Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Kaffeebaum“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 9 (1887), Seite 355359
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Kaffeebaum. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 9, Seite 355–359. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Kaffeebaum (Version vom 09.10.2022)

[355] Kaffeebaum (Coffĕa L.), Gattung aus der Familie der Rubiaceen, immergrüne Sträucher oder selten kleine Bäume mit gegenständigen oder zu drei wirtelständigen, gestielten oder festsitzenden, ganzrandigen Blättern, breiten, zugespitzten Nebenblättern, in achsel-, seltener endständigen, büscheligen Trugdolden, seltener einzeln stehenden Blüten und kugeliger oder ovaler, trockner oder fleischiger Steinfrucht, die meist zwei Steine mit lederiger oder papierartiger Schale enthält. Etwa 20 Arten im tropischen Afrika, Asien und auf den Maskarenen. Der echte K. (Coffea arabica L., s. Tafel „Genußmittelpflanzen“), ein 6–8 m hoher, schlanker Baum mit 14 cm langen, länglichen, zugespitzten, lederigen, kahlen, kurzgestielten Blättern, eideltaförmigen Nebenblättern und zu 3–7 gebüschelt in den Blattachseln stehenden, weißen Blüten. Die Früchte sind oval, getrocknet 13–15 mm lang, 8–10 mm breit, zuerst grün, dann rot, endlich violett und enthalten in einem schleimig, widerlich süß schmeckenden Fleisch zwei pergamentartige, zitronengelbe, einsamige Gehäuse. Der Same ist oval, 8–14 mm lang und 6–9 mm breit, plankonvex, auf der Bauchfläche mit einer Längsrinne versehen und mit beiden Rändern eingeschlagen, so daß er im Querschnitt als eine zusammengedrückte Spirale erscheint. Bildet sich nur ein Same aus, so gestaltet sich dieser rundlich, geradezu cylindrisch und bildet den Perlkaffee, der also nach seiner Abstammung nicht eine bestimmte Sorte bildet. Die Samenhaut ist zart, häutig, blaßbräunlich und umgibt auch die innere Windung des Samens. Sie hängt nur locker mit dem Samenkern zusammen und fehlt daher auf der Außenfläche der käuflichen Bohne (deren Name von dem arabischen bunn abzuleiten ist). Der K. wächst im östlichen Afrika von Abessinien (Kaffa) bis zum Rovuma (10° südl. Br.) wild und soll auch an der Westküste heimisch sein; durch Kultur ist er in den Tropen weit verbreitet und gedeiht in Asien, Afrika und Amerika bei einer mittlern Temperatur von 27–28°, wo das Thermometer nie unter 10,5° sinkt, nördlich bis zum 36. Breitengrad. Er fordert Feuchtigkeit und Schatten und gedeiht am besten auf Kalkboden. Man kultiviert ihn zum größten Teil in Gebirgsgegenden, wo ihm eine Höhe von 370–950 m am meisten zusagt, und sorgt für Schatten, zum Teil durch Anpflanzung besonderer Bäume (Erythrina). Man zieht die Bäumchen aus Samenkörnern und pflanzt die Setzlinge, sobald sie 60–90 cm Höhe erreicht haben, in die sogen. Kaffeegärten oder Kaffeeplantagen. In Westindien und Zentralamerika läßt man die 2–2,5 m voneinander entfernt stehenden Bäumchen des leichtern Einsammelns der Beeren halber und zur Erzielung größerer Fruchtbarkeit nur 1,25–2 m hoch werden. Im dritten Jahr beginnen die Bäume zu tragen, und die Früchte werden nun mit dem Alter des Baums, der aber höchstens 20 Jahre hindurch fruchtbar bleibt, immer besser. Auf demselben Boden kann nicht unmittelbar eine Pflanzung der andern folgen, weil der K. den Boden zu stark erschöpft. In Arabien läßt man die Früchte ganz reif werden und schüttelt sie dann auf Decken herab, in Ost- und Westindien sowie in Südamerika dagegen werden die noch roten Beeren abgepflückt. Das Losschälen der Samenkerne geschieht entweder trocken durch Quetschen und Entfernen der Hülsen mittels Schwingen (Arabien, Ostindien), oder man läßt die vom Fruchtfleisch befreiten Samen in Wasser aufquellen, um die Samenschalen dann leichter abzuquetschen. Durch Einführung von Maschinen und Trockenapparaten hat man namentlich in Brasilien vorzügliche Erfolge erzielt. Der Ertrag ist in den verschiedenen Ländern sehr ungleich: man erhält auf Java in den Regierungspflanzungen nur 0,25, in den Privatpflanzungen 0,5, auf Costarica 0,75–1, in Brasilien und auf Cuba 2–2,5, in Arabien angeblich bis 3 kg von jedem Baum. – Die Kaffeebohnen enthalten lufttrocken noch 5–9 Proz. Wasser, außerdem hauptsächlich Kaffein, Eiweißstoffe, Legumin, Kaffeegerbsäure, Fett, etwas Zucker, Cellulose und mineralische Stoffe; der Gehalt an den einzelnen Stoffen wechselt erheblich bei den verschiedenen Sorten. Der Gehalt an Kaffein schwankt von 0,8–1,2 Proz., ohne daß sich eine konstante Verschiedenheit zwischen bessern und geringern Sorten zeigte. Als mittlere Zusammensetzung der Bohnen kann man etwa annehmen:

Cellulose 34–59 Proz.
Wasser 5–10
Zucker 6–7
Legumin etc. 10
Fett 10–13
Kaffein 0,8–1,2
durch Bleisalz fällbare Säure 10–12
flüchtige Öle 0,003
Asche 6–7

Die Asche besteht zu mehr als 50 Proz. aus Kali und enthält außerdem 15–17 Proz. Kohlensäure, 10–11,6 Proz. Phosphorsäure, 8–9 Proz. Magnesia, 4–6,7 Proz. Kalk, 3–5 Proz. Schwefelsäure etc., kein Natron und keine Kieselsäure.

