Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Kanzleistil“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 9 (1887), Seite 478
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Kanzleistil. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 9, Seite 478. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Kanzleistil (Version vom 23.07.2021)

[478] Kanzleistil, diejenige Art des schriftlichen Ausdrucks, welche von der obersächsischen Mundart ausging und schon seit dem 15. Jahrh. bei der Verschiedenartigkeit der landschaftlichen Mundarten und bei dem Mangel einer allgemeinen deutschen Schriftsprache zur Erleichterung des Verkehrs in den Kanzleien der hoch- wie niederdeutschen Fürsten angewandt wurde. Der K. bildete die Grundlage zu Luthers Bibelübersetzung und damit auch der neuhochdeutschen Schriftsprache. Während diese aber eine allgemeine Verbreitung und volkstümliche Entwickelung gewann, blieb die Schreibart der Kanzleien auf ihrem archaistischen Standpunkt stehen und ward dadurch dem Volk immer unverständlicher. Daher hat der K. in Deutschland nach dem Vorgang Preußens in den meisten deutschen Staaten jetzt seine Herrschaft verloren und dem einfachen Briefstil Platz machen müssen. Vgl. Geschäftsstil.