Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Flutmesser“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 6 (1887), Seite 414
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Flutmesser. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 6, Seite 414. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Flutmesser (Version vom 11.02.2023)

[414] Flutmesser (franz. Marégraphe), Instrument zur Messung der Höhe des Wasserstandes, also s. v. w. Pegel, dann speziell registrierende Instrumente, auch Limnigraphen genannt, welche die Kurve des Wasserstandes in 24 Stunden auf einem Papierstreifen selbstthätig aufzeichnen. Aus diesen jährlichen 365 Aufzeichnungen das mittlere Niveau festzustellen, ist eine sehr zeitraubende Arbeit. Reitz in Hamburg hat deshalb einen F. konstruiert, der außer der Kurve des Wasserstandes gleichzeitig auch die mittlere Höhe des Meeresniveaus angibt. Derartige Instrumente werden angewandt, um die Niveauverhältnisse der Meere zu erforschen, und der F. von Reitz ist 1877 von dem preußischen geodätischen Institut der europäischen Gradmessung an der Küste von Helgoland aufgestellt worden, um den Unterschied des mittlern Niveaus der Nordsee bei Helgoland und in Kuxhaven festzustellen. Vgl. auch Gradmessung.


Ergänzungen und Nachträge
Band 17 (1890), Seite 327328
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[327] Flutmesser. Zur Beobachtung der Gezeiten und Bestimmung des mittlern Wasserstandes dienen Pegel oder selbstschreibende F. Letztere, welche jetzt immer mehr in Aufnahme kommen, sind so eingerichtet, daß die Wasserstände entweder direkt oder mittels Übertragung aufgezeichnet werden. Im erstern Fall ist der Registrierapparat über dem Brunnen, einem ausgemauerten Raum, in welchem sich der Schwimmer befindet, aufgestellt. Der Brunnen steht durch eine mehr oder weniger lange Röhrenleitung mit dem Meer in Verbindung, in demselben wechselt daher der Wasserstand in gleicher Weise wie derjenige des Meers. Um zu verhindern, daß die durch Wind und Wellenschlag erzeugten unregelmäßigen Schwankungen des Meeresspiegels sich auf das Wasser im Brunnen übertragen, ist am Ende der Leitung ein Sieb oder eine Verengerung angebracht. Der Schwimmer, ein hohler Metallkörper, liegt auf der Wasseroberfläche des Brunnens und bewegt sich mit dem Steigen oder Sinken des Wassers nach oben oder abwärts. Derselbe ist entweder an einer Kette, einem Metalldraht oder an einer Zahnstange befestigt. Im ersten Falle liegt die Kette über einem mit kegelförmigen Stiften versehenen Rad, in welche die Kettenglieder passen; ist er an einem Draht befestigt, so hat die Peripherie des Rades eine Rinne, in welche der Draht paßt. An dem andern Ende der Kette, bez. des Drahts hängt ein Gegengewicht. Durch das Steigen und Sinken des Schwimmers wird das Rad nach der einen oder andern Seite gedreht. Ist der Schwimmer an einer Zahnstange befestigt, so ist die Peripherie des Rades mit Zähnen versehen, in welche die der Stange eingreifen und das Rad in Umdrehung versetzen. Die Zahnstange hängt an einer Schnur, welche über eine in der Decke des Pegelhäuschens befestigte Rolle gelegt, und an deren freiem Ende ein Gegengewicht angebracht ist. Die Weiterführung der vertikalen Bewegung des Schwimmers, welche durch Übertragung auf das Rad schon in eine drehende umgesetzt ist, geschieht [328] in der Weise, daß mit der Achse des sogen. Schwimmrades zentrisch ein kleines Zahnrad, das Übertragungsrad, verbunden ist, dessen Durchmesser gleich 1n des Durchmessers des Schwimmrades ist, wenn die Wasserstände n-mal verkleinert aufgezeichnet werden sollen. In die Zähne des Übertragungsrades greifen die Zähne einer zwischen Friktionsrollen gleitenden Stange ein, an welcher eine Hülse zur Aufnahme eines Zeichenstiftes angebracht ist. Diesen Stift drückt eine Feder leicht gegen einen Cylinder, welcher mit einem Papierbogen umgeben ist und durch eine Uhr einmal in 24 Stunden gleichmäßig um seine Achse gedreht wird. Auf dem Papierüberzug sind parallel der Cylinderachse die gleichweit voneinander abstehenden Stundenlinien und rechtwinkelig zu dieser die Meterlinien gezogen. Auf diesem Papierbogen zeichnet der an der Stange angebrachte Stift das Wasserstandsschwanken in Kurvenlinien auf. Diese Flutkurven weichen aber von der regelmäßigen Flutwellenlinie mehr oder minder ab, wie aus den Kurven

