Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Bad“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 2 (1885), Seite 220225
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Bad. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 2, Seite 220–225. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Bad (Version vom 05.05.2022)

[220] Bad (Balnĕum), Eintauchung des Körpers oder einzelner Teile desselben in eine Flüssigkeit, wobei die Oberfläche des Körpers längere Zeit hindurch mit jener in Berührung bleibt. Auch bezeichnet man die Anwendung strömender oder fallender Flüssigkeit auf den Körper als B. und redet daher von Tropf-, Gieß- und Douchebädern. Hinsichtlich der Anwendungsweise der Bäder oder der Art der Eintauchung des Körpers oder einzelner Teile unterscheidet man allgemeine oder ganze Bäder (Vollbäder), wobei der ganze Körper in die Flüssigkeit eingetaucht wird, von den partiellen oder örtlichen Bädern und unter diesen wiederum Halbbäder, wobei nur die untere Körperhälfte sich in dem B. befindet, Sitzbäder, bei welchen nur das Gesäß und ein Teil des Unterleibs eingetaucht ist, Arm- und Handbäder, Fußbäder etc. Auch nach den Stoffen, welche man zu den Bädern verwendet, werden dieselben benannt, und man hat daher: einfache Wasserbäder und medizinische Bäder, welche Salze (Mineralbäder, Solbäder, Laugenbäder), vegetabilische (Kräuter-, Fichtennadel-, Kleien-, Malz-, Senfbäder) oder tierische Substanzen (Ameisenbäder) enthalten. Im weitern Sinn rechnet man zu den Bädern, obschon der Körper dabei nicht mit tropfbarflüssigen Stoffen in Berührung kommt, die Dampf-, Gas-, Schlamm-, Erd-, Sand-, Tier- und Luftbäder. Berücksichtigt man die Temperatur der Bäder, so teilt man sie ein: in kalte, von einer Temperatur von +10 bis 18° R., und kühle, von +18 bis 24° R., lauwarme und warme, von +24 bis 30°, und heiße Bäder, von +30 bis 36°[WS 1] und mehr. Endlich benennt man die Bäder nach der künstlichen Vorrichtung oder der von der Natur gebotenen Gelegenheit und unterscheidet demnach: Fluß-, See- und Wellenbäder, Wannenbäder und in Bezug auf die Art der mechanischen Einrichtung: Douche-, Sturz-, Staub-, Tropf-, Spritz-, Regenbäder etc. Faßt man die dem B. zugemischten Stoffe und ihre Wirkung ins Auge, so unterscheidet man: reizende Bäder, wenn Asche, Salz, Senfmehl, Lauge oder Pottasche, erweichende Bäder, wenn Kleie, Malz u. dgl., stärkende Bäder, wenn aromatische Kräuter, mit Wasser infundiert, oder adstringierende Stoffe, Eisenpräparate etc., und endlich krampfstillende Bäder, wenn Baldrian, Rosmarin, Tausendgüldenkraut etc. dazu verwendet werden.

Die erste, rein äußerliche Wirkung des Bades ist die Reinigung des Körpers von Schweiß, Staub und den abgestoßenen Schichten der Oberhaut. Die Notwendigkeit dieser ersten Wohlthat findet mehr und mehr allgemeine Anerkennung; nicht nur, daß die Pflege kleiner Kinder ein tägliches B. erfordert, so hat man auch angefangen, für äußerst wohlfeilen Preis (10 Pf.) für Erwachsene ein warmes B. herzustellen, welches namentlich für den Arbeiter wohlthätig ist und in unsrer öffentlichen Gesundheitspflege eine schmerzlich empfundene Lücke ausfüllt.

Zum zweiten ist das B. gesundheitförderlich, je nach seiner Temperatur. Während des kalten Bades werden die Haut und die Extremitäten blutärmer, die innern Organe des Körpers aber entsprechend blutreicher. Nach dem kalten B., zumal wenn die Haut durch Wellenschlag und starken Salzgehalt noch stärker gereizt war, also nach einem Seebad, entsteht früher oder später ein Gefühl des Wohlbehagens durch das vermehrte Einströmen des Bluts in die feinen Gefäße der Haut und durch das damit zurückkehrende Gefühl der Wärme. Der Stoffwechsel wird lebhaft angeregt, Körper und Geist gewinnen an Straffheit und Elastizität, und noch längere Zeit bleibt nach einer Seebadekur erhöhte Widerstandsfähigkeit zurück. Voraussetzung ist freilich, daß nicht Kranke in vorgeschrittenem Kräfteverfall, Rekonvaleszenten nach schwerem Typhus, leicht erregbare, nervöse oder herzkranke Personen sich der Kur kalter Bäder unterziehen. In zweifelhaften Fällen überlasse man dem Arzte die Entscheidung.

Die Wirkung der warmen Bäder, deren Temperatur derjenigen des Bluts nahekommt, besteht darin, daß die Haut sich rötet und erschlafft, die Blutzirkulation in der Haut also gesteigert wird. Der Puls ist beschleunigt, der Atem frequenter, die Wasser- und Kohlensäureausscheidung durch die Lungen gesteigert, die Ernährungsvorgänge an den Geweben des Körpers finden leichter und schneller statt. Das warme B. wirkt also im wesentlichen beruhigend und bei herabgekommenen, blutarmen Individuen sowie nach starken körperlichen Anstrengungen zugleich stärkend. Deshalb wendet man die warmen Bäder bei krampfhaften Affektionen (namentlich auch der Unterleibs- und Geschlechtsorgane), bei erhöhter Nervenreizbarkeit und manchen andern Nervenleiden, Neuralgien, Rheumatismus, Gicht etc. mit Erfolg an. Das warme B. ist weiterhin ein vortreffliches Mittel, um bei eingeklemmten Brüchen oder bei Ausrenkungen der Glieder eine wohlthätige Abspannung hervorzurufen, wobei die Reposition viel besser gelingt. In neuerer Zeit hat man in der Chirurgie sogen. permanente Wasserbäder angewendet. Diese Einrichtung besteht darin, daß einzelne Körperteile oder selbst der ganze Körper tage- und wochenlang in einer fortwährend sich erneuernden, aber gleich temperierten Wassermasse eingetaucht bleiben. Bei ausgedehnten Verbrennungen, Quetschwunden, sehr großen Geschwüren etc. sind dadurch die besten Erfolge erzielt worden. Heiße Bäder werden vorzugsweise örtlich, d. h. als Fuß- und Handbäder, angewendet, teils um entzündliche Vorgänge an denselben zu steigern und sie somit schneller zum Ablaufen zu bringen, teils um das Blut nach dem heiß gebadeten Teil hin- und von einem entfernten kranken Organ abzuleiten.

