MKL1888:Goldelfenbeinkunst

Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Goldelfenbeinkunst“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 7 (1887), Seite 485
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Goldelfenbeinkunst. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 7, Seite 485. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Goldelfenbeinkunst (Version vom 05.01.2025)

[485] Goldelfenbeinkunst (Chryselephantintechnik, von chrysos, Gold, und elephas, Elfenbein), eine frühzeitig in der griechischen Bildhauerei auftretende Technik, welche aus der Holzschnitzerei sich entwickelte, indem man zuerst die einfachen Holzbilder zum Schmuck an den Gewandteilen vergoldete, während die Gliedmaßen, soweit unbedeckt, weiß bemalt wurden. Dann bildete man die Gliedmaßen aus Marmor besonders, woraus die Akrolithen (s. d.) entstanden, und die Gewandteile aus Gold. Für den Marmor trat später Elfenbein als kostbareres Material ein. Es geschah dies, indem man auf einen aus Holz und Thon gefertigten Kern, der die Formen des Bildes in der Modellierung vorbereitete, die bekleideten Teile in dünnen Goldplättchen auflegte und Gesicht, Hände und Füße und, wenn die Brust und mehr frei blieb, auch dieses aus miteinander verbundenen Elfenbeinstückchen herstellte. Die Musterung des Goldgewandes und aller Zierat wurden durch Ziselierung oder durch farbiges Email hervorgebracht. Diese sehr komplizierte und mühsame Technik wurde nur für Götterbilder und zwar meist für solche von kolossaler Größe angewendet. Die berühmtesten Beispiele sind die Statue des Zeus in Olympia und die der Athene im Parthenon zu Athen, beide von der Hand des Pheidias, die Herastatue in Argos von Polyklet, der Koloß des Asklepios in Epidauros von Thrasymedes u. a. Daher war es ein Zeichen großer Überhebung, daß das makedonische Königshaus die Bilder der Familienglieder (Philippos, Alexander, Olympias etc.) für Olympia in dieser Technik ausführen ließ. Durch besondere Vorkehrungen suchte man die Haltbarkeit solcher Kolosse zu sichern, indem man entweder den Holzkern mit einem Netzwerk von Kanälen zur innern Anfeuchtung mit Öl durchzog, oder das Bild selbst mit Wasserrinnen umgab und auch besondere Behörden zur ständigen Überwachung derselben einsetzte (die Phädrynten in Olympia). Der Goldmantel des athenischen Bildes war zum Abnehmen eingerichtet, weil das Edelmetall einen Teil des Staatsschatzes ausmachte. Die Einzelheiten der Technik hat Quatremère de Quincy („Le Jupiter Olympien“, Par. 1814) erforscht und die bekanntesten Kolosse dieser Art zu rekonstruieren versucht. Vgl. auch Clarac, Musée de sculpture, Bd. 1, S. 88 ff. (1827).