Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Boden“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 3 (1886), Seite 105109
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Boden. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 3, Seite 105–109. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Boden (Version vom 17.02.2023)

[105] Boden (Solum), das jüngste Glied der festen Erdrinde, die äußerste Schicht derselben, ein erdiger Überzug über dem festen Gestein (Grund und Boden). Oft nur wenige Zentimeter tief auf dem unterliegenden Fels haftend, oft Hunderte von Metern hoch als Niederschlag aus Wasserfluten der Vorzeit und Gegenwart abgelagert (Deltabildungen), besteht er immer aus dem Trümmerschutt der Gebirge, vermengt mit den Resten untergegangener tierischer und pflanzlicher Gebilde. Kein Gestein vermag auf die Dauer der Verwitterung zu widerstehen; mechanische [106] und chemische Kräfte sind unablässig thätig, zu zertrümmern, zu lösen, zu trennen und das Vorhandene in andre Verbindungen überzuführen, neues Bodenmaterial zu bilden. Unter dem Einfluß der Sonnenstrahlen werden die einzelnen Bestandteile des Gesteins in ungleichem Grad ausgedehnt; zahllose Risse und Sprünge entstehen, in welchen sich der wässerige Niederschlag ansammeln kann; die ausdehnende Gewalt des frierenden Wassers erweitert die Ritzen. Zarte Moose und Flechten haften an jedem noch so geringen Vorsprung, in der kleinsten Spalte; sie bilden die Vorläufer für höher organisierte Pflanzen, an deren Wurzeln Wasser und Luft in die Spaltungsräume geleitet werden, während diese selbst eindringend erweitern helfen und durch Ausscheidung von Kohlensäure zersetzend und umwandelnd wirken. Regengüsse und Stürme, im Hochgebirge die Lawinen, am Meeresstrand die Sturmfluten, Vulkane und Erdbeben sind die sichtbarer wirkenden Zerstörungsmittel der Natur; grober und kleiner Trümmerschutt kennzeichnet ihr Walten, welches, so wie die Werkzeuge des Landmannes, den chemischen Kräften vorarbeiten und diesen die Einwirkung durch Vergrößerung der Berührungsflächen erleichtern muß. Sauerstoff, Kohlensäure, Ammoniak und die Salpetersäure der Atmosphäre vollenden den Verwitterungsprozeß, sie verbinden sich mit einzelnen Bestandteilen des Gesteins zu löslichen Salzen und hinterlassen ein loses Haufwerk pulverig-erdiger Substanz, welches entweder auf der ursprünglichen Bildungsstätte liegen bleibt (primitiver, angestammter B., Grundschutt), oder durch das Wasser anderwärts abgelagert wird (angeschwemmter, sekundärer B., Flutschutt).

Auch im zertrümmerten Gestein, dem rohen oder Verwitterungsboden, siedeln sich anfangs nur solche Pflanzen an, welche mit nur wenigen Wurzeln im B. haften und ihre Nahrung vorzugsweise der Atmosphäre und dem Wasser entnehmen (Algen, Moose, Flechten etc.). Absterbend bilden sie die ersten Pflanzenreste, welche dem B. die Fähigkeit geben, höher organisierte Pflanzen zu tragen; auch diese sterben wieder ab, und so bildet sich im jahrhundertelangen Wechsel zwischen Leben und Sterben die fruchtbare Walderde als der Träger der großartigen Urwaldvegetation, in der Thalsohle die Wiese, im Sumpfboden der Bruch, Moor oder Torf, während überall da, wo die Trümmergebilde nur Sand, Kies oder groben Schutt enthalten, die Flora zurückbleibt oder höchstens bis zur Heide sich erheben kann. Zahllose Tiere leben vom Ertrag des Bodens oder durchwühlen denselben; ihre Exkremente und ihre Kadaver vollenden den Bildungsprozeß, in ihren Zersetzungsprodukten den Pflanzen Nahrung bietend und die Umwandlung des Bodenmaterials in Pflanzennahrung beschleunigend. Dies geschieht auch durch mikroskopische Organismen einfachster Art, welche fermentartig wirken und z. B. die Bildung von Salpetersäuresalzen im B. veranlassen. Der Mensch endlich sucht den irgendwo vorgefundenen B. (Naturboden) zu verbessern, für seine Zwecke nutzbarer zu machen und durch Bearbeitung, Düngung und geeignete Art des Anbaues mit Pflanzen (Fruchtwechsel) seine Tragkraft zu erhalten und zu steigern, ihn zu Kulturboden, Ackererde umzugestalten. Bodenkunde ist die Lehre von der Beschaffenheit der äußersten Erdoberfläche, im engern Sinn die Lehre von der Erforschung der Beziehungen dieses Erdabschnittes zur Vegetation unter dem Einfluß der klimatischen Einwirkungen. Zweck derselben ist im allgemeinen die Bereicherung unsrer wissenschaftlichen Erkenntnis, im besondern deren Verwertung im Dienste des Waldbaues, der Landwirtschaft und der Gärtnerei.

Hauptbestandteile des Bodens.

In jedem B. sind als Hauptbestandteile folgende zu unterscheiden: 1) Luft erfüllt alle Hohlräume und stellt das belebende Agens dar, ohne welches weder ein Pflanzenwachstum noch ein fortschreitender Verwitterungs- und Verwesungsprozeß gedacht werden kann; die Schicht, bis zu welcher der Einfluß der Luft in wirksamer Weise gehen kann, heißt Krume im Gegensatz zum darunterliegenden Untergrund. Die Luft im B. ist reicher an Kohlensäure als die über dem B., nach frischer Düngung und in Gegenwart von vielen Pflanzenresten bis 36mal reicher; sie ist in ihrer lösenden und umwandelnden Kraft demnach auch stärker.

