MKL1888:Aufzüge
[70] Aufzüge,[WS 1] Vorrichtungen zur Vertikalförderung von Personen und Lasten auf senkrechten oder ansteigenden Bahnen in Wohnräumen, Warenhäusern, Magazinen, öffentlichen Gebäuden, industriellen Anlagen, Hüttenwerken (besonders Gichtaufzüge, s. d.), Bergwerken (in diesem Fall Schachtförderung genannt), werden, in kleinern Dimensionen ausgeführt, auch als Fahrstühle bezeichnet. Die zu einem kompletten Aufzug für Personen oder Lasten gehörigen Hauptbestandteile sind: der Motor (Menschen-, Tier-, Wasser-, Dampfkraft, Elektrizität etc.), eine Windevorrichtung (nach Art der Trommelwinden mit Seil oder Kette, oder der Paternosterwerke mit endloser Kette, oder nach Art der hydraulischen Pressen etc.), der zur Aufnahme der Last bestimmte Teil (Fördergestell, Förderschale, Förderkorb, auch Fahrstuhl im engern Sinn genannt) mit dessen Führungen oder Leitbäumen (die aus Balken, Eisenschienen oder Seilen bestehen) und endlich die Sicherheitsvorrichtungen, durch welche die höchste Sicherheit des Betriebs erreicht werden soll, und die besonders bei Personenaufzügen von Wichtigkeit sind. Man teilt die A. am besten ein nach der Art ihres Betriebs in 1) Hand-, 2) Transmissions-, 3) Dampf-, 4) hydraulische, 5) pneumatische, 6) elektrische A. Die Handaufzüge, im allgemeinen nur zur Förderung kleinerer Lasten bestimmt, werden zum Aufwinden von Speisen, Brennmaterial, Getreidesäcken etc. in Wohnungen, Magazinen, Mühlen etc. benutzt;
Fig. 1. | |
Fahrstuhl (Stuhlwinde). | |
die eigentliche Hebemaschine ist bei ihnen gewöhnlich ein Handhaspel. Die Transmissionsaufzüge werden von einer stetig laufenden Transmissionswelle aus, die außer dem Aufzug noch andre Maschinen zu treiben hat, durch Einrückung eines Riemenbetriebs, eine Kuppelung etc. in Bewegung gesetzt; sie werden als Personen- und Lastenaufzüge da gebraucht, wo von einer Transmission genügende Kraft abgegeben werden kann. Der älteste und gebräuchlichste dieser A. ist der mit dem speziellen Namen Fahrstuhl (Stuhlwinde) belegte (Fig. 1). Von der Transmissionswelle a aus wird die hölzerne Riemenscheibe b betrieben, deren gleichfalls hölzerne Welle c als Windetrommel für das über die Leitrolle d geführte Seil dient, welches den Stuhl e, der zur Aufnahme der Last dient, an dem Leitbaum h durch alle Etagen führt. Durch kräftiges Ziehen an einem Zugseil f kann man die Scheibe anheben, so [71] daß der dadurch gespannte Riemen die Scheibe b umdreht und die Last aufwindet. Läßt man nun das Seil f ganz los, so fällt Scheibe b herab und klemmt sich zwischen den beiden Bremsbacken g fest, so daß der Stuhl e in seiner Höhenlage verbleibt. Zieht man aber Seil f nur mäßig an, so wird weder ein Festklemmen der Scheibe noch ein Anspannen des Riemens eintreten, so daß sich c unter der Einwirkung der Last rückwärts drehen kann und der Stuhl sinkt. Von andern Ausführungen der Transmissionsaufzüge sind besonders die amerikanischen (von A. Masan in Providence, Otis Brothers in New York u. a.) hervorzuheben. Zu den Transmissionsaufzügen gehören auch die Elevatoren oder Becherwerke, bestehend aus einer Eimer- oder Kastenkunst (s. Paternosterwerke), zum Heben von körnigen, lockern Massen (Kohlenklein, Erze, Korn, Kartoffeln, Mehl etc.). Über den Injektor-Elevator zu gleichem Zweck, den man zu den pneumatischen Aufzügen rechnen könnte, s. Strahlapparate. Ähnlich den Elevatoren sind manche Arten von Gichtaufzügen eingerichtet, welche sowohl als Transmissions- wie als Dampfaufzüge
Fig. 2. | |
Seitenansicht. | |
Grundriß. Fördermaschine. | |
