Kinder- und Haus-Märchen Band 1 (1850)

Große Ausgaben der Kinder- und Hausmärchen
1. Ausgabe 1812/15: Band 1Band 2 • 2. Ausgabe 1819: Band 1Band 2 • 3. Ausgabe 1837: Band 1Band 2 • 4. Ausgabe 1840: Band 1Band 2 • 5. Ausgabe 1843: Band 1Band 2 • 6. Ausgabe 1850: Band 1Band 2 • 7. Ausgabe 1857: Band 1Band 2 • Anmerkungsband (Band 3): 2. Auflage 1822 • 3. Auflage 1856
Textdaten
>>>
Autor: Brüder Grimm
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Kinder und Hausmärchen.
Band 1
Untertitel:
aus: Vorlage:none
Herausgeber:
Auflage: 6. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1850
Verlag: Dieterich
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Göttingen
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: ULB Düsseldorf und Scans auf Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite

Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.

  • Überschriebene „e“ über den Vokalen „a“, „o“ und „u“ werden als moderne Umlaute transkribiert.
  • Langes „ſ“ und rundes „s“ werden nicht unterschieden.
  • Gesperrter Text wird kursiv.
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Einzüge werden nicht übernommen.
  • Geviertstriche (—) wurden durch Halbgeviertstriche ersetzt (–).
  • Anführungszeichen ’‘ als „“.
  • Fußnoten der Vorlage sind fortlaufend nummeriert und folgen jeweils am Schluß des Textes.

[I]
Kinder
und
Hausmärchen


gesammelt
durch
die Brüder Grimm.


Erster Band.


Grosse Ausgabe.
Sechste vermehrte und verbesserte Auflage.


Göttingen.
Verlag der Dieterichschen Buchhandlung.
1850.

[II]

Sage vergeht nie ganz, die verbreitete, welche der Völker
redende Lippe umschwebt: denn sie ist unsterbliche Göttin.

Hesiod 763.
[III]
An die Frau


Bettina von Arnim.

[V] Liebe Bettine, dieses Buch kehrt abermals bei Ihnen ein, wie eine ausgeflogene Taube die Heimat wieder sucht und sich da friedlich sonnt. Vor fünf und zwanzig Jahren hat es Ihnen Arnim zuerst, grün eingebunden mit goldenem Schnitt, unter die Weihnachtsgeschenke gelegt. Uns freute daß er es so werth hielt, und er konnte uns einen schönern Dank nicht sagen. Er war es, der uns, als er in jener Zeit einige Wochen bei uns in Cassel zubrachte, zur Herausgabe angetrieben hatte. Wie nahm er an allem Theil, was eigenthümliches Leben zeigte: auch das kleinste beachtete er, wie er ein grünes Blatt, eine Feldblume mit besonderem Geschick anzufassen und sinnvoll zu betrachten wußte. Von unsern Sammlungen gefielen ihm diese Märchen am besten. Er meinte wir sollten nicht zu lange damit zurückhalten, weil bei dem Streben nach Vollständigkeit die Sache am Ende liegen bliebe. „Es ist alles schon so reinlich und sauber geschrieben“ fügte er mit gutmüthiger Ironie hinzu, denn bei den kühnen, nicht sehr lesbaren Zügen seiner Hand schien er selbst nicht viel auf deutliche Schrift zu halten. Im Zimmer auf [VI] und abgehend las er die einzelnen Blätter, während ein zahmer Kanarienvogel, in zierlicher Bewegung mit den Flügeln sich im Gleichgewicht haltend, auf seinem Kopfe saß, in dessen vollen Locken es ihm sehr behaglich zu sein schien. Dies edle Haupt ruht nun schon seit Jahren im Grab, aber noch heute bewegt mich die Erinnerung daran, als hätte ich ihn erst gestern zum letztenmal gesehen, als stände er noch auf grüner Erde wie ein Baum, der seine Krone in der Morgensonne schüttelt.

Ihre Kinder sind groß geworden und bedürfen der Märchen nicht mehr: Sie selbst haben schwerlich Veranlassung sie wieder zu lesen, aber die unversiegbare Jugend Ihres Herzens nimmt doch das Geschenk treuer Freundschaft und Liebe gerne von uns an.

