Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Flügel“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 6 (1887), Seite 399400
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Flügel. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 6, Seite 399–400. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Fl%C3%BCgel (Version vom 03.11.2024)

[399] Flügel, die zum Fliegen dienenden Gliedmaßen, bei den Vögeln zu einem Paar, bei den Insekten meist zu zwei Paaren vorhanden, entsprechen bei den erstern den Vordergliedmaßen (Armen) der übrigen Wirbeltiere, während sie bei den letztern besondere, auf dem Rücken befindliche, daher den auf der Bauchseite angebrachten Beinen nicht entsprechende Anhänge darstellen. Haupterfordernis für gute F. ist Größe der Fläche und möglichste Undurchlässigkeit für Luft, um diese mit Erfolg zurückdrücken und so den Körper vorwärts treiben zu können. Darum sind auch bei den Vögeln die Federn der F. dicht und dachziegelförmig angeordnet und bei den Insekten während des Flugs meist beide F. derselben Seite durch besondere Hakenvorrichtungen zu einer einzigen Fläche vereinigt. Die zur Hebung und Senkung der F. dienenden Muskeln sind bei guten Fliegern besonders stark ausgebildet und liegen bei den Insekten im Brustkasten, bei den Vögeln an der Vorderseite des Brustbeins, welches zu ihrem Ansatz einen eignen senkrechten Fortsatz (Kamm, crista sterni) trägt. Die Fledermäuse haben keine echten F., vielmehr eine Flughaut (s. d.). Uneigentlich nennt man auch wohl F. bei manchen Tieren flügelförmige Fortsätze des Leibes, die nicht zum Fliegen Verwendung finden.

[400] Flügel, in der Taktik die beiden Enden der Frontlinie einer aufgestellten Truppe, Armee etc., deren jedes je nach der Schulterrichtung der Mannschaft der rechte oder linke F. genannt wird. Im Gefecht sucht man bei der Verteidigung gern Anlehnung für beide F. an möglichst ungangbares Terrain, damit der Gegner sie nicht umfassend angreifen kann. Flügelvornehmen ist eine teilweise Schwenkung. – Bei Bauwerken bezeichnet man mit F. diejenigen Teile eines Gebäudes, welche, mit dem Hauptteil desselben unter irgend einem Winkel verbunden, integrierende Teile desselben bilden, dann auch bei einem langen Gebäude die beiden Endteile der Hauptfronte.

Flügel, seit Jahrhunderten der deutsche Name für die nicht viereckig (in Tafelform), sondern in Gestalt eines rechtwinkeligen Dreiecks mit Abkantung der spitzen Winkel, mit oder ohne Ausschweifung der Hypotenuse gebauten Klaviere, bei denen sämtliche Saiten in der Richtung der Tasten laufen, während sie beim Tafelklavier quer laufen. In Italien hießen die ältern F. (vor Erfindung der Hammermechanik) Clavicembalo (Cembalo), in Frankreich Clavecin, in England Harpsichord. Vgl. Klavier.

Flügel (Verklicker), eine Windfahne auf der Spitze der Masten, die aus einem mit buntem Zeug überzogenen Rahmen besteht; der Rest des Zeugs hängt wie ein Band herunter und wird oft mit dem Wimpel (s. d.) verwechselt, den nur Kapitäne von Kriegsschiffen führen dürfen.

