Lose Blätter zu der Sammlung von Minnesingern gehörig (IV)

Textdaten
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Autor: Georg Friedrich Benecke
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Titel: Lose Blätter zu der Sammlung von Minnesingern gehörig (II)
Untertitel:
aus: Wünschelruthe - Ein Zeitblatt. Zugabe Nro 3, S. 217-219
Herausgeber: Heinrich Straube und Johann Peter von Hornthal
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1818
Verlag: Vandenhoeck und Ruprecht
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Erscheinungsort: Göttingen
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Quelle: Scans auf Commons
Kurzbeschreibung:
Siehe auch
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[217]
Lose Blätter
zu der Sammlung von Minnesingern gehörig.
Von Benecke.
IV.

Bey kleinen Gedichten, dergleichen die sämmtlichen so genannten Minnelieder sind, wird der Genuß, den sie gewähren können, schon durch den kleinsten Fleck gestört, und, begreiflicher Weise, weit mehr gestört, als dieses bey größern Gedichten der Fall ist. Ein bloßer Verstoß gegen das Versmaß, gesetzt auch daß der Sinn dadurch nicht leidet, muß da, wo Gedanken und Form so ganz in Eines verstießen und Klang und Reim die Seele des Liedes sind, den Eindruck nicht nur schwächen, sondern oft gänzlich vernichten. Ja selbst Lieder, die gar keiner Besserung bedürfen, gewinnen nicht wenig, wenn sie dem Auge auf eine Art dargestellt werden, die ihren kunstvollen Bau auf den ersten Blick ankündigt; und es ist daher zu bedauern, daß Bodmer sich durch übertriebene Sparsamkeit verführen ließ, diesen Umstand so wenig zu berücksichtigen. Daß er die drey Glieder, aus denen fast immer die Strophe besteht, nicht auszeichnete, kann ihm nicht zum Vorwurfe gemacht werden; denn dieser dreygliedrige Bau wurde von jedermann übersehen, bis Jacob Grimm ihn entdeckte, und in seiner Schrift über den Meistergesang sich das Verdienst erwarb, darauf aufmerksam zu machen. Was Bodmer aber hätte vermeiden können, und was jeden Leser stören muß, das ist die so häufig vorkommende unrichtige Theilung der Reimzeilen. Doch diesem Uebel ist leicht abzuhelfen. – Nachtheiliger aber ist der Schade und schwerer zu heilen, wenn die alten Schreiber Fehler gemacht haben, und das Richtige erst durch Vermuthung hergestellt werden muß. Sollen solche Vermuthungen mit Recht glücklich heißen, so müssen sie dem Eye des Columbus gleichen; jeder Kenner der alten Sprache und Dichtkunst muß ihnen mit einem herzlichen: ‚allerdings, so muß es heißen; das versteht sich von selbst!‘ entgegen kommen.

Wir wollen hoffen, daß dieses bey den beiden folgenden Liedern der Fall seyn werde, und daß sie, verglichen mit dem in der Sammlung von Minnesingern befindlichen Abdrucke, als Beyspiel dienen werden, wie viel die Tilgung des kleinsten Fleckens dazu beytrage, das Schöne noch schöner zu machen.

I. – (I. 14).
Des Kreuzfahrers Abschied.

 – 1 –
Swes muot ze freuden si gestalt,
     Der schouwe an den vil gruenen walt!
     Wie wunneclich gekleidet
Der meie sin ingesinde hat
     Von richer varwe in liehter wat!
     Den vogellin truren leidet;
Uz hohem muote manigen don,
     Gar rilich suezze wise,
     Hort man von in, – luten klanc,
     Vor uz der nahtegalle sanc, –
     Uf grueneberndem rise.

 – 2 –
Von schulden muoz ich sorgen wol;
     Von freuden git min herze zol,
     Die wile ir gruoz mir wildet
Diu min herze bi ir hat.
     Ach, daz si mich in sorgen lat!
     Got hat si so gebildet
Daz min herze niht enkan
     Noch al min sin erdenchen
     Wie si schoner kunde sin,
     Diu minnecliche frouwe min
     Diu mir wil freude krenchen.

[218]

 – 3 –
Ach, minne, suezziu ratgebin, –
     Daz du sälech muezzest sin,
     Mins herzen kuneginne! –
Rat, daz si mir tuo helfe schin!
     Rat, daz si wende minen pin!
     Vil minneclichiu minne,
Sit du sloz bist unde bant
     Mins herzen und der sinne,
     So rat! – ja, des ist an der zit!
     Min trost, min heil gar an dir lit;
     In diner gluot ich brinne.

