Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Fahrkunst“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 5 (1886), Seite 1020
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Fahrkunst. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 5, Seite 1020. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Fahrkunst (Version vom 24.04.2021)

[1020] Fahrkunst (Steigkunst), 1833 von Dörell in Zellerfeld erfundene Vorrichtung zur Erleichterung des Ein- und Ausfahrens der Bergleute aus tiefen Gruben durch Anwendung von Maschinenkraft. Sobald die Schächte über 200 m tief hinabgehen, erwachsen der Grubenmannschaft durch das Ausfahren auf Leitern (Fahrten) ungewöhnliche Anstrengungen, welche sie früher „bergfertig“, zu Invaliden, machen und deren Arbeitskraft unnützerweise in Anspruch nehmen. Die Fahrkünste gewähren erfahrungsmäßig großen Vorteil; wenn sie aber trotzdem nur beschränkte Anwendung gefunden haben, so sind daran die bedeutenden Kosten für die Anlage und für die Kraftmaschine schuld sowie auch das Erfordernis eines besondern Trums (Gestänges) im Schacht. Man wendet deshalb statt derselben immer mehr das auf den englischen Steinkohlengruben übliche Fahren auf dem Seil an, bei welchem die Arbeiter ohne körperliche Anstrengung und sehr rasch, auf Förderschalen stehend, mittels der gewöhnlichen Fördermaschine im Schacht auf- und niedergeschafft werden. Die Harzer sogen. doppeltrümigen Fahrkünste bestehen aus zwei in etwa 53 cm Entfernung voneinander parallel laufenden

Fahrkunst.

Holzgestängen (Trümern) A und B (s. Figur), die mit einem markartig eingesetzten Drahtseil versehen sind oder auch ganz aus Drahtseilen ohne Holzhülle bestehen und von oben bis unten in den Schacht reichen. An jedem Gestänge sind nach der Außenseite hin abwechselnd Tritte, a, b, c, d, e, f, und Griffe, a′, b′, c′, d′, e′, f′, in solcher Entfernung angebracht, daß z. B. der auf den Tritt a tretende Mann sich mit der linken Hand bequem an dem Griff a′ festhalten kann. Werden nun auf die später zu erwähnende Weise die Gestänge A und B abwechselnd auf und nieder bewegt, und geht beispielsweise zuerst das Gestänge A nach oben, so wird der Mann so hoch (etwa um 1,6 m) gehoben, daß der Tritt a mit dem Tritt f des andern herabgehenden Gestänges B in gleiches Niveau kommt. Während nun auf diesem Punkte die Gestänge kurze Zeit stillstehen, tritt der Mann von dem Tritt a auf den Tritt f über, erfaßt mit der rechten Hand gleichzeitig den Griff f′ und wird dann von dem aufwärts gehenden Gestänge B wieder um 1,6 m gehoben, um auf diese Weise, abwechselnd hin- und hertretend und -greifend, zu Tage geschafft zu werden. Die Bewegung der Gestänge A und B geschieht durch ein Wasserrad C, auf dessen Welle ein mit derselben rotierender Arm g (Krummzapfen) befestigt ist, von welchem aus eine Stange (Bleuelstange) h an die vertikalen Arme der Kunstkreuze D und E bei i und k greift und dieselben beim Umgang des Wasserrades hin- und herschiebt. Dabei werden die horizontalen Arme der Kreuze, an deren Verlängerungen bei l und m die Gestänge A und B hängen, auf und nieder bewegt und mit ihnen die Gestänge. Soll gleichzeitig auf der Kunst ein- und ausgefahren werden, so ist dieses durch passendes zeitweiliges Abtreten der Mannschaften auf neben der F. befindliche Bretterböden (Bühnen) zu ermöglichen. Damit bei etwanigem Reißen der Gestänge die Stücke nicht zu tief fallen, sind erstere an verschiedenen Stellen mittels Ketten (Schürzen) an Balanciers aufgehangen. Auch befindet sich zwischen den beiden Gestängen eine Fahrt zum jederzeitigen Abtreten von der F. auf diese. Bisweilen werden die Gestänge, statt durch ein Wasserrad, durch eine direkt wirkende Dampfmaschine bewegt, oder man wendet statt zweier Gestänge nur eins an (eintrümige F.), an welchem bewegliche Tritte sich befinden, während feste an den Seiten (Stößen) des Schachtes angebracht sind, beide auf Hubhöhe voneinander entfernt. Vgl. Serlo-Lottner, Bergbaukunde, Bd. 2, S. 168 (Berl. 1873); v. Hauer, Die Fördermaschinen der Bergwerke (3. Aufl., Leipz. 1884).