Ludwig Uhland in Frankfurt

Textdaten
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Titel: Ludwig Uhland in Frankfurt
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aus: Die Gartenlaube, Heft 47, S. 835–836
Herausgeber: Adolf Kröner
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1886
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[835] Ludwig Uhland in Frankfurt. Karl Biedermann hat als Ergänzung zu den „dreißig Jahren deutscher Geschichte“, die jetzt in zweiter Auflage vorliegen, eine Selbstbiographie herausgegeben unter dem Titel: „Mein Leben und ein Stück Zeitgeschichte“ (Breslau, Schottländer). Hier geht der Verfasser auf manche mehr persönliche und intime Seite der Zeitereignisse in den letzten dreißig Jahren ein, die er in jenem Werke geschichtlich in ihrem innern Zusammenhang dargestellt hat. Karl Biedermann, ein alter Gothaer und späterer Nationalliberaler, gehört zu den Politikern, die in ihrem Leben keine Wandlung durchgemacht haben, die nach keiner Seite hin eingeschwenkt sind, sondern deren politische Wirksamkeit sich in einer geraden Linie konsequent fortbewegte. Es ist daher selbstverständlich, daß er die Dinge seit fünfzig Jahren vom Standpunkte seiner Partei aus, mit welcher er selbst so eng verwachsen ist, ansieht und darstellt; doch ist sein Urtheil dabei stets milde und unbefangen. Seine Lebensbeschreibung enthält eine Menge interessanter [836] Aufzeichnungen; er ist bei den mannigfachsteu politischen Ereignissen betheiligt gewesen, hat eine große Zahl bedeutender Zeitgenossen persönlich kennen gelernt, namentlich in dem großen Bewegungsjahre 1848. Zu diesen gehört auch der Dichter Ludwig Uhland, der nach Frankfurt zum Vorparlament gekommen war und dort als Wandnachbar mit Biedermann zusammenwohnte.

„Uhland war als Vertrauensmann für Württemberg in Frankfurt, Ich sah ihn nun von meinem Fenster aus täglich zu ganz bestimmter Stunde mit seiner Lebensgefährtin spazieren gehen, beide, soviel ich beobachten konnte, stumm und mit schmalen gleichgültigen Gesichtern neben einander herwandelnd, so daß, wer es nicht anders wußte, schwerlich geahnt hätte, welch innige Geistes- und Seelenverwandtschaft diese beiden trefflichen Menschen verband. Auch sonst habe ich Uhland kaum anders als schweigsam gesehen, persönlich näher gekommen bin ich ihm nicht. Von der Tribüne herab habe ich ihn nur dreimal gehört; das erste Mal im Vorparlament, wo er, als Hecker und seine Freunde gegen den Bundestag tobten und die sofortige Ausmerzung der alten Bundestagsgesandten verlangten, mit seiner klassischen Ruhe und einem echt poetischen Bilde dazwischen trat, indem er die wenigen, aber höchst eindrucksvollen Worte sprach: ,Wenn der Frühling kommt und neue Blätter hervortreten, fallen die alten von selbst ab.‘ Dann wieder im Parlament, als es sich um das Kaiserthum handelte, äußerte er, was seitdem oft wiederholt worden ist: ,Es wird kein Kaiser über Deutschland herrschen, der nicht mit einem Tropfen demokratischen Oels gesalbt ist.‘

Sein drittes Auftreten ging mich selbst und meine politischen Freunde näher an. Es war gegen das Ende des Frankfurter Parlaments, wenige Tage vor Uebersiedlung der Linken nach Stuttgart. Wir waren damals noch ein ganz kleines Häuflein von der gemäßigten Partei in der Paulskirche zurückgeblieben, also völlig in der Minderheit gegenüber der Linken. Letztere wollte eine Proklamation ans deutsche Volk erlassen; wir verlangten die Aufnahme zweier Sätze in dieselbe, nämlich einmal die Erklärung, daß die Bewegung nur der Reichsverfassung (nicht der Republik) gelte, und zweitens die, daß jede fremde Einmischung (von der französischen Republik aus) streng ferngehalten werden solle. Uhland als Berichterstatter über die Proklamation, obschon selbst der Linken angehörend, befürwortete beide Anträge, freilich ohne Erfolg. Seine Autorität ward so wenig hier als Tags darauf, wo er gegen die Verlegung des Parlaments nach Stuttgart sprach, von seinen Parteigenossen respektirt.“

Aehnliche, zwar knapp ausgeführte, aber doch an manchen zum Theil bisher unbekannten Zügen reiche Brustbilder finden sich häufig bei Karl Biedermann. †