MKL1888:Achmed Wefik Pascha

Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Achmed Wefik Pascha“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 1 (1885), Seite 88
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Achmed Wefik Pascha. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 1, Seite 88. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Achmed_Wefik_Pascha (Version vom 18.10.2023)

[88] Achmed Wefik Pascha, türk. Staatsmann, geboren um 1818 zu Konstantinopel, Sohn eines zum Islam übergetretenen Griechen und einer Jüdin, begleitete seinen Vater 1834 nach Paris, wo er im Collège Ste.-Barbe erzogen wurde. Nach mehrjährigem Aufenthalt in Paris nach Konstantinopel zurückgekehrt, erhielt er eine Anstellung im Übersetzungsbüreau, dessen Chef er bald wurde. Auf Grund eingehender historischer und statistischer Studien gab er seit 1847 ein statistisches Jahrbuch über die Türkei heraus („Salaamè, ou Annuaire de l’Empire ottoman“). Ende 1847 wurde er zum Kommissar der Pforte in den Donaufürstentümern ernannt und darauf, da er ein großes diplomatisches Geschick bewies, 1851 als Gesandter nach Persien geschickt, wo er bis 1855 blieb und die russische Allianz zu verhindern wußte. Nach seiner Rückkehr ward er Mitglied des Staatsrats und des hohen Kriegsrats, endlich des Tanzimats. Er galt für eins der Häupter der türkischen Reformpartei. Nachdem er 1857 kurze Zeit Justizminister und 1860–61 Gesandter in Paris gewesen, wo er sich aber durch seinen heftigen Protest gegen die syrische Expedition die Ungunst des Hofs zuzog, wurde er zum Vorstand des Evkafministeriums ernannt, machte sich aber durch schroffes Einschreiten gegen die Mißbräuche unbeliebt und wurde 1863 abgesetzt. Er blieb nun eine Zeitlang ohne Amt und widmete sich seinen gelehrten Studien; als „Einsiedler von Rumili Hissar“ erlangte der bedeutende Philosoph eine gewisse Berühmtheit. Auch übersetzte er Molières Werke ins Türkische und schrieb ein geographisches Handbuch für Volksschulen. Im J. 1877 ernannte ihn der Sultan zum Präsidenten der ersten türkischen Deputiertenkammer, in welcher er mit despotischer Strenge schaltete und, indem er kein offenes Wort duldete, jede ersprießliche Thätigkeit des Parlaments vereitelte. Darauf ward er Generalgouverneur von Adrianopel, Februar bis Mai 1878 Premierminister, als welcher er den Frieden von San Stefano unterzeichnete, und ging darauf als Wali nach Brussa, wo er sich aber durch seine leidenschaftliche Strenge wenig beliebt machte, weshalb er 1882 abgesetzt wurde.