Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Acton“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 1 (1885), Seite 9899
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Acton. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 1, Seite 98–99. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Acton (Version vom 24.01.2023)

[98] Acton (spr. äckt’n), Wohnstadt westlich von London in Middlesex (England), mit (1881) 17,125 Einw.

Acton (spr. äckt’n), 1) Sir John Francis Edward, Premierminister Ferdinands IV. von Neapel, geb. 1. Okt. 1737 zu Besançon, wo sein Vater, ein katholischer Engländer, Arzt war, trat nach vollendeten Studien in französischen, dann in toscanischen Marinedienst und befehligte 1774 als Fregattenkapitän die von Spanien und Toscana gemeinsam unternommene Expedition gegen die Barbaresken. Darauf in neapolitanische Dienste berufen, gewann er die Gunst der Königin Karoline, wurde Marine-, dann Kriegs-, Finanz- und endlich Premierminister. Ehrgeizig und ränkesüchtig, beeiferte er sich der Königin zuliebe, ein despotisches Regiment zu errichten und Neapel in den Krieg gegen die französische Revolution zu verwickeln. Nachdem 18. Dez. 1792 der französische Admiral La Touche durch ein Bombardement Neapels die Anerkennung der Republik und die Neutralität Neapels erzwungen hatte, wandten sich A. und die Königin entschieden England zu und traten in das engste Verhältnis zu dem englischen Gesandten Hamilton und dessen berüchtigter Gattin. Am 12. Juli 1793 kam die Allianz mit England zu stande, und A. suchte nun die italienischen Staaten zu einem Bund gegen Frankreich zu vereinigen. A. wandte alle Kräfte des Staats auf die Vermehrung der Flotte und die Verstärkung des Landheers. Darauf wurde eine sogen. Staatspolizei eingerichtet, die Giunta di stato (1794), die jeden Freisinnigen als des Einverständnisses mit den Franzosen verdächtig verdammte. A. übte diktatorische Gewalt; der Geheime Staatsrat bestand nur aus ihm, dem König und der Königin. Durch Bonapartes Siege schwer bedroht, schloß Neapel durch A. zuerst zu Brescia (5. Juni 1796) einen Waffenstillstand, dem der Friede zu Paris (11. Okt. 1796) mit für Neapel günstigen Bedingungen folgte. Aber schon 1798 schloß sich Neapel dem Bündnis Österreichs, Rußlands und Großbritanniens gegen die französische Republik an, und auf Nelsons Rat griff das neapolitanische Heer das französische im Kirchenstaat an. Nach dem unglücklichen Ausgang des Kriegs bewogen A. und Hamilton den König zur Flucht nach Palermo und begleiteten ihn dahin (31. Dez. 1798). Als die parthenopeische Republik 1799 durch den vom Kardinal Ruffo geleiteten Volksaufstand wieder gestürzt wurde, verwarf der König auf Actons Rat die ausbedungene Amnestie, und in dem nun folgenden Blutbad fielen nicht wenige als Opfer der Privatfeindschaft Actons. Der Friede zu Florenz (28. März 1801) löste Neapels Verbindung mit England und beraubte A. und seine Genossen des offenen Einflusses. Im J. 1804 auf Verlangen Frankreichs ganz vom Hof entfernt, begab sich A. nach Sizilien, intrigierte aber im geheimen fort, und auf seinen Rat verletzte Ferdinand IV. den am 21. Sept. 1805 mit Napoleon geschlossenen Neutralitätsvertrag, indem er im November ein Heer von 12,000 Russen und Engländern landen ließ und dem Russen Lacy den Oberbefehl über seine Truppen gab. A. wurde hierauf zurückgerufen und von neuem an die Spitze der Verwaltung gestellt. Durch den Einmarsch der Franzosen im Februar 1806 abermals gestürzt, starb er allgemein verhaßt 12. Aug. 1811 in Palermo.

2) Sir Ferdinand Richard Edward, ältester Sohn des vorigen, geb. 24. Juli 1801, heiratete 1832 Marie Luise, die Tochter Emmerich Josephs, Herzogs von Dalberg, und nahm dessen Namen an. Er starb 31. Jan. 1837 in Paris. Sein einziger Sohn, Lord John Emeric Edward Dalberg-A., geb. 1833, vertrat seit 1859 Carlow in Irland im Parlament und zählt zu den hervorragenden Mitgliedern der antiultramontanen katholischen Partei. In diesem Sinn begründete er 1861 die „Home and Foreign Review“, in der er 1863 mit dem unglücklichen Versuch auftrat, die von ihm wieder an das Licht gezogenen „Matinées royales“ als ein Werk Friedrichs II. von Preußen zu erweisen. Während des vatikanischen [99] Konzils hielt sich A. zu Rom auf als sorgfältiger Beobachter seines Verlaufs. Er gab 1870 ein „Sendschreiben an einen deutschen Bischof des vatikanischen Konzils“ und „Zur Geschichte des vatikanischen Konzils“ (Münch. 1871) heraus. Im J. 1869 wurde er auf Gladstones Antrag zum Peer mit dem Titel Baron A. of Aldenham erhoben und erhielt 1872 von der Münchener philosophischen Fakultät honoris causa die Doktorwürde. Gladstones Schrift über die vatikanischen Dekrete beleuchtete Lord A. 1874 in einer Reihe von Briefen, welche in der „Times“ abgedruckt wurden.