Flutkurven (1 für Kuxhaven, 2 für Southampton).

der Flut zu Kuxhaven und Southampton (s. Figur), ersichtlich ist. Nennt man die Höhe vom Fußpunkt bis zum Scheitel dieser Wellenlinien h, so ist die Höhe des mittlern Wasserstandes über dem Fußpunkt für Kuxhaven 0,527 h und für Southampton 0,567 h statt 0,5 h, wie es bei einer völlig regelmäßigen Form sein würde. Die Linie der mittlern Höhe des Meers acgi muß so liegen, daß die Flächen abc und gfi gleich cdge sind. Durch mühsame Flächenberechnung läßt sich dies aus den auf dem Cylinder aufgezeichneten Flutkurven finden.

Der von Reitz in Hamburg erfundene Apparat gibt außer den Flutkurven die Daten zur Bestimmung der mittlern Höhe ohne Vermittelung einer Zeichnung. Mit dem F. ist eine Glasscheibe verbunden, welche durch die Uhr in 6 Stunden einmal herumgedreht wird. Auf derselben befinden, sich teils gleitend, teils sich um ihre Achse drehend, zwei Rollen, die durch die Veränderung des Wasserstandes in Bewegung gesetzt werden. Die Achse der Rollen ist der Bewegungsrichtung parallel. Man liest die Umdrehungszahl der Rollen vor und nach dem gewählten Zeitraum am geteilten Rande derselben und an einem Zählapparat ab. Der Rand der Rollen ist in 100 Teile direkt geteilt, am Zählapparat können bis 100 Umdrehungen der Rollen registriert werden. Die Wasserstände kann man von der Höhe oder von dem Wasserstand rechnen, bei dem die bezügliche Rolle im Mittelpunkt der Glasscheibe steht. Diese Vorrichtung vertritt die Dienste eines Planimeters. Da der Registrierapparat unmittelbar über dem Schwimmerbrunnen errichtet und gegen die Einflüsse der Witterung geschützt werden muß, so ist die Herstellung eines solchen Flutmessers mit großen Kosten verknüpft, öfter gar die Anlage nicht möglich. Die Schwierigkeiten werden bei Aufstellung eines elektrisch registrierenden Flutmessers vermieden. Der Apparat besteht aus einem Schwimmer mit Kontaktvorrichtung, dem Zeiger, bez. Registrierapparat und einer galvanischen Batterie oder elektrischen Drahtleitung. Statt eines gemauerten Brunnens kommt ein eiserner Cylinder, welcher den Schwimmer und die Kontaktvorrichtung enthält, statt der Röhrenleitung ein Kabel mit elektrischer Drahtleitung in Anwendung; der Registrierapparat kann in beliebiger Entfernung vom Schwimmer angebracht werden. Die umständlichen Rechnungen, welche diese selbstregistrierenden F. erfordern, sind bei dem höchst einfachen Medimaremeter (Mittelwassermesser) von Lallemand vermieden. Der Apparat besteht aus einer Röhre, die nach unten mit einem engern Rohr in Verbindung steht; dieses wird seinerseits wieder am untern Ende durch eine Hohlkugel geschlossen. Letztere ist durch eine Platte aus porösem Porzellan in zwei Kammern zerteilt: die untere ist mit Sand gefüllt und an den Wänden durchlöchert, um dem Wasser Zutritt zu gewähren; die poröse Porzellanmasse ist so eingerichtet, daß sie die täglichen Niveauschwankungen des Meers infolge von Flut und Ebbe gerade in dem Maß verlöscht, daß eine täglich einmalige Messung des Wasserstandes in der Röhre genügt, um den mittlern Wasserstand des Tags zu erhalten. Das Instrument kann in einem mit dem Meer in Verbindung stehenden Brunnen oder an einer Hafenmauer angebracht werden. Man mißt den Wasserstand in der Röhre dadurch, daß man eine Meßstange in dieselbe hinabläßt; letztere ist an der einen Seite mit einem Streifen Papier belegt, das durch schwefelsaures Silber und Gallapfel äußerst empfindlich ist. Soweit das Papier von Wasser benetzt ist, wird es schwarz. Legt man die geschwärzten Papierstreifen nebeneinander, so erhält man durch eine einfache Messung vermittelst des Planimeters das Monatsmittel, diese liefern das Jahresmittel. Vergleiche dieses Mittelwassermessers mit den Kurven des selbstregistrierenden Flutmessers von Reitz haben eine vollständige Übereinstimmung der Linien des Monats- und Jahresmittels ergeben. Vgl. über die elektrisch selbstregistrierenden F. besonders die „Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie“ (Berl. 1886).