Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Überlandpost“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 15 (1889), Seite 963
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Überlandpost. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 15, Seite 963. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:%C3%9Cberlandpost (Version vom 22.06.2022)

[963] Überlandpost, die Postbeförderungs-Einrichtungen der großen internationalen Postkurse, auf denen ein regelmäßiger Austausch bedeutender Korrespondenzmassen zwischen entfernten Ländern über zwischenliegende Postgebiete auf dem Landweg stattfindet, im engern Sinn die indische Ü., d. h. die regelmäßige Vermittelung des Briefverkehrs zwischen Großbritannien, Indien, Ostasien und Australien auf dem Weg über Frankreich und Italien. Die Absendung der indischen Ü. erfolgt jeden Freitag abends aus London über Dover, Calais, den Mont Cenis und Brindisi (in Brindisi Montag Mittag), von wo ab die Post durch Dampfer der Peninsular and Oriental Steam-Ship Company durch den Suezkanal, Bombay und Ceylon anlaufend, nach Kalkutta geführt wird. Jeden zweiten Freitag schließt sich in Ceylon eine Linie nach Ostasien und Australien an (große Ü.: Indian-Australian Mail). Die englisch-indische Ü. umfaßt (1889) jährlich rund 60,000 geschlossene Postsäcke mit einem Gesamtgewicht von 900,000 kg, wovon ungefähr 45,000 Säcke auf die Richtung aus Europa und 15,000 Säcke auf die Richtung aus Indien entfallen. Einzelne größere Posten zählten bis zu 2000 Säcken, welche auf der Eisenbahn eine stattliche Zahl von Packwagen anfüllen. Von den über Brindisi gehenden Überlandposten hat neben der britischen zur Zeit die größte Bedeutung die deutsche Ü. für Indien, Ostasien und Ozeanien, welche zum Teil mit den britischen Dampfern, zum Teil mit den jeden zweiten Freitag aus Brindisi abgehenden deutschen Postdampfern Beförderung erhält. Jede vierte Woche schließen die deutschen Dampfer nach Ostasien und Australien an. In Amerika sind von großer Bedeutung die Überlandposten über die Landenge von Panama (nach der Westküste von Südamerika) und über die verschiedenen, den Atlantischen und Stillen Ozean verbindenden Eisenbahnlinien (für die Korrespondenz nach Kalifornien und Ostasien über San Francisco). In Asien besteht schon seit geraumer Zeit die russisch-chinesische Überlandroute über Irkutsk-Kiachta. Mit dem Ausbau der russisch-zentralasiatischen Eisenbahn beginnt auch der Austausch geschlossener Briefposten über diesen neuen internationalen Verbindungsweg Bedeutung zu gewinnen.


Jahres-Supplement 1890–1891
Band 18 (1891), Seite 945
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[0945] Überlandpost, ursprünglich die neben Personenbeförderung auch der Postbeförderung dienende Verbindung des Südostens der Vereinigten Staaten von Nordamerika mit dem fernen Westen auf dem Landweg (overland route). Von Woods ins Leben gerufen und von J. Burch geleitet, wurde im August 1857 eine halbmonatliche Wagenverbindung zwischen San Antonio in Texas durch das sogen. Indian Territory und Arizona nach San Francisco eingerichtet. Diese Verbindung dauerte bis zum August 1858, um welche Zeit Butterfield die nach ihm benannte wöchentlich zweimal abgehende Ü. zwischen St. Louis in Missouri und San Francisco einrichtete, nachdem der Generalpostmeister mit dem Unternehmer für 600,000 Doll. jährlich einen Vertrag abgeschlossen hatte, auf Grund dessen die Entfernung zwischen St. Louis und San Francisco (2500 engl. Meilen = 4025 km) in 25 Tagen zurückgelegt werden mußte. Der Weg führte durch die endlosen Einöden und pfadlosen Gebirge der Gebiete Kansas, Colorado, Utah und Nebraska, in denen allen noch feindliche Indianer hausten. Trotzdem wurde die Fahrt meist in 20–22 Tagen zurückgelegt, und als es einmal einer Botschaft des Präsidenten galt, gar in 16 Tagen. Als der Aufruhr des Südens ausbrach (April 1861), hörte die Butterfield-Überlandpost auf. Eine zweite Ü. war die 1859 zwischen St. Joseph in Missouri und San Francisco eingerichtete Overland Pony Express, mittels welcher die vom Osten an dem damaligen Eisenbahnendpunkt St. Joseph ankommende Post durch Reiter nach San Francisco befördert wurde. Die Entfernung (1950 engl. Meilen = 3140 km) wurde in 10 Tagen zurückgelegt. Die Unternehmung war von New Yorker Spekulanten in Goldaktien, denen an schleunigster Übermittelung des Standes der Goldbörse gelegen war, mit einem Aufwand von 200,000 Doll. ins Leben gerufen worden, bestand aber nur ein Jahr, da der Ausbruch des Bürgerkrieges auch ihr ein Ende machte.