[221] Was die Wirkung der so zahlreichen und so verschiedenartig zusammengesetzten sogen. Mineralbäder anbetrifft, so beruht sie lediglich auf Erfahrung. Eine Erklärung ist trotz der sorgfältigsten chemischen Analysen nicht zu geben (die sogen. indifferenten Thermen bestehen aus schlichtem Wasser und besitzen doch eine mächtige, überraschende Heilkraft), eine wissenschaftliche Bäderlehre existiert noch nicht. Die Solbäder üben einen energischen Reiz auf die Haut aus, befördern die Blutzirkulation in derselben sowie die Hautausdünstung und wirken dadurch auf den gesamten Ernährungsvorgang kräftig zurück, indem sie die Eßlust und die Assimilation steigern. Krankhafte Ausschwitzungen, Drüsenschwellungen, Verhärtungen der Organe, chronische Hautausschläge und Geschwüre werden dadurch zur Heilung gebracht. Namentlich bei allen skrofulösen Affektionen werden die Solbäder mit augenfälligem Erfolg angewendet (s. auch unten bei medizinische Bäder). Ähnlich verhält es sich mit den kohlensäurereichen Bädern, welche auf die Haut und das Nervensystem lebhaft erregend wirken, weshalb sie bei den verschiedensten Schwäche- und Erschöpfungszuständen angewendet werden. An mehreren Badeorten mit an Kohlensäure reichen Quellen hat man besondere Kohlensäuregasbäder eingerichtet. Sie werden meist örtlich angewendet und bestehen darin, daß der kranke Teil von einer Gasatmosphäre umgeben wird. Ihre Wirkung ist eine sehr intensive. Sie kommen namentlich bei Lähmungs- und Schwächezuständen zur Anwendung. Auch den sogen. Schwefelbädern schreibt man gewöhnlich eine von ihrem Gehalt an Schwefelwasserstoffgas und andern Schwefelverbindungen abhängige Wirkung zu, indessen lehrt eine vorurteilslose Analyse der Thatsachen, daß sie nicht anders wirken als einfache warme Wasserbäder; denn die geringe Menge von Schwefelwasserstoffgas, welche die Haut im B. aufnimmt, ruft keine irgend erheblichen Veränderungen im Organismus hervor. Zu den Mineralbädern rechnet man ferner die sogen. Moor- oder Schlammbäder. Man unterscheidet: Schwefelmineralschlamm-, Kohlenmineralschlamm-, Eisenmineralschlamm-, Kochsalzmineralschlamm- und erdige Mineralschlammbäder. Der Schlamm wird in Wannen gebracht und daselbst erwärmt, worauf sich die Kranken in denselben einsenken wie in die Wasserbäder, oder man bestreicht mit dem Schlamm leidende Teile, läßt ihn darauf trocknen und wäscht ihn nach einiger Zeit ab. Für die Beförderung der Resorption alter Gelenkentzündungen, eiteriger und andrer Exsudate leisten sie vorzügliche Dienste, ebenso bei Lähmungen, alten und schweren Fällen von Rheumatismus, ohne daß das Zustandekommen der Wirkung durch die chemischen oder mechanischen Eigenschaften des Moorbreies im mindesten erklärbar wären.

Von den medizinischen Bädern werden am häufigsten benutzt: alkalische Bäder (150–500 g Pottasche oder 250–1000 g Soda auf das Vollbad von 200–400 Lit.), Chlorkalkbäder (250–500 g Chlorkalk auf das Vollbad), Eisenbäder (30–60 g Eisenvitriol und 120 g gereinigte Pottasche oder 30 g Eisenvitriol, 60 g Kochsalz und 90 g doppeltkohlensaures Natron auf das Vollbad), Jodbäder (in Holzwannen, 10–15 g Jod in Seesalzlösung oder Mutterlauge gelöst auf ein Vollbad, während des Gebrauchs bedeckt, um das Einatmen der Joddämpfe zu vermeiden), Mineralsäurebäder (in Holzwannen, je 30–60 g Salz- und Salpetersäure auf das Vollbad), moussierende Bäder (Kohlensäurebäder, 0,5 kg doppeltkohlensaures Natron und nach dessen vollständiger Lösung beim Besteigen des Bades 0,5 kg Salzsäure auf das Vollbad unter Umrühren hinzugefügt), Schwefelbäder (in Holzwannen, 50–150 g Schwefelkalium auf das Vollbad, eventuell unter Zusatz von etwas Schwefel- oder Salzsäure), Solbäder (6–9 kg Koch- oder Seesalz oder 2–5 kg Koch- oder Seesalz und 2 kg Mutterlaugensalz auf das Vollbad), Sublimatbäder (in Holzwannen, 2,5–10 g Quecksilberchlorid in 50–200 g Wasser gelöst auf das Vollbad), aromatische Bäder (Aufguß aus 0,25–1 kg Pfefferminze, Kamille, Kalmuswurzel oder 150–500 g aromatischen Kräutern auf das Vollbad), Baldrianbäder (Aufguß von 250–500 g Baldrianwurzel auf das Vollbad), Fichtennadelbäder (Aufguß von 1,5–5 kg Fichten- oder Kiefernadeln oder 150–500 g Fichtennadelextrakt auf das Vollbad), Kleienbäder (Abkochung von 1–3 kg Weizenkleie im Beutel mit 4–8 L. Wasser auf das Vollbad), Malzbäder (Abkochung von 1–3 kg Gerstenmalz in 4–6 L. Wasser auf das Vollbad), Senfbäder (2 g Senföl in 25 g Spiritus gelöst auf das Vollbad), Tanninbäder (10–50 g Tannin in 200 g Wasser gelöst auf das Vollbad), Ameisenbäder (1–2 kg zerquetschte Ameisen in leinenem Beutel gebrüht auf das Vollbad).

