Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Grundwasser“ in Meyers Konversations-Lexikon
Seite mit dem Stichwort „Grundwasser“ in Meyers Konversations-Lexikon
Band 7 (1887), Seite 871872
Mehr zum Thema bei
Wikisource-Logo
Wikisource: [[{{{Wikisource}}}]]
Wikipedia-Logo
Wikipedia: Grundwasser
Wiktionary-Logo
Wiktionary:
korrigiert
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Indexseite
Empfohlene Zitierweise
Grundwasser. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 7, Seite 871–872. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Grundwasser (Version vom 08.12.2024)

[871] Grundwasser (Hidl, Higl), das meist in größerer Tiefe unter der Oberfläche der Erde befindliche, zwar aus dem Regenwasser stammende, aber in seiner Höhe keine unmittelbare Übereinstimmung mit der gefallenen Regenmenge zeigende Wasser. Man kann im Boden zwei Schichten unterscheiden, eine obere, die nur durch Kapillaranziehung von Wasser befeuchtet ist, in welcher jeder Wasserzufluß von oben noch versinkt und Hohlräume sich nicht mit Wasser erfüllt halten, dann die untere, mit Wasser völlig gesättigte Schicht, in welcher das Wasser nicht mehr versinkt und Hohlräume völlig mit Wasser gefüllt sind. In der obern Schicht enthalten die Poren des Bodens Luft, in der untern Wasser. Das Verhältnis beider Schichten zu einander, die Tiefe, in welcher das G. sich findet, ist abhängig von der Beschaffenheit des Bodens und vom Klima. Je nach der Lage und Konfiguration der wasserdichten Unterlage, auf welcher das G. sich sammelt, trifft man das G. bald in größerer, bald in geringerer Tiefe, bald mit stärkerm, bald mit schwächeren Gefälle. Man stößt auf das G. bei allen Unebenheiten des Bodens in ziemlich gleichem (an verschiedenen Lokalitäten aber sehr abweichendem) Niveau, so daß Hebungen und Senkungen der Oberfläche des Bodens den Stand des Grundwassers nur insofern berühren, als das Niveau desselben in größerm oder geringerm Abstand von der Bodenoberfläche angetroffen wird. Dennoch darf man sich das G. nicht als ruhende Schicht vorstellen, da es von seiner Unterlage abhängig ist und von höhern Punkten der letztern nach tiefern hin abfließt. In der Nähe von Flüssen und Bächen steht das G. regelmäßig höher [872] als der Wasserspiegel. Das G. stammt von den atmosphärischen Niederschlägen, aber je nachdem von diesen mehr oder weniger in den Boden eindringt, sich darin ansammelt, schneller oder langsamer abfließt, und je nach der Menge G., welche aus andern Lokalitäten zuströmt, schwankt der Grundwasserstand und entspricht daher keineswegs unmittelbar der Regenhöhe. In vielen Gegenden Deutschlands findet sich der höchste Grundwasserstand im Frühjahr, der niedrigste im Nachsommer und Herbst. In manchen Gegenden wechselt der Stand des Grundwassers in langen Zeiträumen nur um wenige Zentimeter, in andern aber um mehrere, selbst um 15 m. Das G. speist unsre Brunnen, und wo die undurchlassende Unterlage zu Tage tritt, bildet das G. eine Quelle. Es sammelt sich in Bergwerken und macht oft sehr kostspielige Förderungsanlagen nötig. Für den Bau von Häusern ist Kenntnis des Standes und der Schwankungen des Grundwassers von Wichtigkeit, da hieraus allein auf die Dienlichkeit von Kellerbauten geschlossen werden kann. Außerdem besitzt es, worauf zuerst Pettenkofer hingewiesen hat, große hygieinische Bedeutung. In den Teilen Indiens, in welchen die Cholera endemisch ist, fällt die größte Zahl der Erkrankungen und Todesfälle mit dem tiefsten, die geringste Menge mit dem höchsten Stande des Grundwassers zusammen. Fällt das G., so hinterläßt es den Boden in einem sehr feuchten Zustand, so daß die Zersetzung im Boden enthaltener fäulnisfähiger Stoffe nunmehr ungemein begünstigt wird. Rapide Schwankungen des Grundwassers, besonders plötzliches Sinken nach längere Zeit herrschendem Hochstand, begünstigen das Auftreten der Epidemie. Auch für Typhusepidemien hat man einen Zusammenhang mit dem G. nachzuweisen gesucht.


