Klänge aus den Tropen
„Joranna, Joranno, auf Nimmerwiedersehn!“
Und siehst du das Mädchen noch dort am Ufer stehn?
Sie winkt und sie schwenket hoch in der Luft das Tuch.
„Laß ab!“ klagt der Eine – „mich schmerzt’s ja schon genug.
Joranna, Joranna, nun werd’ ich nimmer froh.“
Doch fort die Gedanken, hier hilft kein Träumen mehr,
Das Boot ist gerüstet und dorten liegt das Meer.
Die Brandung der Riffe, da wälzt sie schon heran,
Da kommt sie – da rauscht sie – nun schäumt sie wild vorbei,
Jetzt auf mit der Leinwand! Hinaus, die Bahn ist frei!
Hei sieh’ wie er tanzet und wie er springt, mein Kahn,
Er fühlt, wie lebendig, den starken Gegner nahn.
Die Wellen sie brausen, hoch spritzt der Gischt am Bug.
Hinaus in die Wogen! hinaus! die Segel blähn,
Joranna, Joranna, auf Nimmerwiederseh’n!“
Wo der La Plata rauschend floß,
Auf üpp’ger Pampas weichem Grund
Vor der Estancia stampft das Roß,
Das Steppenroß, den Rasen wund.
Die Mähne packt – ein Sprung, ein Schrei,
Und wie das Blei dem Rohr entsaust,
So schnellt das Roß – es fühlt sich frei.
Hei! wie die Luft den Poncho greift
Hei! wie der Wind dein Haar durchpfeift,
Und wirr Dir um die Schläfe jägt.
Die Zügel locker in der Hand,
Die Linke fest am Büchsenlauf,
Und Sand und Staub fliegt wirbelnd auf.
„Greif’ aus, mein Thier – nicht Rast, noch Ruh –
Im Rücken liegt die weite See;
Greif’ aus, greif’ aus und trag, mich zu
Hier gilt es keinen Ritt zum Spiel,
Wie Nachmittags zum Thor hinaus;
Ein ganzer Welttheil ist das Ziel.
Hindurch, mein wack’res Thier! Greif’ aus!“
„Bin ich denn in einem wilden
Märchenhaften Traum befangen,
Wo aus tollen Truggebilden
Weite Riesenarme langen.
In ihr Fabelreich entführen,
Während heller doch und heller
Sich die Gruppen selbst formiren?
Stehen denn nicht dort die Palmen
Wie ein Wald von Riesenhalmen,
Hochgekrönt mit schlanken Fächern?
Dort breitblätt’rige Bananen
Dicht gemischt mit den Limonen,
All’ die Früchte heißer Zonen?
Und tief unter mir die weiten
Wunderbaren Baumkorallen,
Ueberdeckt von einem breiten
Berge bilden sie und Seen,
Schroffe Hänge, düst’re Schluchten;
Weite Felder, sanfte Höhen,
Ströme – friedlich stille Buchten.
All’ den fabelhaften Gruppen,
Das Gedräng’ von tausend Fischen
Mit den schillernd bunten Schuppen!
Kleine, wunderschnelle Dinger,
Kürzer als mein kleiner Finger,
Die sich haschen und verstecken.
Wie sie schwimmen in den Buchten,
Und sich zeigen und sich winden
Wie durch Zauberei verschwinden.
Meine Finger tauch’ ich schäumend
In die leicht gekräusten Fluthen,
Und ich kühle damit träumend
Doch die Indianer lachen,
Denn dort winken frische Quellen
Und sie treiben unsern Nachen
Stärker nach den kühlen Stellen.
Das so schleunig uns zum Land schafft;
Doch die Indianer scheeren
Sich den Henker um die Landschaft.
In den Schatten der Guiaven
Und die armen Teufel schlafen
Wie sie kaum sich satt getrunken.
- ↑ Die nachfolgenden, bisher unveröffentlichten poetischen Schilderungen sandte uns der liebenswürdige Dichter kurz vor seinem Tode. Wir glaubten diese farbenreiche Tropenpoesie unseren Lesern nicht vorenthalten zu dürfen. Die Red.