Heute versteht man unter Ü. die Postbeförderung von England nach Indien über Frankreich und Italien. Die günstige Lage Italiens, die guten Eisenbahnverbindungen des Landes mit Frankreich, Deutschland und Österreich, die weit in das Mittelmeer nach Ägypten, bez. den Suezkanal hin vorgeschobene Lage des mittels internationaler Schnellzüge erreichbaren Hafens Brindisi haben bewirkt, daß der Postverkehr zwischen dem mittlern und westlichen Europa einer- und dem Orient anderseits allmählich fast ausnahmslos den Weg über Italien genommen hat. Die indische Ü. wird wöchentlich einmal über Brindisi, die australische abwechselnd die eine Woche gemeinsam mit der indischen über Brindisi, die andre Woche (mit Schiffen der Orientlinie) über Neapel befördert. Mit der indischen Ü. sind vom 1. Juli 1887 bis 30. Juni 1888: 51,446, 1888–89: 44,369 Briefsäcke in der Richtung nach Indien, bez. Australien und in ersterm Jahr 16,944, in letzterm Jahr 16,606 Briefsäcke in der Richtung aus Indien, bez. Australien befördert worden. Von diesen Säcken waren abgesandt aus England bez. 40,585 und 33,396, aus Frankreich bez. 2431 und 3314, aus Deutschland bez. 828 und 966, aus Österreich bez. 412 und 275, aus den Niederlanden bez. 499 und 543, aus Portugal bez. 267 und 263, aus der Schweiz bez. 163 und 110 und aus Italien selbst bez. 6201 und 5502. Von den aus Indien bez. Australien in Brindisi eingegangenen Briefsäcken waren bez. 12,046 und 11,991 nach England, 1151 und 1173 nach Frankreich, 413 und 564 nach Deutschland, 851 und 539 nach Österreich, 216 und 248 nach den Niederlanden, 294 und 288 nach der Schweiz und bez. 1973 und 1804 nach Italien gerichtet. Die Beförderung erfolgte, wenn möglich, mit den fahrplanmäßigen Schnellzügen; wurde der Anschluß an einen solchen nicht erreicht, so wurden zur Beschleunigung Sonderzüge für Rechnung der italienischen Postverwaltung eingelegt. Seit 1. Jan. 1890 erfolgt die Beförderung auf der ganzen Strecke (Modane-Brindisi) ausschließlich durch Sonderzüge. Die italienische Postverwaltung bemüht sich angelegentlichst, den Transit der Posten zu erleichtern, um die drohende Konkurrenz der Linie nach Saloniki fernzuhalten oder doch zu erschweren. Der Teil der australischen Ü., der über Neapel geht, betrug 1887–88: 9544, 1888–89: 17,006 Briefsäcke. In den beiden bezeichneten Jahren wurden in der Richtung nach Australien über Neapel 3731 und 10,506 Säcke aus England, 134 und 364 aus Frankreich und 442 und 450 aus Italien, und in der Richtung aus Australien 445 und 470 Säcke nach Italien, 272 und 275 nach Frankreich, 24 und 46 nach Deutschland und 4496 und 4895 nach England befördert. Seit 1. Jan. 1890 wird auch die australische Ü. auf der Eisenbahnlinie Foggia-Neapel ausschließlich durch Sonderzüge befördert. Für die gesamten Transitleistungen hat die italienische Postverwaltung z. B. 1886: 1,930,000, 1887: 2,178,000 und 1888: 2,500,000 Frank bezogen.