Ergänzungen und Nachträge
Band 17 (1890), Seite 405406
korrigiert
Indexseite

[405] Grundwasser, das Wasser, welches in einem durchlässigen Boden abwärts fließt und, auf einer undurchlässigen Unterlage sich sammelnd, alle Hohlräume des Bodens erfüllt. Die horizontale Ausbreitung des Grundwassers auf der undurchlässigen Schicht ist von dem Niveau, der Konfiguration, dem Relief dieser Schicht abhängig. Diese Verhältnisse aber sind vielfach ganz andre als die der Bodenoberfläche, wenn auch beide in ihren allgemeinen Beziehungen mit Rücksicht auf ihre Abdachungen, auf die Thalbildung miteinander in Übereinstimmung sich befinden können. Oft zeigen unmittelbar benachbarte Stellen ein ganz verschiedenes Verhalten des Grundwassers, welches erst durch die mittels zahlreicher Bohrungen erschlossenen Verhältnisse der undurchlässigen Schicht seine Erklärung findet. Das G. besitzt nicht nur die abwärts gerichtete Bewegung, es folgt auch den Niveauänderungen der undurchlässigen Schicht, es fließt auf einer festen Unterlage, freilich, dem großen Widerstand im Boden entsprechend, nur sehr langsam dem tiefsten Punkt zu und tritt, falls durch irgend einen Terraineinschnitt die undurchlässige Schicht bloßgelegt wird, als Quelle zu Tage; auch bildet es, wenn sich das Niveau der durchlässigen Schicht hinreichend erniedrigt, oberflächliche Wasseransammlungen. Da in einem großen Entwässerungsgebiet die Flüsse schließlich diejenigen Wasserläüfe sind, welche die Drainage desselben bewirken, so fließt auch das G. diesen allmählich zu und zwar in einer mehr parallelen Richtung mit seitlicher Ablenkung. Bedingung ist dabei, daß das Flußbett bis an oder nahezu an die undurchlässige Schicht reicht und demgemäß eine im Verhältnis zur Grundwasserhöhe nur wenig mächtige Schicht lockern Bodens sich über die undurchlässige Schicht erhebt. Diesen Verhältnissen entsprechend findet man ein Ansteigen des Grundwasserniveaus vom Fluß aufwärts. Bildet die undurchlässige Schicht Thäler, Mulden etc., so müssen sich diese zunächst mit G. füllen, bevor ein weiterer Abfluß des Grundwassers stattfinden kann, es treten Stagnationen ein, die auch für oberhalb gelegenes Territorium bedeutungsvoll werden können. Schwankungen im Grundwasserstand infolge gesteigerten Zuflusses werden sich hier viel rascher und ausgiebiger zeigen als dort, wo das G. in kontinuierlichem Strom über ein großes Territorium hinwegfließt, und man beobachtet, daß in solchen Gegenden mit mangelhafter Entwässerung jene Krankheiten, die in Beziehung zum Boden stehen, ein eigenartiges Verhalten zeigen. Die Geschwindigkeit, mit welcher das G. im Boden sich bewegt, steht in geradem Verhältnis zur Höhe des Wassers und im umgekehrten zur Höhe der Bodenschicht. Direkte Messungen haben sehr verschiedene Resultate ergeben, Thiem fand 3,06–7,82 m in 24 Stunden, und jedenfalls bewegt sich das G. so viel langsamer als das Wasser der offenen Wasserläufe, daß es gewissermaßen als Regulator für die letztern dient, indem es zu Zeiten starken Zuflusses Vorräte aufspeichert, die nur allmählich wieder abgegeben werden. Der Abstand des Grundwassers von der Bodenoberfläche hängt zunächst ganz von der Mächtigkeit der durchlassenden Schicht und von der Nähe der undurchlassenden ab. Die Quelle des Grundwassers ist in den atmosphärischen Niederschlägen zu suchen; wenn wir aber ein großes Grundwassergebiet als einheitliches Ganze ins Auge fassen, fo kommt noch die unterirdische direkte Zusickerung von G. aus den höhern Partien sowie auch der Zufluß in Betracht, welcher von offenen Gerinnen, die bereits das Wasser des Bodens und der Oberfläche gesammelt haben, als Verlust an das G. abgegeben wird. Die unterirdischen Zusickerungen aus entferntern Gebieten sind oft von größtem Belang und können einer Gegend, wie z. B. der malariareichen römischen Campagna, ein besonderes Gepräge geben. Hier tritt die Bedeutung des auf den Boden fallenden Regenwassers ganz zurück gegen das Wasser, welches als G. von den benachbarten Bergen stammt und in der Campagna zu Tage tritt. Das Verhältnis des Grundwassers zu den Flüssen ist ziemlich verwickelt; einerseits strömt das G. den Flüssen zu, speist dieselben und gibt ihnen eine große Beständigkeit gegenüber den sonstigen den Wasserstand der Flüsse bedingenden, aber großen Schwankungen unterworfenen Verhältnissen, anderseits sickert Flußwasser, wenn das Bett aus durchlassenden Schichten gebildet ist, in großer Menge in den Boden und breitet sich in demselben weit aus. Auf diese Weise entsteht unterirdisch eine Schicht von Feuchtigkeit, deren untere Fläche von der Oberfläche der nächsten wasserdichten Schicht gebildet wird, während die obere Fläche abhängig ist von dem Wasserstand des Flusses. Offenbar ist das G. abhängig von den atmosphärischen Niederschlägen, der Zusammenhang aber ist oft schwierig erkennbar, weil der gewisse rhythmische, an die Jahreszeiten gebundene Verlauf, den die Niederschlage darbieten, beim G. erst nach Ablauf einer gewissen Zeit zur Geltung kommt und die andern Faktoren diese unmittelbare Wirkung kompensieren können. Dazu kommt, daß ein großer Teil des in den Boden gelangenden Wassers verdunstet und zur Befeuchtung der ausgetrockneten obern Bodenschichten zurückgehalten wird, so daß die Speisung des Grundwassers durch atmosphärische Niederschlage nicht nur [406] von der Mächtigkeit der letztern selbst, sondern auch noch von andern meteorologischen Verhältnissen abhängig ist. Die Verdunstung ist für das Absinken des Grundwassers von so außerordentlicher Bedeutung, daß sie mitunter den ganzen Rhythmus der Grundwasserschwankung beherrscht und auch die Größe der Schwankung beeinflußt. Man hat in dieser Hinsicht zwei Typen unterschieden, welche durch das Verhalten des Grundwassers in Berlin und in München repräsentiert werden. In München fallen mächtige Niederschläge mit scharf ausgeprägtem jahreszeitlichen Rhythmus, während die Schwankungen des Sättigungsdefizits der Luft nur gering sind, das Klima relativ feucht ist; in Berlin dagegen fallen schwächere Niederschläge mit verwischtem jahreszeitlichen Rhythmus, das Sättigungsdefizit ist hoch, und seine Schwankungen sind außerordentlich groß. Dem entsprechend sind nun auch die Schwankungen des Grundwassers in Berlin viel mächtiger, fast zweimal so groß wie in München, wo durch den Umstand, daß gerade die mächtigen Niederschläge in die Zeit der größten, aber doch nicht sehr bedeutenden Trockenheit fallen, das Ansteigen gemildert wird, und wo umgekehrt der Umstand, daß das Minimum der Niederschläge noch immer eine bedeutende Höhe repräsentiert und dabei in die Zeit der größten Luftfeuchtigkeit fällt, das allzu tiefe Absinken des Grundwassers hintanhält. Die absoluten Schwankungen des Grundwassers sind in der Regel nicht bedeutend, so betrug die Amplitude 1886 in Berlin 56 und im folgenden Jahr 29 cm, in Budapest fand man in vier aufeinander folgenden Jahren Differenzen von 20, 29, 41, 28 cm und in München im Mittel von 28 Jahren 24,8 cm.