2) Wasser findet sich im B. fließend oder stehend, kapillarisch und hygroskopisch. Ersteres ist nur im nassen B. der Fall und zwar dann, wenn im Untergrund solche Schichten sind, welche den Abfluß des Wassers verhindern, und wenn von höher liegenden Schichten Wasser niederfließt und im lockern B. zu Tage treten kann. Man unterscheidet Schichtwasser, Quellwasser, Grundwasser. Sein Vorhandensein deutet immer auf undurchlassenden B.; seine Entfernung wird ermöglicht durch Durchbrechung dieser Schichten (Ackerfontanelle, s. d.), durch Abfuhrkanäle (Drainage oder offene Gräben) oder durch Ableitung des von oberhalb kommenden Wassers. Das kapillarische Wasser ist dasjenige, welches die feinen Zwischenräume des Bodens vermöge der sogen. Haarröhrchenkraft zurückhalten, ohne es tropfbarflüssig abgießen zu lassen. Es bildet sich aus atmosphärischen Niederschlägen oder durch Kondensation von Wasserdampf bei Temperaturdifferenzen. Die Fähigkeit des Bodens, aus dem Grundwasser kapillarisch die Feuchtigkeit anzuziehen und nach aufwärts zu führen, ist abhängig von dessen Zusammensetzung. Die bisherigen Untersuchungen ergaben z. B. für thonigen Lehmboden 0,627 m, für Streusand 0,209 m, für Thonboden 0,47 m, für Torf 0,8 m sogen. Erhebungszone, d. h. die Höhe, bis zu welcher das Wasser kapillarisch über einen Wasserspiegel zu steigen vermag. Hygroskopisches Wasser ist dasjenige, welches die einzelnen Erdpartikelchen als feine Schicht von Wasserdampf umhüllt, angezogen aus der Luft, aus dem Untergrund oder aus der Verdunstung der Wurzeln. Es unterhält das Wachstum bei trocknem Wetter, da B. und Luft das Bestreben haben, ihre Feuchtigkeitszustände auszugleichen. Bei Tage findet Verdunstung mit Wärmeverlust, bei Nacht Verdichtung von Wasserdampf mit Freiwerden von Wärme statt. Die dadurch bewirkten Temperaturdifferenzen können sehr beträchtliche sein, 5–10° R. betragen. Das Wasser muß die im Boden vorhandenen Nährstoffe lösen und den Pflanzen zuführen; die äußersten Wurzelenden nehmen durch Diffusion die Lösungen auf, an den Blättern verdunstet das Wasser wieder. Auf 1 Hektar Land entfallen in Deutschland im Durchschnitt 5–7,5 Mill. kg meteorisches Wasser, am meisten zur Zeit des Stillstandes der Vegetation. Während dieser selbst verdunsten durch die Blätter 5–12 Mill. kg Wasser, mehr also, als der Gesamtniederfall beträgt. Die Differenz repräsentiert den der Atmosphäre entzogenen Wasserdampf. Trockne Luft entzieht dem B. das Wasser und begünstigt das Aufsteigen aus der Tiefe, feuchte Luft gibt Wasser ab [107] und verhindert die Verdunstung im B. Das aufsteigende Wasser führt die in die Tiefe gespülten und dort gelösten Stoffe, zum Teil wenigstens, an die Oberfläche, wo sie zurückbleiben, während das Wasser verdunstet.

3) Der Verwitterungsbestand ist die Gesamtheit aller Mineralfragmente: Steine und Steinchen, Gruß, Kies, Erdteilchen, Staub. Die Mineralfragmente der Gebirgsarten, soweit sie für Bodenbildung überhaupt in Betracht kommen, enthalten der Hauptsache nach: a) Quarz, reine Kieselsäure, fast unverwitterbar, den Sand und Kies im B. bildend; b) Feldspate und deren Umbildungen, die sogen. Zeolithe, aus Doppelsalzen (Doppelsilikaten) von kieselsaurer Thonerde (Eisen- und Manganoxyd) und kieselsaurem Kalk, Natron, Magnesia oder Kali (Eisen- und Manganoxydul) bestehend und bei der Verwitterung überwiegend den Thon der Ackererde bildend; c) Hornblenden und Augite, ähnlich zusammengesetzt, aber nur Kalk und Magnesia enthaltend, bald thonerdefrei, bald thonerdehaltig; d) Glimmer, bestehend aus Kieselsäure und Thonerde, verbunden mit Kali, Lithion oder Magnesia (Natron, Eisenoxydul); e) kohlensauren Kalk, schwefelsauren Kalk (Gips), Dolomit (kohlensaurer Kalk mit kohlensaurer Magnesia); f) Phosphate, nicht als Gebirge auftretend, sondern nur in demselben und im Ackerboden zerstreut in kleinern Körnern, Kristallen und erdigen Massen. Alle diese und die seltenern Vorkommnisse finden sich im Ackerboden schließlich als a) Karbonate, d. h. kohlensaurer Kalk, Natron, Kali, Magnesia, Eisenoxydul (Ammoniak); b) Nitrate, d. h. salpetersaure Salze derselben Basen; c) Sulfate, schwefelsaure Salze dieser Basen; d) Phosphate, phosphorsaure Salze; e) Silikate, kieselsaure Salze; dazu kommt aber noch die kieselsaure Thonerde (Kaolin), welche, ganz rein, freilich für die Pflanze unbrauchbar ist; f) Chloride, als: Salmiak, Kochsalz, Chlorkalium und Chlormagnesium; g) Oxyde, als: Quarz, Eisenoxyd und Eisenhydroxyd etc.

4) Pflanzen- und Tierreste, unter dem Kollektivnamen Humus zusammenfaßt, vor J. v. Liebig für den alleinigen Träger der Fruchtbarkeit gehalten, finden sich im B. in verschiedenen Formen und Übergangsstufen (Ulmin, Humin, Ulmin- und Huminsäure, Quellsäure, Quellsatzsäure, Geinsäure).

Die verschiedenen Bodenarten.

Der Land- und Forstwirt unterscheidet im B. nur nach Hauptgemengteilen und benennt danach die einzelnen Vorkommnisse. Unter Sand (Sandboden) versteht er die Gesamtheit aller kleinen, unzersetzten, unbeweglichen und unverbundenen (Quarz-) Körner, entstanden aus quarzführenden Gesteinen und Sandsteinen, meist angeschwemmt als Niederschlag. Er bildet das lockernde und erwärmende Prinzip im B., neben dem Eisen den schwersten Bestandteil dem Gewicht nach. Leicht heißen aber die Sandböden deshalb, weil sie der Bearbeitung (dem Eindringen der Wurzeln, der Luft und des Wassers) keinen Widerstand entgegensetzen. Der Sand ist vorzugsweise trocken, weil durchlassend für das Wasser (wertvoll im Untergrund); er vermag es nicht zurückzuhalten und begünstigt die rasche Verdunstung. Die Wärme nimmt er rasch auf und strahlt sie langsam wieder aus. Er entbehrt des Zusammenhalts und bildet also keine Schollen. Tierischer und vegetabilischer Dünger zersetzt sich rasch im Sand, für welchen Gründünger, Komposte, Poudretten, flüssiger Dünger und feucht-speckiger Mist am tauglichsten sind. Die Walze muß hier fleißig zum Zusammendrücken gebraucht werden; beschattende Pflanzen bilden die beste Nutzungsart, Mischungen mit thoniger Erde und Humus die beste Korrektur. Je nach Klima, Lage und Beimischung darf der reine Sandgehalt von 60 bis selbst 90 Proz. betragen. Ohne thonige Erde ist der Sand absolut unfruchtbar, ebenso wie der Kies (Kies-Geröllboden).

