Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Circus“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 4 (1886), Seite 140141
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Circus. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 4, Seite 140–141. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Circus (Version vom 29.03.2023)

[140] Circus, Feldweih, s. Weihen; Circinae (Feldweihen), Unterfamilie der Falken aus der Ordnung der Raubvögel, s. Weihen.

Circus (lat., Zirkus), Kampfspielplatz im alten Rom, ursprünglich für Roß- und Wagenrennen, später für alle Arten der circensischen Spiele (s. d.) bestimmt. Unter den ersten Königen mag das Marsfeld

Zirkus zu Bovillä (Italien).

(s. d.) diesen Zwecken gedient haben; der Sage nach erbaute Tarquinius Priscus in der Thalmulde zwischen dem Palatin u. Aventin aus der im Krieg mit den Latinern gewonnenen Beute den später so berühmten C. maximus. Die Arena desselben hatte nach dem von Cäsar beendeten Ausbau eine Länge von 640 m bei einer Breite von 130 m; Arkaden in drei Stockwerken schlossen sie ein, in deren Innern sich die Sitzreihen amphitheatralisch erhoben. Die unterste, steinerne Reihe (Podium) war für die Senatoren bestimmt, unter denen auch die kaiserliche Familie später ihre Logen hatte, die nächst höhere für die Ritter, die übrigen für den dritten Stand. Die Zahl der Plätze war zu verschiedenen Zeiten verschieden und wurde wiederholt durch Umbauten erhöht. Sie belief sich zu Cäsars Zeit auf 150,000, unter Titus wird sie zu 250,000 angegeben, im 4. Jahrh. war sie auf 385,000 gestiegen. Die äußere Einfassung des C. bildete eine Säulenhalle mit einer hinreichenden Zahl von Treppen und Zugängen; hier befanden sich auch zahlreiche Verkaufsbuden. Das ganze überaus reich ausgestattete Gebäude war unbedeckt, doch konnten die Zuschauer durch übergespannte Tücher vor der Sonnenglut geschützt werden. An beiden Enden der Rennbahn waren, um die Richtung des Laufs zu bestimmen, je drei Kegelsäulen (Metae) aufgestellt; eine niedrige Mauer (Spina), mit einem (später zwei) noch heute erhaltenen Obelisken (seit 1588 auf dem Platz vor dem Lateranpalast stehend), Säulen und Götterbildern geschmückt, verband dieselben. Hier befanden sich auch auf zwei Gerüsten je [141] sieben Delphine oder sieben Eier, von denen nach jedem gemachten Umlauf eins weggenommen wurde, um die Zuschauer über den Stand des Kampfes zu orientieren. Neben dem Haupteingang an der einen Schmalseite lagen die rechts und links von einem Turm (oppidum) flankierten Schuppen (carceres), welche je ein Viergespann, mit dem gefahren wurde, aufnahmen, und deren Gatterflügel gleichzeitig nach dem C. hin geöffnet werden konnten. Am entgegengesetzten Ende befand sich die Porta triumphalis, durch welche der triumphierende Feldherr bei seinem Zug nach der Stadt in den C. einfuhr. Nach dem Muster dieses ältesten und berühmtesten C. wurden in Rom wie anderwärts später noch andre Zirkusse gebaut, und zuletzt war keine größere Stadt des Reichs ohne einen solchen. Um 220 v. Chr. entstand im Westen des Kapitols der C. des Flaminius, den Augustus einst mit Wasser füllen ließ und zum Schauplatz einer Krokodilsjagd machte. Die Kaiser suchten sowohl durch Ausschmückung der vorhandenen Zirkusse als durch Neubauten sich die Gunst des Volkes zu erwerben. Der C. des Nero (auch C. des Caligula und vatikanischer C. genannt), von Caligula begonnen, von Nero vollendet, lag in Agrippinas Gärten auf dem Vaticanus und hatte einen großen Obelisken, der jetzt vor der Peterskirche steht; er ist besonders durch die von Nero dort gegen die Christen verübten Grausamkeiten berühmt. Der einzige römische C., der noch heute leidlich erhalten ist, ist der, welcher nach dem römischen Kaiser Caracalla den Namen führt, indes erst ein Jahrhundert später von Romulus, dem Sohn des Maxentius, erbaut worden ist; er liegt außerhalb der ehemaligen Porta Capena (jetzt Porta San Sebastiano). Sein Obelisk schmückt seit 1651 die Piazza Navona. Hier waren die acht Carceres samt dem in ihrer Mitte befindlichen Eingang in einer schrägen Linie angelegt, deren linkes Ende sich am weitesten in den C. hinein erstreckte. Da der Lauf der Wagen stets rechts herum geschah, so suchte man so die hierdurch entstehende Benachteiligung der am weitesten nach links postierten Gespanne wieder gut zu machen. Dieselbe Eigentümlichkeit zeigt auch der 1823 in den Ruinen des alten Bovillä am Fuß des Albanergebirges an der Appischen Straße aufgedeckte C. (vgl. nebenstehenden Grundriß); derselbe ist zwar klein, zeigt aber die wesentlichsten Bestandteile der ganzen Anlage vortrefflich erhalten. – Der ausgezeichnetste C. der Neuzeit ist der Cirque olympique in den Elysäischen Feldern zu Paris, von Hittorf errichtet, mit Raum für 6000 Personen. Neben ihm besteht der Hippodrom, der ausschließlich zur Aufführung großer Reitergefechte, militärischer Episoden u. dgl. bestimmt ist. In Spanien hat jede ansehnlichere Provinzialstadt dergleichen Bauten für Stiergefechte; doch sind dieselben, selbst der große C. zu Madrid, der 12,000 Zuschauer faßt, in architektonischer Beziehung ohne Bedeutung.