In der Bodenschicht über dem G. hat man drei Zonen unterschieden. Die Verdunstungszone, die oberste Bodenschicht, in welcher die Niederschläge den höchsten Durchfeuchtungsgrad, die Verdunstung den höchsten Grad der Trockenheit erzeugt; die Durchgangszone, in welcher die Verdunstung nicht mehr direkt zur Geltung kommt und ein Wassergehalt vorhanden ist, wie er infolge der Kapillarität eintritt und der absoluten Wasserkapazität des Bodens entspricht. Dieser Wassergehalt wird stets eine gewisse Beständigkeit zeigen, ein Überschuß wird abfließen, ein Defizit, durch Verdunstung in der obern Schicht hervorgebracht, kann von untenher durch kapillares Nachsteigen gedeckt werden, die Grenzen dieser Zone aber unterliegen bedeutenden Schwankungen. Unter derselben folgt die Zone des kapillaren Grundwasserstandes, welche einer Durchfeuchtung entspricht, wie sie erhalten wird, wenn sämtliche Kapillarräume mit Wasser erfüllt sind, und die bis zur obern Fläche des Grundwassers reicht. Über die Bedeutung der Grundwasserschwankungen für die Entstehung und Verbreitung der ansteckenden Krankheiten vgl. Boden. Durch direkte Untersuchungen ist festgestellt worden, daß das G. völlig bakterienfrei ist. Durch Spalten, Risse, Brunnen etc. in größere Tiefe gelangte Mikroorganismen vermögen sich im G. nicht zu verbreiten, weil sie durch die große Filtrationskraft des Bodens (s. d.) zurückgehalten werden.

Zur Messung der Tiefe des Grundwasserspiegels unter der Erdoberfläche dürfen nur solche unter Verschluß gehaltene Brunnen dienen, welche gar nicht benutzt werden oder längere Zeit sich in Ruhe befunden haben. Zum Messen des Wasserstandes im Brunnen dient ein mit Kreide bestrichener Stab oder ein Bandmaß, an dessen Nullpunkt ein 30 cm langer Stab hängt, der in Entfernungen von 1 cm kleine Näpfchen trägt. Die Länge des Bandmaßes in Zentimetern vom Nullpunkt bis zum Oberflächenfixpunkt, addiert zu der Anzahl von Zentimetern, welche durch die beim Herablassen des Bandes nicht gefüllten Schälchen angegeben wird, entspricht dem Grundwasserstand. Genauere Messungen erhält man durch einen unten mit Schwimmer versehenen Maßstab, bei welchem der Nullpunkt mit dem Grundwasserspiegel zusammenfällt. Da die Vertikalbewegung des Grundwassers stets sehr langsam erfolgt, so genügt es in den meisten Fällen, die Messungen monatlich zweimal vorzunehmen. Die Mächtigkeit der Grundwasserschicht, d. h. der Abstand des Grundwasserspiegels von der undurchlässigen Schicht, läßt sich nur durch Bohrungen ermitteln.