Mit diesen Worten sendete ich Ihnen das Buch vor drei Jahren aus Göttingen, heute sende ich es Ihnen wieder aus meinem Geburtslande, wie das erstemal. Ich konnte in Göttingen aus meinem Arbeitszimmer nur ein paar über die Dächer hinausragende Linden sehen, die Heyne hinter seinem Hause gepflanzt hatte, und die mit dem Ruhm der Universität aufgewachsen waren: ihre Blätter waren gelb und wollten abfallen, als ich am 3ten October 1838 meine Wohnung verließ; ich glaube nicht daß ich sie je wieder im Frühlingsschmuck [VII] erblicke. Ich mußte noch einige Wochen dort verweilen und brachte sie in dem Hause eines Freundes zu, im Umgange mit denen, welche mir lieb geworden und lieb geblieben waren. Als ich abreiste wurde mein Wagen von einem Zug aufgehalten: es war die Universität, die einer Leiche folgte. Ich langte in der Dunkelheit hier an und trat in dasselbe Haus, das ich vor acht Jahren in bitterer Kälte verlassen hatte: wie war ich überrascht als ich Sie, liebe Bettine, fand neben den Meinigen sitzend, Beistand und Hilfe meiner kranken Frau leistend. Seit jener verhängnisvollen Zeit, die unser ruhiges Leben zerstörte, haben Sie mit warmer Treue an unserm Geschick Theil genommen, und ich empfinde diese Theilnahme ebenso wohlthätig als die Wärme des blauen Himmels, der jetzt in mein Zimmer herein blickt, wo ich die Sonne wieder am Morgen aufsteigen und ihre Bahn über die Berge vollenden sehe, unter welchen der Fluß glänzend herzieht: die Düfte der Orangen und Linden dringen aus dem Park herauf, und ich fühle mich in Liebe und Haß jugendlich erfrischt. Kann ich eine bessere Zeit wünschen um mit diesen Märchen mich wieder zu beschäftigen? hatte ich doch auch im Jahre 1813 an dem zweiten Band geschrieben, als wir Geschwister von der Einquartierung bedrängt waren und russische Soldaten neben in dem Zimmer lärmten, aber damals war das Gefühl der [VIII] Befreiung der Frühlingshauch, der die Brust erweiterte und jede Sorge aufzehrte.

Diesmal kann ich Ihnen, liebe Bettine, das Buch, das sonst aus der Ferne kam, selbst in die Hand geben. Sie haben uns ein Haus außerhalb der Mauern ausgesucht, wo am Rande des Waldes eine neue Stadt heranwächst, von den Bäumen geschützt, von grünendem Rasen, Rosenhügeln und Blumengewinden umgeben, von dem rasselnden Lärm noch nicht erreicht. Als ich in dem heißen Sommer des vorigen Jahres während der Morgenfrühe in dem Schatten der Eichen auf und ab wandelte, und die kühlende Luft allmälig den Druck löste, der von einer schweren Krankheit auf mir lastete, so empfand ich dankbar wie gut Sie auch darin für uns gesorgt hatten. Ich bringe Ihnen nicht eins von den prächtigen Gewächsen, die hier im Thiergarten gepflegt werden, auch keine Goldfische aus dem dunkeln Wasser, über dem das griechische Götterbild lächelnd steht: warum aber sollte ich Ihnen diese unschuldigen Blüthen, die immer wieder frisch aus der Erde dringen, nicht nochmals darreichen? Habe ich doch selbst gesehen daß Sie vor einer einfachen Blume still standen und mit der Lust der ersten Jugend in ihren Kelch schauten.

Berlin im Frühjahr 1843.

Wilhelm Grimm.
[IX]
Vorrede.


Wir finden es wohl, wenn von Sturm oder anderem Unglück, das der Himmel schickt, eine ganze Saat zu Boden geschlagen wird, daß noch bei niedrigen Hecken oder Sträuchen, die am Wege stehen, ein kleiner Platz sich gesichert hat, und einzelne Ähren aufrecht geblieben sind. Scheint dann die Sonne wieder günstig, so wachsen sie einsam und unbeachtet fort: keine frühe Sichel schneidet sie für die großen Vorrathskammern, aber im Spätsommer, wenn sie reif und voll geworden, kommen arme Hände, die sie suchen, und Ähre an Ähre gelegt, sorgfältig gebunden und höher geachtet, als sonst ganze Garben, werden sie heim getragen, und winterlang sind sie Nahrung, vielleicht auch der einzige Samen für die Zukunft.

So ist es uns vorgekommen, wenn wir gesehen haben wie von so vielem, was in früherer Zeit geblüht hat, nichts mehr übrig geblieben, selbst die Erinnerung daran fast ganz verloren war, als unter dem Volke Lieder, ein paar Bücher, Sagen, und diese unschuldigen Hausmärchen. Die Plätze am Ofen, der Küchenherd, Bodentreppen, Feiertage noch gefeiert, Triften und Wälder in ihrer Stille, vor allem die ungetrübte Phantasie sind die Hecken gewesen, die sie gesichert und einer Zeit aus der andern überliefert haben.

