Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Eisengießerei“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 5 (1886), Seite 470475
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Wiktionary: Eisengießerei
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Eisengießerei. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 5, Seite 470–475. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Eisengie%C3%9Ferei (Version vom 30.04.2024)

[470] Eisengießerei (franz. Fonderie en fer, engl. Iron foundry), die Nachbildung und Vervielfältigung gegebener Gestalten durch geschmolzenes und dann wieder erstarrtes Eisen, auch Ort, Werkstatt oder Gebäude, wo dies geschieht. Die in dieser Weise hergestellten Gegenstände nennt man Eisenguß (fonte moulée, iron castings). Durch seine Festigkeit ist das Gußeisen zu allen Gegenständen brauchbar, die einen großen Druck etc. auszuhalten haben. Balken, Säulen, Treppen, alle passivern Maschinenteile, als Ständer, Lager, Sohlplatten, Cylinder etc., werden heutzutage aus Gußeisen hergestellt. Seine veränderliche Dichtigkeit und Härte gestatten zugleich die Anwendung zu Dingen, die eine harte und politurfähige Oberfläche besitzen müssen, da man die Mittel kennt, diese Dichtigkeit bei ihm zu beeinflussen. Die wassergleiche Dünnflüssigkeit des geschmolzenen Eisens und die Eigenschaft, beim Erstarren sich nicht unbedeutend auszudehnen, erlauben ferner das Eindringen in die feinsten Teile einer Gießform und ermöglichen die Herstellung der allerfeinsten Kunstsachen. Das zur Gußware bestimmte Eisen darf aber beim Erstarren keine Höhlungen und Blasen und auf der an der freien Luft erstarrenden Oberfläche keine Erhabenheiten oder Vertiefungen bilden; es darf beim Erkalten nicht zu viel Graphit ausstoßen, es muß, besonders bei Gußwaren, welche noch einer Bearbeitung mit Feile, Bohrer und Schneide ausgesetzt werden müssen, nicht zu hart sein, sondern noch einen [471] gewissen Grad von Weichheit und Geschmeidigkeit besitzen; wenn aber große Härte verlangt wird, muß es diese mit der geringsten Sprödigkeit verbinden. Diese Eigenschaft erhält nun das Eisen vorzugsweise durch seinen Gehalt an Kohlenstoff. Das spröde, leichtschmelzige Guß- oder Roheisen enthält stets mehr als 2,3 Proz. Kohlenstoff, und je nachdem derselbe wesentlich chemisch gebunden oder zum großen Teil als Graphit ausgeschieden ist, unterscheidet man weißes und graues Eisen. Beide Roheisenarten, kommen auch miteinander gemischt vor. Wenn das weiße Eisen in grauer Grundmasse ausgesondert ist, nennt man solche Eisensorte halbiertes Roheisen. Tritt das graue Eisen dagegen zurück, so wird es stark halbiertes Roheisen genannt, und dieses bildet die Grenze der Gußfähigkeit für bestimmte Zwecke. Im allgemeinen hat es die E. nur mit grauem Roheisen zu thun. Im flüssigen Eisen ist der Graphit stets gelöst, seine Ausscheidung beim Erkalten wird wesentlich durch langsame Abkühlung befördert, durch schnelle Abkühlung gestört und verhindert, und auf dieser Eigenschaft beruht die Erzeugung von Hartguß (s. d.), indem das bei langsamer Abkühlung Graphit ausscheidende Roheisen (ein hellgraues oder halbiertes) durch plötzliche Abkühlung in weißes Roheisen übergeführt werden kann. Manganhaltiges Roheisen eignet sich nicht zur Gießerei, da der Mangangehalt das Ausscheiden des Graphits erschwert; dagegen befördert ein Gehalt an Silicium im Roheisen dieses Ausscheiden und macht das Eisen zur Gießerei tauglicher. Dasselbe thut der Phosphor, der außerdem die Flüssigkeit des geschmolzenen Eisens erhöht. Ein Schwefelgehalt bewirkt das Gegenteil, vermindert dabei den Kohlenstoffgehalt des Roheisens und wirkt auf chemische Bindung des übrigbleibenden Kohlenstoffs, macht es also hart.

