Kriegshunde in alter und neuer Zeit

Textdaten
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Autor: Jean Bungartz
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Titel: Kriegshunde in alter und neuer Zeit
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 51, S. 849–850
Herausgeber: Adolf Kröner
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Erscheinungsdatum: 1897
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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Kriegshunde in alter und neuer Zeit.

In Wort und Bild geschildert von J. Bungartz.

Seit uralter Zeit haben die verschiedensten Völker Hunde zu Kriegszwecken verwendet. Die klugen wachsamen Tiere dienten zum Aufspüren des Feindes oder hielten bei Vorposten Wache. Vor allem aber unterstützten sie, solange es keine vollkommenen Feuerwaffen gab, die Krieger beim Hauptangriff und im Handgemenge der Schlacht. Dabei leistete der Hund durch seinen mutigen Charakter, seine große Stärke und sein scharfes Gebiß vielfach große Dienste.

Die Geschichte hat uns zahlreiche Nachrichten von Kriegshunden überliefert und auch bildliche Darstellungen derselben sind aus alter Zeit erhalten geblieben. Unter den Ruinen von Babylon hat man ein Relief gefunden, das Krieger mit ihren Hunden darstellt, und ein herculanisches Basrelief führt uns Hunde vor, die eine Burg verteidigen und mit einem Schuppenpanzer und Stachelhalsband geschützt sind (vgl. obige Abbildung). In der „bunten Halle“ zu Athen befand sich ein Gemälde von Polygnot, das die Schlacht bei Marathon verherrlichte, auf demselben war auch ein Hund verewigt, der sich mit derselben Bravour wie sein Herr geschlagen hatte. Wie Aelian erzählt, bildete die Magnesier im Kriege gegen die Epheser eine dreifache Schlachtreihe. Die erste Linie bestand aus starken, wild erregten und bissigen Hunden, die zweite aus Sklaven und erst hinter diesen kamen die Krieger.

Altrömischer Kriegshund mit Panzer.

Noch mehr als die Griechen und Römer bedienten sich die Barbarenvölker des Altertums der Kriegshunde. Kaspische Völkerstämme führten stets Hunde im Heere, die nach dem Ton der Trompete mitmarschierten und an der Seite ihrer Herren kämpften. Sie wurden mit denselben Ehre wie die Krieger und mit diesen begraben. Die Castabaler in Cappadozien formierten eigene „Hundebataillione“, welche die Vorhut ihrer Truppen bildeten. Die Heerscharen der Völker des Nordens wurde gleichfalls von Hunden begleitet. Als die Römer im Jahre 101 v. Chr. auf den Raudischen Feldern bei Vercellä die Cymbern schlugen, hatten sie einen schweren Kampf mit den Hunden zu bestehen, welche die Wagenburg mutig verteidigten. Strabo erzählt ferner, daß die Kelten zu Kriegszwecken Dogge aus England bezogen, aber auch eigene Hunderassen zu diesem Dienst abrichteten.

Aus diesen geschichtliche Ueberlieferungen ersieht man, eine wie große Rolle der Hund beim Angriff und bei der Verteidigung spielte. Es waren auch nur große, starke und wilde Hunde, welche in den Krieg mitzogen, Tiere der Art, wie sie von Aristoteles als canis epiroticus oder canis molossus beschrieben wurde (vgl. nebenstehende Abbildung). Sie zeichnete sich wie die canes albani durch riesige Körperkraft und tollkühnen Mut aus und waren wohl mit Recht gefürchtete Gegner. Von den gallischen Hunden sagt Appian: „Großer Ruhm erhebt die mancherlei keltischen Hunde“; nach dem Urteil der Römer waren sie unschön und selbst die besten sähen schlecht aus, sie waren lang gezottelt, gewandt und kampfeslustig, bissig und belferten auf der Jagd bei Verfolgung des Wildes.

Auch in der neueren Geschichte erscheint der Hund als Begleiter des Kriegers.

