Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Achse“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 1 (1885), Seite 8990
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Achse. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 1, Seite 89–90. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Achse (Version vom 25.01.2022)

[89] Achse (Axe, lat. Axis), im allgemeinen eine gerade Linie, um welche ein stetiges oder unstetiges System von Punkten symmetrisch liegt. Daher heißt in der Geometrie A. einer ebenen krummen Linie diejenige Gerade, welche die erstere in zwei symmetrische Hälften teilt. Vgl. in den Art. Ellipse, Hyperbel, Parabel das über die Achsen dieser Linien Gesagte. Im Kreis kann jeder Durchmesser als A. betrachtet werden. Ebenso bildet in einer Kugel jeder Durchmesser eine A. und zwar eine Rotations- oder Umdrehungsachse, weil man sich die Kugel durch Umdrehung eines Halbkreises um seinen Durchmesser erzeugt denken kann. In diesem Sinn hat jeder Rotationskörper eine A.; die zu derselben senkrechten Schnitte sind sämtlich Kreise. Aber auch andre Körper von symmetrischer Bildung, wie Ellipsoide, Paraboloide etc., ferner die regelmäßigen Körper etc. besitzen Achsen. – In der Physik versteht man unter A. eine durch einen Körper gezogen gedachte gerade Linie oder Richtung, in Bezug auf welche der Körper in seinem Bau, seinen Eigenschaften etc. eine gewisse Symmetrie zeigt; so nennt man z. B. A. eines Magnets die Verbindungslinie seiner beiden Pole, A. einer Linse die Verbindungslinie der Krümmungsmittelpunkte ihrer beiden kugeligen Oberflächen, A. eines Fernrohrs die gerade Linie, auf welcher die Krümmungsmittelpunkte aller seiner Linsen liegen. Bei doppeltbrechenden Kristallen nennt man optische A. jede Richtung, nach welcher sich in denselben die Lichtwellen nur mit einer einzigen Geschwindigkeit fortpflanzen. – In der Mechanik nennt man A. diejenige durch einen Körper gehende gerade Linie, um welche derselbe sich so herumbewegt („rotiert“), daß jeder seiner Punkte einen Kreis beschreibt, dessen Ebene zur A. senkrecht ist, und dessen Mittelpunkt auf der A. liegt. Da infolge dieser Kreisbewegung jedes Körperteilchen das Bestreben erlangt, sich von der A. zu entfernen (Zentrifugalkraft, s. d.), so übt es auf die A. einen Druck aus, welcher durch einen gleichen, aber entgegengesetzt gerichteten aufgehoben wird, wenn die Masse des Körpers rings um die A. gleichmäßig verteilt ist. Eine solche A., auf welche kein aus der Umdrehung entspringender Druck wirkt, heißt eine freie A. Da jedes um eine freie A. rotierende Massenteilchen vermöge der Trägheit in seiner zur A. senkrechten Drehungsebene zu beharren strebt, so zeigt infolgedessen auch die freie A. das Bestreben, ihre Richtung im Raum beizubehalten, und setzt daher einer äußern Kraft, welche sie aus dieser Richtung bringen will, einen um so größern Widerstand entgegen, je größer die Wucht der Rotationsbewegung ist (Steifheit der A.). Über die A. in der angewandten Mechanik s. Achsen und Achsenbüchsen. – In der Astronomie versteht man unter A. des Himmels oder Weltachse die gerade Linie, um welche sich der Himmel bei seiner scheinbaren täglichen Rotation dreht; ihre Endpunkte sind der Nord- und Südpol am Himmel. Die Erdachse ist dasjenige Stück derselben, welches in den Erdkörper fällt; ihre Endpunkte sind der irdische Nord- und Südpol. Da die Weltachse samt der Erdachse im Mittelpunkt senkrecht auf der Ebene des Äquators und aller mit diesem parallelen Kreise steht, so ist dieselbe zugleich A. des Äquators und der Parallelkreise; ebenso sind die Achsen der Ekliptik und des Horizonts diejenigen geraden Linien, welche senkrecht auf dem Kreis der Ekliptik und dem des Horizonts in deren Mittelpunkten stehen. Da die Planeten und Kometen Ellipsen, Parabeln oder Hyperbeln [90] beschreiben, so hat bei ihren Bahnen der Ausdruck A. die bei den genannten Kurven übliche Bedeutung. – In der Mineralogie heißen Achsen gerade Linien, die durch den Mittelpunkt eines Kristalls gehen und entweder die Ecken, oder die Mitte von Flächen, oder die Kanten miteinander verbinden. Die Längenverhältnisse und die Lage dieser Kristalldimensionen sind wesentlich für die verschiedenen Kristallformen. – Über A. in der Botanik s. Achsenorgan. – In der Zoologie ist die Hauptachse diejenige Linie, welche man sich im Tierkörper senkrecht durch die Verdauungshöhle gezogen denkt, so daß sie den Mund (oralen Pol) und die ihm entgegengesetzte Stelle des Körpers (aboralen Pol) trifft. Bei einem gleichmäßig cylindrischen oder kugeligen Tier kann man senkrecht auf diese A. beliebig viele unter sich gleichwertige Nebenachsen ziehen; letztere werden aber ungleichwertig, sobald sich an dem Körper eine Bauch- und eine Rückenfläche sowie eine rechte und eine linke Seite unterscheiden lassen. – In der Architektur nennt man A. die gerade Linie, welche durch die Mitte eines Gebäudes der Länge (Längen-, Längsachse) oder der Breite nach (Querachse) gezogen wird. Durchgehende Achsen sind für die Disposition des Grundrisses bestimmend. Die entscheidende derselben ist die Hauptachse. Die A. einer Säule ist die durch die Mittelpunkte ihrer Durchmesser gezogene gerade Linie.