[Handelssorten.] I. Afrikanischer oder äthiopischer Kaffee. Die Sorten südlich vom Tsanasee und aus den Gallaländern bilden das beste Produkt, werden von den indischen Händlern in Berbera und Zeila aufgekauft und haben für Europa wohl keine Bedeutung. II. Arabischer, levantischer, Mokkakaffee, eirund, grün bis grünlichgelb, die kleinsten von allen Bohnen. Die Auslese (Bahuri) gelangt kaum weiter als bis Konstantinopel, zwei minderwertige Sorten, Sakki und Salabi, bestehen aus blaß- oder grünlichgelben Bohnen. Übrigens geht unter dem Namen Mokka meist kleinbohniger Java oder Ceylon. III. Niederländisch-indischer Kaffee. 1) Java, Batavia, Tscheribon, gold- oder hochgelber, brauner, gelber, blaßgrünlicher, schöngrüner, feinblauer oder blanker Java, sehr beliebt. Die als Mokka gehende Javasorte steht dem echten Mokka sehr nahe. 2) Samarang, die geringste Javasorte, mit großen, gelbbraunen, braungrünen und vielen schwarzen Bohnen. 3) Menado von Celebes, große, hellgelbe, dunkelgelbbraune und blaßgrüne Bohnen in größter Gleichmäßigkeit, sehr beliebt; die übrigen Celebessorten sind unegal, von unreinem Geschmack, werden meist als Mischware behandelt. Dadapkaffee ist auf Celebes auf gelichtetem Waldland gewachsen. 4) Sumatra, große, dunkelgelbe, braune, häufig, schwarze Bohnen, von rohem Geschmack, dient als Mischware. IV. Spanisch-indischer Kaffee. Manilakaffee von den Philippinen, der beste von Cavita, mittlere von Laguna und Batanges, der schlechteste von Mindanao; Bohnen blaß oder blaßgrünlich, matt, mit großen, silberglänzenden Samenhautfragmenten. V. Französisch-indischer und Bourbonkaffee, nur letzterer hat für uns Bedeutung. Die beste Sorte ist fast dem Mokka gleich, länglich, blaßgelb, grünlichgelb, schließlich goldgelb; kleine Bohnen erbsenförmig, braun. VI. Englisch-indischer Kaffee, vorzügliche Sorten, die dem Java gleichkommen. Nilgiri, Madras, Ceylon, letzterer in zwei Sorten: Nativa mit mehr gelbgrünen oder dunkeln, länglichen Bohnen und Plantagenkaffee mit schmälern, kleinern, gleichmäßig blaugrünen Bohnen. VII. Westindischer und mittelamerikanischer [356] Kaffee. 1) Cuba (Havana, Santiago), in Größe und Farbe stark wechselnd, wegen seines starken Geruchs sehr beliebt. Übrigens gehen manche Brasilsorten als Cuba. 2) Jamaica, Santa Lucia, Trinidad. Ersterer sehr egal, lang, schmal, grün bis grünlichblau, fast ohne Samenhaut, daher sehr glatt, vorzügliche Sorte. Die andern Sorten sind mehr länglichrund, graubläulich, mit Samenhautresten. 3) Domingo, beliebte, ziemlich gute Sorte, sehr verschiedene, meist schmale Bohnen, gelb, blaßgrün, seltener bläulichgrün. 4) Portorico, beliebt, sehr ungleich, blaßgrün bis blaugrün (fein) oder gelbgrün bis gelb (ordinär). 5) Martinique, mittelgroß, fast grau oder graublau, Samenhaut sehr fein, vorzüglich Marie Galante, sehr klein, mokkaartig. 6) Guadeloupe, Dominica, Granada, graugrün, meist gut, für den Handel unbedeutend. 7) Costarica, grün, mehr schmal, gleichmäßig, matt, dem Ceylon ähnlich, sehr gut. 8) Guatemala, Nicaragua, Salvador, ebenfalls gut. VIII. Südamerikanischer Kaffee. 1) Surinam, klein, breit, grünlich, von sehr starkem Geruch, vorzüglich. 2) Berbice, Demerara, klein, blaugrün, auch graugelblich, für unsern Handel bedeutungslos. 3) Venezuela, La Guayra, Caracas, bisweilen manchem Java ähnlich, doch auch von unangenehmem Geschmack; Puerto Cabello, dem Portorico ähnlich (daher Küstenportorico). 4) Brasil, liefert sehr verschiedene Sorten, von denen die besten mit den ersten ost- und westindischen konkurrieren und oft unter deren Namen gehen, so daß nur die minderwertigen als Brasil im Handel erscheinen. Die einzelnen Sorten werden nach den Provinzen des Reichs benannt.