Die Tier- oder animalischen Bäder, bei denen die kranken Teile in die abgezogenen Häute eben erst geschlachteter Tiere eingehüllt werden, wirken nicht anders als warme Bähungen und sind veraltet.

Eine sehr mächtige, erregende und bei rheumatischen Leiden günstige Wirkung besitzen die warmen oder heißen Dampfbäder. Die Badenden sitzen dabei in einem Raum, in welchen heiße Dämpfe einströmen, ein Bademeister peitscht mittels Birkenruten die Haut (russisches B.), worauf dann lauwarme Übergießungen folgen und der Badende in den auf 45–50° R. erhitzten Schwitzraum geführt wird. Hier bricht in der trocknen Hitze der Schweiß aus allen Poren (römisch-irisches B.), nach 10–20 Minuten folgen lauwarme bis kalte Douchen und endlich 30–60 Minuten langes Liegen in wollener Decke. Ebenfalls schweißtreibend wirkt das warme Sandbad. Der Körper oder einzelne Glieder werden mit künstlich oder von der Sonne erwärmtem feinen, trocknen Sand eingehüllt, dessen Temperatur zwischen 30 und 40° R. beträgt. – Über die Einrichtung der verschiedenen Badeanstalten s. unten.

Geschichte des Badewesens.

Der Gebrauch der Bäder verliert sich in die sagenhaften Perioden der ältesten Völkergeschichte. Weise Gesetzgeber erhoben das Baden zu einer religiösen Handlung und verliehen demselben dadurch eine höhere Geltung und Empfehlung; so kamen Bäder bei den Indern, Ägyptern, Persern, Assyrern und Israeliten in Gebrauch, und aus diesem Grund oder als diätetisches Mittel wird noch jetzt das Baden bei der Mehrzahl der Völker des Orients kultiviert. Bei den Hebräern war es eine der ersten Religionspflichten und in gewissen Fällen, nach erfolgter (levitischer) Verunreinigung, selbst gesetzlich vorgeschrieben (3. Mos. 14, 18 f.; 15, 5). Die natürlichsten und ältesten Bäder, von welchen die Griechen Gebrauch machten, waren Fluß- und Seebäder. Das kalte Baden war eine Hauptregel der Pythagoreer. Man badete im Winter und Sommer in Flüssen und tauchte in letztere selbst die neugebornen Kinder. Doch waren auch warme Bäder bei den Griechen schon frühzeitig im Gebrauch. Überhaupt betrachteten die Griechen seit den ältesten Zeiten das Baden als eine heilige Sache. So waren schon die Inkubationen in den Tempeln mit dem Gebrauch [222] von Bädern verbunden. Mit warmen Bädern wurde der willkommene Gast begrüßt, und sogar Königstöchter verschmähten es nicht, denselben darin zu bedienen. Vorzüglich geschätzt wurden Bäder von den Lakedämoniern, und einige wollen daher den Namen des bei den Römern so vielbenutzten Schwitzbades (laconicum, sc. balneum) von den Lakedämoniern ableiten. Heriodikos, welcher kurz vor dem Peloponnesischen Krieg lebte, soll Bäder zuerst in Verbindung mit kunstmäßigen Friktionen zur Erhaltung, Stärkung und Wiederherstellung der Gesundheit empfohlen haben. Bei Hippokrates, seinem Schüler, finden sich die ersten umständlichen, unter wissenschaftlichem Gesichtspunkt geordneten Notizen über Nutzen und Nachteil der Bäder, welche als die Grundlage der spätern Balneotherapie zu betrachten sind. Der Gebrauch der warmen Bäder wurde später noch allgemeiner und häufiger, als die Griechen bei ihren Gymnasien

Fig. 1.
Plan eines römischen Privatbades zu Caerwent (England).

und Palästren öffentliche Anstalten zum Baden errichteten. Die Badehäuser der Römer waren palastartige, weitläufige Gebäude, in denen jeder einzelne Akt beim Baden seinen besondern Raum hatte.

Vergleichen wir die Überreste alter Bäder untereinander, und halten wir sie zugleich mit dem zusammen, was Vitruv, Plinius, Palladius und andre Autoren darüber berichten, so erkennen wir folgende Teile eines römischen Bades überall wieder. In der Mitte des länglich-viereckigen Badegebäudes, im Kellergeschoß, lag das Heizungszimmer (hypocaustum), aus welchem sich Röhren (caliductus) durch die Zimmer zur Lufterwärmung verbreiteten; über dem Hypokauston war ein Raum mit drei übereinander stehenden Kesseln (ahena); aus dem obersten (frigidarium) floß kaltes Wasser in den mittlern (tepidarium) und, hier lau geworden, in den untersten (caldarium), um heiß zu werden. Aus jedem Kessel führten in die Badezimmer der beiden für die Männer und Frauen bestimmten Abteilungen des Gebäudes mit Hähnen versehene Röhren; der oberste Kessel erhielt sein Wasser aus einem gefüllten Behältnis, das gewöhnlich durch einen besonders dazu angelegten Aquädukt gespeist wurde. Neben und über dem Heizungszimmer waren die Badezimmer, das rund gebaute trockne Schwitzbad, mit diesem verbunden das warme B. (caldarium), ferner die concamerata sudatio, wo man sich den Schweiß abtrocknete und den Körper reinigte, und das laue B. (tepidarium). In jedem Zimmer befand sich ein steinernes oder metallenes Becken, um dasselbe ein Geländer, und zwischen diesem und den Wänden war der freie Raum (schola), wo die, welche noch zu baden gedachten oder bloß der Unterhaltung wegen das B. besuchten, sich aufhielten. Von den römischen Bädern sind noch heutigestags mehrere Überreste vorhanden. Dahin gehören die Trümmer der Bäder in Rom selbst, namentlich der des Titus, Caracalla (s. Tafel „Baukunst VI“, Fig. 11) und Diokletian, ferner die 1784 in Badenweiler entdeckten Ruinen, die eines römischen Privatbades zu Caerwent in England (Fig. 1) etc.,

