Ludwig Börne’s Gedenktag

Textdaten
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Autor: G.
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Titel: Ludwig Börne’s Gedenktag
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 18, S. 321, 324
Herausgeber: Adolf Kröner
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1886
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[324] Ludwig Börne’s Gedenktag. Am 6. Mai 1786 wurde als eines jüdischen Wechslers Sohn in Frankfurt am Main Ludwig Baruch geboren, der bei seinem Uebergange zum Christenthum den Namen Ludwig Börne annahm. Ein Jahrhundert ist seit seiner Geburt verflossen, fast ein halbes Jahrhundert seit seinem Tode (1837). Und noch immer ist sein Angedenken lebendig bei den Zeitgenossen: man ehrt in ihm einen unbeugsamen politischen Charakter, der in der Zeit des deutschen Bundestags anfangs die Principien des Liberalismus, später die des Radikalismus mit Begeisterung vertreten und wie wenige Andere den Haß der Metternich und Gentz auf sich geladen. So sehr die Zeiten sich geändert, so sehr das deutsche nationale Bewußtsein erstarkt ist, so wenig eine Schrift wie Börne’s „Menzel, der Franzosenfresser“ jetzt noch für den Ausdruck der herrschendenn Gesinnung gelten darf: Börne ist durch die Schärfe und Energie seines Stils, durch die Verschmelzung des Charakters und der politischen Richtung und Gesinnung, die er gerade deßhalb mit seltener Schlagkraft zum Ausdrucke brachte, ein leuchtendes Vorbild der späteren Publicistik geworden. Immerhin läßt es sich nur so erklären, daß ein Autor, der nie ein größeres zusammenhängendes Werk verfaßt, der nur Skizzen und Humoresken, Theaterkritiken, Reisebriefe und publicistische Artikel und Ergüsse veröffentlicht hat, einem so breiten Platz in unserer Litteraturgeschichte einnimmt. Wie anmuthend freilich sind seine Humoresken im Stil Jean Paul’s, dem er eine so glänzende Denkrede gehalten, wie einflußreich jene geistvollen dramaturgischen Berichte, die nicht nur damals Aufsehen erregten, sondern noch jetzt Muster sind für die geistreiche und witzige Feuilletonkritik, und welch ein Feuer politischer Parteibegeisterung lodert in seinen „Briefen aus Paris“! Er war ein Vorkämpfer der modernen Litteraturepoche, ein Patriot im Sinne des Tacitus, der die Schwächen seines Volkes und seiner Zeit geißelte, nicht mit schadenfrohem Hohne, sondern aus echter Vaterlandsliebe. So wird unsere mit Kränzen so verschwenderische Zeit wohl einen Kranz übrig haben für den Grabstein auf dem Père-Lachaise, das schlichte Erinnerungszeichen des vereinsamten deutschen Politikers, das sich schüchtern neben den glänzenden Mausoleen der französischen Staatsmänner und Generale erhebt. G.