MKL1888:Carus
[832] Carus (lat.), lieb, teuer.
Carus, M. Aurelius, röm. Kaiser 282 n. Chr., von ungewisser Herkunft, war unter Kaiser Probus Praefectus praetorio (Oberster der Leibwache) und wurde nach dessen Ermordung von den Soldaten zum Kaiser erhoben. Nachdem er seine Söhne Carinus und Numerianus zu Cäsaren ernannt und die Sarmaten gedemütigt hatte, zog er mit Numerianus gegen die Perser, unterwarf Mesopotamien und eroberte Ktesiphon. Aber schon 283 starb er in seinem Lager jenseit des Tigris oder wurde, wie auch berichtet wird, in seinem Zelt vom Blitz getötet.
Carus, 1) Karl Gustav, Mediziner, geb. 3. Jan. 1789 zu Leipzig, studierte daselbst, habilitierte sich 1811 als Privatdozent und begann Vorlesungen über vergleichende Anatomie. Später widmete er sich der Gynäkologie, ging 1814 als Professor der Entbindungskunst und Direktor der geburtshilflichen Klinik nach Dresden und wurde 1827 königlicher Leibarzt. Im J. 1862 erwählte ihn die kaiserliche Leopoldinisch-Karolinische Akademie zum Präsidenten. C. starb 28. Juli 1869 in Dresden. Er schrieb: „Lehrbuch der Zootomie“ (Leipz. 1818, 2. Aufl. 1834); „Lehrbuch der Gynäkologie“ (das. 1820; 3. Aufl. 1838, 2 Bde.); „Erläuterungstafeln zur vergleichenden Anatomie“ (das. 1826–55, 9 Hefte, mit Ed. d’Alton); „Grundzüge zur vergleichenden Anatomie“ (Dresd. 1828, 3 Bde.); „System der Physiologie“ (das. 1838–1840, 3 Bde.; 2. Aufl., Leipz. 1848–49, 2 Bde.); „Grundzüge einer neuen und wissenschaftlich begründeten Kranioskopie“ (Stuttg. 1841); „Atlas der Kranioskopie“ (Leipz. 1843, Heft 1); „Über Grund und Bedeutung der verschiedenen Formen der Hand bei verschiedenen Personen“ (Stuttg. 1846); „Psyche, zur Entwickelungsgeschichte der Seele“ (Pforzh. 1846; 3. Aufl., Stuttg. 1860), dem alsbald „Physis, zur Geschichte des leiblichen Lebens“ (das. 1851) folgte; „Symbolik der menschlichen Gestalt“ (Leipz. 1853, 2. Aufl. 1858); „Proportionslehre des menschlichen Körpers“ (das. 1854); „Natur und Idee“ (Wien 1861); „Die Lebenskunst nach den Inschriften des Tempels zu Delphi“ (Dresd. 1863); „Neuer Atlas der Kranioskopie“ (2. Aufl., Leipz. 1864); „Über die typisch gewordenen Abbildungen menschlicher Kopfformen“ (Jena 1863); „Vergleichende Psychologie oder Geschichte der Seele in der Reihenfolge der Tierwelt“ (Wien 1866). Seinem freundschaftlichen Verkehr mit Goethe entsprangen die Schriften: „Goethe. Zu dessen näherm Verständnis“ (Leipz. 1843); „Briefe über Goethes Faust“ (Heft 1, Vorwort und drei Briefe enthaltend, das. 1835); „Goethe und seine Bedeutung für diese und die künftige Zeit“ (Festrede, Dresd. 1849), dem sich ein größeres Buch unter demselben Titel (Wien 1863) anschloß, etc. Auch als Künstler hat C. im Felde der Landschaftsmalerei Ausgezeichnetes geleistet. Ebenso hat er die 6 Tafeln zur Darstellung des Nervensystems gestochen und die 20 Tafeln [833] zum „Lehrbuch der Zootomie“ radiert. Als Kunstschriftsteller hat er sich hervorgethan durch seine „Briefe über die Landschaftsmalerei“ (Leipz. 1831, 2. Aufl. 1835) und die „Betrachtungen und Gedanken vor auserwählten Bildern der Dresdener Galerie“ (Dresd. 1867). In seinen letzten Lebensjahren veröffentlichte er noch seine „Lebenserinnerungen und Denkwürdigkeiten“ (Leipz. 1865–66, 4 Bde.).
2) Julius Viktor, Zoolog, geb. 25. Aug. 1823 zu Leipzig, Sohn des Professors der Chirurgie in Dorpat, Ernst August C. (gest. 26. März 1854 in Berlin), studierte seit 1841 in Leipzig Medizin und Chirurgie, ward 1846 Assistenzarzt am Georgenhospital daselbst, ging 1849 nach Würzburg, dann nach Freiburg i. Br. und im Herbst d. J. als Konservator des vergleichend-anatomischen Museums nach Oxford. Im J. 1851 habilitierte er sich in Leipzig und erhielt hier 1853 die Professur der vergleichenden Anatomie und die Direktion der zootomischen Sammlung daselbst; im Sommer 1873 und 1874 hielt er an der Universität Edinburg Vorlesungen über Zoologie in Vertretung des die Expedition des Challenger leitenden Professors Wyville Thomson. C. schrieb: „Zur nähern Kenntnis des Generationswechsels“ (Leipz. 1849); „System der tierischen Morphologie“ (das. 1853); „Icones zootomicae“ (das. 1857); „Über die Wertbestimmung zoologischer Merkmale“ (das. 1854); „Über die Leptokephaliden“ (das. 1861); „Handbuch der Zoologie“ (mit Gerstäcker, das. 1863 ff.); „Geschichte der Zoologie“ (Münch. 1872); „Prodromus faunae mediterraneae“ (das. 1884 ff.); außerdem gab er mit Engelmann die „Bibliotheca zoologica“ (Leipz. 1861, 2 Bde.) heraus und übersetzte Lewes’ „Physiologie“ (das. 1860), dessen „Aristoteles“ (das. 1866) sowie Darwins Schriften. 1878 begann er die Herausgabe des „Zoologischen Anzeigers“.