Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Bucher“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 3 (1886), Seite 562563
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Bucher. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 3, Seite 562–563. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Bucher (Version vom 03.08.2022)

[562] Bucher, 1) Anton von, bekannter Schulmann und geistlicher Aufklärer, geb. 8. Jan. 1746 zu München, erhielt seine erste Bildung bei den Jesuiten, studierte dann in Ingolstadt und wurde hier 1768 Kaplan. Seit 1771 Rektor der deutschen Schulen in München, wirkte er in dieser Stellung eifrig für Verbesserung des Schulwesens und trat namentlich den Jesuiten kühn entgegen. Nach Aufhebung des Jesuitenordens erhielt er das Rektorat des Gymnasiums und Lyceums und zugleich das Direktorium und Predigtamt der Marianischen Kongregation, welchem bisher rein jesuitischen Institut er eine zeitgemäße Umgestaltung gab. Als er sich später in seinen humanen Bestrebungen gehemmt sah, nahm er 1778 das Pfarramt Engelbrechtsmünster im Regensburger Sprengel an, von wo er jedoch 1784 als geistlicher und Schuldirektorialrat nach München zurückberufen wurde. Mit ungemeiner Thätigkeit und Ausdauer widmete er sich hier der Hebung des Jugendunterrichts und wohlthätigen Bestrebungen, bis er wegen Altersschwäche 1813 seine Entlassung nehmen mußte. Er starb als geistlicher Rat und Mitglied der Akademie der Wissenschaften 8. Jan. 1817 in München. Seine sämtlichen Schriften wurden unter dem Titel: „Die Jesuiten in Bayern vor und nach ihrer Aufhebung“ von J. v. Klessing (Münch. 1819–20, 5 Bde.) herausgegeben.

2) Adolf Lothar, preuß. Beamter, geb. 25. Okt. 1817 zu Neustettin als Sohn des Gymnasiallehrers und geographischen Schriftstellers August Leopold B. (gest. 1863), studierte in Berlin die Rechte, sich nebenbei eifrig mit Hegelscher Philosophie beschäftigend. Seit 1838 am Oberlandesgericht in Köslin thätig, wurde er 1843 als Assessor am Land- und Stadtgericht in Stolp angestellt. Gleichzeitig verwaltete er einige Patrimonialgerichte und erhielt dadurch Gelegenheit, die ländlichen Zustände aus eigner Anschauung kennen zu lernen. Im Frühjahr 1848 zu Stolp in die Nationalversammlung und 1849 in die Zweite Kammer gewählt, nahm er hervorragenden Anteil an dem Zustandekommen organisatorischer Gesetze und war Referent über die Aufhebung des Belagerungszustandes in Berlin, welche Verhandlung die Auflösung der Kammer zur Folge hatte. Wegen des Steuerverweigerungsbeschlusses 1850 verurteilt, flüchtete er nach London. Hier wurde er Journalist und schrieb zehn Jahre lang, namentlich für die Berliner „National-Zeitung“, sehr gediegene Berichte. Nach dem Erlaß der Amnestie kehrte B. in sein Vaterland zurück, geriet aber, da er mit dem in Gemeinschaft mit Rodbertus und Berg erlassenen Programm [563] den Bestrebungen des Nationalvereins entgegentrat, mit seinen frühern politischen Genossen in Konflikt. Nachdem er eine Zeitlang im Wolffschen Telegraphenbüreau zu Berlin gearbeitet, wollte er wieder in den Justizdienst treten, um eine Stelle als Rechtsanwalt erhalten zu können, wurde indessen 1864 durch den Ministerpräsidenten v. Bismarck in das auswärtige Ministerium berufen und 1866 zum vortragenden Rat in demselben ernannt. Seitdem erwarb sich B. immer mehr das Vertrauen wie auch die Zuneigung Bismarcks; meist in der unmittelbaren Umgebung desselben, auch in Varzin und während des Kriegs 1870/71 in Frankreich, hatte er vornehmlich die Noten und Denkschriften, welche die deutsche Politik betrafen, zu bearbeiten und bekleidet gegenwärtig die Stelle eines Wirklichen Geheimen Legationsrats und vortragenden Rats im auswärtigen Amte des Deutschen Reichs. Von ihm erschienen: „Kulturhistorische Skizzen aus der Industrieausstellung aller Völker“ (Frankf. a. M. 1851); „Der Parlamentarismus, wie er ist“ (Berl. 1856, 2. Aufl. 1882); „Bilder aus der Fremde, für die Heimat gezeichnet“ (das. 1862, 2 Bde.). Auch gab er die 2. Auflage von Lassalles „System der erworbenen Rechte“ (1880) heraus.

3) Bruno, Kunstschriftsteller, Bruder des vorigen, geb. 24. April 1826 zu Köslin, besuchte die Kunstakademie zu Dresden, wurde aber durch Augenleiden gezwungen, dem Künstlerberuf zu entsagen. Seit 1856 als Journalist in Wien lebend und seit 1859 Sekretär des Österreichischen Museums für Kunst und Industrie daselbst, wurde er später zum Kustos desselben und zum Regierungsrat ernannt. Von seinen kunsthistorischen Schriften sind zu erwähnen: „Die Kunst im Handwerk“ (2. Aufl., Wien 1876); „Über ornamentale Kunst auf der Weltausstellung in Wien“ (Berl. 1874); „Geschichte der technischen Künste“ (mit Ilg, Lessing u. a., Stuttg. 1874 ff.); „Katechismus der Kunstgeschichte“ (2. Aufl., Leipz. 1884); „Reallexikon der Kunstgewerbe“ (Wien 1883). Mit Gnauth gab er die Monatsschrift „Das Kunsthandwerk“ (Stuttg. 1874–76) heraus.