Heinrich VIII von England unterhielt eine große Anzahl schottischer Bluthunde. Sie begleiteten die englischen Hilfstruppen, die der König seinem Verbündeten Karl V gegen Franz I von Frankreich sandte. Kaiser Karl soll seinen Soldaten zugerufen haben: „Ich hoffe, ihr werdet ebenso tapfer sein wie eure Hunde!“ Bekannt ist ferner, daß Karl V während der Belagerung von Valencia beim Zusammenstoß mit den Spaniern erst seine Kriegshunde voranschickte. Diese trafen mit den feindlichen Hunden zusammen und fochten mit ihnen einen mörderischen Kampf aus, wobei die spanischen Hunde unterlagen.

Der Canis molossus.

Zu einem solchen regelrechten Treffen ist es auch zwischen den Kriegshunden der Schweizer und denen von dem burgundischen Heere Karls des Kühnen in der Schlacht bei Granson gekommen, und ein gleiches soll sich bei Murten ereignet haben.

Der Kriegshund folgte auch den europäischen Entdeckern über den Atlantischen Ocean und unterstützte die spanischen Eroberer in ihren Kämpfen mit den Indianern. Berühmt war unter anderem der Bluthund Leoncico, der treue Begleiter Balboas. Auf dem denkwürdigen Zuge Balboas nach der Südsee hat er sich derart hervorgethan, daß ihm ein Beuteanteil im Werte von 500 Castellanos (etwa 6000 Mark) zuerkannt wurde.

Die Zeiten der rohen Kriegsführung, in welcher Tiere gegen Menschen gehetzt wurden, sind gottlob dahin. Mit der Vervollkommnung der Feuerwaffen verschwindet der Hund als Mitkämpfer von dem Kriegsschauplatze civilisierter Völker. Wohl begleiteten in der Neuzeit öfter Hunde ihre Herren in Feldzügen, aber sie dienten nicht mehr zum Angriff, sondern als Kundschafter.

Napoleon I hatte einen Hund „Moustache“, der fast alle Feldzüge seines Herrn mitgemacht hat. In der Schlacht bei Austerlitz soll derselbe eine verloren gegangene Regimentsfahne dem betreffenden Oberst zurückgebracht haben, für welche That das kluge Tier auf dem Schlachtfelde feierlichst dekoriert wurde. In seinem letzten Kriege mit der Türkei hat Rußland sowohl in Europa wie in Kleinasien Hunde zu Kriegszwecken verwendet und ebenso haben die Oesterreicher in der Herzegowina Hunde zum Aufspüren von Hinterhalten mit Erfolg geführt.

Gegenwärtig beschäftigen sich fast alle Kulturstaaten mit [850] der Heranbildung brauchbarer Kriegshunde. Vor allem wird erstrebt, die äußerst gut entwickelten Sinne des Hundes, seine Wachsamkeit, leichte Auffassungsgabe, seine Treue und Ausdauer, dem Heere und besonders auch dem Kriegs-Sanitätswesen dienstbar zu machen.

Die Verwendung des modernen Kriegshundes ist eine vielseitige; er soll Vorposten-, Boten- und Rekognoscierungsdienst versehen, Munition in die Feuerlinie tragen, Gepäckstücke bewachen etc. Eine seiner schönsten Aufgaben ist aber das Aufsuchen von Verwundeten.

Diese vielseitige Verwendung im Dienste verlangt allerdings einen äußerst befähigten und auch den Witterungseinflüssen standhaltenden Hund. Weichliche, ängstliche und nervös veranlagte Rassen sind daher schon von vornherein zu dem strapaziösen Dienste nicht berufen, da Anforderungen an sie herantreten können, die nicht allein die Anwendung der äußersten Kraftanstrengung sondern auch Entbehrungen aller Art erfordern.

Der schottische Terrier als Kriegshund.

In den verschiedensten Staaten hat man mit allen möglichen Rassen Versuche angestellt und diese haben ergeben, daß die Schäferhundrassen im allgemeinen am befähigtsten für den Kriegs- und Sanitätsdienst sind. Unter ihnen wieder werden die schottischen Schäferhunde, die Collies (vgl. die Abbildung), besonders gerühmt. Es sind dies nicht allein äußerst widerstandsfähige und ausdauernde, sondern auch sehr intelligente Hunde, die, in guter, verständiger Hand dressiert, allen gerechten Anforderungen vollauf entsprechen. In letzter Zeit werden Versuche mit dem Ayredale-Terrier (eine schottische Rasse, die viel Aehnlichkeit mit dem deutschen rauhhaarigen Pinscher, dem sogenannten Rattenfänger hat) bei den preußischen Jägerbataillonen angestellt (vgl. Abbildung).