Im Gegensatz zu ihm steht der Thon (Thonboden) als der Inbegriff aller thonerdehaltigen Verwitterungsprodukte, also vorzugsweise der Feldspate; er ist das bindende, kältende Prinzip im B., aber auch der Träger des so wichtigen Absorptionsvermögens. Er zieht mit Begierde das Wasser an (zungenklebend), hält es mit großer Kraft zurück und hindert durch seinen festen Zusammenhalt dessen Verdunstung. Er erwärmt sich nur langsam und erkaltet rasch. Beim Regen schwillt er an, und beim Austrocknen zieht er sich zusammen, Risse und Sprünge bildend, wird hart und zäh. Seine Teilchen halten fest aneinander, daher Bearbeitung und Eindringen von Luft und Wurzeln schwierig sind (schwerer B.). In feuchtem Zustand formbar, haftet er an Werkzeugen und am Schuhwerk und ackert sich in zusammenhängenden Schollen und Stücken, welche nicht von selbst auseinander fallen. Durch den Frost wird er mürbe, durch Gluthitze zerfällt er zu Pulver und wird nicht wieder fest (Bodenbrennen). Die thonige Feinerde hat vorzugsweise die Fähigkeit, die im Wasser gelösten Stoffe zu absorbieren, Kali-, Ammoniak- und Phosphorsäure zurückzuhalten und Kalk und Natronsalze dagegen in Austausch zu geben, sowie die, das Ammoniak der Luft zu verdichten. v. Schwerz vindizierte dem Thon das eigentliche Prinzip der Fruchtbarkeit; wir wissen jetzt, daß ohne ihn dauerndes Wachstum nicht möglich ist. Er enthält vorzugsweise die Kaliverbindungen. Tüchtigste Bearbeitung, unausgesetztes Lockern, Eggen und Walzen, Zerstören der krustierenden Decke nach Regen mit folgendem Sonnenschein, Entwässerung, Anwendung von strohigem Mist in großen Mengen, Tiefpflügen in rauher Furche oder Aufwerfen von tiefen Gräben vor Winter, Kalken, Mischen mit lockernden Substanzen (Mergel, Moder, Sand u. dgl.) sind die bei Bearbeitung zu beachtenden Momente. Reihenkultur und Hackfruchtbau, mit Ausschluß der Kartoffel, finden hier lohnendste Verwendung. Sehr eisenhaltiger Thon bedarf der tüchtigsten Bearbeitung und fleißigsten Düngung mit Mist. Clayboden ist ein an Thon sehr reicher, kalkarmer B.; im Thonboden kann der Kalkgehalt bis 5 Proz., der Humusgehalt bis 20 Proz. gehen, der Thongehalt darf nicht unter 60 Proz. betragen. Ist der Thon durch Wasser fortgeführt und anderwärts abgelagert worden, so heißt er Lehm (Lehmboden). Dessen Bestandteile sind homogener gemischt, er ist weniger bindig und fest, milder, mürber und hat die charakteristischten Eigenschaften des Thons verloren. Er zeigt mehr die des Kalk- und Sandbodens und heißt auch Mittelboden, zumal wenn es ihm nicht an Humus fehlt. Der Thongehalt geht nicht über 60 Proz.; je geringer er ist, um so günstiger ist die Mischung, um so mehr der Charakter des Lehmbodens gegeben.

Kalk (Kalkboden) begreift den Inbegriff der Verwitterungsprodukte kalkhaltiger Gebirge, kalkhaltiger Feldspate oder der Sandsteine mit kalkigem Bindemittel, einen B. mit mindestens 20–30 Proz. kohlensaurem Kalk, neben welchem Magnesia, Gips, Phosphate, Mangan- und Eisenoxyd, Thon, Humus und Sand in wechselnden Mengen vorkommen. Reiner Kalkboden hat von 40–80 Proz. Kalkgehalt [108] und findet sich fast nur als Kreideboden: in Deutschland auf der Insel Rügen, in Frankreich in ausgedehntern Flächen (Champagne), ebenso in England, Dänemark, Italien etc. Die Mehrzahl der Kalkböden in Deutschland findet sich im Jura und Muschelkalkgebiet sowie in den Gliedern Quadersandstein und Pläner der Kreideformation. Mit überwiegendem Thongehalt geht der Kalkboden in den Mergelboden über, mit feinsandigem Vorkommnis des Kalkes in den Sandboden; meistens ist er reich an Steinen, welche aber gutes Verwitterungsmaterial bilden; in den Thalsohlen findet er sich als fruchtbarer Aueboden von homogenerer Mischung. Während der Sand mehr nur als Lockerungs- und Verdünnungsmittel im B. dient und die Thonerde als Trägerin der Absorptionsthätigkeiten eine nicht minder hochwichtige Rolle spielt, ist der Kalk direkt als Nahrungsmittel der Pflanze zu betrachten, aber auch durch seine gesamten Eigenschaften beachtenswert. Er entzieht der Atmosphäre nur wenig Wasserdampf, nimmt aber viel tropfbarflüssiges Wasser auf und läßt es ziemlich rasch wieder verdunsten. Kreideböden sind wahre Wassersauger und nur fruchtbar in feuchter Lage, Kalkfelder immer vorzugsweise trocken. Sie erwärmen sich rasch und strahlen die Wärme rasch aus. Angenäßt werden sie breiartig, zusammenhängend, krustierend, Schollen bildend; beim Abtrocknen lockern sie sich aber von selbst wieder. Der Kalk vermag sich mit den thonigen Bestandteilen der Feinerde zu inkrustieren und verdrängt schwächere Basen, Magnesia, das Eisenoxyd und die Thonerde, aus ihren Verbindungen mit der Kieselsäure des Thons. In saurem B. wirkt der Kalk neutralisierend und auf pflanzlichen und tierischen Dünger in hohem Grad zersetzend, so daß alle Kalkböden viel und vorzugsweise speckig-feuchten Mist brauchen. Beschattende Pflanzen sind auch hier am Platz, und es gedeihen namentlich Klee und verwandte Futterpflanzen vorzüglich. Farbenpracht der Blüten, Arom und Wohlgeschmack der Früchte (des Obstes), Feinhülsigkeit und Mehlreichtum der Körner sowie Üppigkeit der Futterpflanzen und aller Leguminosen (Erbsen etc.) kennzeichnen den Kalkboden in guter Mischung und Lage. Gräser dagegen kommen weniger gut auf ihm fort. Zur Korrektur bedarf er des Gründüngers, der Kalisalze, thoniger Erde und vor allem des Humus (Moder, Torf etc.).