Nur in wenigen, durch besonders günstige Lage des Hochofens zur Gießerei bedingten Fällen und bei einer durch gleichbleibend gute Erze und reines Brennmaterial (Holzkohlen) gesicherten guten Qualität des im Hochofen erzeugten Eisens kann die E. dieses direkt benutzen; meist ist sie gezwungen, das von den Hochöfen erzeugte Eisen nochmals zu schmelzen und zur Erzielung der für das Gußstück nötigen Qualität mit andern Eisensorten zu gattieren. Das Umschmelzen geschieht im Tiegel, im Kupolofen oder im Flammofen. In Tiegeln schmelzt man nur geringe Mengen Eisen für kleine Gußwaren ein und benutzt dazu Tiegel aus Thon, Graphit oder Mengungen von beiden. Der Ofen besteht aus einem etwa 60 cm hohen prismatischen oder cylindrischen Schacht, welcher unten mit einem Rost versehen ist und oben durch eine schief liegende Platte geschlossen wird, in welcher sich eine zu schließende Öffnung befindet, durch welche der mit dem umzuschmelzenden Eisen angefüllte Tiegel auf den Rost gestellt wird. Als Feuerungsmaterial dienen Holzkohlen oder Koks. Die Tiegelgießerei erfordert wenig Vorrichtungen, aber viel Brennmaterial und ist besonders wegen der Unterhaltung der Tiegel sehr kostspielig. Es können daher auch nur kleine Gußwaren, die als Luxusartikel teurer bezahlt werden, die Unkosten des Tiegelgusses tragen. Die Kupolöfen sind die gebräuchlichsten Umschmelzapparate. Sie bestehen aus einem von feuerfesten Ziegeln gebildeten, meist einfach cylindrischen, zuweilen in der Höhe der Windeinführung, seltener unten oder oben zusammengezogenen Kernschacht, welcher von einem Mantel von Blech oder Gußeisen umgeben ist. Durch seine obere Öffnung, welche sich meist direkt an einen Rauchfang anschließt, wird das Roheisen abwechselnd mit dem Brennmaterial (Holzkohlen oder Koks) aufgegeben. Man verbraucht auf 100 kg aufgegebenes Roheisen 6–30, gewöhnlich

Fig. 1.
Krigars Kupolofen. Längendurchschnitt.
Fig. 2.
Krigars Kupolofen. Querschnitt.

10–15 kg Koks oder 25–30 kg Holzkohlen. Im untersten Teil des Ofens, dem Herd, sammeln sich das geschmolzene Roheisen und die geringe eisenhaltige Schlacke, und das Eisen wird durch den Abstich in die vorgehaltenen größern oder kleinern Gießkellen abgelassen. Meist ist der Herd nur eine einfache Fortsetzung des Ofenschachtes; zuweilen ist er, um größere Quantitäten zu fassen, erweitert (Irelandscher Ofen) oder erhält noch einen Vorherd, in welchem das flüssige Eisen sich sammelt. Der Boden ist mit einer Klappe versehen, um nach dem Schluß der Schmelzung die Schlacke und die übriggebliebenen Koks in den unter der Herdsohle befindlichen hohlen Raum fallen zu lassen. Letztere Einrichtung besitzt der von [472] Krigar erfundene Ofen (Fig. 1 u. 2), der außerdem den Windstrom in einen den Schacht umgebenden Ring treten, sich dort erwärmen und dann in die weit geschlitzten, mit Koks sich füllenden, als Formen dienenden Öffnungen treten läßt. Um die Verbrennung der Gase in größerer Höhe als die der Formen zu befördern, dadurch das zu schmelzende Eisen besser zur Schmelzung vorzubereiten und die Heizkraft des Brennmaterials besser auszunutzen, legt man auch mehrere Formenreihen übereinander und führt ihnen den Wind in einem besondern gemeinschaftlichen Kanal zu, in welchem die mit den Formen korrespondierenden, durch Kapseln schließbaren Öffnungen angebracht sind, durch welche die Formen gereinigt werden können. Vorteilhaft isoliert man die Herdsohle des Schachtes möglichst von dem Fundament,

Fig. 3.
Flammofen. Querschnitt.
Fig. 4.
Flammofen. Längendurchschnitt.