Fig. 2.
Plan der Thermen zu Pompeji.

vorzüglich aber die pompejanischen Thermen, die in einem Zustand ausgegraben wurden, der es leicht macht, über die Bestimmung der meisten Teile mit Sicherheit zu entscheiden (vgl. nebenstehenden Plan, Fig. 2). Die alten Gallier hatten ihre geheiligten Wasserquellen, in welche sie ihre Kranken legten, und in welchen sie sich zu gewissen Zeiten regelmäßig zu baden pflegten. Die warmen Bäder kamen aber im 3. und 4. Jahrh. immer mehr in Verfall, ihr Gebrauch wurde sogar von der Geistlichkeit vielfach beschränkt und endlich verboten. So erlaubte der heil. Augustinus in seinen Regeln, monatlich nur einmal zu baden, und der heil. Hieronymus untersagte nach den Jahren der Kindheit den Gebrauch der Bäder gänzlich. Als aber im Anfang des 8. Jahrh. die Wissenschaften und namentlich die medizinischen bei den Arabern wieder aufblühten, kam auch der Gebrauch der Bäder wieder zu Ansehen, zuerst in dem von den Sarazenen eroberten Spanien. Zu ihrer Empfehlung und Aufnahme in Deutschland trug Karl d. Gr. viel bei; er liebte die warmen Bäder zu Aachen, badete selbst viel und veranlaßte so viele andre, ein Gleiches zu thun, daß (nach Einhard) oft [223] mehr als hundert Personen zugleich badeten. Auch wurden in Hospitälern und Klöstern Bäder errichtet (balnea animarum, refrigeria animi), in welchen Arme unentgeltlich baden konnten. Keiner konnte den Ritterschlag erhalten oder in einen Orden aufgenommen werden, bevor er nicht gebadet hatte. Noch häufiger und allgemeiner wurde der Gebrauch der Bäder durch die nähere Bekanntschaft mit den Sitten des Orients infolge der Kreuzzüge. In den Städten wurden eigne Badestuben errichtet, in welchen die Geschlechter getrennt badeten, und wo zugleich geschröpft und zur Ader gelassen wurde. Man badete gewöhnlich des Sonnabends und betrachtete die körperliche Reinigung symbolisch zugleich als eine geistliche Weihung und Vorbereitung zur kirchlichen Feier des Sonntags. Bei der großen nach den Kreuzzügen herrschenden Sittenverderbnis gerieten jedoch die Bäder bald in Verfall. Die liederlichen Dirnen (fahrenden Weiber), welche in Scharen auf Reichstagen, Kirchenversammlungen und Jahrmärkten herumzogen, fehlten auch nicht in den Badestuben und trugen viel zum Verfall derselben bei. Da durch warme Bäder und Badestuben die ansteckenden Krankheiten, namentlich die im 16. Jahrh. so fürchterlich wütende Lustseuche, leichter verbreitet wurden, so beschränkte man den Gebrauch warmer Bäder aus Furcht vor Ansteckung in Deutschland und Italien. Der Gebrauch der Mineralbäder wurde in Deutschland und Frankreich vorzüglich im 15. und 16. Jahrh. allgemeiner und häufiger. Die Bäder, deren sich die Völker des Orients, namentlich die Türken, Ägypter und die Bewohner von Hindostan, bedienen, charakterisiert die raffinierteste Sinnlichkeit. Mit Bädern von Wasserdämpfen, welche mit den feinsten und kostbarsten Parfümen vermischt sind, wird eine durch Sklaven mit großer Sorgfalt verrichtete Manipulation des Körpers verbunden, welche man mit dem Namen Massieren, Kneten oder Schampuen (shampoo) bezeichnet und in mehreren Krankheiten sehr empfiehlt. Vgl. über das Badewesen der Alten außer den Werken über römische Altertumskunde im allgemeinen: Wichelhausen, Über die Bäder des Altertums (Mannh. 1851); Confeld, Das altrömische B. und seine Bedeutung für die Heilkunde (Darmst. 1863); über die Badestuben des Mittelalters: Zappert, Über das mittelalterliche Badewesen, im „Archiv für Kunde österreichischer Geschichtsquellen“, Bd. 21 (Wien 1859, Hauptschrift); Joh. Falke, in „Westermanns Monatsheften“, Bd. 11 (1861); Kriegk, Deutsches Bürgertum im Mittelalter (neue Folge, Frankfurt 1871); Marggraff, Badewesen der Vergangenheit (Berl. 1881). Die medizinische Litteratur über Heilbäder s. Balneologie.

Einrichtung der modernen Badeanstalten.

In neuerer Zeit hob sich im Abendland das Badewesen zuerst in England. Die englische Regierung erließ 1846 ein Gesetz, durch welches die Stadtgemeinden ermächtigt wurden, nachdem auf Antrag von zehn Gemeindemitgliedern die städtische Verwaltung sich mit Zweidrittelmajorität für eine derartige Anlage entschlossen hat, die Ausführung derselben unter Verwendung von geeigneten Steuern in Angriff zu nehmen, worauf sie unter Aufsicht des Staatsministeriums steht. An allen Orten Englands und Schottlands finden sich jetzt auf Grund dieses Gesetzes angelegte große Schwimmanstalten für Männer und Frauen und in allen größern Städten auch auf Aktien gegründete Privat-, sogen. Klubbäder, welche nur den Aktionären zugänglich sind und außer der großen Schwimmhalle und den gewöhnlichen Wannenbädern unter anderm noch römische und Dampfbäder, Billardzimmer, Turnhalle, Lesezimmer und Rauchzimmer enthalten. Bei den öffentlichen Bädern Englands und Belgiens ist in erster Linie auf die Schwimmhallen, erst in zweiter Linie auf warme Bäder Rücksicht genommen, von Dampf- und Schwitzbädern dagegen abgesehen worden. In der That scheinen diese letztern, in Rußland, Dänemark, Norwegen und Schweden noch vielfach im Gebrauch befindlichen Bäder auch in Deutschland minder nötig zu sein. Seit 25 Jahren sind auch in Deutschland Badeanstalten errichtet worden, zunächst die nach englischem Vorbild, jedoch ohne Schwimmbad gegründete Wasch- und Badeanstalt in Hamburg und nach ähnlichen Prinzipien die mit Schwimmbädern, Wannenbädern und Waschständen versehenen Aktienunternehmungen in Berlin.