Der Humus endlich erscheint als das allgemeine Korrektiv für alle Bodenarten, ohne dessen Gegenwart ein freudiges Wachstum nur selten möglich ist. Der Landwirt unterscheidet Wald- oder wilden Humus im fruchtbaren B., reich an Alkalien, sauren Humus im Bruch- und Moorboden, kohligen Humus oder Torf, basisch trocknen Humus im Sand- und Kalkboden, pulverig, trocken, reich an unlöslichen Salzen, und trocknen Heidehumus mit viel Gerbsäure, Wachs und adstringierenden Stoffen. Humus findet sich oft in mächtigen Anhäufungen als Rückstand ehemaliger Lagunen. Er ist der leichteste Bestandteil des Bodens, absorbiert am meisten Feuchtigkeit aus der Luft, zieht das Wasser begierig an und gibt es nur allmählich wieder ab (Bedeutung des Waldes für Quellenspeisung), bläht sich bei der Aufnahme auf und zieht sich beim Austrocknen zusammen, erwärmt sich rasch, strahlt leicht aus, hindert aber als schlechter Wärmeleiter die Erkaltung der tiefern Schichten, lockert den B., erleichtert also das Eindringen der Luft und die Verbreitung der Wurzeln und verdichtet das Ammoniak der Luft, wie der Thon, hält es aber nicht zurück. Er liefert den Pflanzen im Maße seiner fortschreitenden Zersetzung eine stetig fließende Quelle von Kohlensäure und Ammoniak und in seinen Salzen, welche schließlich zu Karbonaten umgewandelt werden, die wichtigsten Nährstoffe, während zugleich die zahlreichen Umwandlungsprozesse im und durch den Humus zur Quelle von Wärme werden und den Mineralbestand des Bodens rascher in Pflanzennahrung umwandeln lassen. Er begünstigt die Verbreitung der von der Ackerkrume gebundenen (absorbierten) Nährstoffe in die Tiefe, die Ausscheidung der Kieselsäure aus ihren schwer löslichen Verbindungen als lösliches Hydrat und die Lösung und Verbreitung der Phosphorsäure im B. Er liefert und erhält in Summa den Pflanzen die notwendigen Bedingungen ihres Wachstums, wirkt stets verbessernd, den Thon lockernd, den Sand bindend, den Kalk kühlend, als Regulator für den Wechsel und die Verteilung von Luft und Feuchtigkeit im B. und nötigt schließlich auch die Atmosphäre zu größerer Mitwirkung beim Wachstum der Pflanzen. Er ist aber niemals direktes Nahrungsmittel, sondern nur nützlich durch die Verbindungen, in welche er sich auflöst, und durch seine hochwichtigen physikalischen Eigenschaften. Reine Thon- (Lehm-), Sand-, Kalk- (Gips-, Mergel-), Humusböden finden sich nur selten, in der Regel sind diese Bestandteile alle vertreten, aber in den mannigfachsten Mischungen; der Landwirt kombiniert die Bezeichnungen, z. B. als lehmiger Sand, sandiger Lehm etc. Derjenige Bestandteil, welcher in irgend einem B. vorherrscht, gibt ihm vorzugsweise seinen Charakter; solche Böden, in welchen alle Bestandteile so gemischt sind, daß keiner als solcher erkennbar ist und vorherrschen kann, bilden die fruchtbarsten Gründe (Marschboden). Analog sind die fruchtbaren Thalgründe (Aueboden). Besondere Vorkommnisse erklären sich schon mit den Namen: Salz-, Eisen-, eisenschüssiger, Torf-, Bruch-, Moor-, Letten- etc. B.

Bodenanalyse. Temperatur etc.

Die wissenschaftliche Forschung der Neuzeit zerlegt die Bestandteile des Bodens mittels der mechanischen Analyse in Skelett- und Feinerde. Das Skelett, nur das lockernde Element enthaltend, zerfällt in Grobkies, Mittelkies, Feinkies, Grobsand und Streusand; mit einem geeigneten Sieb- oder Schlämmapparat kann man jeden B. in diese Glieder zerlegen und das Prozentverhältnis jedes Gliedes mit Leichtigkeit feststellen. Die Feinerde zerfällt in 1) Thon als Thonerdegrundmasse, Eisenoxyd- und Thonerdehydrat, wasserhaltige Doppelsilikate und lösliche Kieselsäure; 2) absorbierte Stoffe der Feinerde (Alkalien und Säuren); 3) inkrustierende Stoffe der Feinerde (kohlensaurer Kalk, kohlensaure Magnesia, Eisenoxydulsalze, Gips, organische Materien); 4) tote Beimengungen der Feinerde (feinster Quarzsand, kohlensaurer Kalk, dolomitische Feinerde). Durch Austrocknen entfernt man vorher das Wasser und durch Glühen an der Luft den Humus. Die Bestandteile der Feinerde lassen sich nur durch chemische Analyse ermitteln. Wichtig ist besonders das Verhältnis des Skeletts zur Feinerde.

Die Landwirte legen hohen Wert auf die Eigenschaften, die ein B. als Gesamtmasse bietet, bedingt vorzugsweise durch die vorherrschenden Bestandteile, jedoch moderiert unter dem Einfluß von Lage und Klima. Die ersten Untersuchungen über die physikalischen Eigenschaften des Bodens wurden von Schübler gemacht. Die Agrikulturphysik [109] macht neuerdings unter Schumacher, ihrem eigentlichen Begründer, sowie unter Wollny u. a. enorme Fortschritte. Die Farbe kann nicht absolut als Merkmal der Fruchtbarkeit gelten, wenn schon die bessern Bodenarten meist dunkel gefärbt sind. Das absolute und das spezifische Gewicht sind von Bedeutung für alle Erdtransporte, weniger für die Bearbeitung und das Wachstum der Pflanzen; am schwersten wiegt der Sand, am leichtesten der Humus. Das Gefüge und die Bindigkeit (Kohäsion, Adhäsion, Konsistenz) sind mit maßgebend für die Größe der Bearbeitungskosten und für das mehr oder minder leichte Eindringen der Wurzeln: leichter, schwerer, strenger, lockerer, mürber, loser, zäher, schütter, bindiger B. etc. Reinheit (von Steinen, Gestrüpp etc.) und Neigung des Bodens sind mit maßgebend für die Bearbeitungsfähigkeit, d. h. für die Größe der anzuwendenden Zugkraft, gehören jedoch nicht unter die eigentlichen Eigenschaften des Bodens. In Bezug auf die Feuchtigkeit unterscheidet man a) die wasserfassende Kraft, meßbar an der Menge Wasser, welche eine bestimmte Erdmenge, vollkommen trocken, aufnehmen kann bis zum Abtropfen; es vermögen Wasser zu fassen (nach Schübler):

