Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Charta“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 3 (1886), Seite 955956
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Charta. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 3, Seite 955–956. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Charta (Version vom 28.02.2021)

[955] Charta (Chartŭla, lat.), bei den Römern ursprünglich ein Blatt von den getrennten Lagen des ägyptischen Papyrus (s. d.), dann die Papyrusstaude selbst. Weil diese aber als Material zum Schreiben diente, [956] so verstand man unter C. auch alles, worauf etwas geschrieben oder gezeichnet war. In dieser Bedeutung ist das Wort auch in die deutsche Sprache übergegangen (Karte, Visitenkarte, Spielkarte, Landkarte). Auch bei den alten Römern gab es schon sehr verschiedene Papierarten, die man nach hochgestellten Personen, Fürsten etc. nannte, C. Claudia, C. Livia. Die C. hieratica ward für geistliche Bücher verbraucht; die C. emporetica, von Kaufleuten zum Verpacken von Gütern benutzt, war zum Schreiben unbrauchbar. Im Mittelalter hieß C. oder Diploma jede Urkunde. Die größte Berühmtheit erhielt die vorzugsweise so genannte Magna C. (s. d.) der Engländer. In Rücksicht auf diese sowie auf die Charte constitutionnelle Ludwigs XVIII. von Frankreich gebrauchte man zuweilen das Wort Charte für geschriebene Verfassungsgesetze überhaupt, wofür aber in der Folge das Wort Konstitution gebräuchlicher geworden ist. In Portugal waren merkwürdigerweise beide Worte die Losungen entgegengesetzter Parteien, indem die 1826 von Dom Pedro verliehene Verfassung von der französischen Partei den Namen Charte erhielt, die Cortesverfassung von 1821 aber Konstitution betitelt war. In England nannten die Radikalreformers ihr Programm Charte, daher der Name Chartisten (s. Chartismus). C. cerata, Wachspapier; C. nitrata, Salpeterpapier; C. resinosa, antirheumatica, antarthritica, Gichtpapier.