Die Produktion des Kaffees hat sich in den letzten 50 Jahren versechsfacht. Sie betrug in:

  metr. Ztr.
Brasilien Ernte 1884–85 3891300
Java etc. 1884 917580
Venezuela 1884 557000
Haïti Ausfuhr 1884–85 370000
Guatemala 1885 249000
Portorico 1883 170700
Britisch-Ostindien 1884–85 166800
Costarica 1884 166300
Ceylon 1884–85 146000
Kolumbien ? 125000
San Salvador 1884 103170
Mexiko 1880 80000
Philippinen 1884 73320
Arabien, Nubien, Abessinien ca. 50000
Nicaragua 1884 29900
Jamaica etc. 1884 24560
San Tomé ca. 20000
Loangoküste ca. 10000
Ecuador 1885 8510
Franz. Kolonien Westindiens Ernte 1884 8270
Réunion Ausfuhr 1883 5780
Honduras mittlere Ausfuhr? 4600
Santiago de Cuba Ausfuhr 1884 3000
San Domingo 1885 1500
Liberia ca. 1250
Madagaskar ca. 500
Französisch-Guayana Ernte 1882 200
Mayotte und Rossi Bé ca. 150
Fidschi, Hawaii u. Tahiti ca. 80
Natal Ausfuhr 1884 60
Zusammen in diesen Ländern: 7184530

Rechnet man die Differenzen zwischen Ernte und Ausfuhr noch so gering, so läßt sich die Menge des in der Saison 1884/85 produzierten Kaffees auf 7,250,000 metr. Ztr. annehmen.

Beim Lagern an luftigen, trocknen Orten soll sich der Geschmack des Kaffees wesentlich verbessern, und rauh schmeckende Sorten sollen in 6–10, feine dagegen schon in 3 Jahren ihre höchste Güte erreichen. Die Farbe der Bohnen wechselt in allen Nüancen von Gelb, Grau, Bräunlich, Bläulich und Grün, je nach der Dauer der Einwirkung der Sonne beim Trocknen, ist aber von untergeordneter Bedeutung, zumal jeder Kaffee beim Liegen verblaßt und die Bohnen häufig gefärbt werden. Auch wird viel Kaffee appretiert oder präpariert, indem man ihn durch Behandeln mit Wasserdampf aufquellen läßt und dann schnell trocknet. Die Hauptmärkte Europas für Kaffee sind: Holland, London, Hamburg, Havre, Antwerpen, Triest. Triage (Brennware) nennt man schlechte, aus zerbrochenen schwarzen und oft mit Schalen gemischten Bohnen bestehende Sorten, die geröstet und gemahlen von den Kleinhändlern vertrieben werden. Noch schlechter ist havarierte oder marinierte Ware, d. h. solche, die auf der Überfahrt mit Seewasser in Berührung gekommen ist und einer eindringlichen Wäsche bedarf. Der Kaffee besitzt eine große Empfindlichkeit gegen fremde Gerüche, die er anzieht, und durch welche er in der Qualität bedeutend verschlechtert wird. Waren wie Pfeffer, Ingwer, Stockfisch, Heringe, Rum, selbst Zucker, müssen ihm fern gehalten werden.

Bereitung. Diätetisches.