  nach Gewicht nach Volumen
Quarzsand 25 Proz. 37,9 Proz.
Kalksand 29 44,1
Gips 27 38,2
feine Kalkerde 85 66,1
lettiger Thon 40 51,4
lehmiger Thon 50 57,3
clayartiger Thon 61 62,9
grauer Thon 70 66,2
weißer Thon 87 66,0
Humus 181 69,8
Gartenerde 89 67,3

b) die wasserhaltende Kraft, d. h. die Fähigkeit, mehr oder weniger rasch auszutrocknen, meßbar an der Zeit, welche vollkommen gesättigter B. bis zum Trockenwerden braucht: hitziger, kalter, trockner und nasser B.; c) die Durchlässigkeit oder die Fähigkeit, das aufgenommene Wasser wieder durchsickern zu lassen; d) die Absorptions- und Verdunstungsfähigkeit. Die gesamten Feuchtigkeitszustände kann man messen durch Probelöcher, welche in der Richtung des Falles angebracht werden; die Höhe des Wasserstandes in denselben und dessen Steigen und Fallen zeigen an, ob Regulierung notwendig oder nicht, ob kostspielig oder nicht (s. Entwässerung und Drainage).

Die Temperatur des Bodens ist abhängig von der Erwärmung desselben durch die Sonnenstrahlen, von dem Gehalt an Wasser und Luft, ersteres Verdunstungskälte erzeugend, letztere schlechter Wärmeleiter; von den im B. stattfindenden Verwesungs- und Zersetzungsprozessen; endlich von der Fähigkeit, mehr oder minder leicht auszustrahlen, also wieder zu erkalten (wärmehaltende Kraft und Ausstrahlung). Bei Tage und im Sommer wird der B. im Überschuß erwärmt, bei Nacht und im Winter erkaltet er wieder; die Wärme dringt nur bis zu einer gewissen Tiefe in den B. ein, die nach Lage und Bodenbeschaffenheit verschieden ist; nach der höchsten Erwärmung folgt die allmähliche Wärmeabgabe; die Tiefe, bis zu welcher bei Tage und im Sommer die Wärme vordringen kann, bezeichnet die Schicht der wechselnden Wärme, unter derselben ist konstante Temperatur. An der Oberfläche zeigen sich bedeutende Differenzen gegen die Lufttemperatur, bis zu 15° höhere Warme. Mehr chemischer Art ist die Absorptionsfähigkeit, gebunden an die thonige Feinerde und den Humus. Aus den wässerigen Bodenlösungen nimmt die Ackerkrume Kali, Ammoniak und Phosphorsäure auf und verhindert deren Auswaschen in die Tiefe, während Kalk, Natron, Magnesia der Bewegung des Wassers zu folgen vermögen. Diese wichtige Eigenschaft der Ackererde wurde zuerst von Thompson, Huxtable und Way entdeckt, von J. v. Liebig aber in das rechte Licht gestellt. Ohne sie ist nachhaltiges Wachstum nicht möglich, also auch nicht ohne thonige Feinerde. Wo diese fehlt oder zurücktritt (das Skelett überwiegt), muß die Düngung in kleinen und öftern Gaben gegeben werden. Reichtum des Bodens nennt man die Gesamtsumme der zu irgend einer Zeit vorhandenen Pflanzennährstoffe mineralischer und organischer Art, Kraft oder Fruchtbarkeit aber den zu gegebener Zeit assimilationsfähigen Teil derselben.

Von großer Bedeutung sind noch Lage und Umgebung; sanfte Neigung ist am beliebtesten, weil dem Wasser leichten Abzug gestattend. Bei 15° Neigung ist die Grenze der Spannarbeit, bei 20° die Grenze der Hackarbeit, bei 30° die Grenze der Bearbeitung überhaupt und die des geschlossenen Graswuchses und bei 45° die für Weinreben und Wald, überhaupt für bleibende Vegetation gegeben. Je nördlicher, um so willkommener ist eine der Sonne zugekehrte Neigung; feuchter, bindiger B. ist erwünschter da, wo die trocknen Winde vorherrschen, als da, wo die Regenwinde aufschlagen, und umgekehrt; Niederungsboden (Aueboden) kann weit reicher an Sand und Kalk sein als der Höhenboden, besonders solcher in steiler Lage; da, wo Regenfall häufig, darf der B. nicht zu thonig sein, da, wo er seltener, muß er Thon und Humus genug enthalten, zum mindesten porös genug sein, um gut absorbieren zu können. Die Umgebung endlich schützt vor rauhen Winden, hindert aber auch oft die Durchlüftung und die Erwärmung durch die Sonne. Felder in der Nähe von großen Wiesenkomplexen leiden stärker von den Frösten im Frühjahr, solche in oder am Wald haben kürzere Vegetationszeit. Nur die volle Würdigung aller Verhältnisse gibt dem Menschen die Herrschaft über den B., welchen immer tragfähiger zu machen seine Hauptaufgabe ist; sinnlose Kultur kann und muß seine Fruchtbarkeit vernichten; am ehesten geschieht dies durch Zerstörung des Waldes da, wo er zum Schutz notwendig ist, weil damit der normale Wasserzufluß aufhört.

Empfehlenswerte Werke über B. sind Fallou, Anfangsgründe der Bodenkunde (2. Aufl., Dresd. 1865); Derselbe, Grund und B. des Königreichs Sachsen (das. 1869); Detmer, Die naturwissenschaftlichen Grundlagen der allgemeinen landwirtschaftlichen Bodenkunde (Leipz. 1876); Orth, Geognostische Durchforschung des schlesischen Schwemmlandes (Berl. 1872); Meitzen, Der B. und die landwirtschaftlichen Verhältnisse des preußischen Staats (das. 1868–73, 4 Bde.); Senft, Lehrbuch der Gesteins- und Bodenkunde (das. 1877); Wollny, Der Einfluß der Pflanzendecke und Beschattung auf die physikalischen Eigenschaften des Bodens (das. 1877). Über Bodenarten und Ackerklassen s. Bonitierung.