Jahres-Supplement 1891–1892
Band 19 (1892), Seite 412415
korrigiert
Indexseite

[412] Grundwasser (hierzu Tafel). Die Zirkulation des unterirdischen Wassers in den Poren und Spalten der Gesteine ist je nach der Beschaffenheit und Wirkungsweise des Gesteinsmaterials eine verschiedene und wird in erster Linie durch den höhern oder geringern Grad der Durchlässigkeit bestimmt. Als undurchlässig gelten außer den Mergel- und Thonarten auch der Granit und manche kristallinische

Fig. 1. Profil durch den untern Teil der Stadt München und das Isarthal. Nach A. Daubrée. (Der Höhenmaßstab ist 100mal so groß wie der Längenmaßstab.)
NN Grundwasserniveau, Q Quelle, S glazialer Schotter, Fl Flinz (undurchlässiger tertiärer Thon, B Bohrlöcher.

Gesteine; durchlässig sind alle Geröll- und Sandablagerungen, daneben Sandsteine und in hohem Maße die weiße Kreide wegen ihrer porösen Beschaffenheit. Auf die Bewegung des Grundwassers wirken die Schwerkraft und die Anziehung der festen Gesteinspartikel. Sind die Zwischenräume weit, so ist die Wassermasse zu groß für die geringe Attraktionsfläche,

Fig. 2. Dachförmige Anordnung zur Bewässerung des Landes durch Fontanili. (Nach A. Daubrée.)
r Rinnen, aus denen sich das Wasser über die Abdachung ergießt. Die Pfeile geben die Laufrichtung an.

die Schwerkraft tritt in Wirksamkeit und das Wasser steigt hinab; haben die Zwischenräume hingegen nur kapillare Dimension, so ist die molekulare Anziehung stärker als die Schwerkraft und das Wasser kann unter Umständen sogar emporsteigen. Die Höhe des von der Kapillarilät emporgehobenen Wassers ist bei Geröll fast Null, sie beträgt für Sand 0,30 m, für sandigen Thon 0,60 m und steigt in Thon und kompaktem Mergel bis zu 1,50 m. Viele Gesteine verdanken ihre Durchlässigkeit aber nicht sowohl ihrer porösen Natur, als vielmehr den zahlreichen Spalten und Rissen, von welchen erstere durchsetzt werden. Die Mächtigkeit der G. führenden Schicht ist eine sehr verschiedene und schwankt zwischen einigen Dezimetern und 100 m. Am weitesten verbreitet sind die Grundwasseransammlungen in den an der Erdoberfläche lagernden quaternären und rezenten Geröll- und Sandanhäufungen, wie z. B. der oberrheinischen Tiefebene, in welcher die Grundwasserschicht allein auf dem linken Ufer eine Breite von über 20 km und eine Tiefe von über 10 m besitzt, in den Niederlanden, der bayrischen Hochebene, der lombardischen Tiefebene etc. Die Lage des Grundwassers in der Nähe von München veranschaulicht die folgende Skizze (Fig. 1). In der Poebene liegt eine wasserreiche Zone am Fuße der Alpen, die sich vom Tessin bis über den Oglio erstreckt und von Verona durch ganz Venetien hinzieht; ein kleineres Gebiet liegt am Fuße des Appennin um Modena. Die Tiefe, in welcher die Grundwasserschicht unter dem Erdboden liegt, nimmt in dem Maße zu, wie man nach N. gegen die Alpen geht. Die Wassermenge der Schicht steht in geradem Verhältnis zu der Regen- und Schneemenge, welche während des Winters gefallen ist. Die geologische Beschaffenheit des Untergrundes gestattet, der Grundwasserschicht große Wassermengen zum Zwecke der Bewässerung zu entnehmen, und da das Wasser eine konstante Temperatur besitzt, die auch im Winter bedeutend höher ist als die umgebende Luft, so ist selbst bei der strengsten Kälte vermittelst des der Grundwasserschicht entzogenen Wassers eine Kultur des Bodens möglich. Zum Zwecke einer fortwährenden Berieselung teilt man das Land in Parzellen, von denen jede die Form eines Daches hat. Auf dem Firste desselben verläuft eine Rinne, aus welcher das Wasser nach beiden Seiten abfließt; dasselbe sammelt sich am Fuße der beiderseitigen Abdachungen abermals in einer Rinne, welche ihrerseits wieder für eine tiefer liegende Zone zur Bewässerung benutzt wird (Fig. 2). Auf diese Weise kann man durch wiederholte Benutzung einer und derselben Wassermasse ganz verschiedene Gebiete bewässern; das Volumen Wasser schwankt zwischen 6 und 20 Lit. auf die Sekunde und den Hektar. In diese Rinnen gelangt das Wasser vermittelst kleiner Brunnen (italienisch fontanili), welche man an den geeigneten Stellen anbringt, indem man eine kegelförmig nach oben zulaufende bodenlose Tonne von 1 m Durchmesser und 2–3 m Höhe in den Boden bis zur wasserführenden Schicht einläßt, die man gewöhnlich in 2–3 m Tiefe antrifft (Fig. 3). In dieser Tonne steigt das Wasser empor und ergießt sich dann über den leicht ausgeschweiften obern Rand derselben in die Rinne. Gewöhnlich werden mehrere solcher Fontanili nebeneinander angelegt, deren Wasser in eine gemeinsame Rinne geleitet wird. Die Ausflußmenge eines Brunnens schwankt zwischen 50 und 200 L. in der Sekunde, die Temperatur des Wassers beträgt 12–14° und selbst im Winter noch 8–9°. In der Nähe von Mailand befinden sich drei solcher wasserführenden Schichten übereinander, die durch Thonschichten getrennt sind, in einer Breite von mehreren Kilometern aus eine Länge von 200 km. Diese Zone liegt in der Lombardei