Zur Benutzung werden die Kaffeebohnen geröstet, indem man sie in einem verschlossenen Gefäß über schwachem Feuer möglichst gleichmäßig erhitzt, bis sie mehr oder weniger braun geworden sind. Man benutzt dazu liegende, drehbare Trommeln oder kasserolleartige Gefäße mit Rührwerk, besser aber Apparate, bei denen sich eine Hohlkugel oder ein Hohlcylinder aus Drahtgeflecht oder siebartig gelochtem Blech in einer Blechkapsel dreht. Hierbei findet eine sehr gleichmäßige Übertragung der Wärme statt, und eine zu starke Erhitzung wird leichter vermieden, als wenn das den Kaffee enthaltende Gefäß der direkten Einwirkung des Feuers ausgesetzt ist. In einem derartigen, für Großbetrieb eingerichteten Apparat gebrannter Kaffee heißt im Handel Dampfkaffee. Für kleinere Apparate ist Spiritusheizung empfehlenswert, weil dabei das Feuer niemals zu stark und durch Abmessen des zu verbrauchenden Spiritus die Einhaltung eines bestimmten Röstgrades erleichtert wird. Als wesentlich wird angegeben, daß beim Brennen die zuerst sich entwickelnden Dämpfe entweichen müssen. Vor dem Brennen muß man die Bohnen stets auslesen, und außerdem empfiehlt es sich, sie 10–12 Minuten in Wasser einzuweichen, dann abtropfen zu lassen, leicht abzutrocknen und sofort zu brennen. Hierbei werden nicht nur alle Unreinigkeiten entfernt, sondern es wird auch der Vorteil erzielt, daß durch den sich entwickelnden Wasserdampf die Röstung langsamer und gleichmäßiger verläuft. Das Schwitzen der Bohnen ist unbedingt zu vermeiden, und sobald der richtige Röstgrad erreicht ist, muß man die Bohnen möglichst schnell abkühlen. Beim Rösten verliert der Kaffee je nach der Stärke des Erhitzens 15–30 Proz. seines Gewichts; indem die Bohnen sich aber aufblähen, nehmen sie um 30–50 Proz. ihres Volumens zu. Die einzelnen Kaffeesorten verlangen einen verschiedenen Grad der Röstung. Martinique soll das beste Getränk liefern, wenn er auf 20 Proz. (kastanienbraun), Bourbon, wenn er auf 16–18 Proz. (lichtbronze), und Mokka, wenn er auf 14–15 Proz. (rötlichgelb) Gewichtsverlust geröstet wird. Von der Art und Weise der Röstung hängt besonders bei den feinern Kaffeesorten der Wohlgeschmack des Getränkes mindestens ebensosehr ab wie von der Handelssorte. Die chemischen Veränderungen, welche der Kaffee beim Rösten erleidet, sind noch nicht genau [357] erforscht. Es entstehen dabei die gewöhnlichen empyreumatischen Stoffe und neben denselben eigentümliche Produkte (besonders Kaffeol, welches sehr starkes Kaffeearoma besitzt), während das Kaffein zwar unverändert bleibt, aber sich zum Teil verflüchtigt. Äther entzieht dem gerösteten Kaffee etwa 9 Proz., und der Rückstand gibt dann mit Wasser eine dunkelbraune, bittere Flüssigkeit ohne den Wohlgeschmack des Kaffees. Der ätherische Auszug enthält ein Fett, welchem das Aroma des Kaffees anhaftet. Letzteres verflüchtigt sich vollständig beim Kochen mit Wasser und scheint aus einem Öl zu bestehen, welches den allen Kaffeesorten gemeinsamen Geruch besitzt, und in geringerer Menge aus einem zweiten Öl, welches sich in den feinern Sorten etwas reichlicher findet. Kochendes Wasser entzieht dem gerösteten Kaffee um so mehr lösliche Bestandteile (12–37 Proz.), je stärker er geröstet war. Weiches Wasser (namentlich wenn man etwas Soda darin löst) nimmt mehr auf als hartes Wasser. Beim einmaligen Ausziehen von Kaffeemehl gibt dies etwa 10–12 Proz. lösliche Stoffe an das Wasser ab. Der erste Auszug besitzt hauptsächlich den Wohlgeschmack des Kaffees; spätere Auszüge schmecken bitter, adstringierend, unangenehm. Gebrannter Kaffee verändert sich sehr schnell, weil der aromatische Bestandteil leicht zersetzbar ist. Um ihn besser zu erhalten, hat man vorgeschlagen, den frisch gebrannten, noch heißen Kaffee in fein gepulvertem Zucker zu wälzen, damit die Bohnen sich mit einer schützenden Kruste überziehen; auch hat man frisch gebrannten Kaffee gepulvert, mit etwas Zucker gemischt und in Täfelchen zusammengepreßt, welche sich in Blechbüchsen gut aufbewahren lassen. Zum Zerkleinern des Kaffees dient bei uns die allgemein bekannte Kaffeemühle, welche ein möglichst feines Pulver liefern soll; im Orient aber zerstößt man den für jede Portion besonders gebrannten Kaffee im Mörser, übergießt das Pulver in der Tasse mit kochendem Wasser und trinkt die Mischung ohne weitern Zusatz. Bei uns trennt man dagegen das Kaffeepulver von dem Auszug und bereitet den Kaffee am besten durch Filtrieren, indem man das Pulver auf ein Papierfilter schüttet und siedendes (nicht nur heißes) Wasser darübergießt. Es ist wesentlich, daß das Wasser das Kaffeepulver gleichmäßig und vollständig durchdringt und wirklich mit Siedetemperatur aufgegossen wird. Diese Bedingungen müssen auch bei den Kaffeemaschinen erfüllt werden, und diejenigen Konstruktionen sind am meisten zu empfehlen, bei welchen das Pulver vor der Berührung mit dem Wasser durch den sich aus letzterm entwickelnden Dampf durchfeuchtet, gleichsam aufgeschlossen wird. Der Kaffeeauszug (das Getränk) ist ebenso wenig haltbar wie die gebrannten Bohnen; man hat aber versucht, ihn zu konzentrieren und so gleichsam ein Kaffeeextrakt herzustellen, welches bei Verdünnung mit heißem Wasser ein dem frischen Kaffee ersetzendes Getränk liefern sollte. Einen sehr starken Auszug, der eine beträchtliche Verdünnung erträgt, erhält man durch methodisches Auslaugen, indem man dieselbe Flüssigkeit wiederholt über frisches Pulver filtriert; ein brauchbares Kaffeeextrakt aber (etwa nach Art des Fleischextrakts) herzustellen, ist bisher nicht gelungen; die in den Handel gebrachten Präparate ließen immer sehr viel zu wünschen übrig.