Ergänzungen und Nachträge
Band 17 (1890), Seite 148151
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[148] Boden. Für die physikalischen und hygienischen Eigenschaften des Bodens ist das Volumen der Poren, der Zwischenräume zwischen den einzelnen Partikelchen, aus denen der B. besteht, und der Hohlräume in diesen Partikelchen von großer Bedeutung. Das Porenvolumen beträgt in mittlerm Sand 31,1, in grobem Sand 33,8, in feinem Sand 37,4, in [149] Lehm 39,6, in Kies 42,4, in Löß 42,6 Proz. Die Durchlässigkeit des Bodens für Flüssigkeiten und Gase hängt aber nicht allein von der Größe des Porenvolumens, sondern auch von der Größe und Anordnung der einzelnen Poren ab. Sättigt man eine gut getrocknete und gewogene Bodenprobe mit Wasser, so gibt die Gewichtszunahme die Menge des Wassers an, welche der B. in seinen Poren zurückhält, die wasserhaltende Kraft (Wasserkapazität) des Bodens. Diese ist um so größer, je kleiner die Poren sind, niemals aber ist sie gleich dem Porenvolumen, sondern entspricht stets nur einem Bruchteil desselben. In mittlerm Kies beträgt sie 12,6, in feinem Kies 16,9, in grobem Sand 29,3, in mittlerm Sand 46,5, in feinem Sand 77,4 Proz. des Porenvolumens. In grobporigem B. steigt Wasser sehr schnell, aber nur auf geringe Höhe (in Kies 2 cm), während es in feinporigem langsam bis zu bedeutender Höhe gehoben wird (in Löß bis 2 m). Das Absorptionsvermögen des Bodens erstreckt sich nicht nur auf anorganische Stoffe, sondern auch auf organische. Viele flüchtige Stoffe, Alkaloide, ungeformte Fermente, Riech- und Farbstoffe werden vom B. absorbiert. Die Temperatur des Bodens ist abhängig von der Farbe desselben, seiner Feuchtigkeit, von dem Winkel, unter welchem er von den Sonnenstrahlen getroffen wird, von der Zeit der Bestrahlung und von der auf dem B. wachsenden Pflanzenwelt. Man hat an der Bodenoberfläche Temperaturen von 50° und mehr beobachtet, Humboldt fand am Orinoko 60,3°, Nouet bei Theben in Ägypten 67,5°, Herschel in Südafrika 70°. Die Bodentemperatur kann eine sehr viel höhere sein als die Temperatur der den B. berührenden Luftschicht. Der Absorption der Wärme entspricht in der Regel auch die Ausstrahlung, infolgedessen die Abkühlung während der Nacht um so größer ist, je stärkere Erwärmung der B. bei Tag erfahren hatte. Im Lauf des Tags erleidet die Temperatur der Bodenoberfläche Schwankungen, welche diejenigen der Lufttemperatur bedeutend übertreffen; sie erreicht ihr Maximum etwa eine Stunde früher als die Lufttemperatur, während das Minimum beider kurz vor Sonnenaufgang einzutreten pflegt. Im Lauf des Jahrs erreicht die Bodenoberfläche ihr Temperaturmaximum Ende Juli, das Minimum im Januar. Die tiefern Bodenschichten haben viel geringere Temperaturschwankungen, welche auch zeitlich mit denen der Oberfläche nicht übereinstimmen. In Budapest tritt das Maximum in der Tiefe von 0,5 m im August, von 4 m im Oktober, das Minimum in der Tiefe von 0,5 m in im Januar, von 1 m im Februar, von 2 m im März, von 4 m im April ein. Der B. ist mithin schon in geringer Tiefe im Sommer bedeutend kälter, im Winter nicht unbeträchtlich wärmer als an seiner Oberfläche. Bei einer Lufttemperatur von 20,8° im August betrug das Maximum der Bodentemperatur in 0,5 m Tiefe 18,87°, in 1 m Tiefe 17,86°, in 2 m Tiefe 16° und in 4 m Tiefe 14,2°. In Berlin wird schon in einer Tiefe von 1,5 m nur noch eine Temperatur von 14,8° erreicht. Tagesschwankungen der Bodentemperatur verschwinden schon nahezu bei einer Tiefe von 0,5 m, die jährliche Schwankung beträgt bei 8 m Tiefe nur noch 1° und verschwindet bei 22 m gänzlich. Die hier herrschende Temperatur entspricht genau der mittlern Jahrestemperatur des Ortes.

Die in den B. eingeschlossene Luft, die Bodenluft (Grundluft), weicht in ihrer Zusammensetzung von der atmosphärischen Luft erheblich ab. Bis zur Tiefe von etwa 0,5 m ist der Feuchtigkeitsgehalt der Bodenluft bis zu einem gewissen Grad abhängig von der Feuchtigkeit der Luft, in größerer Tiefe ist die Bodenluft mit Feuchtigkeit gesättigt. Der Sauerstoffgehalt ist in der Bodenluft vermindert; während die atmosphärische Luft 21 Volumprozent enthält, fand Fleck in einer Tiefe von 2 m 19,39, in 4 m 16,79, in 6 m 14,85 Volumprozent. Umgekehrt steigt der Gehalt an Kohlensäure mit der Tiefe. Fleck fand in 2 m Tiefe 2,91, bei 4 m 5,56, bei 6 m 7,96 Volumprozent. In Berlin fand man bei 1 m Tiefe 0,758, bei 2 m 0,921, bei 3 m 1,16 Volumprozent. Als mittlern Kohlensäuregehalt der Bodenluft kann man 2,54 Proz. annehmen, doch wurde selbst bis 20 Proz. beobachtet. Dieser Gehalt unterliegt sehr geringen Tages- und recht erheblichen Jahresschwankungen. Bei uns steigt der Kohlensäuregehalt der Grundluft von Ende Februar bis zum Hochsommer, um dann wieder bis Ausgang des Winters zu sinken. Von Ammoniak fand Fodor 0,0089–0,0471 mg in 1 cbm, Renck 0,109–0,12 Volumprozent. Für gewöhnlich wird dies Ammoniak vom B. schnell absorbiert und zu salpetriger und Salpetersäure oxydiert. Nur wenn dem B. allzu oft und in allzu großer Menge zersetzungsfähige organische Substanzen zugeführt werden, tritt eine Übersättigung ein, das Ammoniak entgeht dann teilweise der Oxydation und wird vom Grundwasser aufgenommen, während dies gewöhnlich kein Ammoniak, aber um so mehr Salpetersäure enthält. Mehr zufällige Bestandteile der Bodenluft sind Schwefelwasserstoff und Kohlenwasserstoffe, namentlich Grubengas (Methan).