auf welchem der Ofen aufgeführt ist, durch Luftzüge. Der Abgang beim Schmelzen beträgt 3–10 Proz. des aufgegebenen Eisens. Der Wind bedarf für den Kupolofenbetrieb keiner hohen Pressung, und man bedient sich daher selten der Kolbengebläse, am häufigsten der Ventilatoren. Zur Darstellung der größern Gußstücke, welche bei den erhöhten Anforderungen der Maschinenfabriken und der Hütteneinrichtungen oft viele Hundert Zentner Eisen erfordern, werden mehrere Kupolöfen, nebeneinander gestellt, gleichzeitig und so in Betrieb gesetzt, daß die Abstiche dicht aufeinander folgen und einen ununterbrochenen Strom flüssigen Eisens liefern können. Auf diese Weise ist man im stande, Gußstücke von über 1000 und sogar mehreren Tausend Zentnern Gewicht herzustellen. In den Fällen, wo schwere Gußblöcke von sogen. verlornen Köpfen (den Eingüssen schwerer Gußstücke), die nicht anders als durch direktes Einschmelzen zu gut gemacht werden können, verarbeitet werden müssen, und wenn man durch eine mehr schmiedeeisenartige Natur des Gußeisens ein festeres und dichteres Gefüge zu erhalten wünscht, ist ein Flammofen zum Umschmelzen des Roheisens vorzuziehen. Ein solcher Flammofen besteht aus einem Herd, einem Feuerraum und einer Esse. Der Feuerraum ist vom Herde durch die Feuerbrücke getrennt und mit der Esse durch einen Kanal, den Fuchs, verbunden. Das Eisen wird durch eine Thür eingesetzt und durch ein Stichloch, welches mit dem tiefsten Teil des Herdes in Verbindung steht und meist an der kurzen Seite des Ofens, dem Feuerraum gegenüber, liegt, abgestochen. In Fig. 3 u. 4 ist ein Flammofen dargestellt; a ist der Herd, auf welchen das kalte Eisen durch die Thür e gebracht wird. Das flüssige Eisen wird bei g abgestochen. Durch die Öffnungen f‌f beobachtet man den Schmelzprozeß, hilft, wenn erforderlich, beim Einschmelzen nach und kann durch dieselben auch Luft zutreten lassen. Das Brennmaterial wird auf dem Rost b verbrannt, auf welchen es durch die Thür h gelangt. Die Asche sammelt sich in dem Raum i. Die Flamme schlägt über den Herd a, geht in den Fuchs c und von dort zur Esse d, welche öfters mehreren Öfen gemeinschaftlich ist. Der Herd wird aus Sand gebildet und hat meist die Form einer einfach geneigten Ebene (gestreckter Herd), zuweilen ist er sumpfförmig vertieft. Das Gewölbe des Ofens besteht aus feuerfesten Steinen. Das gesamte Mauerwerk wird durch Eisenplatten u. Anker zusammengehalten. Die Größe der Flammöfen variiert sehr, und ist der Fassungsraum auf 50–250 Ztr. flüssigen Eisens berechnet. Der Brennmaterialverbrauch beträgt 50–90 Proz. vom eingesetzten Roheisen an Steinkohlen oder 100–130 Proz. an Holz, der Eisenabgang 6–10 Proz.

Die Formerei, d. h. die Kunst, die Formen für den Eisenguß herzustellen, zerfällt nach den verschiedenen dazu benutzten Materialien in magere Sandformerei (Herdformerei u. Kastenformerei), fette Sand- oder Massenformerei, Lehmformerei und Schalenformerei. Die magere Sandformerei bedient sich zur Herstellung der Formen nassen Sandes, welcher fein genug sein muß, um die feinsten Eindrücke anzunehmen, und Bindekraft genug besitzen muß, damit die Formen den Druck des flüssigen Eisens aushalten können. Vor allem muß er aber auch für die beim Guß sich bildenden Gase durchlässig und feuerbeständig sein und darf selbst keine Gase entwickelnden Stoffe enthalten. Einen Formsand, der diese Eigenschaften sämtlich besitzt, liefert die Natur sehr selten; bei den meisten Gießereien muß derselbe aus Sand und Thon oder Lehm künstlich hergestellt werden. Das Verhältnis, in welchem Sand und Thon gemischt werden müssen, hängt von der Geschicklichkeit der Former ab. Einige Gießereien sind viel weiter darin als andre und verwenden eine ganz magere Mischung mit sehr wenig Thon. Sie genießen dabei den großen Vorteil, einen Formsand von größter Durchlässigkeit benutzen zu können, was die Sauberkeit und Schärfe des Gusses befördert und namentlich bei der Herdformerei zu statten kommt.