Eine weitere Förderung haben die öffentlichen Badeanstalten in größern deutschen Städten durch die Anlage der städtischen Wasserwerke erfahren, welche das zum Badebetrieb erforderliche reine Wasser zu liefern im stande sind. Auf diese Weise sind unter andern die mit Hilfe der Sparkasse und des Staats gebaute Badeanstalt in Bremen, wo auch Bäder zweiter Klasse zu sehr billigen Preisen verabfolgt werden, und die große bedeckte Schwimmhalle in Dortmund entstanden, welche der Stadt gehört und gleich den vorhergehenden das ganze Jahr hindurch betrieben wird.

Neben diesen größern, besonders mit Rücksicht auf die Unbemittelten errichteten Badeanstalten haben Aktiengesellschaften und Privatunternehmer Anstalten mit Schwimm-, Wannen- und andern Bädern eingerichtet und dieselben durch nicht zu hoch gehaltene Preise möglichst vielen zugänglich gemacht, worunter die mit getrennten Korridoren und Treppen für Be- und Entkleidete versehene Schwimmanstalt in Aachen hervorzuheben ist. Als die meist entwickelten erscheinen die mit den Einrichtungen der römischen Thermen ausgestatteten Badeanstalten, welche, wie das römische B. am Praterstern in Wien, Räume und Bassins von verschiedenen Temperaturen zum Schwitzen und Abkühlen, Douchen, Ruhebetten u. dgl. enthalten. Die öffentlichen Bäder werden zu den wirksamsten Mitteln für den physischen und moralischen Fortschritt der Bevölkerung, da jeder, der die Wohlthaten des Badens an sich selbst empfunden hat, allmählich auch seinen Angehörigen dieselben nicht vorenthalten wird. Auch läßt sich erfahrungsmäßig durch sorgfältige Reinhaltung des Bassins, der Umgänge und Badezellen, durch besondere Reinigungsbäder und Douchen bei hinreichendem Zufluß von frischem Wasser und bei wöchentlich mindestens zweimaliger Entleerung, Scheuerung und Füllung das Schwimmbad in einem Zustand der größten Reinheit erhalten und durch die genügende Heizung des Wassers und der Luft während der kältern Jahreszeiten ein Aufenthalt schaffen, welcher ebenso gesund wie angenehm ist und zum wirksamsten Erholungsort wird.

Die Einrichtung der Badeanstalten, welche dem mit dem Baden beabsichtigten Erfolg zu entsprechen hat, ist verschieden, je nachdem sie der Erhaltung der Gesundheit, der Wiederherstellung derselben oder beidem entsprechen sollen. Dem ersten Zweck entsprechen vorzugsweise die kalten und warmen Wannenbäder, die Reinigungsbäder, die Douchebäder und die Schwimmbäder, dem letztern die Dampfbäder, [224] die römisch-irischen Bäder und besonders die Medizinal- oder Heilbäder. Da jedoch diese Zwecke mehr oder minder ineinander greifen, so werden auch die hierfür erforderlichen Räume und innern Einrichtungen häufig miteinander kombiniert.

Die Wannenbäder, welche entweder mit Metall- oder gemauerten Wannen und gewöhnlich mit Brausen versehen sind, werden meist in größerer Zahl innerhalb eines größern Raums von ca. 3 m Höhe durch ca. 2 m hohe und ca. 3,5 m voneinander entfernte Zwischenwände so abgeschieden, daß sie zwischen den letztern und der Decke noch einen ca. 1 m hohen Luftraum behalten, durch welchen Luft und Licht sich verbreiten können. Die Wannen erhalten im Lichten am obern Rand ca. 1,6 m Länge bei 0,65 m Breite, am Boden ca. 1,45 m Länge und 0,5 m Breite bei einer Tiefe von ca. 0,55 m und werden der bequemen Benutzung halber oft um ca. 0,25 m in den Fußboden versenkt. Ein Tisch, Stühle, ein kleines Sofa etc. vervollständigen die innere Ausstattung. Werden diese Wannenbäder geräumiger angelegt und mit mehr Eleganz und Komfort ausgestattet, so erhalten dieselben den Namen Salonbäder. Die Wannen, welche in einzelnen paarweise angeordnet und ca. 20 cm in den Fußboden eingelassen werden, bestehen hier meist aus Terrakotten, und es werden außer verschiedenen Brausen Einrichtungen zum Anwärmen der Badewäsche angebracht. Außerdem legt man besondere größere Wannenbäder auch für das gleichzeitige Baden mehrerer Kinder an. Die Wannen müssen der freien Bewegung der Kinder wegen sehr geräumig und mit geneigter Rückwand versehen sein und werden innen meist mit glasiertem Steingut bekleidet.

Die Reinigungsbäder, welche das Bedürfnis nach Erfrischung und gründlicher Reinigung des Körpers auf die einfachste, Zeit, Raum und Kosten ersparende Weise befriedigen sollen, bestehen meist aus reichlich temperierten, ca. 0,5 m tiefen, mit breitem, zum Sitzen bestimmtem Rand versehenen Fußbädern von ca. 0,75 m Länge und 0,55 m Breite nebst darüber angebrachten Brausen.

Die Douchebäder, welche entweder in Verbindung mit Wannen- oder Schwimmbädern oder auch allein gebraucht werden und im letztern Fall mit eignen Aus- und Ankleidezellen versehen sind, enthalten meist eine Auswahl verschiedener kalter und warmer Douchen, welche als Regen- und Schlauchdouchen und hierbei als sogen. Kopf-, Seiten- und Sitzdouchen von oben, von allen Seiten und von unten wirken.