Die allgemeine Verbreitung des Kaffeegenusses erklärt sich aus der eigentümlichen günstigen Wirkung des Kaffees auf den menschlichen Organismus. Dieselbe wird durch das Kaffein und die empyreumatischen Röstprodukte, aber auch durch die Kaffeegerbsäure und das flüchtige Öl, welches das Aroma des Kaffees bedingt, hervorgebracht. Doch ist diese Wirkung um so weniger vollständig zu erklären, als sie scheinbar einen Widerspruch in sich enthält. Der Kaffee regt nämlich das Gefäß- und Nervensystem zu einer größern Thätigkeit an und verlangsamt anderseits die Umsetzung der Formbestandteile des Körpers. Eine mittlere Dosis (15 g), als Aufguß heiß getrunken, beschleunigt den Puls, erzeugt ein Gefühl von Wärme (großenteils nur durch das heiße Wasser), setzt die Zahl der Atemzüge herab, regt die geistigen Fähigkeiten an, so daß man leichter denkt und arbeitet, verscheucht den Schlaf, erzeugt oft eine Empfindung von allgemeinem Wohlbehagen und vermehrt stark die Absonderung von Urin, während die Ausscheidung von Harnstoff und Kohlensäure herabgesetzt wird. Der Kaffeeaufguß enthält selbst nur wenig Nahrungsstoff, aber die Erfahrung lehrt, daß Arbeiter beim Genuß von Kaffee weniger stickstoffhaltige Nahrung bedürfen als ohne denselben; Soldaten haben, gestärkt durch Kaffee, Strapazen ertragen, die sie ohne diesen nicht ausgehalten haben würden. Daß der Kaffee die Verdauung anrege und die Beschwerden einer reichlichen Mahlzeit verringere, ist eine irrtümliche Annahme; starker Kaffee wirkt im Gegenteil störend auf die Verdauung. Das Wohlbehagen, welches die unmittelbar nach Tisch genossene Tasse Kaffee thatsächlich hervorbringt, ist vielleicht nur durch die angenehme psychische Anregung zu erklären. Der Kaffee beschränkt auch die Neigung zu Spirituosen und verscheucht den Rausch. Während der Thee vorzugsweise die Urteilskraft erweckt und ihrer Thätigkeit ein Gefühl von Heiterkeit zugesellt, wirkt Kaffee zwar auch auf das Denkvermögen erregend, verhilft aber auch der Einbildungskraft zu viel größerer Lebhaftigkeit. Die Empfänglichkeit für Sinneseindrücke wird durch den Kaffee erhöht, daher einerseits die Beobachtung gesteigert, auf der andern Seite aber auch die Urteilskraft geschärft, und die belebte Phantasie läßt sinnliche Wahrnehmungen durch Schlußfolgerungen rascher bestimmte Gestalt annehmen. Es entsteht ein gewisser Drang zur Produktivität, ein Treiben der Gedanken und Vorstellungen, eine Beweglichkeit und Glut in den Wünschen und Idealen, welche mehr der Gestaltung bereits durchdachter Ideen als der ruhigen Prüfung neuentstandener Gedanken günstig ist. „Der Kaffee“, sagt Jean Paul, „macht feurige Araber, der Thee zeremonielle Chinesen.“ Die verdünnten Aufgüsse, wie sie gewöhnlich getrunken werden, haben meist nur eine sehr geringe Wirksamkeit; habitueller Genuß starken Kaffees aber beeinträchtigt etwas die Verdauung, erzeugt gewöhnlich Neigung zur Verstopfung (bisweilen das Gegenteil) und läßt allmählich eine gewisse nervöse Reizbarkeit hervortreten. Nach langem Gebrauch kann der Kaffee, wie Alkohol, zu einem notwendigen Bedürfnis werden, dessen Entbehrung schädliche Folgen, namentlich Unlust und Unfähigkeit zu angestrengter geistiger Arbeit, bedingt. In großer und sehr starker Gabe erzeugt der Kaffee Herzklopfen, starke Pulsbeschleunigung, Kongestionen nach dem Kopf, starke psychische Erregung, weiterhin allgemeines Zittern, Angst, Unruhe. Schädliche Folgen des Kaffeegenusses treten am ehesten bei Kindern und Personen, welche als nervös bezeichnet werden, auf; am zuträglichsten erweist er sich bei Erwachsenen, die nicht leicht erregbar, nicht zu Kongestionen nach dem Kopf disponiert sind. Als Arzneimittel dient Kaffee gegen Erbrechen, akuten Darmkatarrh nach Durchnässungen, bei dem durch narkotische Substanzen in Vergiftungsfällen [358] entstandenen Sopor und Coma und namentlich bei manchen Formen des Kopfschmerzes. Sehr wohlthätig hat sich Kaffee als kaltes Getränk bei Feldarbeiten bewährt, indem man 600 g gemahlenen Kaffee nebst 15 g Zimt mit 5,75 Lit. Alkohol extrahiert und von dieser Kaffee-Essenz 0,5 kg mit 1 L. Weingeist (86°), 125 L. Wasser und 2,25 kg Zucker mischt. Aus der Essenz bereitet man auch einen Likör, und an manchen Orten sind Kaffeecreme und Kaffeeeis beliebt.

Kaffeesatz. Surrogate.

