Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Heliogabălus“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 8 (1887), Seite 355
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Heliogabălus. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 8, Seite 355. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Heliogab%C4%83lus (Version vom 10.01.2023)

[355] Heliogabălus (Elagabălus, eigentlich Name des Sonnengottes, unter welchem derselbe zu Emesa in Syrien verehrt wurde), röm. Kaiser von 218 bis 222 n. Chr., hieß ursprünglich Varius Avitus Bassianus und war der Sohn des Varius Marcellus und der Soämis, der Enkel der Julia Mäsa, der Schwägerin des Septimius Severus, welche sich nach dem Sturz des Kaisers Caracalla mit einem großen Vermögen in ihre Vaterstadt Emesa zurückgezogen hatte. Hier ward der Knabe zum Oberpriester des Sonnengottes geweiht und gewann durch die Schönheit seiner Gestalt, besonders durch die Ähnlichkeit seiner Gesichtszüge mit denen des Caracalla die Zuneigung einer in der Nähe von Emesa stationierten Truppenabteilung. Mäsa benutzte diesen Umstand, gab den Enkel für einen Sohn Caracallas aus und bewirkte hierdurch sowie durch reiche Geldspenden, daß ihn die Soldaten, obgleich er erst 17, nach andern sogar nur 14 Jahre alt war, unter dem Namen Marcus Aurelius Antoninus zum Kaiser ausriefen (218). Macrinus, der sich nach Ermordung des Caracalla (221) der Herrschaft bemächtigt hatte, wurde besiegt und auf der Flucht getötet; H. selbst aber eilte, ohne die Bestätigung des Senats abzuwarten, nach Rom, um zu den Genüssen der Hauptstadt zu gelangen. Dort blieb die Verherrlichung des Sonnengottes, dem er diente, und dessen Namen er selbst annahm, seine Hauptbeschäftigung. Auf dem Palatinischen Berg ließ er einen prachtvollen Tempel errichten, worin der Kult des Gottes mit der ausschweifendsten Pracht begangen wurde. Die angesehensten Würdenträger des Reichs mußten dabei als niedrige Tempeldiener figurieren; ja, die übrigen Götter Roms wurden zu Dienern dieses obersten Gottes herabgewürdigt und die Heiligtümer des römischen Kultus, die Ancilia und das Palladium, in dessen Tempel geschafft. Zur Gattin des Sonnengottes wurde Luna (die Astarte der Phöniker) erkoren und deren Bild mit feierlichem Pomp von Karthago nach Rom verpflanzt. Im übrigen war des H. Regierung nichts als eine Kette der sinnlosesten Schwelgereien und der niedrigsten und gemeinsten Ausschweifungen. Endlich schämten sich selbst die Soldaten ihrer schmählichen Wahl und wandten ihre Gunst dem Vetter des H., Alexander, dem Sohn der Mammäa, der andern Tochter der Mäsa, zu. Auf Anstiften der letztern adoptierte H. denselben, trachtete ihm jedoch bald darauf, aber vergeblich, nach dem Leben. Ein Aufruhr, durch H.’ fortgesetzte Nachstellungen gegen Alexander veranlaßt, kostete ihm Thron und Leben. Die Prätorianer ermordeten ihren frühern Günstling, schleiften seinen verstümmelten Leichnam durch die Straßen und warfen denselben in den Tiber (222).