Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Gesims“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 7 (1887), Seite 244245
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Gesims. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 7, Seite 244–245. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Gesims (Version vom 01.02.2024)

[244] Gesims, Bauteil, welcher zum wagerechten Abschluß von Mauern, Wänden und Stützen oder zur

Fig. 1. Fig. 2.
Hängende Gesimsplatten.
Fig. 3. Fig. 4.
Liegende Gesimsplatten.

wagerechten Scheidung derselben und, wenn derselbe vorspringt, zugleich zum Schutz der darunter befindlichen Teile gegen Regen dient. Je nachdem die Gesimse eines Bauwerks oder Bauteils sich oben, mitten oder unten befinden, unterscheidet man Haupt- oder Deckgesimse (Kranzgesimse), Zwischen- oder Gurtgesimse, Fuß- oder Sockelgesimse. Die Haupt- und Zwischengesimse bestehen aus einer mehr oder minder hervorragenden Platte, welche in nördlichen Klimaten meist geneigt (hängende Platte), in südlichen Klimaten meist wagerecht (liegende Platte) angeordnet und mit Wasserablauf (Wassernase) versehen wird. Jene hängenden Platten a (Fig. 1 u. 2), welche allen gotischen Gesimsen zu Grunde liegen, erhalten meist nur eine Hohlkehle b zur Vermittelung ihrer untern geneigten mit der lotrechten Fläche der Wände oder Stützen und unterhalb jener Hohlkehle ein eckiges oder abgerundetes Trennungsglied c, diese liegenden Platten a (Fig. 3 u. 4), welche allen Gesimsen der griechischen und der davon abgeleiteten Stile zu Grunde liegen, ein meist wellenförmiges stützendes Glied c und ein ebenfalls meist wellenförmiges bekrönendes Glied b. Die Fußgesimse, welche im Äußern den Ablauf des Regenwassers nicht hindern dürfen, dienen als Vermittelungsglieder der vorspringenden Sockel mit den darüber befindlichen Wänden oder Schäften der Stützen. Durch eine solche Vermittelung c und a der Hauptplatte b des Fußgesimses mit

Fig. 5. Fig. 6.
Fußgesimse.

der Trennungsplatte d des letztern und dieser mit den darüber befindlichen senkrechten Bauteilen (Fig. 5 u. 6) entsteht, wenn sie durch die Einschaltung sekundärer Trennungsplatten vervollständigt wird, die sogen. „attische Basis“ (s. d.), die in modifizierter Gestalt die Grundform der Fußgesimse fast aller entwickeltern Baustile bildet. Die Gesimse wurden vorwiegend in den griechischen und den davon abgeleiteten Baustilen ausgebildet, in dem gotischen Stil dagegen, dessen nach oben strebender Charakter die vorzugsweise Ausbildung aller lotrechten Bauteile, wie Pfeiler und Lisenen, anstrebte, stets untergeordnet gehalten (s. Baukunst). Was die relative Größe und Lage der Gesimse betrifft, so erfordern die Hauptgesimse als Abschlüsse eines ganzen Bauwerks die größere, die Zwischen- und Fußgesimse als Abschlüsse von Gebäudeteilen die kleinere Abmessung und Ausladung. Während die Lage der Haupt- und Fußgesimse in den meisten Fällen eine gegebene ist, werden die Gurtgesimse entweder in der Höhe der Fußböden, in welchem Fall sie äußerlich die einzelnen Stockwerke bezeichnen, oder in der Höhe der Fensterbrüstungen, in welchem Fall sie zugleich den Fenstergestellen zur Unterlage dienen, oder auch an beiden Stellen zugleich angebracht. Man fertigt die Gesimse entweder aus bearbeiteten Quadersteinen, aus Ziegeln (Gesimsziegeln), aus Holz, oder stellt sie durch Ziehen her. Im letztern Fall werden die betreffenden Stellen etwas vorgekragt, mit Mörtel beworfen und die Gesimsglieder mit dem sogen. Simsbrett, einer Art Schablone, gezogen. Mit Brettern verkleidete, der Steinkonstruktion ähnelnde Gesimse sind zwar jetzt sehr häufig, aber ebenso wie die in Gips gezogenen da zu verwerfen, wo sie dem Wetter ausgesetzt sind. In steinarmen Gegenden gestaltet man die Gesimse entweder als Holzgesimse, indem man die Balken- oder Sparrenköpfe sichtbar macht und mit Schnitzwerk versieht und die Felder zwischen ihnen ebenfalls passend [245] verziert, oder man stellt sie aus Backsteinen her, wozu man entweder Formziegel, sogen. Gesimssteine, oder auch gewöhnliche Mauer-, Dach- und Firstziegel in verschiedenen Zusammenstellungen verwenden kann. Vgl. Hittenkofer, Das Entwerfen der Gesimse (5. Aufl., Leipz. 1885).