Die Herdformerei wird für Güsse benutzt, welche nur auf einer Seite die Form des Modells wiederzugeben haben, und für deren andre Seite die Fläche [473] genügt, welche das flüssige Eisen ohne weiteres ergibt. Der Kastenguß dagegen braucht wegen der ringsum bestimmt begrenzten Formen in der Regel zwei, sonst auch mehrere aufeinander passende Kasten (Laden, Flaschen etc.), welche mit Sorgfalt zusammengearbeitet, leicht auseinander zu nehmen und nicht verschiebbar sein müssen. Die Modelle, welche diese Kasten aufzunehmen haben, müssen nun den horizontalen Ebenen, in welche die Kasten geteilt sind, möglichst genau entsprechend geteilt sein. Sie werden, nachdem sie in Teilen oder ganz in die Kasten eingelegt worden sind, zunächst mit ganz feinem, besonders präpariertem Sand überstreut; dann wird der übrige Formsand eingedrückt und mit hölzernen oder erwärmten eisernen Stampfen eingestampft, was in einigen Gießereien, die sich mit Spezialitäten, z. B. dem Röhrenguß, beschäftigen, in neuerer Zeit auch mittels Maschinen bewirkt wird. Um das Festhalten des Sandes in den Formkasten zu unterstützen, sind letztere mit nach innen vorspringenden Rändern und mit Zwischenplatten (Zwischenscheide) versehen, über welche noch Hängeeisen gehängt werden. Außerdem werden noch Formstifte und Nägel in den Sand gedrückt, um den Zusammenhang und Widerstand des Sandes gegen das einströmende flüssige Eisen zu befördern. Die Trennung der Sandschichten zweier aneinander stoßender Kasten wird durch ganz magern, trocknen, sogen. Streusand ermöglicht; auch aufgelegtes Papier muß in einzelnen Fällen dazu dienen. Der zum Eingießen des Metalls nötige Kanal, der Einguß, wird durch ein besonderes Modell gebildet und muß eine Form haben, welche eine leichte Trennung nach dem Erkalten des Gußstücks oder während desselben gestattet. Er muß mit seinem obern Ende höher stehen als der höchste Punkt des auszufüllenden Hohlraums, kann aber in jeden beliebigen Teil der Form einmünden. Der Einguß muß am obern Ende eine Ausweitung besitzen, um eine Quantität flüssigen Eisens aufzunehmen, das zum Nachfüllen der beim Zusammenziehen des erstarrenden Eisens sich bildenden Räume dient. Er muß rechtzeitig und früh genug entfernt werden können, damit die Zusammenziehung des Abgusses nicht durch das Festsitzen des durch die Ausweitung nagelförmig gebildeten Eingußkopfes gehindert werde, und genau zu der Eisenstärke des Gußstücks an der Stelle des Eintritts des flüssigen Eisens passen. Um die Entfernung der beim Gusse sich bildenden Gase zu ermöglichen, wird gewöhnlich ein besonderer Kanal (Windpfeife) angebracht; außerdem werden noch durch Einlegen von Bindfäden und Drähten, die vor dem Guß herausgezogen werden, sowie durch Einstechen von Löchern vermittelst langer Nadeln (Luftstecher) Kanäle gebildet. Nach Vollendung dieser Manipulationen werden die Formkasten wieder auseinander genommen, und das ganze oder geteilte Modell wird ausgehoben. Hierzu dienen, wenn derselbe Gegenstand wiederholt geformt werden muß, auch Formmaschinen, deren Haupteinrichtung darin besteht, daß eine gehobelte Platte mit einem der Form des Modells ganz genau entsprechenden Ausschnitt versehen ist, über welchem sich das Modell mit dem aufgesetzten Formkasten befindet. Das Modell ist mit einer Vorrichtung verbunden, mittels welcher dasselbe durch diesen Ausschnitt hindurch aus dem in den aufgesetzten Formkasten eingestampften Sand mittels einer Schraube, einer Zahnstange oder eines Hebels ganz vertikal nach unten herausgezogen werden kann. Die Anwendung solcher Formmaschinen ist besonders beim Formen von Rädern und andern eine große Akkuratesse in Anspruch nehmenden, in gleicher Form und großer Stückzahl anzufertigenden Gußstücken zur Anwendung gekommen. Soll das Gußstück Hohlräume erhalten, welche sich durch Sand nicht herstellen lassen, so werden Kernstücke eingelegt, welche aus mehr fettem Sand gefertigt und der Durchlässigkeit wegen vor dem Einlegen gebrannt, resp. getrocknet worden sind. Zur Aufnahme der Kerne, und um ihnen eine feste Auflage zu geben, versieht man das Modell mit Kernmarken. Die Innenflächen der Form werden nach dem Auseinandernehmen der Kasten einer sorgfältigen Nacharbeit unterworfen, geglättet, mit Kohlenpulver bestäubt, und wo es auf besondere Schärfe des Gusses ankommt, wird das Modell nochmals eingelegt und nachgestampft.