Es war vielleicht gerade Zeit, diese Märchen festzuhalten, da diejenigen, die sie bewahren sollen, immer seltner werden. Freilich, [X] die sie noch wissen, wissen gemeinlich auch recht viel, weil die Menschen ihnen absterben, sie nicht den Menschen: aber die Sitte selber nimmt immer mehr ab, wie alle heimlichen Plätze in Wohnungen und Gärten, die vom Großvater bis zum Enkel fortdauerten, dem stätigen Wechsel einer leeren Prächtigkeit weichen, die dem Lächeln gleicht, womit man von diesen Hausmärchen spricht, welches vornehm aussieht und doch wenig kostet. Wo sie noch da sind, leben sie so, daß man nicht daran denkt, ob sie gut oder schlecht sind, poetisch oder für gescheidte Leute abgeschmackt: man weiß sie und liebt sie, weil man sie eben so empfangen hat, und freut sich daran, ohne einen Grund dafür. So herrlich ist lebendige Sitte, ja auch das hat die Poesie mit allem Unvergänglichen gemein, daß man ihr selbst gegen einen andern Willen geneigt sein muß. Leicht wird man übrigens bemerken daß sie nur da gehaftet hat, wo überhaupt eine regere Empfänglichkeit für Poesie, oder eine noch nicht von den Verkehrtheiten des Lebens ausgelöschte Phantasie vorhanden war. Wir wollen in gleichem Sinne diese Märchen nicht rühmen oder gar gegen eine entgegengesetzte Meinung vertheidigen: ihr bloßes Dasein reicht hin sie zu schützen. Was so mannigfach und immer wieder von neuem erfreut bewegt und belehrt hat, das trägt seine Nothwendigkeit in sich und ist gewiß aus jener ewigen Quelle gekommen, die alles Leben bethaut, und wenn es auch nur ein einziger Tropfen wäre, den ein kleines, zusammenhaltendes Blatt gefaßt hat, so schimmert er doch in dem ersten Morgenroth.

Darum geht innerlich durch diese Dichtungen jene Reinheit, um derentwillen uns Kinder so wunderbar und selig erscheinen: sie haben gleichsam dieselben blaulichweißen makellosen glänzenden Augen[1], [XI] die nicht mehr wachsen können, während die andern Glieder noch zart, schwach und zum Dienste der Erde ungeschickt sind. Das ist der Grund, warum wir durch unsere Sammlung nicht bloß der Geschichte der Poesie und Mythologie einen Dienst erweisen wollten, sondern es zugleich Absicht war, daß die Poesie selbst, die darin lebendig ist, wirke und erfreue, wen sie erfreuen kann, also auch, daß es als ein Erziehungsbuch diene. Wir suchen für ein solches nicht jene Reinheit, die durch ein ängstliches Ausscheiden dessen, was Bezug auf gewisse Zustände und Verhältnisse hat, wie sie täglich vorkommen und auf keine Weise verborgen bleiben können, erlangt wird, und wobei man zugleich in der Täuschung ist, daß was in einem gedruckten Buche ausführbar, es auch im wirklichen Leben sei. Wir suchen die Reinheit in der Wahrheit einer geraden nichts Unrechtes im Rückhalt bergenden Erzählung. Dabei haben wir jeden für das Kinderalter nicht passenden Ausdruck in dieser neuen Auflage sorgfältig gelöscht. Sollte man dennoch einzuwenden haben daß Eltern eins und das andere in Verlegenheit setze und ihnen anstößig vorkomme, so daß sie das Buch Kindern nicht geradezu in die Hände geben wollten, so mag für einzelne Fälle die Sorge begründet sein, und sie können dann leicht eine Auswahl treffen: im Ganzen, das heißt für einen gesunden Zustand, ist sie gewis unnöthig. Nichts besser kann uns vertheidigen als die Natur selber, welche diese Blumen und Blätter in solcher Farbe und Gestalt hat wachsen lassen; wem sie nicht zuträglich sind nach besonderen Bedürfnissen, der kann nicht fordern daß sie deshalb anders gefärbt und geschnitten werden sollen. Oder auch, Regen und Thau fällt als eine Wohlthat für alles herab, was auf der Erde steht, wer seine Pflanzen nicht hineinzustellen getraut, weil sie zu empfindlich sind und Schaden nehmen könnten, sondern sie lieber in der Stube mit abgeschrecktem Wasser begießt, wird doch nicht verlangen [XII] daß Regen und Thau darum ausbleiben sollen. Gedeihlich aber kann alles werden, was natürlich ist, und danach sollen wir trachten. Übrigens wissen wir kein gesundes und kräftiges Buch, welches das Volk erbaut hat, wenn wir die Bibel obenan stellen, wo solche Bedenklichkeiten nicht in ungleich größerm Maaß einträten; der rechte Gebrauch aber findet nichts Böses heraus, sondern, wie ein schönes Wort sagt, ein Zeugnis unseres Herzens. Kinder deuten ohne Furcht in die Sterne, während andere, nach dem Volksglauben, die Engel damit beleidigen.