Der Kaffeesatz wird mit seinem doppelten Gewicht Kleie zu Stopfnudeln verarbeitet, mit welchen man Gänse und Kapaunen mästet. Die Tiere sollen davon sehr fett und das Fleisch sehr schmackhaft werden. Man benutzt den Kaffeesatz ferner zum Reinigen der Nachtgeschirre und beim Abfegen braun gestrichener Fußböden. Kocht man den Kaffeesatz mit Sodalösung aus, so erhält man durch Zusatz von Alaun zu der filtrierten Flüssigkeit einen braunen Niederschlag, welcher als Malerfarbe benutzt werden kann. Verkohlt gibt der Kaffeesatz eine Art von Kohlenschwarz. Der beim Brennen des Kaffees sich entwickelnde Geruch verdeckt in ausgezeichneter Weise die üblen Gerüche frisch getünchter Kalkwände, frisch lackierter Thüren, beim Räumen von Düngergruben, in Kinderstuben etc.; daß er als desinfizierendes Mittel bei ansteckenden Krankheiten wirksam sei, ist ganz unwahrscheinlich. Aus der fleischigen Hülle der Früchte des Kaffeebaums bereiten die Araber auf dieselbe Weise wie aus Weintrauben ein geistiges Getränk, welches alle die belebenden Eigenschaften zu besitzen scheint, die man auch beim Kaffee schätzt. Das getrocknete Fruchtfleisch wird seit langer Zeit in Arabien geröstet und liefert, mit kochendem Wasser übergossen, ein Getränk, den Sultanskaffee oder Sakka. Seit einigen Jahren als Kaffeesurrogat in England gebräuchlich, kommt ein dem Sakka entsprechendes Präparat jetzt auch bei uns in den Handel. Aus den Schalen der Bohnen wird der Kischer bereitet, ein leichtes, helles Getränk vom Geschmack des Kaffees, welches von den ärmern Volksklassen im Orient in außerordentlicher Menge genossen wird. Die Blätter des Kaffeebaums werden schon seit langer Zeit auf Sumatra und Java zur Bereitung eines Thees benutzt, welcher in Bezug auf Geruch, Geschmack und Aussehen mit dem chinesischen Thee verglichen werden kann. Sie enthalten mehr Kaffein als die Kaffeebohnen und sind außerdem reich an Gerbsäure, verdienen also als wirkliches Surrogat für den teurern Thee Beachtung.

Der massenhafte Verbrauch des Kaffees hat zur Aufsuchung von Surrogaten geführt, welche indes den Kaffee durchaus nicht ersetzen können, da sie weder Kaffein noch die übrigen eigentümlichen Kaffeebestandteile enthalten. Sie werden sämtlich geröstet und führen mithin dem Körper empyreumatische Stoffe zu, von denen manche bis zu einem gewissen Grad ähnliche Wirkungen wie der Kaffee hervorbringen mögen. Die wichtigsten Surrogate sind außer dem schon erwähnten Sakka: Getreidearten, besonders Roggen, schon im 17. Jahrh. im Gebrauch, werden gekocht, bis die Körner weich sind, ohne aufzuspringen, dann getrocknet und geröstet. Auch Lupinen (Beringscher Kraftkaffee, Kaffeeersatz von Leusmann u. Zabel) werden benutzt und teilen mit dem Getreide den Vorzug, ein nahrhaftes Getränk zu liefern. Die Eicheln, von Marx 1784 empfohlen, enthalten Gerbsäure und sind dadurch dem Kaffee ähnlicher; übrigens wird der Eichelkaffee mehr als Heil- denn als Genußmittel betrachtet. Die Runkelrüben und Mohrrüben geben ein vielgebrauchtes Surrogat und werden wohl bisweilen zur Verfälschung des Zichorienkaffees benutzt. Der schwedische oder Kontinentalkaffee besteht aus den gerösteten Samen von Astragalus baeticus L. (daher auch Astragalkaffee) und soll eins der besten Surrogate sein. Dasselbe gilt von den gerösteten Dattelkernen. Auch aus den Weintraubenkernen hat man Kaffee bereitet. Zu erwähnen sind ferner: die Erdmandeln (Wurzelknollen von Cyperus esculentus), Spargelsamen (sehr gut), Hagebutten (Samen von Rosa canina), Taraxacumwurzel, die Samen von Berberis vulgaris, Vogelkirschen, die Wurzel von Scorzonera, Bucheckern, Ruscussamen, Kartoffeln, Mandeln, Mais, die Samen von Iris pseudacorus, Helianthus annuus, Cassia occidentalis (Neger-, Mogdadkaffee) etc., vor allen aber die Zichorie (s. Cichorium). In neuerer Zeit hat sich der Feigenkaffee großen Ruf erworben (s. Ficus).

Kulturgeschichtliches.

