Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Atrŏpa“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 2 (1885), Seite 24
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Atrŏpa. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 2, Seite 24. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Atr%C5%8Fpa (Version vom 28.12.2022)

[24] Atrŏpa L. (Tollkraut, Tollkirsche), Gattung aus der Familie der Solaneen; die einzige Art, A. Belladonna L. (gemeine Tollkirsche, Wolfswut, Teufelskirsche, s. Tafel „Giftpflanzen II“), mit fleischiger, bräunlichgrauer, innen gelblichweißer, ästiger, ausdauernder, gegen 0,5 m langer, bis fingerdicker Pfahlwurzel, hohem, ästigem, verholzendem Stengel, eiförmigen, zugespitzten, kurzgestielten, ganzrandigen, in der Jugend unten drüsig-flaumhaarigen, am Stengel und an den Hauptästen wechselständigen, an den übrigen Ästen paarweise gestellten Blättern, von denen eins stets kleiner ist als das andre, einzeln achselständigen, großen, hängenden, glockenförmigen, braunvioletten Blüten und kugeliger, glänzend schwarzer, sehr saftiger, säuerlich-süßer, vielsamiger Beere auf dem sternförmig ausgebreiteten Kelch, findet sich in Gebirgswäldern, vorzüglich in Laubwäldern im mittlern und südlichen Europa, auch in West- und Mittelasien, und ist eine der gefährlichsten inländischen Giftpflanzen, deren kirschenähnliche Beeren durch ihr lockendes Ansehen oft schon Unerfahrenen Gesundheit und Leben gekostet haben. Auch die Wurzel und Blätter gehören zu den heftigsten narkotischen Giften und verdanken diese Eigenschaft einem Gehalt von Atropin, welches sich am reichlichsten in der fade süßlich, dann bitter und scharf schmeckenden Wurzel findet; neben demselben kommt ein andres Alkaloid, das Hyoscyamin, vor, welches sich außerdem im Bilsenkraut findet. Die Wirkung der Belladonna ist genau dieselbe wie die des Atropins und nur dem Grad nach verschieden. Wurzel und Blätter der Pflanze sind offizinell. Bei Vergiftungen mit Belladonna sind zunächst Brech- und Abführmittel zu geben. Den Alten scheint die Pflanze unbekannt gewesen zu sein; sie wird zuerst von deutschen Ärzten und Botanikern des Mittelalters erwähnt. In Italien soll die Belladonna wegen der pupillenerweiternden Wirkung zu einem Schönheitswasser benutzt worden sein und davon den Namen Belladonna („schöne Frau“) erhalten haben.