Lord Athol
Lord Athol kniet im Beichtstuhl
Vor dem Bischof von Aberdeen:
„Frommer Bischof, ich fühl’ ein Feuer
In Mark und Adern glühn.
Mir das Feuer im Herzen aus; –
Unter weißen Schlehn im Walde
Stand ein einsam Jägerhaus.
Es stand im Wald unter weißen Schlehn,
Ich legte Stroh und Reisig
Und Strauchwerk rings umher.
Die Flammen verzehrten alles,
Das Haus und den Mönch und mein Kind;
Ihre Asche hat der Wind.“
Der fromme Bischof von Aberdeen
Hat sich seufzend abgekehrt;
„Lord Athol, ich kann nicht löschen
Die hinweht über die Flur,
Sie flüstert von Deiner Sünde
Wider Gott und die Natur.
Die jetzt in Flammen kreist,
Schreit auf über deine Unthat
Wider Gott und den heiligen Geist.
Die Schuld hinweg zu waschen,
Brich auf und wirf Dich nieder
Vor dem heiligen Vater in Rom.“
Lord Athol nahm eines Pilgers Kleid,
Zog hin über Land und Meer,
Viel Tausend knieten umher.
Der Papst, in Gold und Purpur,
Stand da mit verklärtem Gesicht, –
Es war am Gründonnerstage,
Und als er der Segensworte
Allerheiligstes nun begann,
Da begann seine Stimme zu beben
Und ein Schauer faßte ihn an;
Entglitt seiner zitternden Hand; –
Es rollten die rothen Tropfen
Hin über den weißen Sand,
Dann hob er mit Macht seine Stimme:
„Ein Verfluchter ist uns nah!
Er hat nicht Theil am Segen
Und nicht Theil an Christi Huld,
Erbebte vor seiner Schuld.
Unseliger, flieh! diese Wände
Sie haben für Dich nicht Raum! –“
Lord Athol schwankte von dannen,
Er schritt an’s Meer, zu Schiffe,
Es kamen Ebb’ und Fluth,
Die Jahre kamen und gingen
Im Herzen blieb die Gluth.
Er fuhr über Land und See,
Die Jahre kamen und gingen,
Im Herzen blieb das Weh.
Und heimwärts endlich fuhr er
Er trat in Hof und Halle,
Und Hof und Halle war leer.
Im Kamine lag todte Asche,
Drüber hing seines Kindes Bild,
Und lächelte doch so mild.
„Ich kenn eine stille Stell’,
Eine einsame Stell’ im Walde,
Ich bau sie mit eigenen Händen
Und will schlafen auf Stein und Streu,
Die Stätte, wo ich gefrevelt,
Sei auch Stätte meiner Reu.“
Verließ er alsobald,
Nacht dämmerte in den Zweigen,
Da schritt er hinab in den Wald.
Er kam an den Platz; über Trümmern
Auf dem Estrich, in grauer Kapuze,
Sah einen Mönch er stehn.
„Knie nieder zur Stell’, Lord Athol,
Ich kenn’ deine Beichte schon,
Und empfange die Absolution.“
„„Wer bist Du, dessen Freispruch
An dieser Stätte mich sucht?
Wer bist Du, der begnadet,
„Bin ein Fremdling worden, Lord Athol,
Mein Land ist fern und weit,
Knie nieder zu Stell, knie nieder
Und bete und sei bereit.“
Thau fiel und Morgenduft,
Der Fremde zerrann in Nebel
Und der Nebel zerrann in Luft.
Im Walde sangen die Vögel,
Lord Athol kniete noch immer, –
Sie fanden ihn kalt und todt.