Obwohl der Kaffee in seiner Heimat Kaffa (daher der Name) seit sehr langer Zeit gebräuchlich gewesen zu sein scheint, wurde er doch erst zu Anfang des 15. Jahrh. außerhalb der Grenzen desselben bekannt und wohl zunächst in Jemen angebaut. Ein Mufti, aus Aden gebürtig, Gemal Eddin, lernte den Kaffee auf einer Reise nach Adjam kennen und verbreitete ihn nach seiner Rückkehr unter den Derwischen zur bessern Abhaltung der Gebetstunden. Dies setzte sich bald weiter fort und griff auch in Mekka um sich. 1511 setzte der Statthalter Khair Bei die erste Verfolgung des Kaffees in Szene, er verbot den Verkauf des Getränks und zerstörte die Niederlagen; doch bekannte sich schon sein Nachfolger selbst zu dem neuen Genußmittel, und 1534, unter der Regierung Solimans II., kam der Kaffee nach Konstantinopel. Aus der arabischen Litteratur jener Zeit, die ebenso viele Spott- wie Lobgedichte auf den Kaffee enthält, läßt sich ersehen, mit welchen fortwährenden Kämpfen demselben seine Verbreitung errungen wurde. Durch Rauwolf, welcher den Kaffee in Aleppo kennen lernte, erhielt man 1582 zuerst in Europa Kunde von ihm, und Prosper Alpinus gab 1591 botanische Nachrichten vom K. und eine Zeichnung desselben. 1624 brachten die Venezianer größere Mengen Kaffee nach Europa, und 1645 soll das Getränk in Süditalien allgemein gebräuchlich gewesen sein. Durch einen Gesandten Mohammeds IV. wurde der Kaffee am Hof Ludwigs XIV. bekannt; 1671 gab es in Marseille und ein Jahr darauf in Paris das erste Kaffeehaus. 1652 kam der Kaffee nach England, 1670 nach Deutschland. In Wien wurde 1683, in Nürnberg und Regensburg 1686, in Hamburg 1687, in Stuttgart 1712 ein Kaffeehaus eröffnet. Auf dem Land und in den untern Klassen der Gesellschaft fand aber der Kaffee viel später Eingang, und in manchen Gegenden Württembergs war er noch in dem Hungerjahr 1817 unbekannt. 1721 wurde das erste Kaffeehaus in Berlin eröffnet; Friedrich II. ließ Staatskaffeebrennereien errichten, wo man den Kaffee sechsmal teurer bezahlen mußte als beim Kaufmann; er machte den Kaffeehandel zum Monopol, und nur der Adel, Geistliche und höhere Beamte erhielten sogen. Brennscheine und durften den Kaffee selbst brennen; das Landvolk sollte sich nicht an den Kaffee gewöhnen, damit nicht so viel Geld für denselben aus dem Land gehe. 1744 trank man den Kaffee an allen deutschen Höfen und wohl auch in vielen Privathäusern; doch blieb er wegen seines hohen Preises eine Delikatesse für Reiche, bis er durch die Ausdehnung der Kultur [359] allgemeiner zugänglich wurde. Schon 1650 hatten die Holländer einige Kaffeebäumchen aus Mekka nach Batavia gebracht, und da sie hier ganz gut fortkamen, wurden 1680 und 1690 Pflanzungen im großen angelegt, aus denen auch die Mohammedaner mit Kaffee versorgt wurden. 1719 kam der erste javanische K. nach Holland, und zu gleicher Zeit wurden auch auf Surinam und den andern Sundainseln und auf Ceylon Kaffeepflanzungen angelegt. 1710 hatte man im botanischen Garten zu Amsterdam eine Kaffeepflanze, welche blühte und Früchte trug; von dieser erhielt Ludwig XIV. einen Ableger, und 1720 kam ein aus letzterm erzogenes Stämmchen nach Martinique. Die Pflanzungen verbreiteten sich von da ungemein schnell in den französischen Kolonien, besonders in San Domingo, Guadeloupe, Cayenne etc. San Domingo, Martinique und Bourbon lieferten vor der Revolution den größten Teil des Kaffees für ganz Europa. Als aber durch den Negeraufstand die Pflanzungen auf San Domingo zerstört worden waren, siedelte sich die Kaffeekultur auch auf Cuba und in Venezuela an. 1732 führte Jamaica schon viel Kaffee aus. Seit 1762 baut man in Brasilien Kaffee, aber erst seit 1808 wurde das dortige Produkt für den Welthandel von Bedeutung. In den botanischen Gärten war der K. im vorigen Jahrhundert allgemein zu finden, er wird auch jetzt als Zierpflanze vielfach kultiviert und kann bei guter Pflege selbst im Zimmer blühen und Früchte tragen. Der Kaffeeverbrauch beträgt pro Kopf der Bevölkerung in den Niederlanden 7,20, in Belgien 4,34, Nordamerika 3,66, Norwegen 3,53, Kapkolonie 3,5, Schweiz 3,02, Schweden 2,66, Dänemark 2,45, Deutschland 2,29, Frankreich 1,45, Österreich-Ungarn 0,85, Griechenland 0,75, Italien 0,47, Portugal 0,47, England 0,44, Spanien 0,19, Rußland 0,10 kg.

Coffea liberica Hiern., ein Baum oder Strauch mit 30 cm langen und 12 cm breiten, verkehrt eiförmig elliptischen, lederartigen, gestielten Blättern, breit eirunden, stachelspitzigen Nebenblättern, achselständigen, fast sitzenden Blütenbüscheln und ovalen, 2,5 cm langen, schwarzen Beeren mit 1,3 cm langen Samen, findet sich an der Westküste Afrikas in Sierra Leone, Monrovia, Angola etc. und soll durch kräftigen Wuchs, große Fruchtbarkeit, die Größe der Früchte und durch feineres Aroma vor der Coffea arabica sich auszeichnen. Man kultiviert diesen K. in Liberia, und 40jährige Bäume sollen dort 30–40 engl. Pfd. Kaffee tragen. Der gewöhnliche K. erreicht ein solches Alter nicht, und bei ihm fallen die reifen Früchte ab, während sie beim Liberiakaffeestrauch sitzen bleiben. Dies und andre Vorteile haben veranlaßt, daß man gegenwärtig große Anstrengungen macht, die Kultur dieser Art zu verbreiten. Die Pflanze wird auch in Gewächshäusern kultiviert und ist als dauerhafte Zimmerpflanze empfehlenswert. Vgl. v. Bibra, Der Kaffee und seine Surrogate (Münch. 1858); Shortt, Handbook to coffee-planting in Southern India (Madras 1864); Welter, Essai sur l’histoire du café (Zürich 1869); Hewitt, Coffee, its history, cultivation etc. (New York 1873); van Delden-Laèrne, Le Brésil et Java. Rapport sur la culture du café en Amérique, Asie et Afrique (Haag 1885); Böhnke-Reich, Der K. in seinen Beziehungen zum Leben (Berl. 1885); Fuchs, Geographische Verbreitung des Kaffeebaums (Leipz. 1885); Arnold, Coffee, its cultivation and profit (Lond. 1886).


