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Titel: Luther’s Einzug in Worms
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aus: Die Gartenlaube, Heft 1, S. 12–13, 19
Herausgeber: Ernst Ziel
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Erscheinungsdatum: 1881
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[12–13]

Luther’s Einzug in Worms.0 [Nach d]em Oelgemälde von K. Weigand.[WS 1]

[19] Luther’s Einzug in Worms. (Zur Abbildung auf S. 12 und 13.) Große Augenblicke im Leben der Völker und der Einzelnen können, wenn sie für den Griffel des Künstlers faßbar sind, nicht oft genug dem Volke in Bildern vor Augen gestellt werden. Der Blick des denkenden Künstlers muß es nur verstehen, den rechten Augenblick zu finden. Für die vorliegende Illustration ist derselbe sehr glücklich gefunden worden.

Martin Luther’s Schicksal stand an einer Wende, als er in den ersten Tagen des April 1521 „das Rollwäglein“ bestieg, welches der Magistrat von Wittenberg ihm zur Reise gen Worms gegeben hatte. In jenen Tagen war es noch sein Schicksal, sein Wagniß und die Folgen schienen ihn allein zu treffen. Als aber die Reformation vollendet war, stand mit des einzelnen Mannes Schicksal das der deutschen Nation vor Worms an einer Wende. Denn hätte Luther nicht den Muth gehabt, vor dem Reichstag zu erscheinen, hätte er der Warnung seines besorgten Kurfürsten nachgegeben, so würde damals der Strom der Reformation vielleicht im Sande verlaufen sein. In diesem Augenblick war es von Bedeutung, daß die große Sache durch den großartigsten Mannesmuth im Auge der Nation die höchste Weihe erhielt.

Als die Ladung an Luther nach Worms ergangen war und der Kurfürst ihn fragte, ob er derselben wirklich folgen wolle, sprach er: „Versehet Euch zu mir Alles, nur nicht, daß ich fliehen oder widerrufen werde.“

So begann denn die Fahrt, zu welcher Herzog Johann das Reisegeld hergegeben. Da Luther im Bann war und des kaiserlichen Schutzgeleits bedurfte, so ritt vor dem Wagen ein kaiserlicher Herold. Als Begleiter gesellten sich ihm seine auch später treu gebliebenen Kampfgenossen Justus Jonas, Nikolaus Amsdorf, Peter Suaven und Hieronymus Schurf. Als sie nach Naumburg kamen, überreichte ein Priester Luthern das Bildniß von Savonarola sammt einer Mahnung zur Standhaftigkeit. Desto häufiger wurden die Bitten seiner Freunde, dem Worte des Kaisers nicht zu trauen, sondern an Huß zu denken, dessen Schicksal in Worms seiner harre.

Da sprach er. „Wenn sie gleich ein Feuer anmachten zwischen Wittenberg und Worms bis an den Himmel hinan, will ich doch im Namen des Herrn erscheinen und dem Behemoth in sein Maul zwischen die großen Zähne treten und Christum bekennen.“ – Neue Anfechtungen erwarteten ihn in Weimar, wo ihn Spalatin’s Warnung traf. Luther’s Antwort lautete: „Wir kommen, obgleich der Satan mich mit mehr als einer Krankheit zu hindern gesucht, denn den ganzen Weg bis hierher bin ich unpaß gewesen, und auch jetzt noch auf eine mir unbekannte Weise.“ Trotz alles Unwohlseins predigte er in Weimar und auch in Erfurt, wo die Universität ihn feierlich eingeholt hatte.

Weiterhin fand Luther überall das kaiserliche Verbot seiner Bücher vor, sodaß selbst der kaiserliche Herold den Sinn der Vorladung Luther’s durchschaute und ihn fragte. „Herr Doctor, wollet Ihr weiter ziehen?“ Er blieb bei seinem Entschluß, ließ sich weder von Sickingen auf die Ebernburg verlocken noch schließlich in Oppenheim von den Boten zurückscheuchen, welche seine Freunde von Worms aus ihm mit ihren warnenden Bitten entgegengesandt hatten. Ihnen entgegnete er das weltbekannte: „Und wenn so viele Teufel in Worms wären, als Ziegel auf den Dächern, ich wollte doch hinein.“

So kam er vor Worms an. Vor dem Thore war er noch frei, konnte dem ihm drohenden Schicksal noch ausweichen. Auch mochte ihm dort Spalatin’s Mahnung vor Augen treten; denn noch kurz vor seinem Tode gedachte er jenes Moments und sagte dazu: „Ich war unerschrocken und fürchtete mich nicht.“

Und so zog er denn durch das Thor in die Stadt, in welcher des Kaisers und des Papstes vereinte Gewalt dem armen Mönch gegenüber stand; das ist die Größe des Augenblicks: der wunderbare Muth des einfachen Mannes auf dem Wittenberger Rollwägelein rettete die Ehre der großen Bewegung und bestimmte durch den Triumph der Ueberzeugung vor Kaiser und Reich, durch das unvergängliche und unvergleichliche: „Hier stehe ich, ich kann nicht anders – Gott helfe mir! Amen“, die nächsten Wege und den ferneren Gang des Schicksals der deutschen Nation.

Luther selbst erzählt: „Ich fuhr in einem offenen Wägelein, in einer Kutte in Worms ein, da kamen alle Leute auf die Gassen und wollten den Mönch Doctor Martin sehen, und fuhr also in Herzog Friedrich’s Herberg, und war auch Herzog Friedrich dabei bange gewesen, daß ich gen Worms kam.“ Das war Luther’s Wormsfahrt.


Anmerkung: Wikisource

  1. Vorlage: R. Weigand. Konrad Weigand (1842–1897)