Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Kaaba“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 9 (1887), Seite 344
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Kaaba. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 9, Seite 344. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Kaaba (Version vom 07.05.2021)

[344] Kaaba (arab., „Würfel“), das Hauptheiligtum der Mohammedaner in Mekka, ein inmitten des heiligen Tempels daselbst stehendes viereckiges, 13 m hohes, aus schlecht zubehauenen Steinen erbautes düsteres Gebäude, welches nach der mohammedanischen Tradition von Adam angelegt, durch die Sündflut zerstört und von Abraham und Ismael als Stätte der Anbetung des wahren Gottes wiederhergestellt ward. Den ersten geschichtlich nachweisbaren Bau veranstaltete Kaska, vom Stamm der Koreischiten, und seitdem haben zahllose Kalifen und Sultane Verbesserungen und Wiederaufbauungen besorgt; die Mohammedaner indessen halten fest an ihrer Tradition. Im Innern der mit Teppichen reichgeschmückten Halle ist an der Nordostecke und als das Allerheiligste ein schwarzer, wegen einer frühern durch einen Aufstand erfolgten Zerstückelung mit Silber eingefaßter Stein (Hadschar el Aswad) eingemauert, der seit dem zweiten Jahr der Hedschra als Keblah dient, d. h. als der Punkt, wohin sich der Muselman beim Gebet wendet. Der Sage nach soll der Stein (vielleicht ein Meteorstein) Ismael durch den Engel Gabriel bei Errichtung des Gebäudes überbracht worden und anfangs schneeweiß gewesen, durch die Sünden der Menschen aber schwarz geworden sein. Ehe die Pilger in die K. eintreten, um zu beten, gehen sie siebenmal um dieselbe herum, wobei sie den erwähnten Stein mit Ehrfurcht berühren und küssen, wodurch der Stein nach und nach eine merkliche Vertiefung erhalten hat. Die silberne Thür der K. wird übrigens nur dreimal im Jahr geöffnet, einmal für die Männer, das zweite Mal für die Weiber, das dritte Mal, um die heilige Stätte zu reinigen, und da keine Stufen zu ihr angebracht sind, muß man zum Eingang hinaufklettern. Nach uraltem Brauch wird sie jährlich mit neuem schwarzen Seidenzeug umhüllt, in welches Sprüche aus dem Koran mit goldenen Lettern eingenäht sind. Die Kaabaverehrung ist ohne Zweifel ein seit Jahrtausenden bestehender ganz heidnischer Kultus, den Mohammed in seiner höchsten Blüte antraf und in sein Religionsgebäude aufnahm, der aber von den fanatisch-puritanischen Wahabiten eben als ein Überbleibsel aus der Heidenzeit verworfen wird. Vgl. Mekka und Mohammed.