Die fette Sand- oder Massenformerei beruht auf denselben Grundsätzen, benutzt indes einen Sand, der einen weit größern Thongehalt, aber auch weniger Durchlässigkeit besitzt. Um diese zu erzeugen, muß man die Formen ebenso wie die aus gleichem Material hergestellten Kerne vor dem Guß einer starken Hitze aussetzen. Die Massenformerei kommt fast nur für größere, schwere Gußstücke zur Anwendung; sie erleichtert das Anbringen von Kernen, da die feste Masse die Auflage sichert, und ist daher hauptsächlich bei Gußarbeiten am Platz, bei denen viele Kerne erforderlich sind. Der in sich festere Massensand gestattet überdies, einzelne Formen mittels Schablonen herzustellen, was bei dem lockern magern Sand nicht möglich ist. Die fertigen Massenformen werden in Trockenkammern gebracht, nachdem sie mit einer Mischung aus Lehmbrei und Graphit oder Holzkohlenstaub sauber überstrichen und geglättet worden sind. Die Lehmformerei benutzt man fast nur für große, hohle Gußstücke und für künstliche Kerne. Der Lehm wird dazu mit Wasser angerührt und mit Pferdemist, Kuhhaaren oder Häcksel gemischt. Bei hohlen, großen Gußstücken wird zuerst der Kern hergestellt, welcher häufig durch Eisen oder Mauerwerk eine Stütze erhalten muß oder aus solchem vorgearbeitet und dann mit der beschriebenen Lehmmasse überzogen, geschlichtet und gebrannt wird. Auf diesen Kern wird nun eine zweite Lehmschicht aufgetragen, welche die Form des herzustellenden Gußstücks darstellt (Eisenstärke) und ebenfalls geschlichtet und gebrannt wird. Über diese Eisenstärke kommt zuletzt eine dritte Lehmschicht (der Mantel). Nachdem auch diese gebrannt ist, wird sie im ganzen oder geteilt auseinander oder abgenommen und erst wieder um den Kern gefügt, nachdem die Eisenstärke entfernt worden ist. Der sich dadurch bildende hohle Raum empfängt das flüssige Eisen, gegen dessen Druck durch umgelegte Bänder und Ketten und durch Einstampfen in die Dammgrube der Mantel geschützt werden muß. Lehmformen, welche Rotationskörper sind, werden mit Schablonen, Drehbrettern hergestellt. Man dreht dabei entweder letztere, oder stellt sie fest und dreht die Form, zu welchem Zweck einige einfache Vorrichtungen nötig sind. Eine Spezialität der Eisengießereien bildet jetzt der Röhrenguß, bei dem sämtliche Formmethoden zur Anwendung kommen. Dahin gehört das Einformen in vertikaler Lage, die Vorrichtung, um das Modell in vertikaler Lage herauszuziehen, das Trocknen der Form durch hindurchstreichende Feuergase (oder auch erhitzte Luft) in vertikaler Lage, um den Abguß in gleicher Lage zu bewirken, ohne während dieser Manipulationen die vor dem Einformen zusammengedübelten Formkastenhälften lösen oder von ihrem Platz entfernen zu müssen. Diese Formweise bietet erhebliche Vorteile, sie ist zeitersparend und gewährt infolge der vertikalen Stellung des Kerns absolute [474] Sicherheit für die genaue Innehaltung gleicher Wandstärken etc. Die vierte Formweise, der sogen. Schalenguß, besteht in Anwendung eiserner Schalen oder Kapseln an Stelle der Sandformen und wird angewendet, um das Eisen an der Oberfläche abzuschrecken und in Hartguß zu verwandeln. In der Praxis werden aber die Formen großenteils kombiniert und aus Sandformen und Schalen zusammen hergestellt. Die Schalen werden nur an den Stellen angelegt, die eine harte Beschaffenheit erhalten sollen, wie Kreuzungsstücke, sogen. Herzstücke für Eisenbahnen, die Radoberflächen von Eisenbahnrädern, Backen für Steinbrechmaschinen etc.