Flügel, 1) Johann Gottfried, Lexikograph, geb. 22. Nov. 1788 zu Barby an der Elbe, war ursprünglich Kaufmann, ging 1810 nach Nordamerika, ward 1824 Lektor der englischen Sprache an der Universität zu Leipzig, 1838 daselbst Konsul für die Vereinigten Staaten und erhielt 1848 auch die Geschäfte der Smithsonschen Stiftung in Washington für Deutschland übertragen. Er starb 24. Juni 1855 in Leipzig. Mit J. Sporschil bearbeitete er das „Vollständige englisch-deutsche und deutsch-englische Wörterbuch“ (3. Aufl., Leipz. 1848, 2 Bde.). Von seinen übrigen Schriften sind zu nennen: „Vollständige englische Sprachlehre“ (Leipz. 1824–26, 2 Tle.); „Complete English and German phraseology“ (das. 1832); „A series of commercial letters“ (9. Aufl., das. 1874); „Praktisches Handbuch der englischen Handelskorrespondenz“ (9. Aufl., das. 1873); „Triglotte, oder kaufmännisches Wörterbuch in drei Sprachen: Deutsch-Englisch-Französisch“ (2. Aufl., das. 1854, 3 Bde.) und mehrere Chrestomathien. Das unter seiner Mitwirkung herausgegebene „Praktische Wörterbuch der englischen und deutschen Sprache“ (11. Aufl., Leipz. 1883, 2 Bde.), in dem zum erstenmal die grammatische Terminologie der neuern deutschen Sprachforschung auf das Englische angewendet ist, bearbeitete sein Sohn Karl Felix Alfred F.

2) Gustav Leberecht, Arabist, geb. 18. Febr. 1802 zu Bautzen, bezog 1821 die Universität in Leipzig, wo er sich der Theologie, daneben besonders dem Studium der orientalischen, namentlich der semitischen, Sprachen widmete. Letztere Studien setzte er seit 1827 in Wien fort, wo er, von Hammer-Purgstall veranlaßt, die arabische Anthologie des Thaâlibi unter dem Titel: „Der vertraute Gefährte des Einsamen in schlagfertigen Gegenreden“ mit deutscher Übersetzung (Wien 1829) herausgab. In Paris, wohin er sich nach einer Reise in den Orient begab, war er über ein Jahr lang Silvestre de Sacys Schüler. Nach seiner Rückkehr ward er 1832 Professor an der Landesschule in Meißen, legte aber 1850 sein Amt nieder. Er starb 5. Juli 1870. Flügels bedeutendste Arbeit ist die Herausgabe des großen encyklopädisch-bibliographischen Wörterbuchs des Hadschi Chalfa, mit lateinischer Übersetzung und Kommentar (Leipz. 1835–52, 7 Bde.). Außerdem lieferte er eine „Geschichte der Araber“ (2. Aufl., Leipz. 1864) und besorgte für Tauchnitz eine Stereotypausgabe des Korans nach eigner Textrezension (das. 1834) und eine spätere Revision (das. 1841). Derselben folgten: die „Concordantiae Corani arabicae“ (Leipz. 1842); eine Ausgabe der „Definitiones“ des Dschordschani (das. 1845); „Al Kindi, genannt der Philosoph der Araber“ (das. 1857); „Mani und seine Lehre“ (das. 1862); „Die grammatischen Schulen der Araber“ (das. 1862); „Ibn Kutlubugâs Krone der Lebensbeschreibungen“ (das. 1862) und „Katalog der arabischen, persischen und türkischen Handschriften der Wiener Hofbibliothek“ (Wien 1865, 3 Bde.). Am Ende seines Lebens begann er den „Fihrut el ulūm“ zum Druck zu befördern, welches Werk aber erst nach seinem Tod (Leipz. 1871) erschien.


Jahres-Supplement 1890–1891
Band 18 (1891), Seite 295
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[295] Flügel, Ernst Paul, Komponist, Sohn des ebenfalls als Komponist bekannten Orgelspielers Gustav F. (geb. 2. Juli 1812 zu Nienburg a. d. Saale), geb. 31. Aug. 1844 zu Stettin, erhielt seine musikalische Ausbildung von seinem Vater und 1862–63 in Berlin als Schüler des königlichen Instituts für Kirchenmusik und der Kompositionsschule der Akademie, genoß auch den Privatunterricht Bülows, F. Geyers und Kiels und lebte sodann zunächst als Musiklehrer zu Treptow a. T. und Greifswald, wurde 1867 Organist und Gymnasialgesanglehrer zu Prenzlau und 1879 Kantor an der Bernhardinkirche zu Breslau, begründete daselbst einen Chorgesangverein und bethätigt sich auch als Musikreferent. Von seinen bisher veröffentlichten Kompositionen sind der 121. Psalm und Mahomets Gesang sowie ein Klaviertrio hervorzuheben, außerdem Klavierstücke, Orgelstücke und Lieder.