Die Schwimmbäder erfordern mindestens ein 10 bis 20 m langes, 5–10 m breites und 0,75–2 m tiefes Bassin mit umlaufendem, 1,2–2 m breitem Gang, auf welchen die ca. 1,2 m langen und breiten, 2 m hohen, oben offenen, eventuell in zwei Stockwerke verteilten An- und Auskleidezellen münden. Die letztern schließen sich entweder, wie bei allen ältern und selbst bei neuern Anstalten, an die Umfangswände, besser jedoch an einen äußern Umgang an, von wo die Ankommenden die Zellen und erst, nachdem sie dort ihre Fußbekleidung abgelegt haben, den innern Gang betreten. Sind zwei Stockwerke vorhanden, so sind in letzterm Fall die äußern und innern Umgänge durch gesonderte Treppen zu verbinden. An oder in dem Bassin selbst befinden sich meist Regen- und Schlauchdouchen, auch steht die Schwimmhalle meist mit dem Douchebad in Verbindung. In den kältern Jahreszeiten, wo die Temperatur der Luft und des Wassers bez. ca. 15 und 16° R. nicht erreicht, ist das Schwimmbad mit den nötigen Heizungsvorrichtungen zu versehen, welche für beide getrennt und z. B. mittels Dampfheizung so angelegt werden, daß gußeiserne Röhren unter den mit durchbrochenen Gußplatten belegten Fußböden der Umgänge oder Öfen in besondern Nischen angebracht werden, während aus mehreren am Boden des Bassins mündenden Röhren mit feinen Öffnungen Dämpfe direkt in das Wasser strömen. Um das Wasser des Bassins in beständiger Bewegung zu erhalten, ist teils eine Schale angebracht, aus welcher das zufließende Wasser in das Bassin niederfällt, teils ein durch Dampf getriebener Wasserfall hergestellt, welcher gewaltsam in das Bassin strömt und in demselben eine starke Wellenbewegung hervorbringt.

Die Dampfbäder, wegen ihrer großen Verbreitung in Rußland auch wohl russische Dampfbäder genannt, bestehen in nicht zu großen Räumen mit staffelförmig angeordneten Schwitzbänken, worauf der Badende nach dem Entkleiden sich legt. Der einströmende, in Dampfkesseln entwickelte Dampf hat eine Temperatur von +28 bis +40°. Die Dauer des Bades beträgt 20–25 Minuten, während dessen die leidenden Teile mit jungen Birkenreisern u. dgl. leicht geschlagen und mit Bürsten frottiert werden. Unmittelbar vor dem Ankleiden wird mittels der in dem Baderaum befindlichen kalten Douche ein Regenbad genommen und hierauf der ganze Körper sorgfältig abgerieben und frottiert. In einem anstoßenden, etwas kühlern Zimmer muß der Kranke sich abkühlen können, ehe er sich der frischen Luft aussetzt.

Die römisch-irischen Bäder, welche im wesentlichen als Luftschwitzbäder zu betrachten sind, erfordern a) einen auf 30–35° R. geheizten, mit hölzernen Sitzen und Ruhebänken und mit einem zum Eintauchen des ganzen Körpers hinreichenden Becken voll lauwarmen Wassers versehenen Raum, das Tepidarium, worin der Badende sich während ca. 20 Minuten dem Schwitzen überläßt. Zur Erwärmung dieses Raums ist derjenige Teil des Fußbodens, welcher nicht von dem erwähnten Wasserbecken eingenommen wird, meist aus Lattenwerk hergestellt, unter welchem die Heizröhren liegen; b) einen zweiten, mittels einer ähnlichen Heizanlage auf 45–50° R. erwärmten Raum, das Sudatorium, worin der Badende 4–5 Minuten verweilt, um in völlige Transpiration zu geraten; c) einen dritten, zum Frottieren und zu der Behandlung in warmem und kaltem Wasser bestimmten Raum, das Lavacrum, worin eine größere Wanne mit warmem Wasser und eine Anzahl verschiedener warmer und kalter Douchen enthalten sind. Erst wenn eine genügende Abkühlung erfolgt ist, wird der Badende sorgfältig mittels erwärmter Leintücher trocken abgerieben; d) je eine Badezelle, welche zum Entkleiden und zum Ausruhen dient, wo der Badende nach dem B., nur mit einem Leintuch bedeckt, ca. 20 Minuten auf einem Ruhebett verweilt und sich wieder ankleidet, um sodann die Anstalt zu verlassen.

Die Medizinalbäder bestehen in Wannenbädern, jedoch machen dieselben oft Zusätze erforderlich, welche (wie die Schwefelbäder) unangenehme Ausdünstungen veranlassen, weshalb sie meist eine von den übrigen Bädern getrennte Lage erhalten. Die zu sogen. reizenden Bädern bestimmten Wannen müssen mit einer Bekleidung versehen sein, welche den Angriffen der zum Wasser gemachten Zusätze, wie Salz, Asche, Senfmehl, Lauge oder Pottasche, auf die Dauer widersteht.

Einrichtungen ganzer Badeanstalten. Werden die Badeanstalten für Gesunde und zwar zur [225] Erhaltung und Beförderung der Gesundheit angelegt und auf den Gebrauch des natürlichen Wassers beschränkt, so erhalten dieselben meistens warme und kalte Wannenbäder in Verbindung mit Douchebädern, zu welchen, wenn auch eine heilsame Bewegung des Körpers ermöglicht werden soll, die Schwimmbäder hinzutreten, während bei einzelnen neuern Badeanstalten die letztern allein angelegt sind oder wenigstens die Hauptbestandteile derselben bilden. Sollen die Badeanstalten für Kranke und zwar zur Wiederherstellung ihrer Gesundheit erbaut werden, so erhalten dieselben meist Medizinalbäder ohne oder mit Douchen, in Verbindung meist mit Dampfbädern, seltener mit römischen oder römisch-irischen Bädern. Als die vielseitigsten Badeanstalten sind diejenigen zu betrachten, bei welchen beide Zwecke vereinigt und sämtliche genannte Bäder verbunden werden.