[Beilage]

[Ξ]

Grundwasser.
Fig. 1. Austritt der Vaucluse aus der Grotte.
Fig. 2. Quelle der Vaucluse in der Grotte.
Fig. 3. Soffioni von Monte Cerboli bei Larderello im Jahr 1818.
Fig. 4. Kalkinkrustationen der Quellen von Hammam Meskoutine.
Nach Daubrée, „Les Eaux souterraines à l’époque actuelle“.

[413] 120–130 m ü. M. und senkt sich gegen O. bis auf 20–25 m ü. M. In der Lombardei finden sich über 1000 solcher Fontanili, welche bei einer mittlern Ausflußmenge von 120 L. in der Sekunde eine Gesamtmenge von 120 cbm in der Sekunde liefern.

Besonders günstig auf die Bildung von G. führenden Schichten wirkt die wiederholte Wechsellagerung von durchlässigen Gesteinen und Thon- oder Mergelarten. Wenn der undurchlässige Boden, auf welchem sich das von oben eindringende Wasser sammelt, höher als die Sohle eines benachbarten Thales liegt, so tritt auf der Linie des Kontaktes zwischen beiden Schichten das Wasser in Gestalt von Quellen zu Tage (Fig. 1). In diesem Falle ist der Kontakt durch die Thatsache des Schichtenwechsels bedingt, es kann aber auch der Fall eintreten, daß der Kontakt erst nach der Bildung der Gesteine oder nach der Sedimentablagerung durch Vorgänge sekundärer Natur hervorgerufen wird. So sind Granit und Gneis im allgemeinen für Wasser undurchlässig, durch den Einfluß der Atmosphärilien zersetzen sich aber diese Gesteine an der Oberfläche und bedecken sich mit einer Schicht von Verwitterungsschutt, der in seiner Eigenschaft als durchlässige Masse zu Quellenbildung Veranlassung gibt. In gleicher Weise wirken die von Vulkanen ausgeworfenen Aschen- und Schlackenmassen, selbst Lavaströme, falls die Lava infolge von blasiger Struktur porös ist. Sehr häufig gelangen durchlässige und undurchlässige Schichten durch eine normale Verwerfung nebeneinander. Letztere bilden alsdann für die Ausbreitung des Grundwassers der durchlässigen Schicht ein Hindernis und zwingen dasselbe, sich nach oben zu ergießen. In der bei weitem größten Zahl von Fällen knüpft sich die Zirkulation des Grundwassers an das Vorhandensein von Sprüngen und Rissen der verschiedensten Art, welche ihm als Kanäle durch das Gestein dienen. Diese unzähligen Brüche oder Lithoklasen, welche die Erdrinde nach allen Richtungen hin durchsetzen, zerfallen in drei große Klassen, welche man als Leptoklasen, Diaklasen und Paraklasen bezeichnet (s. Lithoklasen, Bd. 17, S. 532). Vermittelst eines solchen Netzes von Sprüngen können auch Gesteine, welche an und für sich undurchlässig sind, von G. getränkt sein (Fig. 4). Derartige Grundwasserniveaus kommen in allen geologischen Schichten vor. So ist besonders die Kreide da, wo sie auf undurchlässigen Thonmassen liegt, an ihrer Basis von Wasser ganz durchzogen. Auch der Jura gibt durch die Wechsellagerung von zerklüfteten Kalkschichten mit Mergel und Thon Veranlassung zur Bildung von mehreren Grundwasserniveaus; eine gleiche Bedeutung hat unter den Triasschichten die Abwechselung von Muschelkalk und Keuper. Selbst paläozoische und kristallinische Gesteine enthalten nicht selten G. Ganz gewöhnlich findet man Lithoklasen in der Nachbarschaft von eruptiven Gesteinen und Erzgängen. Hierher gehören die Thermen von Plombières in Frankreich, Rippoldsau und Badenweiler in Baden, Kautenbach bei Trarbach in Rheinpreußen, Karlsbad und Marienbad in Böhmen. Gerade so wie die Spalten verhalten sich die größern oder kleinern Hohlräume, welche sich besonders in Kalkgebirgen in großer Menge vorfinden. Dieselben sind in den meisten Fällen durch Erweiterung von Diaklasen entstanden, wobei entweder die chemische oder mechanische Thätigkeit des Wassers oder beide vereinigt wirksam waren. Das auf die Oberfläche eines Kalkbodens fallende Regenwasser wird durch zahlreiche Risse, Sprünge und Spalten selbst durch zwischenlagernde Mergel- und Thonschichten hindurch in die Tiefe geführt, wo es sich in Vertiefungen ansammelt, um dann von hier aus sofort als bedeutender Fluß wieder ans Tageslicht zu treten. Als Beispiel diene die Vaucluse

Fig. 3. Fontanile. (Nach A. Daubrée.)
NN Grundwasserniveau, t konisch geformte Tonne, nach unten sich erweiternd.

