für den Steinmarder Tellereisen auf den Absprung, d. h. auf die Stelle, auf welche er beim Herabspringen von Gebäuden, Zäunen oder Mauern zu treten pflegt, und die man bei Spurschnee leicht ermitteln kann. Endlich treibt man letztern auch durch Lärmen und Klingeln aus den von ihm bewohnten Gebäuden.