Zu den am meisten entwickelten Badeanstalten der neuern Zeit gehören unter andern das von Kyllmann und Heyden für Rechnung einer Aktiengesellschaft erbaute Admiralsgartenbad in Berlin, die Bremer Badeanstalt und das römische B. am Praterstern in Wien. Das für Gesunde und zu Kurzwecken bestimmte Admiralsgartenbad enthält außer einer Abteilung für Wannenbäder erster und zweiter Klasse mit über 100 Zellen eine Abteilung für römisch-irische, russische, Douche- und Krankenbäder sowie ein großes, von Zellen in zwei Etagen umgebenes, mit Eisen und Glas überdachtes Schwimmbassin. Die Wannen in den Wannenbädern erster und zweiter Klasse bestehen bez. aus einem Blocke karrarischen Marmors und aus Zink, während die aus Einem Stück bestehenden Wannen der Krankenbäder aus gebranntem Thon hergestellt sind. Die Heizungs-, Ventilations- und Wasserleitungsanlagen gehen sämtlich vom Kesselhaus aus. Drei große Dampfkessel, darunter einer zur Reserve, entwickeln das für die Anstalt nötige Dampf- und Heißwasserquantum für die Bäder und die durch kombinierte Luft-, Wasser- u. Dampfheizung bewirkte Heizung der Räume und speisen zwei Dampfmaschinen, welche zur Bewegung zweier großer Ventilatoren sowie für die Apparate der Waschküche, Zentrifugen, Wasch-, Trocken- und Rollvorrichtungen dienen.

Die Bremer Badeanstalt enthält außer dem Kesselhaus und einer Waschanstalt Wannenbäder mit einem Douchensaal, Medizinalbäder und Reinigungsbäder, römisch-irische und Dampfbäder sowie eine große zweistöckige Schwimmhalle mit innern und äußern Umgängen, zwischenliegenden Zellen und getrennten Treppenanlagen zur Verbindung jener Umgänge. Die Anstalt ist für zwei Klassen mit getrennten Eingängen bestimmt, wovon die erste im obern Stockwerk untergebracht ist. Der Betrieb der Anstalt wird mit Einschluß der Heizung aller Räume durch Dampf bewirkt, welcher in zwei Kesseln erzeugt und von einem mit den Kesseln verbundenen Dampfsammler aus in acht verschiedenen Leitungen nach der Schwimmhalle, einem Heißwasserreservoir, in die Räume der Wannen- und Vollbäder, der Wartesäle, Eingänge, Treppen, Umgänge und Kasse, in das römische und russische B. sowie zur Dampfmaschine, Dampfpumpe und Trockenkammer geleitet wird.

Das 1872 und 1873 von Klauß und Groß erbaute, auf Aktien gegründete römische Bad in Wien bedeckt 4990 qm Grundfläche und hat 114 m vordere Frontlänge. Durch den an der schmalen, 19 m breiten Frontseite befindlichen Eingang gelangt man in ein mit pompejanischer Malerei versehenes Vestibül mit Kasse, Restaurant und Foyer, von wo eine Marmortreppe zu den Bädern führt. Das Männerbad besteht, ähnlich wie das Frauenbad, außer einer Vorhalle in dem mit byzantinischem Kuppelbau überdeckten warmen Bassin, in den pompejanisch dekorierten warmen Luftbädern, dem Dampfbad, dem lauen und kalten Bassin sowie dem Douchensaal, den Kabinen, dem Frisier-, Hühneraugenoperations- und Abtrocknungssalon. Überdies enthält das Gebäude für die Funktionäre u. für Kurgäste die nötigen Wohnräume.

Die in fließenden oder stehenden Gewässern nur für den Sommergebrauch angelegten Badeanstalten beschränken sich meist auf Zellenbäder oder auf Schwimmbäder und bestehen dann aus Holzbauten, welche auf Flößen, auf hohlen Tonnen oder Pontons ruhen u. oben offen oder mit Segeltuch überspannt sind.

Bad, in der chemischen Technik eine Vorrichtung zur möglichst gleichmäßigen Erhitzung von Substanzen. Gefäße, welche man direkt der Flamme aussetzt, sind Temperaturschwankungen unterworfen, die auch bei Anwendung von selbstthätigen Flammenregulatoren kaum zu vermeiden sind. Dagegen wird leicht eine sehr gleichmäßige Verteilung der Wärme erzielt, wenn man das Gefäß in eine Flüssigkeit oder in Sand einsenkt und diese erhitzt. Ein Sandbad besteht aus einem eisernen Kessel über einer Feuerung, welcher mit trocknem und gesiebtem Sand gefüllt ist. Das Wasser- oder Marienbad ist ein Wasserkessel, der mit einer mit kreisrunden Öffnungen zum Einhängen von Schalen und Büchsen versehenen Platte verschlossen ist (Beindorfscher Apparat). Wird das Wasser im Kochen erhalten, so beträgt die Temperatur in den eingehängten Gefäßen stets einige Grade weniger als 100°. Gewöhnlich tauchen aber die Büchsen oder Schalen nicht in das kochende Wasser, sondern werden nur von dem aus letzterm sich entwickelnden Wasserdampf umspült (Dampfbad). Höhere Temperaturen erzielt man durch siedende gesättigte Salzlösungen, und zwar erhält man mit

kohlensaurem Natron eine Temperatur von 104,6°
Salmiak 114,2°
essigsaurem Natron 124,4°
kohlensaurem Kali 135,0°
essigsaurem Kali 169,0°
Chlorcalcium 179,5°
Chlorzink 300,0°

Man muß aber bei Anwendung solcher Lösungen das verdampfende Wasser ab und zu ersetzen, und die zu erhitzenden Gefäße müssen in die Lösung eintauchen. Zu ähnlichen Zwecken benutzt man Öl- und Paraffinbäder (bis etwa 370°), Bäder von Phenanthren, wasserfreiem Chlorzink (bis gegen 400°) und leichtflüssigen Metalllegierungen, wie Roses, Woods Metall etc. (Metallbäder). Luftbäder benutzt man besonders zum Trocknen, indem man einen Tiegel und eine Röhre in einem verschlossenen Metallgefäß, welches durch eine Flamme erhitzt wird und mit einem Thermometer versehen ist, so aufstellt, daß eine Berührung mit den heißen Metallwänden vermieden wird.


