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Autor: Adolf Loos
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Titel: Kurze Haare
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aus: Adolf Loos: Sämtliche Schriften in zwei Bänden – Erster Band, herausgegeben von Franz Glück, Wien, München: Herold 1962, S. 429–430
Herausgeber: Franz Glück
Auflage:
Entstehungsdatum: 1928
Erscheinungsdatum: 1962
Verlag: Herold
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Erscheinungsort: Wien
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Originalherkunft: Erstdruck unbekannt.
Quelle: PDF bei Commons
Kurzbeschreibung:
Loos pflegte eine Kleinschreibung (außer bei Satzanfängen und Namen) auch bei seinen Titeln, wie den Inhaltsverzeichnissen zu entnehmen ist (im Buch selbst sind die Titel in Versalien gesetzt). Um Irritationen zu vermeiden, werden die Titel in der gewohnten Groß-Kleinschreibung gegeben
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KURZE HAARE
Beantwortung einer rundfrage
(1928)

Drehen wir die frage um. Fragen wir die frauen, was sie zu den kurzen haaren der männer sagen. Sie werden wahrscheinlich antworten, daß das eine sache ist, die die männer allein angeht. In Zürich hat der leiter eines krankenhauses eine wärterin entlassen, weil sie sich die haare schneiden ließ. Wäre es möglich, daß eine frau als leiterin eines krankenhauses eine männliche hilfskraft aus diesem grunde entlassen würde? Denn die männerhaare sind lang, sie wurden bei den alten germanen in einem schopf zusammengebunden, fielen im mittelalter über die schultern und wurden erst zur renaissancezeit, in erinnerung an die römische sitte, geschoren. Zur zeit Ludwigs XIV. wurden sie wieder über die schulter getragen, dann zu zöpfen geflochten (ich rede immer von männerhaaren), um nach und während der französischen revolution wieder in langen Schiller-locken über die schulter zu fallen. Napoleon trug den cäsarenkopf. Heute würde man das bubikopf nennen. Auch die frauen ließen ihr haar schneiden – ja, warum denn nicht? – und nannten diese haartracht tituskopf. Weshalb aber lange haare weiblich und kurze männlich sein sollen – darüber mögen sich die alten weiber unter den männern den leeren kopf zerbrechen. Den frauen vorschreiben zu wollen, sie müßten ihr haar lang tragen, da das lange haar lustgefühle erzeuge, und die frauen nur dazu da sind, diese erotische spannung zu verschaffen – das ist eine frechheit! Keine frau würde die schamlosigkeit aufbringen, solche geheimnisse ihres erotischen innenlebens zur moralforderung [430] zu erheben. Die frauen tragen hosen, die männer tragen röcke – bei den chinesen. Im abendland ist es umgekehrt. Aber lächerlich erscheint es, solche nebensächlichkeiten mit der göttlichen weltordnung, mit natur und moral in verbindung zu bringen. Arbeitende frauen tragen hosen oder kurze röcke: unsere bäuerinnen und sennerinnen. Die frauen, die gar nichts zu tun haben, können leicht ihre kleider herumschleppen. Aber ein mann, der den frauen vorschriften machen will, sagt damit, daß er die frau als sexualhörige betrachtet. Er möge sich lieber mit seiner eigenen kleidung beschäftigen. Die frauen werden mit ihrer schon fertig werden.