Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Handwerk“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 8 (1887), Seite 118
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Handwerk. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 8, Seite 118. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Handwerk (Version vom 02.08.2021)

[118] Handwerk, Gesamtbezeichnung aller derjenigen Gewerbe, in welchen unter Anwendung einfacher Werkzeuge im wesentlichen mit der Hand gewirkt wird (daher der Name). Die sogen. bildende oder freie Kunst unterscheidet sich vom H. insofern, als zu ihrer Ausübung in der Regel eine höhere Bildung sowie besonders auch ein verfeinerter Geschmack erforderlich sind. Doch läßt sich heute bei der hohen Vervollkommnung der gewerblichen Thätigkeit eine scharfe Grenze zwischen H. und Kunst ebensowenig ziehen wie zwischen H. und Fabriken (s. d.). Zur Zunftzeit war das H. unter eigne Handwerksordnungen gestellt. Selbständiger Handwerker (Meister) konnte nur derjenige werden, welcher eine bestimmte Zeit als Lehrling gelernt, als Geselle gearbeitet, dann die Wanderzeit durchgemacht und hierauf durch eine Probearbeit (Meisterstück) seine Befähigung zum Handwerksbetrieb nachgewiesen hatte (näheres hierüber wie über gesperrte, geschenkte Handwerke, Handwerksgruß etc. s. unter Zunftwesen). Nach Einführung der modernen Hilfsmittel des Gewerbebetriebs (Dampf, Maschine, Eisenbahn etc.) wurden viele Handwerker in ihrem Bestand bedroht und durch die Großindustrie verdrängt (Weberei, Spinnerei etc.). Werden auch noch andre in Zukunft weichen müssen, so werden dem H. doch immer noch eine Reihe von Gebieten verbleiben (vgl. Gewerbebetrieb), welche es rechtfertigen, wenn auch von seiten der Gesetzgebung und Verwaltung besondere Maßregeln zu Schutz und Pflege des Handwerks und seiner Vertreter als des kernhaften sozialen Mittelstandes ergriffen werden. Auch aus dem Schoß des Handwerkerstandes selbst machen sich viele Bestrebungen zur Erhaltung und gedeihlichen Fortentwickelung, besonders durch Gründung von Handwerkervereinen etc., geltend. – In einem andern Sinn bedeutet H. (Gewerk) auch die Gesamtheit der Personen, welche an einem und demselben Orte das gleiche Gewerbe treiben. Vgl. Stahl, Das deutsche H. (Gießen 1874, Bd. 1); Dannenberg, Das deutsche H. und die soziale Frage (Leipz. 1872); Kleinwächter, Zur Reform der Handwerksverfassung (das. 1875); Keller, Das deutsche H. (Chemnitz 1878); Rücklin, Das neuzeitliche H. (Heilbr. 1885).