Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Marĭus“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 11 (1888), Seite 258259
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Marĭus. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 11, Seite 258–259. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Mar%C4%ADus (Version vom 10.01.2024)

[258] Marĭus, Gajus, röm. Feldherr, war der Sohn eines Landmanns und 157 v. Chr. in dem Dorf Cereatä bei Arpinum im Volskerland geboren. Er trat früh in römischen Kriegsdienst und zeichnete sich zuerst 134 im numantinischen Krieg unter Scipio Africanus aus. 119 zum Volkstribun erwählt, setzte er ein Gesetz (die Lex Maria) zur Verhinderung des Einflusses durch, den der Adel bei den Abstimmungen in den Komitien auszuüben pflegte. Bei der Bewerbung um die Ädilität fiel er durch; dagegen erlangte er 114 die Prätur, jedoch nicht ohne den Verdacht der Bestechung, und verwaltete dann als Proprätor die Statthalterschaft des jenseitigen Spanien. Um diese Zeit heiratete er Julia, eine Schwester von Cäsars Vater. Seinen Ruhm begründete er 109 und 108 im Jugurthinischen Krieg als Legat des Konsuls Q. Cäcilius Metellus. Die Gunst, die er sich durch seine ausgezeichneten Kriegsthaten beim Heer und dem römischen Volk erworben hatte, ermutigte ihn, sich für 107 um das Konsulat zu bewerben, dessen Erlangung damals für einen Mann, der nicht zur Nobilität gehörte (für einen homo novus), fast unerhört war. Nachdem ihm daher der Urlaub von Metellus, der auf seinen Ruhm neidisch war, nicht ohne Widerstreben und mit höhnischen Bemerkungen erteilt worden war, begab er sich nach Rom und wurde dort nicht nur zum Konsul gewählt, sondern ihm auch der Oberbefehl gegen Jugurtha übertragen. Er hatte dem Volk unter Schmähungen gegen die Nobilität versprochen, den Jugurtha tot oder lebend in seine Gewalt zu bringen, und verrichtete nun auch 107 und 106 eine Reihe glänzender Thaten, obwohl die Ergreifung des Jugurtha nicht ihm, sondern seinem Quästor L. Cornelius Sulla gelang, der sich deshalb rühmte, den Krieg beendigt zu haben, und sich dadurch den bittersten Haß des M. zuzog. Als ein besonders bemerkenswerter, folgenreicher Umstand ist noch hervorzuheben, daß M. als Konsul bei der Aushebung auch die ärmsten Bürger, die bisher vom Kriegsdienst ausgeschlossen gewesen waren (die capite censi), in das Heer aufnahm. Nach seiner Rückkehr aus Afrika wurde er für 104 zum zweitenmal zum Konsul ernannt, um den gefährlichen Krieg gegen die Cimbern und Teutonen (s. d.) zu führen, die seit 113 mehrere römische Heere geschlagen hatten, und da die Entscheidung dieses Kriegs sich bis 101 hinauszog, so wurde er für 103, 102, 101 zum dritten-, vierten- und fünftenmal und dann zur Belohnung für die glänzenden Siege bei Aquä Sextiä (Aix) 102 und bei Vercellä 101 zum sechstenmal 100 zum Konsul gewählt. In diesem Jahr gewährte er anfänglich dem Volkstribun Apulejus Saturninus und dem Prätor Servilius Glaucia, zwei aufrührerischen Führern der Volkspartei, seine Unterstützung; als dieselben aber in ihren Gewaltthätigkeiten immer weiter vorschritten, wagte er es nicht, für sie ferner Partei zu nehmen; er stellte sich vielmehr selbst an die Spitze der Senatoren und einer großen Zahl besserer Bürger zu einem bewaffneten Angriff auf sie, in dem sie erschlagen wurden. Durch diesen Sieg gewann die Senatspartei auf einige Jahre wieder die Oberhand über die Volkspartei, deren Haupt M. war, und dieser hielt es daher für ratsam, sich zunächst aus Rom zu entfernen, und auch nach seiner Rückkehr vermochte er nicht, sich aus seiner gedrückten, machtlosen Stellung wieder zu erheben. In dem Bundesgenossenkrieg (91–89) leistete er zwar als Legat nicht geringe Dienste, sein Ruhm wurde aber durch die glänzenden Kriegsthaten Sullas weit überstrahlt. 88 suchte er darauf Sulla, der in diesem Jahr das Konsulat bekleidete, den ihm übertragenen Oberbefehl gegen Mithridates zu entreißen; auf seine Veranlassung oder wenigstens mit seiner Zustimmung gab daher der Tribun P. Sulpicius Rufus ein Gesetz, durch welches dieser Oberbefehl auf M. übertragen wurde, und dieser schickte nun zwei Militärtribunen nach Nola in Kampanien, wo das Heer stand, um dasselbe für ihn in Eid und Pflicht zu nehmen. Allein Sulla zog an der Spitze desselben nach Rom und lieferte M. und Sulpicius auf dem Esquilinischen Hügel eine förmliche Schlacht, in welcher diese völlig geschlagen wurden. Es wurden hierauf zwölf Häupter der Gegenpartei von Sulla geächtet [259] unter ihnen selbstverständlich auch M., der sich unter den größten Gefahren und mancherlei Abenteuern nach Afrika flüchtete. Als aber der Konsul Cinna (s. d.) 87 einen Aufstand gegen die von Sulla eingesetzte Regierung machte und mit einem Heer gegen Rom zog, eilte auch M. herbei, sammelte in Etrurien eine Menge zuchtlosen Volkes und belagerte mit Cinna die Hauptstadt, die endlich ihren erbitterten Feinden die Thore zu öffnen genötigt war. Nun folgte ein furchtbares Morden, in welchem eine große Anzahl der angesehensten Männer den Tod fand. M. hatte seinen Begleitern den Befehl gegeben, jeden niederzustoßen, dessen Gruß er nicht erwidern würde, und auch außerdem mordete diese blutdürstige Bande auf eigne Hand, bis sie endlich von Cinna selbst oder von Sertorius umzingelt und niedergemacht wurde. Cinna und M. herrschten jetzt unumschränkt in Rom und konnten sich daher selbst für 86 zu Konsuln ernennen. So erlangte M. das ihm einst von einer Wahrsagerin verheißene siebente Konsulat, starb aber schon am 18. Tag desselben. Sein Leben ist von Plutarch beschrieben. Vgl. Gerlach, M. und Sulla (Basel 1856); thor Straten, Rettungen des M. (Meldorf 1869); Votsch, C. M. als Reformator des römischen Heerwesens (Berl. 1886). – M.’ Sohn Gajus M. (der jüngere M.), geb. 109, war 82 mit Papirius Carbo Konsul, wurde bei Sacriportus von Sulla geschlagen und warf sich hierauf in das feste Präneste, wo er eine lange Belagerung aushielt und, als die Stadt sich Sulla ergab, sich selbst tötete.