Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Lykopodĭaceen“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 11 (1888), Seite 56
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Lykopodĭaceen. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 11, Seite 5–6. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Lykopod%C4%ADaceen (Version vom 21.11.2023)

[5] Lykopodĭaceen (Bärlappgewächse), kryptogamische Familie unter den Gefäßkryptogamen, perennierende, immergrüne, moosähnliche Gewächse mit langgestrecktem, dichotom verzweigtem, kriechendem Stengel, aufrechten Ästen und aus der Unterseite der Stengel (Fig. 1A) entspringenden Nebenwurzeln. Die Stengel sind in ihrer ganzen Länge meist dicht besetzt mit zahlreichen kleinen, sitzenden und herablaufenden, ganzen, linealischen oder schuppenförmigen, spitzen Blättern, welche spiralig oder quirlständig angeordnet sind und bisweilen in zweifacher Gestalt an derselben Achse auftreten. Die Sporangien (Fig. 1C) befinden sich einzeln in der Achsel von gewöhnlichen Blättern oder werden auf der Basis schuppenartiger, verbreiterter Hochblätter entwickelt, mit denen sie als ein ähriger Fruchtstand auftreten. Sie stellen meist nierenförmige, an ihrer konkaven Seite festgewachsene Säckchen dar, die zur Reifezeit mit einem über den Scheitel gehenden Riß aufspringen. Die in den Sporangien enthaltenen Sporen (Fig. 1D) haben tetraedrisch-kugelige Gestalt und ein gelb gefärbtes, durch netzförmige Leisten verdicktes Exosporium. Die Entwickelung der L., besonders ihr wulstig-lappiger, chlorophyllloser, monözischer Vorkeim (Fig. 1B) und die Ausbildung einer einzigen Sporenart, weist ihnen eine Stellung in der Nähe der Farnkräuter und Ophioglosseen an und unterscheidet sie als Familie von den in den vegetativen Teilen ihnen zwar sehr ähnlichen, aber durch zweierlei Sporen ausgezeichneten Selaginelleen, mit denen sie in der Klasse der Lykopodinen vereinigt werden. Die Familie zählt etwas über 100 jetzt lebende Arten in

Fig. 1. Bärlapp (Lycopodium). A Zweig von L. clavatum, B Vorkeim von L. annotinum, C Fruchtblatt mit geöffnetem Sporangium, D Sporn; stark vergrößert.

vier Gattungen, von denen Lycopodium L. die wichtigste und artenreichste ist; die Gattungen Phylloglossum Kze. und Tmesipteris Bernh. sind australisch, die bisweilen epiphytisch wachsenden Arten von Psilotum Lw. bewohnen die Tropen. In den vorweltlichen Perioden waren die L. in viel größerer Anzahl, als ein Hauptbestandteil der Vegetation, und zugleich in weit stattlichern Formen vertreten. Hier treten uns in der Steinkohlenformation die Schuppenbäume (Lepidodendron Brongn., s. Tafel „Steinkohlenformation II“) als baumartige L. entgegen, eine gegenwärtig gänzlich ausgestorbene Gattung mit dichotom verzweigtem, bis über 30 m hohem und bis 4 m im Umfang haltendem Stamm, dessen Rinde regelmäßig bedeckt ist mit dicht stehenden, spiralig angeordneten, rhombischen, elliptischen oder sechseckigen Blattkissen, auf deren Mitte ein kleines Wärzchen, die Narbe des abgefallenen Blattes, sich befindet. Auch kommen dünnere Zweige vor mit noch ansitzenden, steifen, linealischen Blättern, desgleichen walzenförmige, bisweilen an Tannenzapfen erinnernde Fruchtähren am Ende der Zweige mit zahlreichen schuppenförmigen Deckblättern, welche Sporangien mit zweierlei Sporen in ihrer Achsel tragen. [6] Man unterscheidet gegen 60 Arten. Ferner gehören hierher die Siegelbäume (Sigillaria Brongn., s. Tafel „Steinkohlenformation II“), säulenförmige, fast unverzweigte, bis 25 m lange u. 1–2 m dicke Stämme, die mit zahlreichen in Längsreihen geordneten, scheibenförmigen, Siegelabdrücken ähnlichen Blattnarben besetzt sind, zwischen denen Längsfurchen verlaufen; sie trugen an der Spitze lange, steife, schilfartige Blätter, und solche besenförmige Stammspitzen werden auch in niedrigen Exemplaren gefunden. Die Fruchtstände sind wiederum ährenförmig, und ihre Deckblätter tragen Sporangien mit zweierlei Sporen. Von diesen Bäumen kennt man gegen 80 Arten

Fig. 2. Sphenophyllum Schlotheimii. a Zweig mit zwei Fruchtähren; b, c verschiedene Blattformen.

ebenfalls in der Steinkohlenformation. Die Wurzeln der Siegelbäume waren dicht mit langen, cylindrischen Nebenwurzeln besetzt, welche beim Abfallen eine kreisrunde Warze zurückließen; man hielt dieselben anfangs für Stengelgebilde, die mit linealischen Blättern besetzt seien, und rechnete sie als eine eigne Gattung, Stigmaria Brongn. (s. Taf. „Steinkohlenformation II“), zu den Isoeteen. Neuerdings ist auch die fossile Gattung Keilblatt (Sphenophyllum Brongn., Fig. 2), welche bisher zu den Kalamiten gerechnet wurde, als eine Lykopodiacee erkannt worden. Sie hat dünne, gegliederte Stengel, quirlständige, freie, keilförmige Blätter mit dichotom geteilten Nerven und lange, walzenförmige Fruchtähren in den Achseln der Blätter. Man hält diese Pflanzenreste, von denen elf ebenfalls nur im Steinkohlengebirge vorkommende Arten unterschieden werden, für laub- und fruchttragende Zweige baumartiger L. Gleichfalls in der Steinkohlenformation treten auch den jetzt lebenden Arten ähnliche, krautartige Bärlappe auf, welche die Gattung Lycopodites Brongn. bilden. Über die Entwickelungsgeschichte der L. haben Hegelmaier, Strasburger, Juranyi, De Bary und Frankhauser Abhandlungen veröffentlicht.