Das Gießen in die Formen erfolgt selten durch direkten Abstich aus dem Hochofen und Schmelzofen. Man bedient sich fast stets der Gießkellen und Gießpfannen, in denen man das Eisen auf die richtige Temperatur abkühlen lassen kann. Die kleinern Gießkellen werden mit der Hand, die größern mittels fester oder laufender Kräne nach der Form transportiert. Die Kellen bestehen seltener aus Eisenguß, häufiger aus Eisenblech, sind innen mit einem Überzug von Lehm bekleidet und werden vor der Benutzung angewärmt. Die Formen müssen stets möglichst niedrig stehen, und die Gießereien erhalten deshalb zur Aufnahme derselben mehr oder weniger tiefe Gruben (Dammgruben). Das Gießen muß vor allem ohne Unterbrechung geschehen, und es muß dabei für rasches und frühes Entzünden der sich bildenden Gase gesorgt werden, wozu bei größern Formen brennbare Substanzen an die Fugen der Formkasten und die Windpfeifen gelegt werden, die man kurz vor dem Abguß ansteckt. Die aus der Form genommenen Gußwaren werden vom anhaftenden Formmaterial befreit (geputzt). Die Eingüsse, Windpfeifen und Nähte werden abgeschlagen, glatt gemeißelt oder gefeilt und dann zur Weiterbearbeitung der Schlosserei oder Maschinenwerkstatt, die feinern Kunstgußwaren der Ziseleurwerkstatt übergeben. Zum Schutz gegen den Rost werden die Gußwaren mit Anstrichen versehen, die feinern aber durch metallische Überzüge (besonders Zinn) dagegen geschützt oder durch Oxydation infolge von Glühen unter einem Anstrich von fettem Öl vor dem Rosten möglichst bewahrt. Sehr häufig wird Eisenguß auch emailliert. Gußwaren, die von einer Spannung befreit oder weicher gemacht werden sollen, unterliegen dem Anlassen (Tempern). Durch das Glühen in sauerstoffhaltenden Substanzen (Roteisenstein, Manganerzpulver etc.) werden die Gußstücke entkohlt und in schmiedbaren Guß übergeführt.

Geschichtliches.

Ohne Zweifel hat man die Kunst der E. noch vor der Einführung der Hochöfen gekannt; allein wahrscheinlich war die erste Anwendung des flüssigen Eisens zum Vergießen bloß zufällig, da die ersten Vorrichtungen zum Verschmelzen der Eisenerze Stücköfen und Luppenfeuer waren, in denen das Eisen in halbgarem Zustand dargestellt wurde. Bei der Verschmelzung der leicht schmelzenden ärmern Eisensteine in erhöhten Stücköfen entstand wahrscheinlich zuerst flüssiges Roheisen, welches vergossen werden konnte. Ob die Alten die Kunst, in Eisen zu gießen, gekannt haben, muß bezweifelt werden. Eisengußwaren erscheinen erst im 15. Jahrh. als Handelsware, und noch sind einige Gußwerke aus dieser Zeit, namentlich als Stubenöfen, vorhanden (eiserner Ofen auf der Feste Koburg 1450). Nachweise von damals gegossenen Töpfen, Kugeln, Platten etc. finden sich in den Archiven der ältern Eisenwerke (z. B. in Ilsenburg am Harz). Zur Anfertigung der Formen bediente man sich früher fast ausschließlich des Lehms. Nur wenn die Abgüsse auf offenem Herd hergestellt werden konnten, wurde zum Formen der Sand benutzt. Nach der Erfindung des Schießpulvers bildete der Munitionsguß lange Zeit die Hauptaufgabe für die Eisengießereien, und zu den Formen, sowohl den vollen als den hohlen (Bomben, Granaten, Leuchtkugeln), sowohl zum Mantel als zum Kern, wurde Lehm verwendet. Michael Michen, kaiserlicher Oberfeuerwerker, beschreibt in seiner „Neuen kuriosen Geschützbeschreibung“ vom Jahr 1705 diese Formmethode. Späterhin bediente man sich als Formen zum Guß der vollen Munition auch metallener und eiserner Schalen (coquilles), welche bei den Engländern noch 1785 im Gebrauch waren. Wann mit dem Sandguß dabei begonnen wurde, ist noch nicht recht bekannt. In Preußen übte das seitdem eingegangene Eisenhüttenwerk zu Zehdenick letztere Methode schon früher aus; von da wurde sie 1753 und 1754 nach den Eisenhüttenwerken zu Gottow und Schadow gebracht, und man fing an, die Kerne zu der hohlen Munition aus Lehm auf einer Spindel gegen eine Schablone abzudrehen und dann zu brennen. Schon früher