(vom lateinischen vallis clausa, d. h. geschlossenes Thal), die im südlichen Frankreich in de Nähe von Avignon am Fuße einer 200 m hohen Felswand aus einem großen, fast kreisrunden Becken entspringt, das in eine tiefe Grotte endet (s. Tafel, Fig. 1). Der Wasserstand der Quelle ist je nach der Jahreszeit ein verschiedener; im Frühjahr zur Zeit der Schneeschmelze ist derselbe so hoch, daß die ganze Grotte bis ans Gewölbe ausgefüllt ist, im Oktober enthält das Becken einen kleinen See mit ganz ruhiger Oberfläche. Der Abfluß erfolgt durch zahlreiche Spalten im Kalkfelsen, aus dem sich in kurzer Entfernung davon 20 rauschende Bäche bilden (s. Tafel, Fig. 2). Meteorologische Beobachtungen haben die Abhängigkeit

Fig. 4. Grundwasser in Kreide, die von Lithoklasen durchsetzt ist. (Nach A. Daubrée.)
NN Grundwasserniveau, Kr Kreide, T undurchlässiger Thon, Q Quellen.

des Wasserstandes in dem Becken von der auf das Quellgebiet gefallenen Regenmenge dargethan.

In allen bisher angeführten Fallen wird das G. durch die Wirkung der Schwere zu Tage gefördert, vielfach sind es aber komprimierte Gase, welche diese Thätigkeit verrichten. Bei den Quellen von Nauheim in der Wetterau, Neuenahr im Ahrthal und Kissingen ist Kohlensäure das treibende Gas. Die Kohlenwasserstoffausbrüche sind unter dem Namen der sogen. Schlammvulkane und Salsen bekannt. Nur wenige Länder Europas sind so reich an Ausbrüchen dieses Gases wie Italien in den Appenninen im Gebiet von Bologna, Parma und Modena. Bisweilen kommen beide Gase in einer und derselben Quelle vereinigt vor, wie in dem Schlammvulkan Salinella bei Paterno am Fuße des Ätna. Kommt beim Herauswerfen des Wassers nur der Wasserdampf in Betracht, so heißen die Quellen Geiser. Das Auftreten derselben ist an vulkanische Gebiete gebunden. Am besten sind die Geiser im südwestlichen Teile von Island ausgeprägt, äußerst zahlreich sind sie auf Neuseeland in der Provinz Auckland und im Yellowstone [414] Nationalpark in Kalifornien vertreten. Die Erscheinung dieser intermittierenden Springquellen erklärt sich nach der Theorie von Bunsen durch das Zusammenwirken zweier Faktoren, nämlich der Überhitzung des Wassers durch Druck und plötzlicher Druckverminderung durch von oben erfolgende Abkühlung. Die Geiser der beiden zuletzt genannten Gebiete zeigen aber eine auffallende Regelmäßigkeit der Eruption, die durch die Temperaturverhältnisse allein nicht zu stande kommt. Wichtig ist in dieser Hinsicht, daß die Entwickelung der großen Dampfblasen, welche regelmäßig in das große Geiserrohr eintreten, periodisch erfolgt. In dem großen Geiser muß, damit eine Eruption erfolgen kann, die Wassersäule um etwa 2 m gehoben werden. Die in dem Schachte selbst entstehenden Dampfblasen sind aber nicht im stande, eine derartige Hebung zu bewirken, es muß sich vielmehr in der Nähe des Geiserschachtes eine größere Dampfmenge entwickeln, welche dann, wenn sie ein gewisses Volumen erreicht hat, in den Schacht eindringt und die Wassersäule hebt. Die Periodizität der Geisererscheinung ist also durch den Umstand zu erklären, daß sich in Hohlräumen neben

Fig. 5. Temperatur der Quellen in der Oberrheinischen Tiefebene und den Vogesen.
Die Buchstaben a bis f entsprechen den Temperaturen einiger Quellen, die aus Verwerfungen entspringen. (Nach A. Daubrée.)
a Küttolsheim, b Papierfabrik von Reideshoffen, c Kestenholz, d Sulzbad, e Niederbronn, f Wasselnheim.