Die Bodenluft befindet sich in beständiger Bewegung, welche wenig durch die Schwankungen des Luftdrucks, stärker durch Temperaturunterschiede beeinflußt wird. Der B. wird am Tag stärker erwärmt als die Luft, und so tritt abends sehr bald ein Zeitpunkt ein, zu welchem die Luft im B. wärmer ist als die über demselben lagernde Luft. Alsdann tritt Grundluft aus dem B. aus, und so erklären sich die nachteiligen Folgen des Schlafens auf dem B. in Malariagegenden. Die ausströmende Grundluft enthält die Krankheitskeime, welche aber, wie es scheint, in den untern Luftschichten verharren. Steht ein Haus nackt im B. und wird im Winter die Luft im Haus durch Heizung erheblich wärmer als im Freien, so drückt die Außenluft die Bodenluft ins Haus hinein. Mit Hilfe eines Differentialmanometers[WS 1] kann nachgewiesen werden, daß in einem Keller fast während eines ganzen Jahrs die Luft unter einem geringern Druck stand als die Bodenluft. Daher sollte die Sohle jedes Hauses durch Fliesen oder Isolierschichten gut gedichtet, gegen die Bodenluft abgeschlossen werden. Daß die Grundluft aus dem Keller auch in die obern Teile des Hauses gelangt, konnte direkt nachgewiesen werden. Wind, welcher über den B. hinfährt, wirkt saugend auf die Grundluft und treibt sie in die Häuser, endlich wird auch die Grundluft durch Steigen des Grundwassers aus dem Boden verdrängt.

Hygienische Eigenschaften. Bodenkrankheiten.

Die Bodenarten sind in dem Maß feuchter oder trockner, als sie mit organischen Substanzen verunreinigt sind. Nach der Tiefe hin nimmt die Feuchtigkeit ab, sie beträgt im Mittel bei 1 m Tiefe 14,6, bei 2 m 14,1, bei 3 m 11,3, bei 4 in 8,6 Proz. Die Bodenfeuchtigkeit nimmt in unserm Klima im Frühjahr zu und erreicht ihre größte Höhe im Mai, um während des Sommers bis zum Spätherbst wieder zu sinken. Die Verdunstung an der Oberfläche des Bodens ist von der Luftbeschaffenheit, aber auch von der Beschaffenheit des Bodens abhängig. Am größten [150] ist sie bei Torf, dann geringer bei humosem Kalksand, Lehm, Kalksand, am geringsten bei Quarzsand. Großen Einfluß auf die Verdunstung übt der Pflanzenwuchs aus.