wurden aber in Rußland und vor allem in der seit alters durch ihre Munitions- und Geschützgießerei berühmten Stadt Lüttich gepreßte Sandkerne beim Guß der hohlen Munition verwendet. Das Gießen eiserner Geschütze in eisernen Kasten in Sandformen ist eine Erfindung vom Schluß des vorigen Jahrhunderts, wurde zuerst in England in Ausführung gebracht und in Frankreich 1793 durch die kräftigen Maßregeln der damaligen Machthaber schnell und allgemein eingeführt. In Deutschland begann der Geschützguß nach der neuen Formmethode 1809 zu Gleiwitz und in der königlichen E. zu Berlin. Welchem Volk und welcher Zeit die Verbesserungen der Formerei durch Einführung des Formens unter Verdeckkasten im Herdsand, in Kasten mit Sand oder einer aus Sand und Lehm zusammengesetzten Sandmasse ihre Entstehung verdanken, ist nicht genau bekannt. In Deutschland scheint die Sandformerei in Kasten zuerst in den Rheinlanden, vornehmlich in der Pfalz und in Westfalen, bei Anfertigung von Kochgeschirren und Steinkohlenöfen für Zimmerheizung ausgeübt worden zu sein, obgleich sich die reine Lehmformerei selbst für die oben genannten Gußsachen in Westfalen bis in die Jetztzeit und in hoher Vollendung (Stockrader Eisenhüttenwerk) erhalten hat. In Zehdenick wurden Grapen schon im ersten Viertel des 18. Jahrh., wie es scheint, durch Sandformerei in Kasten hergestellt, anfangs über hölzerne, dann zinnerne Modelle geformt, bis man in den 1770er Jahren zu den heute noch üblichen Messingmodellen überging. In Frankreich wurde 1762 der Sandguß in Kasten auch schon zur Anfertigung von eisernen Grapen und Röhren angewendet, indessen wurden Gegenstände dieser Art im ganzen doch noch häufig nach der alten Methode in Lehm geformt; der Sandguß erscheint noch neu und hat wohl aus Deutschland her Eingang gefunden. Wahrscheinlich haben auch die Engländer die Kunst, das Eisen in flüssigem Zustand darzustellen und zu vergießen, von den Deutschen gelernt. Wenn dies der Fall ist, so haben sie diesen Unterricht ihren Lehrmeistern reichlich gelohnt durch die großen Verbesserungen bei den Formmitteln, Handgriffen, Geräten, Maschinen etc., wodurch die Eisengießereien die jetzige Stufe der Vollkommenheit erreicht haben. Schon im J. 1765 fand Jars bei den Eisengießereien zu Newcastle in England und zu Carron in Schottland mit Koks betriebene Tiegelöfen [475] vor; auf dem letztern bedeutenden Werk waren davon bereits fünf mit ihren Abstichöffnungen auf Eine Dammgrube gerichtet. Es beruht der hohe Ruhm, den die englischen Fabriken jeder Art seit längster Zeit genießen, großenteils auf dem vortrefflichen Zustand ihrer Eisengießereien und der ausgebreiteten Anwendung des Gußeisens zu Bauten und Maschinen. Der Kunstguß aber und insbesondere der Bild- und Reliefguß in Eisen ist bis heute mit wenigen Ausnahmen nur in Deutschland einheimisch, obwohl man bereits in der Mitte des 18. Jahrh. sich des Eisens in Frankreich zur Herstellung ganz feiner Kunstgüsse bediente. Schon damals hat man Medaillen zu Deckeln von Tabaksdosen und andre künstliche Gegenstände von Eisen mit vieler Schärfe gegossen. Die Anwendung dieser Kunst muß aber, namentlich wegen der geringern Haltbarkeit des Eisens der Bronze gegenüber, eine beschränkte gewesen und geblieben sein. Erst in der neuern Zeit hat man den Eisenguß in Frankreich wieder aufgenommen und nach allen Seiten hin zu hoher Vollkommenheit gebracht. In Deutschland kultivierte zuerst der sächsische Staatsminister Graf von Einsiedel in seinem Eisenhüttenwerk zu Lauchhammer den Guß eiserner Statuen, und schon 1782 wurden daselbst Statuen in Eisen gegossen und zur Verzierung von Öfen verwendet. Zum Formen wurde bei diesen Gegenständen noch die Lehmformmethode unter Benutzung von Wachs zur Eisenstärke (Dicke) angewandt. Was Blumhoff („Versuch einer Encyklopädie der Eisenhüttenkunde“, 1816), Hassenfratz (in seiner „Sidérotechnie“, 1812), Tiemann (in seiner Abhandlung über Formerei, 1803) über die