Jahres-Supplement 1890–1891
Band 18 (1891), Seite 7374
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[73] Bad. Eine größere Bedeutung haben in der neuesten Zeit die Volksbrausebäder erlangt, welche den unbemittelten Volksklassen die Wohlthat gesundheitsfördernder Reinigungsbäder gewähren sollen. Während das in England seit etwa 40, in Deutschland seit ungefähr 35 Jahren in Aufnahme gekommene öffentliche Badewesen die Brausebäder früher nur in Verbindung mit andern Bäderarten, Wannen-, Schwimm- und sonstigen Bädern, kannte, haben sich dieselben als selbständige und ausschließliche Form für Volksbadeanstalten erst neuerdings, insbesondere seit der 1883 in Berlin veranstalteten Hygieneausstellung, Eingang verschafft und sind seitdem mehr und mehr in Zunahme begriffen. Die Bedingung, ein warmes Reinigungsbad für einen dem Einkommen der ärmern Bevölkerungsklassen entsprechenden Preis liefern zu können, wird durch das Brausebad erfüllt. Für 10 Pf. läßt sich zur Zeit ein Brausebad von 20 Lit. und 25–28° C., Lieferung von Handtuch und Seife eingeschlossen, verabfolgen. Die technische Einrichtung des Bades ist selbstverständlich so einfach und raumsparend wie möglich. Zellen von etwa 1,5 m Länge und 1,10 m Breite werden mit einer festen Brause für warmes Wasser u. einer Schlauchbrause für kaltes (bei Frauenbädern auch für warmes) Wasser versehen. Die festen Brausen haben eine schräge Stellung, um alle Körperteile dem Strahle bequem aussetzen zu können, ohne gezwungen zu sein, Kopf und Haupthaar zu benetzen. Wände und Decken werden in Ölfarbe gestrichen oder mit Fliesen bekleidet, der Fußboden erhält einen Estrich oder Fliesenbelag mit entsprechendem Gefälle und wird unter der Brause mit einem Lattengitter bedeckt. Ein einfacher Ecksitz, darüber ein Kleiderrechen und kleiner Spiegel sowie ein in der Nähe der Brause befestigter Seifenapf vervollständigen die Ausstattung der Zellen. Diese Einfachheit, besonders aber das Fehlen jeden Badegefäßes und somit der Gelegenheit zur Ablagerung von Unreinlichkeiten und Ansteckungsträgern machen die Brausebäder namentlich vom hygienischen Standpunkt aus zu einer überaus geeigneten Form für Volksbäder. Durch Zusammenlegung einer größern Zahl von Zellen wird die Badeanstalt gebildet, zu deren Vervollständigung dann noch eine Wäscherei, eine bei kleinen Anlagen wohl gleich mit Trockenvorkehrungen verbundene Heizeinrichtung, Kasse und Warteraum, Aborte und Gerätegelasse gehören. Eine zweckmäßige Plananordnung mit Männer- und Frauenabteilung (die letztere etwas kleiner, weil die Frauen diese Badeanstalten erfahrungsmäßig weniger benutzen) gibt die Abbildung (Fig. 1 u. 2). Einfacher noch war die Anlage, mit welcher D. Grove und Lassar in Berlin auf der Hygieneausstellung daselbst 1883 das Volksbrausebad einführten. Sie bestand aus je fünf in ein kleines rechteckiges Wellblechgebäude eingebauten Zellen für Männer und Frauen. Die Zellen lagen Rücken an Rücken, mündeten auf je einen Flurgang und wurden auf der einen Schmalseite des Häuschens durch

Fig. 1. Längenschnitt einer Badeanstalt (Brausebäder).
Fig. 2. Grundriß. A Warteraum für Frauen, B für Männer, C Kasse, D 1–5 Badezellen für Frauen, E 1–7 für Männer, F Wäscherei, a Waschmaschine, b Waschkessel, c Badeofen, d Bottich mit Ringmaschine, G Trockenraum, e Rolle, f Tisch, H Utensilienkammer, J schmutzige, K reine Wäsche.

den Heiz- und Trockenraum und die Kasse, auf der andern durch den Waschmaschinenraum und je einen Abort begrenzt. Während der Ausstellungszeit vom 10. Mai bis 30. Juli haben dort 5730 Männer und 1570 Frauen, im ganzen 7300 Personen, zum Preise von je 10 Pf. gebadet. Wesentlich billiger noch stellt sich das B. für den Einzelnen bei Anstalten, wo mehrere Personen gleichzeitig in einem größern, mit zahlreichen Brausen ausgestatteten Raume baden können, wie z. B. in Kasernen, Arbeiter-Barackenlagern, Fabriken, Bergwerken etc. Wie anderorts, so ist das Volksbrausebad neuerdings besonders in Berlin und Wien in Aufnahme gekommen. In erstgenannter Stadt hat sich seine Pflege namentlich der seit 1872 bestehende Berliner Verein für Volksbäder angelegen sein lassen. Er hat mit Unterstützung der Stadtgemeinde 1888 zwei Badeanstalten eröffnet, in [74] denen im ersten Betriebsjahr zusammen 175,998 Bäder verabfolgt worden sind, zum Teil allerdings auch Wannenbäder, die der Verein noch nicht ganz aufgeben will, weil sich die Bevölkerung nur langsam an das Brausebad gewöhnt. Die größte Frequenz im Jahre zeigte der Ostersonnabend mit zusammen 2400 Bädern. Von den Badenden waren durchschnittlich 3/4 Männer, 1/4 Frauen. Das finanzielle Ergebnis ist nicht ungünstig gewesen und hat die Stadtverwaltung veranlaßt, nunmehr auch selbständig mit der Errichtung von Volksbrausebädern, deren zunächst zwei in Aussicht genommen sind, vorzugehen. In Wien wurde die erste öffentliche Brausebadeanstalt 1887 eröffnet. Eine zweite folgte bald, und es ist jetzt, da die Ergebnisse ermutigen, beschlossen worden, in der Leopoldvorstadt zwei und in jedem andern Stadtbezirk vorläufig je eine Anstalt zu errichten, so daß bis 1894 alle Bezirke mit Bädern versehen sein werden. Über Badeanstalten im allgemeinen vgl. Osthoff, Die Bäder und Badeanstalten der Neuzeit (Leipz. 1887, 4 Hefte).

Anmerkungen (Wikisource)

  1. 36 °R = 45 °C, vgl. Thermomēter in Band 15.