Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Harte“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 8 (1887), Seite 180181
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Harte. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 8, Seite 180–181. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Harte (Version vom 01.10.2022)

[180] Harte, Francis Bret, nordamerikan. Dichter und Novellist, geb. 1837 zu Albany im Staat New York als der Sohn eines Lehrers, begab sich 1854 nach Kalifornien, arbeitete hier in den Goldgruben als Landmesser, als Schullehrer, endlich als Setzer und, nachdem er durch verschiedene Gedichte voll originellen Humors die allgemeine Aufmerksamkeit erregt, als Journalist und Redakteur eines Blattes: „The Californian“, bis er 1864 die ihm angetragene Stelle eines Sekretärs des Zweigmünzamtes der Vereinigten Staaten in San Francisco annahm. Im J. 1868 begann er die Herausgabe der Monatsschrift „The Overland Monthly“, mit der er sofort einen außerordentlichen Erfolg erzielte. Hier erschienen die ersten seiner eigentümlich spannenden Erzählungen in Prosa: „The luck of Roaring Camp“ (1868), „The outcasts of Pokerflat“ (1869), „Miggles“ und „Tennessee’s partner“, endlich zwischen andern Arbeiten in Versen und Prosa das kleine Gedicht „Plain language from truthful James“ (1871), vom Volksmund „Heathen Chinee“ genannt, das seinen Namen [181] in der ganzen Union mit einemmal berühmt und populär machte. Im Frühjahr 1871 legte er sowohl die Redaktion des „Overland Monthly“ als die Professur der Litteratur, die er in letzter Zeit an der Hochschule zu San Francisco bekleidet hatte, nieder und kehrte nach dem Osten zurück. H. wird von seinen Landsleuten als das größte unter den jüngern Talenten der Vereinigten Staaten geehrt. In der That ist er ein Schriftsteller von kräftiger Originalität, der in kurzen Strichen die Landschaft, die Charaktere und die Bewegungen des Gemüts mit gleicher Energie und Wahrheit zu schildern und vermöge der Frische und Heiterkeit seines warmen Gemüts und seiner liebevollen Betrachtung der Natur und des Menschen selbst Rohes und Wildes der Empfindung des Lesers nahezurücken versteht. Seine Dichtungen, die auch in Deutschland alsbald Anerkennung fanden und mehrfach übersetzt wurden: „Kalifornische Novellen“ (deutsch von Hertzberg, Leipz. 1873) und „Argonautengeschichten“ (das. 1873, 2 Bde.), bewegen sich fast alle auf einem eigentümlichen und eng begrenzten Gebiet: sie enthalten Bilder aus dem Ansiedlerleben in Kalifornien und wirken vorzugsweise durch die Lokalfarbe und die originale Stimmung, die auf bewundernswürdige Weise festgehalten wird. Von seinen Werken sind noch zu erwähnen: die Gedichte „Echoes of the Foot Hills“ und das Drama „Two men of Sandy Bar“. Sein Versuch mit einem groß angelegten Roman, betitelt: „Gabriel Conroy“ (deutsch, Stuttg. 1876) ist weniger gelungen, wogegen er es verstand, in den „Condensed novels“ die Manier andrer hervorragender Romanschriftsteller mit glücklichem Humor zu treffen. Im Mai 1878 wurde H. zum Konsul in Krefeld ernannt; gegenwärtig weilt er in derselben Stellung in Glasgow. Inzwischen hat der fruchtbare Dichter noch folgende Erzählungen, welche meist wieder im fernen Westen spielen, veröffentlicht: „Snow bound at eagles“, „Maruja“ und „By shore and sedge“ (1885). Eine Gesamtausgabe seiner Werke erschien in 5 Bänden (Boston 1882).