Kunst-, Bild- und Statuengießerei sagen, betrifft alles die oben angegebene ältere Methode. Sprengel („Handwerke und Künste“, Berl. 1790) gibt eine Beschreibung der Methode, nach welcher die Form zu der von Jacobi gegossenen Statue des Großen Kurfürsten auf der Langen Brücke in Berlin angefertigt ist. Diese Beschreibung stimmt im wesentlichen mit der Methode überein, deren Erfindung 1798 und deren erste Anwendung 1800 dem französischen Gießer Rousseau zugeschrieben wird, und welche, ohne daß man mit dieser und der Sprengelschen Beschreibung bekannt war, 1815 bei der königlichen E. in Berlin versucht und nach und nach vervollkommt worden ist, obwohl schon früher auf dem Eisenhüttenwerk zu Vietz in der Neumark nach einem Modell von Riese ein sitzender Löwe über Wachs geformt und von Eisen gegossen worden war. In der Berliner Gießerei versuchte zuerst Stilarsky 1813, eine in Wachs modellierte Statue von 30 cm Höhe im fetten Sand mit Kernstücken zu formen. Da man das Modell zu erhalten wünschte, so machte Stilarsky 1816 den Versuch, sich zur Formmasse des feinen Fürstenwalder Sandes, den er der größern Bindekraft wegen mit Lehmwasser tränkte, zu bedienen, und der Versuch gelang vollständig. Somit ist Stilarsky der Schöpfer der jetzt zu solcher Vollkommenheit ausgebildeten Sandformerei. Nach dem Gelingen dieser Statuette wurden nun weitere Versuche mit dem Guß von Kruzifixen gemacht, und unterstützt durch Rauch, der die Erlaubnis zum Abguß seiner Meisterwerke in Eisen erteilte, nahm die Formerei in Sand ihren Fortgang. So wurde die Büste des Königs über ein behufs bequemern Formens geteiltes Zinnmodell in eisernem Formkasten in Sand geformt. Der Büstenguß, der in dieser Weise sich mehr und mehr ausbildete, wurde die Schule der Kunstgießerei in Eisen, zunächst für die Berliner E., und man lernte selbst die feinsten Kunstgegenstände in Eisen darstellen. Begünstigt wurde der Kunsteisenguß durch die Befreiungskriege, in welchen die goldenen und silbernen Schmuckgegenstände auf den Altar des Vaterlandes niedergelegt worden waren und nun durch in Eisen gegossene ersetzt werden sollten. Die in Berlin auf der königlichen E. gegossenen Gegenstände machten allgemeines Aufsehen, selbst im Ausland, und noch heute, wo die königliche E. nicht mehr existiert, wird der feine Kunstguß in Eisen mit fonte de Berlin bezeichnet. Von Berlin aus verbreitete sich die Kunstgießerei in Eisen zunächst nach dem oberschlesischen Eisenhüttenwerk Gleiwitz und dem rheinischen Eisenhüttenwerk der Sayner Hütte und wurde dann von dem Einsiedelschen Eisenhüttenwerk zu Lauchhammer, das durch den Statuenguß bereits dazu geschult war, und einzelnen Eisenhüttenwerken am Harz aufgenommen. Das Ausland befaßte sich damit erst später, als die auf den Ausstellungen in London und Paris ausgestellten feinen Erzeugnisse der deutschen Eisengießereien (namentlich der Ilsenburger Gießerei am Harz) dazu aufgefordert hatten. Besonders leistete Durenne in Paris seit 1867 im Statuenguß Vorzügliches. Der Guß feinerer flacher Gegenstände, besonders die Imitation getriebener Arbeiten der Antike und der Renaissancezeit in Eisen, blieb eine Spezialität einzelner deutscher Gießereien, namentlich der Ilsenburger; nur im gröbern Ornament- und Statuenguß wird in England und Frankreich Vorzügliches geleistet. In Rußland hat die Gießerei von Schebanow in Moskau auf der Wiener Weltausstellung 1873 vorzügliche Proben nach Ilsenburger Mustern ausgestellt. Selbst aus Japan ist von dem Bestreben, Kunstguß in Eisen zu erzeugen, zu melden, indem auf derselben Weltausstellung durch ihre eingelegten Silberornamente bemerkenswerte Gußarbeiten von Eisen aus Tschikuma und Kiodo zu sehen waren. Vgl. Dürre, Handbuch des gesamten Eisengießereibetriebs (2. Aufl., Leipz. 1875, 2 Bde.); Schott, Die Kunstgießerei in Eisen (Braunschw. 1873); Liger, La ferronnerie ancienne et moderne (Par. 1873–75, 2 Bde.); Ledebur, Handbuch der E. (Weim. 1883).