Gesammelt haben wir an diesen Märchen seit etwa dreizehn Jahren, der erste Band, welcher im Jahre 1812 erschien, enthielt meist was wir nach und nach in Hessen, in den Main- und Kinziggegenden der Grafschaft Hanau, wo wir her sind, von mündlichen Überlieferungen aufgefaßt hatten. Der zweite Band wurde im Jahre 1814 beendigt und kam schneller zu Stande, theils weil das Buch selbst sich Freunde verschafft hatte, die es nun, wo sie bestimmt sahen was und wie es gemeint war, unterstützten, theils weil uns das Glück begünstigte, das Zufall scheint, aber gewöhnlich beharrlichen und fleißigen Sammlern beisteht. Ist man erst gewöhnt auf dergleichen zu achten, so begegnet es doch häufiger als man sonst glaubt, und das ist überhaupt mit Sitten und Eigenthümlichkeiten, Sprüchen und Scherzen des Volkes der Fall. Die schönen plattdeutschen Märchen aus dem Fürstenthum Münster und Paderborn verdanken wir besonderer Güte und Freundschaft: das Zutrauliche der Mundart bei der innern Vollständigkeit zeigt sich hier besonders günstig. Dort, in den altberühmten Gegenden deutscher Freiheit, haben sich an manchen Orten die Sagen und Märchen als eine fast regelmäßige Vergnügung der Feiertage erhalten, und das Land ist noch reich an ererbten Gebräuchen und Liedern. Da, wo die Schrift theils noch nicht durch Einführung des Fremden stört oder durch [XIII] Überladung abstumpft, theils, weil sie sichert, dem Gedächtnis noch nicht nachlässig zu werden gestattet, überhaupt bei Völkern, deren Literatur unbedeutend ist, pflegt sich als Ersatz die Überlieferung stärker und ungetrübter zu zeigen. So scheint auch Niedersachsen mehr als alle andere Gegenden behalten zu haben. Was für eine viel vollständigere und innerlich reichere Sammlung wäre im 15ten Jahrhundert, oder auch noch im 16ten zu Hans Sachsens und Fischarts Zeiten in Deutschland möglich gewesen[2].

Einer jener guten Zufälle aber war es, daß wir aus dem bei Cassel gelegenen Dorfe Niederzwehrn eine Bäuerin kennen lernten, die uns die meisten und schönsten Märchen des zweiten Bandes erzählte. Die Frau Viehmännin war noch rüstig und nicht viel über fünfzig Jahre alt. Ihre Gesichtszüge hatten etwas Festes, Verständiges und Angenehmes, und aus großen Augen blickte sie hell und scharf[3]. Sie bewahrte die alten Sagen fest im Gedächtnis, und sagte wohl selbst daß diese Gabe nicht jedem verliehen sei und mancher gar [XIV] nichts im Zusammenhange behalten könne. Dabei erzählte sie bedächtig, sicher und ungemein lebendig, mit eigenem Wohlgefallen daran, erst ganz frei, dann, wenn man es wollte, noch einmal langsam, so daß man ihr mit einiger Übung nachschreiben konnte. Manches ist auf diese Weise wörtlich beibehalten und wird in seiner Wahrheit nicht zu verkennen sein. Wer an leichte Verfälschung der Überlieferung, Nachlässigkeit bei Aufbewahrung und daher an Unmöglichkeit langer Dauer als Regel glaubt, der hätte hören müssen, wie genau sie immer bei der Erzählung blieb und auf ihre Richtigkeit eifrig war; sie änderte niemals bei einer Wiederholung etwas in der Sache ab und besserte ein Versehen, sobald sie es bemerkte, mitten in der Rede gleich selber. Die Anhänglichkeit an das Überlieferte ist bei Menschen, die in gleicher Lebensart unabänderlich fortfahren, stärker als wir, zur Veränderung geneigt, begreifen. Eben darum hat es, so vielfach bewährt, eine gewisse eindringliche Nähe und innere Tüchtigkeit, zu der Anderes, das äußerlich viel glänzender erscheinen kann, nicht so leicht gelangt. Der epische Grund der Volksdichtung gleicht dem durch die ganze Natur in mannigfachen Abstufungen verbreiteten Grün, das sättigt und sänftigt, ohne je zu ermüden.