 – 4 –
Muoz ich nu scheiden sus von ir
     Daz ich ir hulde gar enbir,
     O we der leiden verte
Die danne gegen Pulle tuot min lip! –
     Genade, säldenrichez wip!
     Wis gegen mir niht so herte!
Senfte ein lutzel dinen muot,
     Und sprich uz rotem munde
     Zuo mir niht wan eht funf wort
     Diu höhent miner freuden hort:
     ‚Var hin ze guoter stunde!

 – 5 –
 Der Geliebten Antwort.

In guoter stunde si din vart!
     Din lip, din sele si bewart,
     Din lop, din heil, din ere!
Mac dich erwenden min gebot,
     Min flen, min drou; daz weiz wol got,
     So wil ich biten sere.
Sit daz din vart unwendech ist,
     So fuerest in arbeite
     Zwei herze – daz mine und dine – hin:
     Da von ich iemer trurech bin, –
     Nu si Christ din geleite!

Grave Fridrich von Liningen.

1, 1. Wer Sinn für Freude hat.
5. Wie wonniglich hat der May alles was zu seinem Hofe gehört gekleidet, in hellem Gewande von prächtiger Farbe!
6. Die Vögelein entsagen ihrer Trauer. 11. Auf grünbelaubtem Zweige.
2, 1. 2. 3. Wohl aber habe ich Ursache zu trauern; denn genommen ist alle Freude meinem Herzen so lange der Gruß derjenigen mir fremd bleibt, die...
11. Die meine Freude vernichten will.
3, 2. Sey mir gesegnet, und bey diesem Segenswunsche beschworen!
4. Rathe meiner Geliebten, daß sie mir Hülfe beweise.
9. Fürwahr, es ist hohe Zeit.
4, 3. B. Ach der traurigen Reise, die ich dann nach Apulien mache (um von dort nach dem heiligen Land zu gehen)!
6. 7. Sey nicht so hart, laß ein wenig milder werden dein Herz.
9. 10. Nichts, als nur fünf Worte, die mich zum freudenreichsten Manne machen.
5, 4. 5. Kann dich abwenden von deiner Reise mein Befehl, mein freundliches Flehen, mein Drohen.
7. 8. Da aber deine Fahrt nicht unterbleiben kann, so führest du zwey Herzen in bittrer Noth mit dir hin.

II. – (I. 183.)
Höchste Minne.

 – 1 –
Ich var mit iuwern hulden, herren unde mage:
     Liut unde lant diu muezzen sälech sin!
Es ist unnot daz iemen miner verte frage;
     Ich sage wol fur war die reise min.
Mich vienc diu minne, und lie mich varn uf mine sicherheit;
     Nu hat si mir enboten bi ir liebe, daz ich var.
     Ez ist unwendech. Ich muozendelichen dar.
     Wie kume ich briche mine triuwe und minen eit!

 – 2 –
Sich ruemet maniger, waz er dur die minne täte.
     Wa sint diu werch? – Die rede höre ich wol.
Doch sähe ich gerne, daz si ir eteslichen bäte,
     Daz er ir diente als ich ir dienen sol.
Ez ist geminuet, der sich dur die minne elenden mouz.
     Nu seht, wie si mich uz miner zungen ziuhet uber mer!
     Und lebte min her Salatin und al sin her,
     Die ne brähten mich von Franken niemer einen fuoz.

[219]

 – 3 –
Ir minnesinger, iu muoz ofte misselingen;
     Daz iu den schaden tuot, daz ist der wan.
Ich wil mich ruemen, ich mac wol von minne singen;
     Sit mich diu minne hat, und ich si han.
Daz ich da wil, seht, daz wil alse gerne haben mich:
     So muezt abe ir verliesen under wilen wanes vil;
     Ir ringet umbe liep daz iuwer niht enwil.
     Wan muget, ir armen, minnen solhe minne als ich!

Her Hartman von Ouwe.

I, 1. Ich komme um mich bey Euch zu beurlauben.
3. Verte ist Reise; reise Kriegszug.
5. Die Minne machte mich zu ihrem Gefangenen, und ich mußte ihr mein Wort geben, alles zu leisten was sie mir gebieten würde.
7. Ich mouz endeliche dar, es ist fest bestimmt, daß ich dorthin ziehen muß.
8. Wie schwer, d. h. wie unmöglich, ist es mir gemacht, meinen Eid zu brechen.
2, 5. Das heißt minnen, wenn man der Minne wegen in ferne Lande ziehen muß.
5. uz miner zungen aus meinem Vaterlande.
3, 7. Ihr ringet oft um eine Geliebte, die euch nicht haben will.
8. Wenn ihr Armen euch doch einer solchen Liebe weihen wolltet, wie die ist, der ich mich geweiht habe! – Man vgl. zwey andere Lieder Hartman’s: Min freude wart nie sorge los und Dem kreuze zimt vol reiner mout Samml. v. Minnes. 1, 181 und 180.