Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Magazīne“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 11 (1888), Seite 5556
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Magazīne. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 11, Seite 55–56. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Magaz%C4%ABne (Version vom 20.11.2023)

[55] Magazīne (arab. machsan, „Vorratshaus“), Warenlager, Vorratshäuser oder größere Aufbewahrungsbehältnisse, besonders für Getreide, wurden früher unterhalten, um in Zeiten des Mißwachses der Teurung und Hungersnot vorzubeugen, dienen jetzt aber nur noch den Bedürfnissen des Handels und den lokalen Verhältnissen. Die Gebäude oder Speicher mit mehreren übereinander liegenden, etwa 2 m hohen Böden müssen an trocknen, luftigen Orten, möglichst feuersicher angelegt werden. Das gut gereinigte Getreide wird gewöhnlich direkt auf den sorgfältig gedielten und sehr dichten Fußboden geschüttet, muß aber im Sommer alle zwei, im Winter alle vier Wochen umgewendet werden, damit es [56] nicht verdirbt. Hierzu ist Raum erforderlich, und da außerdem Gänge frei bleiben müssen, das Getreide im Winter auch die Mauer nicht berühren darf, so kann man nur etwa den achten Teil des Kubikinhalts eines Getreidespeichers wirklich ausnutzen; man rechnet für 1 hl etwa 0,3 qm Bodenfläche. Die M. von Devaux, welche auf den Westindia Docks in London und auch in Deutschland Eingang gefunden haben, bestehen aus etwa 10 m hohen Kasten mit quadratischer Grundfläche von 1,25–1,75 m im Geviert, deren jeder 250–500 Ztr. Getreide faßt, und die in einem Gebäude so dicht nebeneinander aufgestellt sind, daß nur schmale Gänge zur Passage übrigbleiben. Die Kasten sind aus fein durchlöchertem Eisenblech konstruiert; in ihrer Mitte steht ein Rohr aus gleichem Material, welches an der Basis mit unterirdischen Luftkanälen kommuniziert. Ist der Kasten gefüllt und die Röhre oben mit einem Blechdeckel geschlossen, so kann die Luft in der Röhre und in den Wänden fortwährend durch das Getreide zirkulieren, welches sich infolgedessen vollkommen gut erhält. Durch einen Ventilator kann der Luftzug verstärkt werden. Zur Füllung der Kasten dienen ein Paternosterwerk und eine horizontal durch das ganze Gebäude fortlaufende Schraube. Das Ablassen des Getreides wird durch Öffnen einer über dem Boden befindlichen Klappe bewirkt; das ausströmende Getreide wird durch ein endloses Band weiter getragen (vgl. Getreideelevatoren). Die Frucht- oder Getreidetürme von Sinclair, mit massiven Wänden erbaut, haben über einem untern leeren Raum einen großen, der Grundrißfläche des Turms entsprechenden Trichter, dessen untere Öffnung mit einer leicht beweglichen Klappe versehen ist. Über dem großen Trichter sind zur Entlastung neun kleinere Trichter angebracht, und auf diesen lagert das Getreide. Durch letzteres hindurch gehen horizontale, aus zwei aneinander stoßenden Brettern bestehende Rinnen, welche mit der offenen Seite nach unten liegen und mit Öffnungen in Verbindung stehen, die durch die massiven Wände nach außen hin etwas geneigt abwärts führen und durch Drahtgitter leicht verschlossen sind. Unter den Rinnen bilden sich Luftkanäle, in welchen eine lebhafte Ventilation stattfindet. Der obere Teil des Turms bildet einen leeren Raum mit einer Winde zum Heben des Getreides. Öffnet man an einem solchen Fruchtturm die untere Trichterklappe, so strömt etwas Getreide heraus; so wenig dies aber auch ist, bewirkt es doch eine Bewegung der ganzen Masse, da jedes Körnchen, etwas sinkend, seine Lage verändert. Das abgelassene Getreide wird wieder oben aufgegeben, und man kann daher mit leichter Mühe immer neue Partien des Getreides dem Luftzug aussetzen. Vgl. Bujanovics v. Agg-Telek, Über die verschiedenen Methoden der Aufbewahrung des Getreides (Pest 1846).

Schon seit alten Zeiten hat man das Getreide bei völligem Abschluß der Luft in Fruchtgruben oder Silos zu erhalten gesucht. Diese werden gewöhnlich auf sandig-lehmigen Hügeln angelegt. Man gräbt eine Grube von 3,8–4,7 m Tiefe in Form einer Flasche und mit einem 1,2–1,5 m langen Hals von 0,39–0,74 m Durchmesser, gibt der Grube einen Durchmesser von 2,5–3,16 m, verbrennt in derselben einige Tage vor der Benutzung reichlich Stroh, kleidet sie nach der Reinigung mit frischem, reinem Stroh aus und füllt sie mit dem Getreide. Zum Verschluß wird der Hals fest mit Stroh gefüllt und das Ganze mit einem 0,632–0,948 m hohen Erdhügel bedeckt, den man mit Rasen belegt. Auf großen Gütern mauert man große Silos auch aus, verbindet sie unterirdisch miteinander und errichtet über der ganzen Reihe ein magazinartiges Gebäude, welches sie vor den Einflüssen der Witterung schützt. Zur Aufbewahrung in den Silos muß das Getreide beim Füllen völlig trocken gewesen sein. Es schwillt in den Silos an, aber es verliert an Trockengewicht; es erhält einen dumpfigen Geruch, der den Marktpreis herabdrückt, und wenn man denselben durch häufiges Umschaufeln beseitigen will, so schrumpft das Getreide so sehr zusammen, daß dadurch ein gleich großer Schade entsteht. Endlich müssen die Silos, nachdem sie einmal angebrochen sind, gleich ganz entleert werden, weil das Getreide sonst sehr schnell verdirbt. Zur Vermeidung dieser Mängel benutzt Doyères luftdicht verschließbare Silos aus verzinktem Eisenblech, in welche mit dem Getreide etwas gebrannter Kalk gebracht wird, indem man die Wände des Behälters mit Stroh auskleidet und zwischen dieses und die Wandung wieder etwas Kalk schüttet. Als Decke dienen Stroh, Kalk und zuletzt Spreu, die festgetreten wird. In England hat man derartige Silos mit Luftpumpen luftleer gemacht und dadurch einen bedeutenden Grad von Trockenheit erreicht. Vgl. Luther, Konstruktion und Einrichtung der Speicher, speziell der Getreidemagazine (Braunschw. 1886).