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Autor: Johann Gottfried Herder
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Titel: Liebe und Freude
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aus: Zerstreute Blätter (Dritte Sammlung) S. 51-53
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1787
Verlag: Carl Wilhelm Ettinger
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Erscheinungsort: Gotha
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Quelle: ULB Düsseldorf und Commons
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[51]

  
          Liebe und Freude.

     „Hüte Dich, so sprach die Weisheit
Zu der Liebe schönem Sohn,
Und Du seine Schwester Freude,
Weil euch beiden Uebel drohn.

5
     Flieh, o Knabe, jene blinde

Schlaugesinnte Eifersucht;
Und Du Mädchen, flieh den Reichthum,
Der, auch blind, dir immer flucht.“

     Also sprach die gute Weisheit;

10
Doch vergebens war ihr Wort.

Reichthum riß sobald die Freude,
Eifersucht den Amor fort.

[52]

     Und seitdem sie zu Gesellen,
Zu Geliebten sich gewählt;

15
Ach, wer ist nun, der die Uebel

Dieser Trugverbindung zählt?

     Umgang wechselt gern die Gaben;
Liebe theilet gern sich mit.
Und von Freundschaft mit den Bösen

20
Ist zum Bösen nur ein Schritt.


     Eifersucht betrog den Amor
Und gab Quaalen ihm zu Lohn;
Nahm ihm seine holden Augen,
Denen nie ein Herz entflohn.

25
     In des blinden Reichthums Armen

Ward die Freud’ ein blindes Glück;
Und an ihrem todten Bilde
Schärft’ sich ihres Mörders Blick –

[53]

     Drum, wenn Eifersucht und Reichthum

30
Jetzt allein scharfsehend sind,

Ist es Wunder? Die Betrognen
Amor und das Glück sind blind.