dem eigentlichen Geiserschachte Dampfansammlungen bilden, welche in den Schacht eintreten, sobald sie den Hohlraum angefüllt haben. Infolge der Hebung welche das Geiserwasser dadurch erleidet, werden tiefer liegende überhitzte Wassermassen eine plötzliche und heftige Dampfentwickelung zeigen, wenn die Hebung groß genug ist, um ein derartiges Druckverhältnis herzustellen, daß die Temperatur des vorher stärker belasteten Wassers nach vermindertem Druck über seinem Siedepunkt liegt. Auch außerhalb der eigentlichen Vulkangebiete kommen Quellen mit hochtemperiertem Wasser vor, die auf Erdspalten liegen. Die bekanntesten sind diejenigen, welche in Toscana in der Nähe von Volterra Borsäure zu Tage fördern. Diese sogen. Soffioni fallen mit einem ausgedehnten Netze von von NNW. nach SSO. verlaufenden Sprüngen zusammen und dehnen sich über ein Zone von etwa 60 km Länge und 37 km Breite aus. Es sind Dampfsäulen, welche unter zischendem Geräusch (daher der Name Soffioni) 10–15 m in die Höhe steigen (s. Tafel, Fig. 3). Durch Bohrungen sind in verschiedener Tiefe bis über 50 m neue Quellen erschlossen; der Dampfdruck beträgt 1,5–1,75 Atmosphären, die Temperatur steigt bis auf 100°. Zu derselben Klasse gehören die Lagoni, Gräben von einem Durchmesser bis zu 20 m und einer Tiefe von 1,5–2,5 m, die mit Wasser von 93–95° gefüllt sind, aus dessen wallender Oberfläche sich Säulen bis zu 2 m Höhe erheben. Sind die Soffioni und Lagoni eine Zeitlang in Thätigkeit gewesen, so versiegen sie, und an ihrer Stelle entstehen in einiger Entfernung neue Quellen. Das Ausbrechen derselben kündigt unterirdisches Geräusch an, die Erde wird an der betreffenden Stelle heiß, es öffnen sich Spalten und Risse, und eine geringe Erschütterung genügt, um den eingeschlossenen Dampf zum Durchbruch zu bringen. Im großartigsten Maßstabe stoßen die Vulkane bei ihren Ausbrüchen Wasserdampf aus; aber auch, wenn sie nicht in eruptiver Thätigkeit sich befinden, entströmt ihnen Dampf aus Solfataren. Als Typus dieses Zustandes kann die Solfatare von Pozzuoli dienen.

Die mittlere Temperatur der gewöhnlichen Trinkwasserquellen liegt meist ein wenig über der mittlern Temperatur des Ortes. Die in der oberrheinischen Tiefebene, den Thälern der Vogesen und des Schwarzwaldes gelegenen Quellen unterscheiden sich im allgemeinen in ihrer mittlern Temperatur höchstens am 0,8°, obgleich doch die Quellen in den geologisch verschiedensten Gebieten liegen. Die mittlere Temperatur der in der Rheinebene auftretenden Quellen beträgt 10,5° während das G. eine Temperatur von 10,2° besitzt. Mit zunehmender Erhebung über den Meeresspiegel nimmt die Quellentemperatur ab, wie das nebenstehende Diagramm erkennen läßt (Fig. 5). Die Temperaturabnahme ist aber keine gleichförmige, wie die im Diagramm ausgezogene Linie beweist. Bis zu 280 m ü. M. beträgt die Abnahme 1° auf 200 m, von 280–360 m Höhe ist die Verminderung bedeutend schneller, nämlich 1° auf 120 m; von 360–920 m ist die Abnahme wieder gleich derjenigen in der untersten Stufe. Ist die Temperatur der Quellen höher als die mittlere Ortstemperatur, so werden dieselben als Thermalquellen bezeichnet. Die wichtigsten Thermen des mittlern Europa sind:

Burtscheid (Preußen) 78°
Karlsbad (Böhmen) 74
Gastein (Österreich) 71,5
Plombières (Frankreich) 71
Wiesbaden 69
Baden-Baden 67
Ofen-Pest (Ungarn) 61,3
Aachen 55
Mehadia (Ungarn) 55
Leuk (Schweiz) 51
Baden (Aargau, Schweiz) 50
Teplitz-Schönau (Böhm.) 49°
Ems 47,5
Teplitz-Trentschin (Ungarn) 40
Nauheim (Nassau) 39
Pfäfers (Schweiz) 38
Wildbad (Württemberg) 37
Schinznach (Aargau, Schweiz)  33
Bertrich (Rheinpreußen) 32
Schlangenbad (Nassau) 32
Warmbrunn (Schlesien) 32