ausgeführt werden. Zwischen zwei parallelen Ketten ohne Ende werden die zu fördernden Wagen mit Erzen oder Kohlen entweder direkt mittels Haken, Bolzen etc. in die Glieder der Kette eingehakt, oder auf besondere, an den Ketten befestigte Platten gestellt. Die Dampfaufzüge haben zu ihrem Betrieb besondere Dampfmaschinen. Durch diese kann entweder mittels einer Vorgelegewinde oder eines Flaschenzugs die Bewegung des Fördergerüstes hervorgebracht werden. Die Dampfaufzüge mit Dampfwinde (Dampfhaspel) werden mit einem Seil (Kette) und einer Windetrommel (eintrumig), häufig aber auch mit zwei Seilen und zwei Trommeln (zweitrumig) ausgeführt. Im erstern Fall verrichtet die Dampfmaschine nur beim Aufwinden Arbeit, um die Last mit dem Fördergestell aufwärts zu fördern; das Hinabsenken des leeren Gestelles geschieht ohne Arbeit der Dampfmaschine durch Bremsung, wobei die Arbeit, welche das herabgleitende Gestell leistet, in Reibung verwandelt wird und so für Hebungszwecke verloren geht. Vorteilhafter sind die (zweitrumigen) Dampfaufzüge, deren beide Trommeln an einer gemeinschaftlichen Welle sitzen, während die Seile in umgekehrter Richtung herumgeschlungen sind, so daß sich bei jeder Drehungsrichtung eins derselben auf-, das andre abwickelt. Hier wird jedesmal das am herabgehenden Seil hängende leere Gestell die Maschine beim Aufziehen des andern belasteten Gestelles unterstützen. Die Dampfmaschine muß so eingerichtet sein, daß man sie beliebig nach beiden Richtungen hin rotieren lassen kann, was man durch eine sogen. Umsteuerung (s. Steuerung) erreicht. Diese Arten von Aufzügen finden in Fabriken und Magazinen, bei Hochöfen als Gichtaufzüge, vor allem aber bei Bergwerken als Schachtförderungen Verwendung. Fig. 2 zeigt die Anordnung einer solchen Fördermaschine. a Dampfcylinder, b Schwungradwelle, c Rädervorgelege zum Betrieb der Welle mit den Trommeln d, e, von
Fig. 3. | |
Direkt wirkender hydraulischer Aufzug. | |
welchen die Seile f, g über die Leitrollen h, i nach den Fördergestellen hingehen, von denen nur k sichtbar ist; l, l sind die Leitbäume. Drehen sich die Trommeln in der Richtung des Pfeils, so wickelt sich g von e ab, f auf d auf und umgekehrt. Statt zweier Trommeln mit zwei Seilen verwendet man auch wohl eine Scheibe mit keilförmiger Nute und einem dareingelegten Seil, dessen beide Enden abwärts hängend die beiden Förderschalen tragen. Die Scheibe wird abwechselnd nach beiden Seiten hin gedreht und nimmt dabei das Seil durch Reibung in der Keilnute mit (Gichtaufzüge und Köpesche Förderung). Die mittels Flaschenzüge wirkenden Dampfaufzüge bestehen aus einem Dampfcylinder, an dessen Kolbenstange ein umgekehrter Flaschenzug angeschlossen ist. Das freie Seilende desselben trägt, über eine Leitrolle herabhängend, die Förderschale. Die Einrichtung ist derjenigen der hydraulischen A. mit Flaschenzug (Abbildung und Beschreibung weiter unten) sehr ähnlich. Die hydraulischen A. umfassen die durch Wasserräder und Wassersäulenmaschinen betriebenen A. Die Wasserradaufzüge sind bei Bergwerken als Fördermaschinen im Gebrauch, die Wasserräder selbst als sogen. Kehrräder konstruiert, d. h. als zwei nebeneinander auf einer Welle sitzende oberschlächtige Räder von umgekehrter Schaufelstellung. Je nachdem man nun das Wasser durch Aufziehen von Schützen auf das eine oder andre dieser Räder aufschlagen läßt, dreht sich die Welle rechts oder links herum und wickelt dabei zwei Seile mit Fördergefäßen auf [72] zwei Trommeln abwechselnd auf und ab. Wassersäulenaufzüge haben entweder mit rotierenden Wassersäulenmaschinen ausgestattete Winden von ähnlicher Einrichtung wie bei den Dampfaufzügen, oder sie wirken durch einen hydraulischen Cylinder mit Kolben ohne rotierende Teile und zwar teils direkt, teils mittels eines Flaschenzugs auf das Fördergestell. Fig. 3: Aufzug mit direkt an dem Kolben befestigter Plattform (direkt wirkender hydraulischer Aufzug). B hydraulischer Cylinder, der durch das Rohr H mit Absperrventil J von einer Wasserleitung oder einem Akkumulator aus mit Druckwasser gespeist wird, A Kolben, am obern Ende von B durch eine Stopfbüchse gehend, wird durch das Druckwasser angehoben, C Förderschale (Plattform), D Säulen zur Führung der Plattform, G Gegengewichte zur Abbalancierung des Gewichts der Plattform und des Kolbens, an Seilen E hängend, die über Rollen F gehen. Fig. 4: hydraulischer
