Textdaten
<<< >>>
Autor: Rudolf Friedrich Heinrich Magenau
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Kloster Hirschau
Untertitel:
aus: Taschenbuch von der Donau. Auf das Jahr 1824, S. 236–240
Herausgeber: Ludwig Neuffer
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1823
Verlag: Stettinische Buchhandlung
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Ulm
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Exemplar der HAAB Weimar auf Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite
[236]

Kloster Hirschau.

Mit Träumen treibe Keiner Spott!
Manch frommer Traum kam schon von Gott,
Es spricht der Herr nicht stets durch Wort
Und Donner, wie zu Mose dort.

5
Er spricht auch oft ein still Gemüth,

Das auf zu ihm in Demuth sieht,
Wie er bei Joseph einst gethan,
Mit leiser Stimm’ in Träumen an;

So stand in süßem Morgentraum

10
Auf eines Angers grünem Saum

Einst einer Kirche heil’ges Bild
Vor Helizena’s Blick enthüllt.

Drei Fichten sah sie wunderschön,
Drei Drillings Schwestern, vor sich steh’n,

15
Und über ihrer Wipfel Grün

Wölbt sich ein Regenbogen hin,

[237]

Und schwebend auf dem Bogen stand
Verklärt in schimmerndem Gewand,
Ein Engel; seine Stimme drang

20
Ihr sanft ins Ohr, wie Harfenklang.


Dich, fromme Wittwe! sprach er, dich
Hat Gott erwählt; vernimm durch mich,
Beglückt vor Tausenden, sein Wort,
Und bau’ ihm eine Kirche dort!

25
Dort, wo auf jenes Angers Grün

Aus Einem Stamm drey Fichten blüh’n,
Dort an der Nagold grünem Strand
Siehst du das ihm geweihte Land;

Und kaum erglüht das Morgenroth,

30
Befolgt sie schon des Herrn Gebot

Und reich geschmückt als Edelfrau
Ritt sie hinaus zur grünen Au;

Doch all ihr köstlichstes Geschmeid
Dünkt ihr jetzt Tand und Eitelkeit,

35
Sie zieht es aus mit frommem Sinn,

Und legt es Gott zum Opfer hin.

[238]

Des Reichthums Glanz, des Standes Ehr
Reizt nicht die fromme Wittwe mehr,
Als Wittwe will sie Gott allein

40
Der Tage Rest in Andacht weih’n.


Und rasch enteilt mit flinker Hand
Der Knechte Schaar nach Kalk und Sand,
Der Hämmer Schlag, der Aexte Schall
Ertönt durchs Thal nun überall.

45
Und bald erhebt aus tiefer Kluft

Die Kirche hoch sich in die Luft,
Und bald stimmt in den Weihgesang
Der Orgel Ton, der Glocken Klang.

Des Volkes Menge strömt herbei

50
Von nah’ und fern; mit heil’ger Scheu

Thut ihr der frommen Wittwe Mund
Das Wunder der Erscheinung kund.

Auf’s neu ertönt durch Wald und Thal
Der Hämmer Schlag, der Aexte Schall,

55
Es rührt von Gottes Geist entbrannt

Sich Jung und Alt mit ems’ger Hand.

[239]

Ein Klösterlein, von treuem Fleiß
Erbaut, umschloß in schönem Kreis
Die Kirche, wie ein heil’ger Schein,

60
Und fromme Väter zogen ein.


Doch was der Wittwe fromm Gemüth
Nicht ganz vollbracht, hat Erlafrid[1]
Und Wilhelm, er, der Gottesmann
Mit hoher Kraft begabt, gethan;

65
Die Fichten, die im Morgentraum

Die Frau erblickt’ im grünen Raum,
Sie warfen jetzt voll Herrlichkeit
Den Schatten segnend weit und breit.

Die schönste Perl im Schwabenland

70
War Hirschau an der Nagold Strand;

In seiner Zellen stillem Schooß
Wuchs manche Geistespflanze groß;

Doch nichts, was Menschenkunst erhöht,
Nichts, was die Erde trägt, besteht,

75
Verödet liegt in Schutt und Graus

Seit Säk’len schon das Gotteshaus.

[240]

Versunken ist in ew’ge Nacht
Der Säulen Schmuck, des Tempels Pracht,
An Trümmern weilt des Wandrers Blick

80
Und eine Thräne bleibt zurück.


 Rud. Magenau.


  1. Erlafrid, Graf v. Calw, Wilhelm der Abt.