Wir erhielten außer den Märchen des zweiten Bandes auch reichliche Nachträge zu dem ersten, und bessere Erzählungen vieler dort gelieferten gleichfalls aus jener oder andern ähnlichen Quellen. Hessen hat als ein bergichtes, von großen Heerstraßen abseits liegendes und zunächst mit dem Ackerbau beschäftigtes Land den Vortheil, daß es alte Sitten und Überlieferungen besser aufbewahren kann. Ein gewisser Ernst, eine gesunde, tüchtige und tapfere Gesinnung, die von der Geschichte nicht wird unbeachtet bleiben, selbst die große und schöne Gestalt der Männer in den Gegenden, wo der eigentliche Sitz der Chatten war, haben sich auf diese Art erhalten und [XV] lassen den Mangel an dem Bequemen und Zierlichen, den man im Gegensatz zu andern Ländern, etwa aus Sachsen kommend, leicht bemerkt, eher als einen Gewinn betrachten. Dann empfindet man auch daß die zwar rauheren aber oft ausgezeichnet herrlichen Gegenden, wie eine gewisse Strenge und Dürftigkeit der Lebensweise, zu dem Ganzen gehören. Überhaupt müssen die Hessen zu den Völkern unseres Vaterlandes gezählt werden, die am meisten wie die alten Wohnsitze so auch die Eigenthümlichkeit ihres Wesens durch die Veränderung der Zeit festgehalten haben.

Was wir nun bisher für unsere Sammlung gewonnen hatten, wollten wir bei dieser zweiten Auflage dem Buch einverleiben. Daher ist der erste Band fast ganz umgearbeitet, das Unvollständige ergänzt, manches einfacher und reiner erzählt, und nicht viel Stücke werden sich finden, die nicht in besserer Gestalt erscheinen. Es ist noch einmal geprüft, was verdächtig schien, d. h. was etwa hätte fremden Ursprungs oder durch Zusätze verfälscht sein können, und dann alles ausgeschieden. Dafür sind die neuen Stücke, worunter wir auch Beiträge aus Östreich und Deutschböhmen zählen, eingerückt, so daß man manches bisher ganz Unbekannte finden wird. Für die Anmerkungen war uns früher nur ein enger Raum gegeben, bei dem erweiterten Umfange des Buchs konnten wir für jene nun einen eigenen dritten Band bestimmen. Hierdurch ist es möglich geworden, nicht nur das, was wir früher ungern zurück behielten, mitzutheilen, sondern auch neue, hierher gehörige Abschnitte zu liefern, die, wie wir hoffen, den wissenschaftlichen Werth dieser Überlieferungen noch deutlicher machen werden.

Was die Weise betrifft, in der wir hier gesammelt haben, so ist es uns zuerst auf Treue und Wahrheit angekommen. Wir haben nämlich aus eigenen Mitteln nichts hinzugesetzt, keinen Umstand und Zug der Sage selbst verschönert, sondern ihren Inhalt so wiedergegeben, [XVI] wie wir ihn empfangen hatten; daß der Ausdruck und die Ausführung des Einzelnen großentheils von uns herrührt versteht sich von selbst, doch haben wir jede Eigenthümlichkeit, die wir bemerkten, zu erhalten gesucht, um auch in dieser Hinsicht der Sammlung die Mannigfaltigkeit der Natur zu lassen. Jeder, der sich mit ähnlicher Arbeit befaßt, wird es übrigens begreifen, daß dies kein sorgloses und unachtsames Auffassen kann genannt werden, im Gegentheil ist Aufmerksamkeit und ein Takt nöthig, der sich erst mit der Zeit erwirbt, um das Einfachere, Reinere und doch in sich Vollkommnere von dem Verfälschten zu unterscheiden. Verschiedene Erzählungen haben wir, sobald sie sich ergänzten und zu ihrer Vereinigung keine Widersprüche wegzuschneiden waren, als Eine mitgetheilt, wenn sie aber abwichen, wo dann jede gewöhnlich ihre eigenthümlichen Züge hatte, der besten den Vorzug gegeben und die andern für die Anmerkungen aufbewahrt. Diese Abweichungen nämlich erscheinen uns merkwürdiger, als denen, welche darin bloß Abänderungen und Entstellungen eines einmal dagewesenen Urbildes sehen, da es im Gegentheil vielleicht nur Versuche sind, einem im Geist bloß vorhandenen, unerschöpflichen, auf mannigfachen Wegen sich zu nähern. Wiederholungen einzelner Sätze, Züge und Einleitungen, sind wie epische Zeilen zu betrachten, die, sobald der Ton sich rührt, der sie anschlägt, immer wiederkehren, und in einem andern Sinne eigentlich nicht zu verstehen.

