Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Biblia paupĕrum“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 2 (1885), Seite 887
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Biblia paupĕrum. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 2, Seite 887. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Biblia_paup%C4%95rum (Version vom 13.04.2023)

[887] Biblia paupĕrum (lat.), „die Bibel der Armen“, d. h. der geistig Armen, der Unwissenden und Ungelehrten („für die ungelernte leut“, wie es in einem frühen, die zehn Gebote enthaltenden Blockbuch heißt), eine Sammlung von Darstellungen aus dem Alten und Neuen Testament, welche mit kurzen lateinischen oder deutschen oder auch zweisprachigen Erläuterungen versehen und so angeordnet waren, daß stets eine Darstellung aus dem Neuen Testament von zwei vorbildlichen Darstellungen aus dem Alten und vier Brustbildern von Erzvätern und Propheten umgeben war. Die ältesten dieser cyklischen Darstellungen sind Manuskripte mit Miniaturen, welche bis in das 13. Jahrh. zurückreichen (ein Exemplar in der Hofbibliothek zu Wien). Ein geschriebenes Exemplar in Wolfenbüttel trägt den Titel B. p., nach welchem die ganze Gattung den Namen erhalten hat. Anfangs nur 34 Darstellungen umfassend, wuchs die Armenbibel allmählich bis zu 50. Seit der Erfindung des Holzschnittes wurden Bilder und Text auf einzelne Holzplatten geschnitten und von diesen zahlreiche Abdrücke gemacht, welche mit den freien Rückseiten zusammengeklebt und zu einem Buch vereinigt wurden (s. Blockbücher). So gewannen die Armenbibeln eine große Verbreitung, welche durch die Erfindung der Kunst, mit beweglichen Typen zu drucken, noch gefördert wurde. In dem Grad, als sich die Buchdruckerkunst vervollkommte und vollständige Bibeln gedruckt werden konnten, traten die Armenbibeln mehr und mehr in den Hintergrund, bis sie im Anfang des 16. Jahrh. ganz verschwanden. Nachbildungen handschriftlicher Armenbibeln findet man in folgenden Werken: Berjeau, „B. p., reproduced in facsimile from one of the copies in the British Museum“ (Lond. 1859); Camesina und Heider, „Die Darstellungen der B. p. in einer Handschrift des 14. Jahrhunderts im Stift St. Florian“ (Wien 1863); Laib u. Schwarz, „B. p., nach dem Original in der Lyceumsbibliothek zu Konstanz“ (Zür. 1867). – B. p. ist auch der Titel einer Schrift des Scholastikers Bonaventura (s. d.).