Der Kriegshund findet seine Ausbildung direkt bei der Truppe, und hier sind es namentlich die Jägerbataillone, die sich mit der Heranbildung desselben befassen.

Um eine Entlastung des Kriegshundes herbeizuführen wird zum Aufsuchen versteckt liegender Verwundeter der „Sanitätshund“ empfohlen, der seit einigen Jahren durch den Vorsitzenden des „Deutschen Vereins für Sanitätshunde“ gezüchtet und herangebildet wird. Diese Hunde haben bei den offiziellen Suchen und unter den ungünstigsten Verhältnissen ihre volle Brauchbarkeit für den angestrebten Dienst ergeben und die Erwartungen, welche man auf sie im Ernstfalle setzt, dürften nicht enttäuscht werden. Der genannte Verein giebt die fertig dressierten Hunde unentgeltlich an die Sanitätskolonnen ab, er bedarf der Unterstützung aller Menschen und Vaterlandsfreunde, um sein uneigennütziges Streben verwirklichen zu können. Die Mitglieder des Vereins zahlen einen jährlichen Beitrag von 3 Mark. Vorsitzender ist der Verfasser dieses Artikels, der Tiermaler und Schriftsteller L. Bungartz in Lechenich (Rheinprovinz), der gern jedem die gewünschte Auskunft erteilt.

Die Hauptthätigkeit der Sanitätshunde wird im Ernstfalle die Nach- und Nachtsuche auf dem Schlachtfelde sein und zwar hauptsächlich in durchschnittenem Gelände, im Gebirge und in Waldungen. Es werden daher vornehmlich solche Stecken begangen werden müssen, die abseits der Hauptaktion liegen, und solche in dichtem Unterholz, die möglicherweise von den Krankenträgern nicht abgesucht oder doch leicht übergangen werden. Die Sanitätshunde eignen sich vortrefflich zu diesem Dienst, denn sie finden mit fast nie fehlender Sicherheit selbst an den verborgensten Stellen versteckt liegende Personen auf. Aus den letzten Kriegen sind genügend Fälle bekannt, daß viele Verwundete von den Krankenträgern nicht gefunden wurden und an einsamen Stellen unter großen Schmerzen durch Verblutung den Heldentod erlitten.

Der schottische Schäferhund als Sanitätshund.

Wenn also Hunde herangebildet werben, um solche traurigen Fälle zu mindern und sie thunlichst unmöglich zu machen, so ist es sicher ein dankenswertes und humanes Unternehmen, das die Unterstützung eines jeden fühlenden Menschenfreundes finden sollte. Wie viel Elend kann dadurch gemindert werden, wie viele tapfere Vaterlandsverteidiger können dadurch ihren Lieben erhalten bleiben!

In einer praktisch konstruierten Ausrüstung führt der Sanitätshund (vgl. Abbildung) das notwendigste Verbandzeug und Erfrischungen mit sich, damit ein Verwundeter, soweit ihm der Gebrauch seiner Hände gestattet, von diesem entnehmen kann. Bei dem Verwundeten angekommen, legt der Hund sich zunächst nieder, damit von dem Inhalt seiner Taschen Gebrauch gemacht werden kann, läuft dann wieder zu seinem Führer zurück und leitet diesen an die Fundstelle. Für die Nachtsuche wird der Hund noch mit einem sichtbaren Lichte ausgerüstet, damit der Führer ihm überall auch in der Dunkelheit folgen kann und ihn nicht aus dem Auge verliert. Eine aufgerollte wasserdichte Decke dient dem Hunde bei seiner Ruhe als Unterlage oder kann ihm auch bei anhaltendem nassen Wetter, bei strenger Kälte zum Schutz übergeschnallt werden. So ausgerüstet, versieht der richtig und gut dressierte Sanitätshund mit unermüdlicher Ausdauer und mit wahrer Leidenschaft seinen Dienst und übernimmt die Rolle eines Retters in der Not.