Je mehr organische Substanzen der B. enthält, um so besser gedeihen in ihm die Mikroorganismen, deren Menge sich auf Hunderttausende in 1 ccm belaufen kann. Mit der Tiefe nimmt die Zahl der Mikroorganismen im B. sehr schnell ab und wird unter 1,5 m minimal, zumal in jungfräulichem B., während sich in dem vielfach durchwühlten Untergrund großer Städte auch noch in größerer Tiefe Mikroorganismen finden. In 3–3,5 m Tiefe werden indes nur ganz vereinzelte gefunden, und im Bereich des Grundwassers fehlen sie gänzlich. Man hat Sporen von Schimmelpilzen, einige Algen (Cladothrix), hauptsächlich aber Bakterien und unter diesen vorwiegend Bacillen, weniger Mikrokokken, gefunden. Man kann drei Gruppen unterscheiden: oxydierende, reduzierende und solche Bakterien, welche den Bestand des Bodens an Wertbestandteilen vermehren. Zu den oxydierend wirkenden Bakterien gehören die sogen. Eisenbakterien, welche kohlensaures Eisenoxydul aufnehmen und es als Eisenhydroxyd in die massenhaft produzierten gallertartigen Scheiden übergehen lassen. Ähnlich verbrennen die Schwefelbakterien Schwefelwasserstoff zu Schwefelsäure, wenn Kohlensäuresalze zugegen sind, mit welchen die Schwefelsäure Sulfate bilden kann. Angeblich enthält der B. auch Bakterien, welche Ammoniak aufnehmen und dies zu Salpetersäure oxydieren, wenn diese zur Bildung von Nitraten Gelegenheit finden. Die Existenz dieser Salpeterbildungsfermente ist bestritten worden, jedenfalls gelang bisher ihre Isolierung nicht, und man könnte sich denken, daß bei dem gewöhnlichen Verwesungsprozeß wie bei jeder Oxydation Ozon gebildet wird, welches das Ammoniak in Salpetersäure verwandelt. Man hat bisher angenommen, daß Sauerstoff von Organismen nur unter dem Einfluß des Lichts abgeschieden werden könne, die Purpurbakterien entwickeln aber namentlich in den ultraroten Strahlen, physiologisch im Dunkeln, deutlich Sauerstoff, und gewisse farblose Bakterien bilden im Dunkeln aus kohlensaurem Ammoniak ein der Cellulose sehr nahe stehendes Kohlehydrat, wobei sie Sauerstoff ausscheiden, der alsbald zur Bildung von Salpetersäure aus dem Ammoniak verbraucht wird. Auch die Bildung der Kohlensäure im B. dürfte vorwiegend auf Mikroorganismen zurückzuführen sein, wenngleich Kohlensäure auch aus tiefern Schichten aufsteigen und durch Einwirkung von Humussäuren auf Carbonate entstehen kann. Andre Bakterien dürfen wenigstens indirekt beteiligt sein an der Entbindung von freiem Stickstoff aus Nitraten oder organischen Substanzen. Von Bakterien, welche direkt freien Stickstoff liefern, ist nichts bekannt, bei der Verwesung aber kann man an die Einwirkung von salpetriger Säure auf amidähnliche Zersetzungsprodukte der Humusstoffe und an das leicht zerfallende Ammoniumnitrit denken, während bei der Fäulnis die tiefgreifenden Zersetzungserscheinungen auch wohl zum Auftreten freien Stickstoffs führen können. Der umgekehrte Vorgang, die Verwertung freien Stickstoffs zur Bildung von assimilierbaren Verbindungen, findet vielleicht in den Wurzelknollen der Leguminosen Vertretung. Hier sind Bakterien im Spiel, über ihre Thätigkeit aber ist Sicheres noch nicht bekannt. Außerdem soll eine Bindung von atmosphärischem Stickstoff auch in dem von höhern Pflanzen nicht bestandenen B. erfolgen. Bedingung ist eine gewisse sandig-thonige Beschaffenheit des Bodens, welcher der Luft reichlichen Zutritt gestatten muß, nicht zu feucht, reich an Kali und arm an Stickstoff sein muß, und ein gewisser Gehalt an organischer Substanz. Dieser Prozeß muß auf Mikroorganismen zurückgeführt werden, da er sonst nirgends mit Sicherheit beobachtet worden ist. Freilich konnten bisher auch keine Organismen mit einem derartigen Bindungsvermögen nachgewiesen werden, auch ist über die Art dieser Mikroorganismen nichts Näheres bekannt, man denkt an chlorophyllfreie bakterienähnliche Formen, aber auch an Algen. Von pathogenen Bakterien sind der Bacillus des malignen Ödems, des Rauschbrandes, des Tetanus und vielleicht auch des Typhus im B. nachgewiesen worden, aber schon vor dieser Nachweisung hat man den B. mit den Infektionskrankheiten in Zusammenhang gebracht. Man hatte beobachtet, daß die sogen. Bodenkrankheiten, zumal Milzbrand, Typhus, Cholera, nicht immer und an allen Orten epidemisch auftraten, sondern gewisse Jahreszeiten und bestimmte Orte bevorzugten oder mieden (Pettenkofers zeitliche und örtliche Disposition, Nägelis siechhafter und siechfreier B.). Nach Pettenkofer soll das mutmaßliche Krankheitsgift als solches allein nicht im stande sein, die Krankheit zu erzeugen, vielmehr muß es im B. erst eine Art Reifung durchmachen. Aus dem Krankheitskeim soll unter Mitwirkung der zeitlichen (x) und örtlichen (y) Disposition des Bodens das eigentliche Krankheitsgift entstehen. Es wurde festgestellt, daß die Typhussterblichkeit mit dem Steigen des Grundwasserspiegels fiel und mit dem Fallen desselben stieg, und man stellte sich vor, daß beim Steigen des Grundwassers das Typhusgift im B. nicht reifen und der Atemluft sich nicht beimischen könne, während beim Fallen des Grundwassers das x und y wieder in Thätigkeit treten könnten, um zusammen mit dem Typhuskeim die Krankheit zu erzeugen. Diese Theorie kam in eine eigne Lage durch die Entdeckung der pathogenen Bakterien, von denen nachgewiesen wurde, daß sie ohne weiteres, ohne Hinzutreten eines x und y, die Krankheit erzeugen. Es wurde auch erkannt, daß die pathogenen Bakterien nur schwierig in den B. gelangen, in demselben gar nicht zu leben vermögen, und daß sie, wenn sie hineingelangt sind, sich noch viel schwerer aus ihm wieder erheben können. Eine nur 2 cm dicke Sandschicht ist im stande, die in vielen Kubikmetern Luft enthaltenen Bakterienkeime zurückzuhalten, und eine auf den B. gegossene Flüssigkeit mit pathogenen Bakterien wird also in den B. einsickern, die Bakterien aber auf der Oberfläche zurücklassen. Gelangt die Flüssigkeit durch Risse und Spalten in tiefere Schichten des Bodens, so verläuft derselbe Vorgang an einer tiefern Stelle, indes ohne weitere Folgen, da zwar die saprophytischen Bakterien bei niedriger Temperatur sich vermehren, die pathogenen aber einer höhern Temperatur bedürfen. Der Milzbrandbacillus gedeiht nicht unter 14° und geht schon unter 16° bei Gegenwart andrer Bakterien zu Grunde. Der Tuberkelbacillus wächst nicht unter 30°, der Cholerabacillus nicht unter 15°, und so bieten tiefere Schichten des Bodens nicht die Möglichkeit der Vermehrung dieser Bakterien. Das Steigen und Fallen des Grundwassers kann keinen Einfluß auf die Bakterien haben, denn gewöhnlich gelangen sie gar nicht in den Bereich des aufsteigenden Grundwassers, und selbst wenn das der Fall ist, so hindert die filtrierende Kraft des Bodens, daß sie durch das Grundwasser an die Oberfläche gefördert werden. Es ist aber auch weiterhin nicht einzusehen, wie die Bakterien aus dem B. [151] sich erbeben sollen, denn abgesehen von der filtrierenden Kraft des Bodens, ist erwiesen, daß die Bakterien sich überhaupt nicht von feuchten Flächen trennen können, und direkte Untersuchung von Grundluft ergab, daß dieselbe bakterienfrei ist. Erscheint hiernach die Bodentheorie nicht haltbar, so fragt sich, welche Rolle dem B. bei Infektionskrankheiten zukommt. Denn daß er eine solche spielt, ist zweifellos, nur dürfte sie bei jeder Krankheit, entsprechend der Natur des betreffenden Krankheitskeims, eine andre sein. Es ist unbestreitbar, daß gewisse Orte zu gewissen Zeiten einer Krankheit günstiger sind als zu andern Zeiten und als andre Orte; die Ursache aber ist vorderhand nicht bekannt, sie wird sich ergeben, wenn man, von den Lebenseigenschaften der spezifischen Krankheitserreger ausgehend, die an den betreffenden Orten und in den betreffenden Zeiten obwaltenden Verhältnisse daraufhin prüft, ob unter ihnen ein Leben der Mikroorganismen möglich ist oder nicht. Vgl. Fodor, Hygienische Untersuchungen über Luft, B. und Wasser (Braunschw. 1881); Pettenkofer, Der B. und sein Zusammenhang mit der Gesundheit des Menschen (2. Aufl., Berl. 1882); Soyka, Der B. (in Pettenkofer und Ziemssens „Handbuch der Hygiene und der Gewerbekrankheiten“, Leipz. 1887); Fränkel, Untersuchungen über das Vorkommen von Mikroorganismen in den verschiedenen Bodenschichten („Zeitschrift für Hygiene“, Bd. 2, das. 1887).


Jahres-Supplement 1890–1891
Band 18 (1891), Seite 127
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[127] Boden, s. Bakterien, S. 87.


Jahres-Supplement 1891–1892
Band 19 (1892), Seite 114
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[114] Boden, Abhängigkeit seiner Kulturfähigkeit von geologischen Verhältnissen, s. Geologische Gesellschaft.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Differentialmonometers