Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Magnesĭum“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 11 (1888), Seite 7677
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Magnesĭum. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 11, Seite 76–77. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Magnes%C4%ADum (Version vom 21.11.2023)

[76] Magnesĭum Mg, Metall, findet sich nicht gediegen, aber sehr verbreitet in verschiedenen Verbindungen. Magnesiumoxyd (Magnesia) bildet mit Thonerde den Spinell; kieselsaure Magnesia bildet den Meerschaum, Talk, Speckstein, Serpentin und findet sich auch im Augit, Asbest, Olivin, der Hornblende und in sehr zahlreichen andern Mineralien; kohlensaure Magnesia bildet den Magnesit, mit kohlensaurem Kalk den Dolomit und findet sich auch in den meisten Kalksteinen und als doppeltkohlensaure Magnesia gelöst in Quellwassern; schwefelsaure Magnesia ist ein Bestandteil der Staßfurter Abraumsalze und vieler Mineralwässer, ebenso das Chlormagnesium, welches, wie das Brommagnesium, auch im Meerwasser reichlich vorkommt; phosphorsaure Magnesia findet sich in Pflanzen (besonders in den Samen) und Tieren, phosphorsaure Ammoniakmagnesia bildet den Struvit, borsaure Magnesia findet sich im Boracit etc. Zur Darstellung des Magnesiums trägt man ein trocknes Gemenge von 1 Teil Flußspatpulver, 10 Teilen geschmolzenem Kaliummagnesiumchlorid (Carnallit) und 1 Teil Natrium in einen stark glühenden Tiegel, bedeckt denselben, erhitzt die Masse zum Schmelzen, rührt um und läßt erkalten. Das Chlor geht hierbei vom M. an das Natrium, und ersteres scheidet sich metallisch aus. Das rohe M. wird durch absteigende Destillation gereinigt. In neuerer Zeit wird das M. durch Elektrolyse im großen dargestellt. Es ist silberweiß, stark glänzend, vom spez. Gew. 1,743 und der Härte des Kalkspats, Atomgewicht [77] 24, läßt sich hämmern und walzen, aber nicht zu Draht ausziehen (der Magnesiumdraht des Handels ist gepreßt), schmilzt etwa so leicht wie Zink, wird aber nur teigig und läßt sich daher schlecht formen; es siedet bei etwas über 1000°, ist destillierbar, hält sich in trockner Luft unverändert, läuft allmählich in feuchter Luft an, doch beschränkt sich die Oxydation auf die obern Schichten; oberhalb seines Schmelzpunktes entzündet es sich an der Luft und verbrennt unter Ausstoßung von dichtem weißen Dampf von Magnesiumoxyd und mit blendend bläulichweißem Licht, welches sehr reich an chemisch wirksamen Strahlen ist, und dessen Intensität in reinem Sauerstoff die einer Kerzenflamme um mehr als das Hundertfache übertrifft. Um zehn Stunden lang ein Licht von 74 Stearinkerzen (von denen 10 auf 1 kg gehen) zu erzeugen, muß man 72,2 g M. an der Luft verbrennen. Magnesiumdraht läßt sich in der Spiritusflamme entzünden. M. verbindet sich beim Erhitzen mit Chlor unter Feuererscheinung, zersetzt siedendes Wasser lebhaft, entzündet beim Übergießen mit Salzsäure den sich entwickelnden Wasserstoff und fällt aus Metallsalzen Metalle (selbst Zink) oder Metalloxydhydrate. Das M. ist zweiwertig und bildet mit Sauerstoff das Magnesiumoxyd (Magnesia) MgO. Man benutzt M. in Form von schmalen Blechstreifen (Band) und als Pulver zu Signallichtern, auf Leuchttürmen und zur photographischen Aufnahme bei Ausschluß des Sonnenlichts. Für diese Zwecke sind Lampen konstruiert worden, welche das Magnesiumband oder das Pulver kontinuierlich einer kleinen Flamme zuführen. Der bei der Verbrennung sich entwickelnde Rauch von fein verteilter Magnesia wird in geschlossenen Räumen bald sehr lästig und muß abgeleitet werden. Magnesiumpulver findet auch in der Feuerwerkerei Verwendung und als Chathamlicht zu Signallichtern, indem man ein Gemisch von Magnesiumpulver und Harzpulver mittels eines Blasebalgs in eine Spiritusflamme bläst. Durch einen geringen Zusatz von M. werden Nickel und Kobalt schmiedbar und walzbar gemacht. Auch als Reduktionsmittel für analytische Zwecke wird M. benutzt. Legierungen des Magnesiums sind ebenfalls zu Beleuchtungszwecken dargestellt worden. Verwendet man in der Messingfabrikation statt Galmei Dolomit, so entsteht eine messingähnliche Kupfermagnesiumlegierung. Schwefelsaure Magnesia wurde zu Ende des 17. Jahrh. bekannt, zu Ende des 18. Jahrh. kam kohlensaure Magnesia als Heilmittel in Anwendung, und 1755 unterschied Black die Magnesia als eigentümliche Erde, worauf dieselbe 1775 von Bergman genauer untersucht wurde. M. wurde zuerst von Davy dargestellt, Buff und Liebig stellten M. mittels Kaliums dar, Bunsen gewann es durch Elektrolyse, und Caron und Deville begründeten die Magnesiumindustrie.