Ergänzungen und Nachträge
Band 17 (1890), Seite 472
korrigiert
Indexseite

[472] Kaffeebaum. Kaffeebohnen werden, um dem Geschmack der Abnehmer zu entsprechen, um minderwertigen Sorten das Ansehen wertvollerer zu geben, vielfach gefärbt. Man schüttelt sie mit Bleikugeln, mit Eisenpulver, Indigo, Ultramarin, Berliner Blau, Chromgelb, Kurkuma Ocker, Eisensalzen, Graphit, Kohle etc. Zum Nachweis wäscht man die Bohnen mit Wasser, läßt absetzen und untersucht die Lösung und den Bodensatz. Eine Färbung mit metallischem Blei ist mit Salpetersäure in Lösung zu bringen. Die Prüfung auf die einzelnen Färbungsmittel wird in der gewöhnlichen Weise ausgeführt. Mehrfach sind Maschinen zur Herstellung künstlicher Kaffeebohnen patentiert worden, auch wurde amtlich bekannt gemacht, daß Fabriken für so saubere Industrie geschlossen worden sind. Man hat also darauf zu achten, ob die Kaffeebohnen nicht etwa aus Thon, Brotteig oder andern formbaren Substanzen bestehen. Echte Kaffeebohnen quellen in Wasser auf, beginnen auch wohl zu keimen, künstliche zerfallen oder werden weich, schmierig. Am häufigsten wird gebrannter und gemahlener Kaffee verfälscht. Geschieht dies mit bereits benutztem Kaffeepulver, wie es Restaurants, Hotels etc. massenhaft liefern, so ist der Nachweis sehr schwer zu führen, weil der Gehalt des gerösteten Kaffees an löslichen Bestandteilen je nach dem Grade der Röstung erheblich schwankt, und weil das Mikroskop keine Auskunft geben kann, während Verfälschungen mit Kaffeesurrogaten durch das Mikroskop nachweisbar sind. Schüttet man eine kleine Probe der gemahlenen Ware auf Wasser, so sinken von reinem Kaffee nur wenige Partikel des feinsten Pulvers zu Boden, und das Wasser färbt sich schwach gelb. Die meisten Surrogate dagegen fallen schnell zu Boden und färben das Wasser braun. Zur Ermittelung des Extraktgehalts zieht man 15 g gebrannten Kaffee zweimal mit je 250 ccm siedendem Wasser aus, trocknet den Rückstand bei 110° und wägt. Reiner Kaffee gibt durchschnittlich 25, Zichorie 65–70, Feigenkaffee 70–75, geröstetes Getreide 30–33 Proz. Extrakt. Reiner Kaffee liefert 3,5, Zichorie 5, Getreide 2,5–3, Feigenkaffee 3,5, ausgezogener Kaffee 1,5 bis 2 Proz. Asche. Charakteristisch ist für Kaffee ein Gehalt von höchstens 0,5 Proz. fertig gebildeten Zuckers, während bei Zichorie fast ein Drittel der löslichen Bestandteile aus Zucker besteht. Feigenkaffee enthält 30–40 Proz., geröstetes Getreide wenig Zucker. Dazu kommt, daß Kaffee beim Behandeln mit verdünnter Schwefelsäure 25 Proz., Zichorie 22 Proz., Getreide 75 Proz. Zucker liefert. Zur Zuckerbestimmung verdampft man den Kaffeeauszug im Wasserbad, zieht den Rückstand mit 90proz. Alkohol aus, verdampft wieder, löst in Wasser, entfärbt mit Tierkohle und titriert mit Fehlingscher Lösung. Zur Bestimmung des aus andern Kaffeebestandteilen darstellbaren Zuckers behandelt man 3 g Kaffee mit 100 ccm Wasser 4 Stunden unter einem Druck von 3 Atmosphären, filtriert heiß durch ein Asbestfilter, wäscht heiß aus, verdünnt das Filtrat auf 200 ccm und digeriert es mit 20 ccm rauchender Salzsäure 3 Stunden im Wasserbad, dann macht man die Lösung schwach alkalisch, verdünnt und titriert. Zur Beurteilung der Ware dient auch der Fettgehalt, da Kaffee 13–16 Proz. durch Äther extrahierbares Fett, die Surrogate nur 1,5–3 Proz. enthalten. Endlich bestimmt man auch den Kaffeingehalt. Man mischt 50 g fein zerriebenen Kaffee mit 2 g Kalk, 8 g Magnesia und etwas Wasser zu einem steifen Brei, trocknet ihn nach 24 Stunden im Wasserbad und extrahiert mit Chloroform. Der Verdampfungsrückstand des Auszugs wird mit heißem Wasser aufgenommen, die Lösung durch ein genäßtes Filter gegossen, verdampft und zur Kristallisation gebracht.