Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Abráxas“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 1 (1885), Seite 53
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Abráxas. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 1, Seite 53. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Abr%C3%A1xas (Version vom 15.05.2021)

[53] Abráxas, ein mystisch-theosoph. Wort, welches nach Bellermann („Versuch über die Gemmen der Alten mit dem Abraxasbild“, Berl. 1817–19, 3 Stücke) aus den ägyptischen Worten Abrak und Sax (Sadschi) zusammengesetzt ist und das „heilige Wort“, der „gebenedeite Name“ bedeutet, nach Grotefend aber persischen oder vielmehr pehlewischen Ursprungs ist und das ganze pehlewische Ziffersystem umfaßt, wenn man es in seiner angeblich ursprünglichen Form Abrasax nimmt. Nach Irenäus nannte der christliche Gnostiker Basilides (um 130) den Inbegriff der 365 Himmel- oder Geisterreiche, in die er nach der Analogie der 365 Tage des Jahrs die Gottheit sich ausbreiten läßt, d. h. Gott selbst, insofern er sich offenbart hat, im Gegensatz zu dem Gott an sich, A. oder Abrasax, indem dieser Name die Zahl 365 ausdrücken sollte (A=1, b=2, r=100, a=1, s=200, a=1, x=60, nach griechischer Zählung, gibt 365). Daher finden viele Paläographen in A. nichts andres als eine nach bloßer Zahlenbedeutung gemachte, übrigens sinnlose Zusammenstellung rein griechischer Buchstaben. Das Wort ging mit seiner geheimnisvollen Bedeutung von den Basilidianern zu den Priscillianisten und bald darauf zu allen magischen und alchimistischen Sektierern über. Vgl. Matter, Histoire critique du gnosticisme (2. Aufl., Par. 1843–44, 3 Bde.). Abraxasgemmen oder Abraxassteine sind zunächst die zahlreich vorkommenden geschnittenen Steine verschiedener Art und Form, auf welchen neben natürlichen Bildern, meist Zusammensetzungen aus menschlichem Rumpf und Armen, Hahnenkopf und Schlangenfüßen, oder andern vieldeutigen Symbolen das Wort A. oder Abrasax und andre unverständliche Worte in griechischer Schrift vorkommen; in weiterm Sinn aber auch alle Steine, auf denen sich rätselhafte Zusammenstellungen von Menschen- und Tiergestalten, Pflanzen, Schriftzügen etc. finden. Bellermann schließt den Begriff der eigentlichen Abraxasgemmen (basilidianische) in sehr enge Grenzen und unterscheidet von ihnen die Abraxoiden

Abraxasgemme.

(mit abweichendem Typus) und Abraxaster (heidnischen Inhalts), die beide wiederum in Unterarten zerfallen. Die eigentlichen Abraxasgemmen (s. beistehende Abbildung und Tafel „Gemmen“) mit menschlichen Armen, einem Hahnenkopf und Schlangenfüßen, in der rechten Hand eine Peitsche, in der linken einen Kreis oder Kranz mit einem darin befindlichen Zweig von der Gestalt eines Doppelkreuzes, scheinen den Basilidianern anzugehören, andre andern gnostischen Sekten; manche stammen auch aus dem Heidentum und zeugen für den Zusammenhang der Abraxasgemmen mit alexandrinischer Theurgie, die meisten aber wurden erst im Mittelalter als Talismane gefertigt. Vgl. Barzilai, Gli Abraxas (Triest 1873).