Eine entschiedene Mundart haben wir gerne beibehalten. Hätte es überall geschehen können, so würde die Erzählung ohne Zweifel gewonnen haben. Es ist hier ein Fall wo die erlangte Bildung, Feinheit und Kunst der Sprache zu Schanden wird und man fühlt daß eine geläuterte Schriftsprache, so gewandt sie in allem übrigen sein mag, heller und durchsichtiger aber auch schmackloser geworden ist und nicht mehr so fest dem Kerne sich anschließt. Schade, daß [XVII] die niederhessische Mundart in der Nähe von Cassel, als in den Gränzpunkten des alten sächsischen und fränkischen Hessengaues, eine unbestimmte und nicht reinlich aufzufassende Mischung von Niedersächsischem und Hochdeutschem ist.

In diesem Sinne gibt es unsers Wissens sonst keine Sammlungen von Märchen in Deutschland. Entweder waren es nur ein paar zufällig erhaltene, die man mittheilte, oder man betrachtete sie bloß als rohen Stoff, um größere Erzählungen daraus zu bilden. Gegen solche Bearbeitungen erklären wir uns geradezu. Zwar ist es unbezweifelt, daß in allem lebendigen Gefühl für eine Dichtung ein poetisches Bilden und Fortbilden liegt, ohne welches auch eine Überlieferung etwas Unfruchtbares und Abgestorbenes wäre, ja eben dies ist mit Ursache, warum jede Gegend nach ihrer Eigenthümlichkeit, jeder Mund anders erzählt. Aber es ist doch ein großer Unterschied zwischen jenem halb unbewußten, dem stillen Forttreiben der Pflanzen ähnlichen und von der unmittelbaren Lebensquelle getränkten Entfalten, und einer absichtlichen, alles nach Willkür zusammenknüpfenden und auch wohl leimenden Umänderung: diese aber ist es, welche wir nicht billigen können. Die einzige Richtschnur wäre dann die von seiner Bildung abhängende, gerade vorherrschende Ansicht des Dichters, während bei jenem natürlichen Fortbilden der Geist des Volkes in dem Einzelnen waltet und einem besondern Gelüsten vorzudringen nicht erlaubt. Räumt man den Überlieferungen wissenschaftlichen Werth ein, das heißt gibt man zu daß sich in ihnen Anschauungen und Bildungen der Vorzeit erhalten, so versteht sich von selbst daß dieser Werth durch solche Bearbeitungen fast immer zu Grunde gerichtet wird. Allein die Poesie gewinnt nicht dadurch, denn wo lebt sie wirklich als da, wo sie die Seele trifft, wo sie in der That kühlt und erfrischt, oder wärmt und stärkt? Aber jede Bearbeitung [XVIII] dieser Sagen, welche ihre Einfachheit, Unschuld und prunklose Reinheit wegnimmt, reißt sie aus dem Kreiße, welchem sie angehören, und wo sie ohne Überdruß immer wieder begehrt werden. Es kann sein, und dies ist der beste Fall, daß man Feinheit, Geist, besonders Witz, der die Lächerlichkeit der Zeit mit hineinzieht, ein zartes Ausmahlen des Gefühls, wie es einer von der Poesie aller Völker genährten Bildung nicht allzuschwer fällt, dafür gibt: aber diese Gabe hat doch mehr Schimmer als Nutzen, sie denkt an das einmalige Anhören oder Lesen, an das sich unsere Zeit gewöhnt hat, und sammelt und spitzt dafür die Reize. Doch in der Wiederholung ermüdet uns der Witz, und das Dauernde ist etwas Ruhiges Stilles und Reines. Die geübte Hand solcher Bearbeitungen gleicht doch jener unglücklich begabten, die alles, was sie anrührte, auch die Speisen in Gold verwandelte, und kann uns mitten im Reichthum nicht sättigen und tränken. Gar, wo aus bloßer Einbildungskraft die Mythologie mit ihren Bildern soll angeschafft werden, wie kahl, innerlich leer und gestaltlos sieht dann trotz den besten und stärksten Worten alles aus! Übrigens ist dies nur gegen sogenannte Bearbeitungen gesagt, welche die Märchen zu verschönern und poetischer auszustatten vorhaben, nicht gegen ein freies Auffassen derselben zu eignen, ganz der Zeit angehörenden Dichtungen, denn wer hätte Lust der Poesie Gränzen abzustecken?

