Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Ekliptik“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 5 (1886), Seite 496
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Ekliptik. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 5, Seite 496. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Ekliptik (Version vom 21.03.2024)

[496] Ekliptik (griech., Tierkreis oder Zodiakus), der größte Kreis der scheinbaren Himmelskugel, den die Sonne scheinbar im Lauf eines Jahrs in der Richtung von W. nach O. durchläuft. Der Name E., vom griechischen ékleipsis (Sonnen- oder Mondfinsternis) stammend, wurde diesem Kreis gegeben, weil man früh schon bemerkte, daß diese Finsternisse nur dann eintreten, wenn der Mond in demselben steht. Die E. schneidet den Himmelsäquator in zwei Punkten, welche man Äquinoktial- oder Nachtgleichenpunkte nennt, weil Tag und Nacht von gleicher Länge sind, wenn die Sonne in einem dieser Punkte steht. Derjenige von diesen zwei Punkten, in welchem sich die Sonne am Frühlingsanfang, 21. März, befindet, heißt der Frühlingsnachtgleichenpunkt oder Frühlingspunkt, der diametral entgegengesetzte, in welchem sie am Anfang des Herbstes, 23. September, steht, der Herbstnachtgleichenpunkt oder Herbstpunkt. Zwischen diesen Punkten in der Mitte, 90° von jedem entfernt, liegen die zwei Punkte der E., welche am weitesten von dem Äquator entfernt sind; sie werden Solstitial- oder Sonnenstillstandspunkte genannt, weil die mittägige Höhe der Sonne und damit die Tageslänge sich nicht merklich ändert, wenn die Sonne bei einem derselben steht. Auch heißen sie Sonnenwendepunkte, weil die Sonne, wenn sie sich vor dem Durchgang durch einen derselben immer weiter vom Äquator entfernt und daher mittags von Tag zu Tag höher gestanden hat, nachher sich dem Äquator wieder nähert, also eine Wendung macht, die wir auch an der Abnahme der Tageslänge bemerken; hatten dagegen vor dem Durchgang die mittägigen Sonnenhöhen und die Tageslängen abgenommen, so nehmen sie nachher zu. Der nördlich vom Äquator liegende Solstitialpunkt heißt der Sommersolstitialpunkt[WS 1], weil in ihm die Sonne zu Sommers Anfang, 21. Juni, steht; in dem südlichen, dem Wintersolstitialpunkt, steht sie zu Winters Anfang, 21. Dezember. Die vier genannten Punkte teilen die E. in ebenso viele gleiche Teile, welche die Sonne, vom Frühlingspunkt anfangend, in den vier astronomischen Jahreszeiten Frühling, Sommer, Herbst und Winter durchläuft. Außerdem teilt man die E. seit alten Zeiten in 12 gleiche Teile (Dodekatemoria) von je 30°, Zeichen genannt, die einander vom Frühlingspunkt aus in der Reihe folgen: Widder ♈︎, Stier ♉︎, Zwillinge ♊︎, Krebs ♋︎, Löwe ♌︎, Jungfrau ♍︎, Wage ♎︎, Skorpion ♏︎, Schütze ♐︎, Steinbock ♑︎, Wassermann ♒︎, Fische ♓︎. Die drei ersten Zeichen heißen die Frühlings-, die drei folgenden die Sommer-, die nächsten drei die Herbst- und die letzten drei die Winterzeichen; auch nennt man die ersten sechs nördliche Zeichen, die letzten sechs südliche Zeichen, und endlich heißen die letzten und ersten drei aufsteigende, die übrigen absteigende Zeichen. Ursprünglich fielen ohne Zweifel diese Zeichen zusammen mit den gleichnamigen Sternbildern, und weil diese größtenteils nach Tieren benannt waren, so erhielt die E. den Namen Zodiakus (v. griech. zōdion, Tierchen) oder Tierkreis; infolge der Präzession (s. d.) ist aber der Frühlingspunkt einer langsamen Verschiebung, entgegen der Reihenfolge der Zeichen, unterworfen, und er fällt jetzt nicht mehr in den Anfang des Sternbildes des Widders, sondern mitten in das Sternbild der Fische. Die zwölf Zeichen des Tierkreises hat man aber trotzdem in der ursprünglichen Bedeutung beibehalten, so daß der Frühlingspunkt den Anfang des Widders bildet, weshalb er auch Widderpunkt genannt und mit ♈︎ bezeichnet wird. Die E. schneidet den Äquator des Himmels unter einem Winkel von ungefähr 231/2°, den man die Schiefe der E. nennt. Derselbe ist jedoch nicht unveränderlich, sondern periodischen Schwankungen unterworfen, welche man als Säkularänderung der Schiefe bezeichnet. Nach den Untersuchungen von Lagrange hatte sie ihren größten Wert 29,400 v. Chr., nämlich 27° 31′; dann nahm sie ab bis auf 21° 20′ im J. 14,400 v. Chr. und hierauf wieder zu bis 23° 53′ im J. 2000 v. Chr., seit welchem Zeitpunkt sie abnimmt bis auf 22° 54′ im J. 6600 n. Chr. Ihre jährliche Abnahme beträgt gegenwärtig (nach Bessel) 0,48368″; und Anfang 1884 hatte sie den Wert 23° 27′ 17,55″ (nach Leverrier).

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Sonnensolstitialpunkt