Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Gaviale“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 6 (1887), Seite 960
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Gaviale. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 6, Seite 960. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Gaviale (Version vom 20.08.2021)

[960] Gaviale (Rüsselkrokodile, Gavialidae Hxl.), Reptilienfamilie aus der Ordnung der Krokodile, namentlich durch den Zahnbau von den verwandten Familien der Alligatoren und Krokodile unterschieden; die Nackenschilder bilden kontinuierlich mit den Rückenschildern den Rückenpanzer, Bauchschilder fehlen, die Füße besitzen entwickelte Schwimmhäute. Die Gattung Gavial (Ramphostoma Wagl.) ist durch die linear verlängerte Schnauze und die zahlreichen Zähne, von denen die seitlichen nicht in Gruben aufgenommen werden, charakterisiert. Das Gangeskrokodil (Mudela, R. gangeticum Geoffr., s. Tafel „Krokodile“), über 6 m lang, mit vor den Augen eingeschnürtem Kopf, langer, schmaler, an der Spitze stark erweiterter Schnauze, welche dem Schnabel eines Sägers gleicht, 104–110 ziemlich gleich entwickelten Zähnen, schwach entwickelten Beinen und kammartig erhabenen Schuppen auf dem Schwanz, ist auf der Oberseite schmutzig bräunlichgrün, dunkel gefleckt, auf der Unterseite grünlich-gelbweiß. Es bewohnt den Ganges und seine Nebenflüsse, den Indus und die Dschamna, lebt von Fischen und den Leichen, welche die Eingebornen in den Ganges werfen, überfällt aber auch wohl größere Säugetiere beim Trinken. Das Weibchen legt die Eier in den Sand, die auskriechenden Jungen sind etwa 40 cm lang. Es gilt den Bewohnern Malabars als heilig und ist dem Wischnu geweiht. Im Krokodilteich bei Karatschi wird eine große Anzahl derselben von Fakiren ernährt und angebetet. Eines Verbrechens angeklagte Menschen läßt man in Gegenwart eines Brahmanen durch einen Fluß waten und spricht sie frei, wenn sie von den Gavialen verschont bleiben.