Wir übergeben dies Buch wohlwollenden Händen, dabei denken wir an die segnende Kraft, die in ihnen liegt, und wünschen daß denen, welche diese Brosamen der Poesie Armen und Genügsamen nicht gönnen, es gänzlich verborgen bleiben möge.

Cassel am 3ten Julius 1819.


Durch eine Anzahl neuer, dem zweiten Theile zugefügter Märchen, unter welchen einige in schweizerischer Mundart sich auszeichnen, [XIX] ist unsere Sammlung in gegenwärtiger dritten Auflage wiederum gewachsen und der Vollständigkeit, so weit sie möglich ist, näher gerückt. Außerdem sind viele der frühern Stücke abermals umgearbeitet und durch Zusätze und einzelne, aus mündlichen Erzählungen gewonnene Züge ergänzt und bereichert.

Der dritte Theil, dessen Inhalt sich lediglich auf den wissenschaftlichen Gebrauch der Sammlung bezieht und daher nur in einem viel engern Kreiß Eingang finden konnte, ist diesmal nicht mit abgedruckt, weil davon noch Exemplare in der Reimerschen Buchhandlung zu Berlin vorräthig sind. In der Folge soll dieser dritte Theil als ein für sich bestehendes Werk erscheinen, in welchem auch die in der vorigen Ausgabe vorangesetzten Einleitungen von dem Wesen der Märchen und von Kindersitten einen Platz finden werden.

Die treue Auffassung der Überlieferung, der ungesuchte Ausdruck und, wenn es nicht unbescheiden klingt, der Reichthum und die Mannigfaltigkeit der Sammlung haben ihr fortdauernde Theilnahme unter uns und Beachtung im Auslande verschafft. Unter den verschiedenen Übersetzungen verdient die englische als die vollständigste, und weil die verwandte Sprache sich am genausten anschließt, den Vorzug[4] Eine Auswahl, als kleinere Ausgabe in [XX] einem Bändchen, wobei zugleich die Bedenklichkeit derer berücksichtigt ist, welche nicht jedes Stück der größeren Sammlung für Kinder angemessen halten, veranstalteten wir zuerst 1825, sie ist 1833 und 1836 wieder aufgelegt worden.

Der wissenschaftliche Werth dieser Überlieferungen hat sich in mancher überraschenden Verwandtschaft mit alten Göttersagen bewährt, und die deutsche Mythologie nicht selten Gelegenheit gehabt darauf zurückzukommen, ja sie hat in der Übereinstimmung mit nordischen Mythen einen Beweis des ursprünglichen Zusammenhangs gefunden.

Wenn die Gunst für dieses Buch fortdauert, so soll es an weiterer Pflege von unserer Seite nicht fehlen.

Göttingen am 15ten Mai 1837. [XXI] Es freut uns, daß unter den neuen Stücken, womit die Sammlung abermals ist vermehrt worden, sich auch eins wieder aus unserer Heimat befindet. Das schöne Märchen von der Lebenszeit (Nr 176) erzählte ein Bauer aus Zwehrn einem meiner Freunde, mit dem er auf dem freien Feld eine Unterredung angeknüpft hatte; man sieht daß die Weisheit auf der Gasse noch nicht ganz untergegangen ist.

Cassel am 17ten September 1840.


Diese fünfte Ausgabe enthält wiederum eine bedeutende Anzahl neuer Märchen; andere sind nach vollständigerer Überlieferung umgearbeitet oder ergänzt worden. Seit dem ersten Erscheinen der Sammlung sind nach und nach über fünfzig Stücke hinzugekommen. Das große sinnreiche Blatt von Dornröschen, das Neureuther (München 1836) erfunden und selbst radiert hat, zeigt die Einwirkung dieser Dichtungen auf die bildende Kunst. Auch artige Bilder von Rothkäppchen haben wir gesehen. Nicht minder verdienen die hübschen Zeichnungen zu einzelnen Märchen von Franz Pocci Erwähnung; sie sind in München erschienen, Sneewittchen (Nr 53) 1837, Hänsel und Grethel (Nr 15) 1838, der Jude im Dorn (Nr 110) unter dem Titel „das lustige Märlein vom kleinen Frieder“ 1839, zuletzt das „Märlein von einem, der auszog das Fürchten zu lernen“ (Nr 4) ohne Angabe des Jahrs. Unsere kleine Ausgabe ist 1839 und 1841 wieder aufgelegt worden.