Fig. 4. | |
Indirekt wirkender hydraulischer Aufzug. | |
(indirekt wirkender, Armstrongscher Wasserdrucks-) Aufzug mit umgekehrtem Flaschenzug. Der Plungerkolben A wird durch das Betriebswasser von hohem Druck aus dem Hebecylinder B aufwärts geschoben. Er trägt die beiden losen Kettenrollen C, deren feste Gegenrollen D unterhalb mit dem solid fundierten Hebecylinder verbunden sind. Die bei E am Cylinder befestigte Kette K geht nach Umschlingung der vier Rollen C, C, C, D in die Höhe, um die lose Rolle F an ihrem Gehäuse zu ergreifen, deren Kette K1 bei G befestigt ist, um anderseits nach Umführung über die festen Rollen H und J das an den Leitbäumen L, L gleitende Fördergestell P zu tragen. Die Bewegungsübersetzung
Fig. 6. | |
Zu Fig. 6. Elektrischer Aufzug. | |
ist hier eine achtfache, d. h. das Gestell P bewegt sich achtmal so schnell wie der Kolben, kann dafür aber auch nur ein Achtel soviel heben (ohne Berücksichtigung der Reibung), als der Kolben direkt heben könnte. Die direkt wirkenden hydraulischen A. zeichnen sich von den indirekt wirkenden durch Einfachheit der Anordnung und geringen Reibungsverlust aus, sind aber nur für geringe Förderhöhen auszuführen; sie sind besonders geeignet zum Personentransport in Wohnhäusern, Hotels etc., während die indirekten auch als Gichtaufzüge etc. vielfach Anwendung finden. Die pneumatischen A. haben entweder einen Lufthaspel, d. h. einen Haspel, der durch einen nach Art einer Dampfmaschine mit Rotation eingerichteten, aber durch komprimierte Luft betriebenen Motor bewegt wird, oder sie bestehen aus einem langen, aufrecht stehenden, pneumatischen Cylinder mit Kolben, der entweder direkt oder indirekt die Förderschale oder Plattform hebt (die eigentlichen pneumatischen A.). Fig. 5 zeigt einen indirekt wirkenden pneumatischen Aufzug. Die Plattform A ist durch vier über Seilrollen geführte Drahtseile B mit dem Kolben C in Verbindung gesetzt, welcher, in der in der Mitte aufgestellten Röhre dicht schließend, durch den äußern Luftdruck abwärts gedrückt wird, sobald eine Luftpumpe aus dem Cylinder D durch die Röhre E Luft ansaugt. Um die leere Plattform niederzulassen, drückt die Luftpumpe wieder Luft in den Cylinder hinein. Die pneumatischen A. mit Lufthaspel finden im Bergbau Verwendung, die mit pneumatischem Cylinder fast ausschließlich als Gichtaufzüge. Bei den elektrischen Aufzügen (Fig. 6) von Siemens u. Halske befindet sich die Windevorrichtung unten an dem Fördergestell F selbst in einem Kasten H [73] eingeschlossen in Form einer sekundären elektrischen Maschine M (elektrodynamischen Kraftmaschine), welche mittels Schnecke S und Schneckenrad die Räder R1 R2 in Bewegung setzt.
Fig. 5. | |
Pneumatischer Aufzug. | |
Diese greifen in die Sprossen einer leiterförmigen Zahnstange L ein und klettern so, das Fördergestell mitnehmend, an derselben auf und ab. Die Elektrizität wird von einer primären elektrischen Maschine (Induktionsmaschine) durch die Leiter L und die Leitrollen r einerseits und die bei x befestigten Bandseile D anderseits geleitet, welche zugleich auch zur Ausbalancierung des Gewichts des Fördergestelles mittels Gegengewichte dienen. Vgl. Riedler, Personen-, Lastenaufzüge und Fördermaschinen (im Bericht über die Weltausstellung in Philadelphia 1876, Heft 20); Hauer, Die Fördermaschinen der Bergwerke (Leipz. 1874); Weißbach, Ingenieurmechanik, 3. Teil, 2. Abteil. (Braunschw. 1880). – In der Weberei bezeichnet man mit Aufzug bisweilen die Kette.