Die Schwankungen der jährlichen Temperatur sind in einer Tiefe von ca. 25 m schon unmerklich, alle Quellen, welche eine höhere als die mittlere Temperatur des Ortes haben, müssen also aus einer größern Tiefe stammen und verdanken ihren hohen Wärmegrad der Eigenwärme der Erde. Durch die Verbiegung und Faltung der Gesteinsschichten wird das in den durchlässigen Lagen zirkulierende G., eingeschlossen auf beiden Seiten von undurchlässigem Gestein, gezwungen, in mehr oder minder große Tiefen hinabzusteigen, um später, wenn es die in der Tiefe herrschende Temperatur angenommen hat, wieder an die Oberfläche geleitet zu werden. Die Antiklinalen der Faltungen sind infolge der häufigen Brüche besonders geeignet, das Wasser wieder nach oben zu bringen. Daraus folgt, daß das Wasser einer Quelle durchaus nicht immer der betreffenden Gegend entstammt, in welcher es zu Tage tritt; in den meisten Fällen hat es vorher in der Tiefe einen weiten Weg zurückgelegt, bis es durch strukturelle Verhältnisse der Erdrinde wieder an die Oberfläche [415] gelangt. Für eine große Anzahl von Thermalquellen ist nachgewiesen, daß Paraklasen den ganz natürlichen Zuleitungskanal bilden. Am Ostende der Alpen verläuft eine solche Verwerfung, die auf eine Länge von 11 km sich verfolgen läßt. Auf derselben liegen die Thermen von Baden, die eine Temperatur von 34,9° erreichen, auf dem Schnittpunkte der Hauptverwerfung mit kleinern Brüchen. Wieder in andern Fällen folgt das Wasser den Erzgängen. Häufig kommt es vor, daß bei den Verwerfungen Schollen irgend einer Gesteinsart keilförmig zwischen andern eingeklemmt sind. Das ist der Fall bei den Thermen von Baden-Baden, wo eine Granit- und Gneisscholle zusammen mit Gesteinen der Kohlenformation zwischen Rotliegendes eingeschaltet ist; die Risse und Sprünge dieser Gesteine bieten dem Thermalwasser den Ausweg ins Thal. Endlich stehen Thermen nicht nur, wie sich von selbst versteht, mit thätigen Vulkanen in Verbindung, sondern auch längst erloschene Vulkane sowie Basalte und Trachyte, die tertiären Vulkanen angehörten, zeigen in heißen Quellen, daß die vulkanische Kraft noch nicht ganz in der Tiefe erloschen ist.

Alles G., sei es im flüssigen oder dampfförmigen Zustand, enthält verschiedene Stoffe aufgelöst. Am verbreitetsten sind die folgenden: Sauerstoff, Stickstoff, Kohlensäure; Chlorüre; Schwefelverbindungen; kohlensaure, salpetersaure und kieselsaure Salze; organische Substanzen. Trotzdem diese Körper stets im Wasser enthalten sind, bezeichnet man im Gegensatze zu den Trinkwasserquellen als Mineralquellen diejenigen, welche nach ihrer Beschaffenheit und der Menge der hauptsächlichsten Salze eine therapeutische Bedeutung haben. Die Thermen haben oft eine chemische Zusammensetzung, welche noch mannigfacher als die der kalten Quellen ist, indessen kommt es auch vor, daß die Menge der fremden gelösten Substanzen noch geringer ist als die des gewöhnlichen Trinkwassers. So enthalten die Quellen von Plombières und Gastein auf das Liter nur 0,3 g, die von Pfäfers 0,12 g Stoffe in Lösung, während man in gewöhnlichem Regenwasser oft 0,11 g auf das Liter findet. Von den vorgenannten Stoffen ist die Kohlensäure derjenige, welcher in jedem G. enthalten ist und zahlreiche Quellen als sogen. Säuerlinge charakterisiert. Silicium ist in der Form von Kieselsäure jetzt in den meisten Quellen nachgewiesen. Das Wasser von Burtscheid, der Karlsbader Sprudel und die Kaiserquelle in Aachen enthalten je 0,07 g auf das Liter, Plombières und Wiesbaden 0,06, Wildbad, Gastein und Ems 0,05, Schlangenbad 0,03. In dem aus römischer Zeit stammenden Mauerwerk der Quellen von Plombières haben sich an den Wänden kleiner Hohlräume der Steine halbkugelförmige Kristalle gebildet, die als wasserfreie Kieselerde erkannt wurden. Es gibt wohl kein natürliches Wasser, das nicht Calcium in irgend einer Verbindung enthält. Bekannt ist, mit welcher Leichtigkeit sich das Carbonat aus Quellen, selbst wenn es nicht Thermen sind, niederschlägt und alle Gegenstände, mit denen es in Berührung kommt, mit einer Kruste überzieht. Beispiele bilden die Inkrustationen der Quellen von Hammam Meskoutine in Algerien (Fig. 4 unsrer Tafel) und die Terrassen um den Grotto-Geiser im Nationalpark der Vereinigten Staaten.

Will man das in den Quellen zu Tage tretende Wasser vom chemischen Standpunkt aus klassifizieren, so muß man von derjenigen Verbindung ausgehen, welche vorherrscht. Danach läßt sich folgende Einteilung aufstellen:

1) Wässer mit Chloriden (des Natriums [Hall, Schlangenbad, Kreuznach, Nauheim, Wildegg, Kissingen], Calcium, Magnesiums);
2) Wässer mit freier Salzsäure (Fumarolen des Ätna, Vulcano, Vesuv);
3) Wässer mit Schwefelwasserstoff;
4) Wässer mit freier Schwefelsäure;
5) Wässer mit Sulfaten (des Natriums [Karlsbad, Warmbrunn, Marienbad, Budapest, Hunyady-Janos], Calciums [Leuker Bad, Weißenburg und Gurnigel, St. Bernhardin in der Schweiz], Magnesiums [Eptingen in der Schweiz, Püttna, Saidschütz, Birmenstorf], Aluminiums, Eisens und mehrerer Metalle);
6) Wässer mit Carbonaten (des Natriums [Ems, Vichy, Mont Dore, Puy de Dôme, Sulzmatt im Elsaß, Fideris in der Schweiz, Bilin], Calciums [Pyrmont, Badenweiler, Rippoldsau], Eisen, mehrerer Metalle);
7) Wässer mit Kieselsäure (Plombières).