Berlin am 4ten April 1843.


Auch die sechste Ausgabe hat durch neue Märchen Zuwachs erhalten, und ist im einzelnen verbessert oder vervollständigt worden. [XXII] Fortwährend bin ich bemüht gewesen Sprüche und eigenthümliche Redensarten des Volks, auf die ich immer horche, einzutragen und will ein Beispiel anführen, weil es zugleich einer Erklärung bedarf: der Landmann, wenn er seine Zufriedenheit mit etwas ausdrücken will, sagt „das muß ich über den grünen Klee loben,“ und nimmt das Bild von dem dicht bewachsenen, frisch grünenden Kleefeld, dessen Anblick sein Herz erfreut: schon altdeutsche Dichter rühmen ihn in diesem Sinne (MS Hag. 2, 66b. 94b).

Ich habe in dem dritten Band, der im Jahr 1822 erschien, eine Übersicht der Märchenliteratur gegeben, die ich hier weiter führen will: einen Nachtrag kann ich es kaum nennen, da das, was seitdem gesammelt ist, an Gehalt und Umfang das Frühere weit überwiegt.

I. Ein malayisches Märchen ist aus einem der frühern Jahrgänge des Morgenblatts wieder abgedruckt im dritten Band von Kletkes Märchensaal.

II. Märchen der Betschuanen in Südafrika hat der Missionar Casalis gesammelt, drei Stücke davon in Lehmanns Magazin für die Literatur des Auslands. Jahrgang 1842. Nr 19. 20.

III. James Athearn Jones Tales of an Indian camp, die zweite Auflage führt den Titel Traditions of the North-American Indians. London 1830. Drei Bände. Sagen der nordamerikanischen Indianer. Altenburg 1837, in vier Heften. Eine Übersetzung des englischen Werks.

Schoolcraft Algic researches enthält Sagen der Odschibwäs, die mir nur durch Übersetzungen in Lehmanns Magazin 1844 Nr 43. 46. 89 unter der Überschrift Nordamerikanische Sagen zugänglich gewesen sind.

IV. Kalevala oder Kareliens alte lieder aus des finnischen volkes vorzeit herausgegeben von Lönnrot. Helsingfors 1835 zwei Theile, so lautet der Titel des Urtextes auf deutsch. Kalevala öfversatt af Math. Alex. Castrén. Theil 1 und 2. Helsingfors 1841. La Finlande son histoire primitive, sa Mythologie, sa Poésie épique. Avec la traduction complète de sa grande épopée: le Kalewala. Par Léouzon le Duc. T. 1. 2. Paris 1845. [XXIII] Über das finnische epos von Jakob Grimm in A. Höfers Zeitschrift für die Wissenschaft der Sprache. Band 1. S. 13–55. Berlin 1846, wo man Nachweisung über die Ausgaben des Urtextes findet.

V. Magyarische Sagen und Märchen von Johann Grafen Mailáth. Brünn 1825. Zweite Auflage. Stuttgart und Tübingen 1837, zwei Bände.

Népdalok és mondák, kiadta Erdély János, Pest Beibelnál, zwei Theile 1846. 47. Ungarische Märchen und Sagen. Aus der Erdélyischen Sammlung übersetzt von G. Stier. Berlin 1850.

VI. Fählmann die deutschrussischen Ostseeprovinzen oder Natur- und Völkerleben in Kur-, Liv- und Ehstland. Dresden und Leipzig 1841, 2 Theile. Koit und Ämmerik übersetzt von Fählmann in dem ersten Band der Verhandlungen der gelehrten ehstnischen Gesellschaft und daraus abgedruckt in Lehmanns Magazin 1844. Nr 48.

Ausflug nach Ehstland im Junius 1807. Meiningen 1830.

Ehstnische Volkslieder, Urschrift und Übersetzung von H. Neus. Reval 1850, erste Abtheilung.

VII. Schiditu Kur abgedruckt in der mongolischen Chrestomathie von Kowalewski. Kasan 1836. 37. Eine Übersetzung aus einer Handschrift hat schon der erste Theil von B. Bergmanus nomadischen Streifereien Bd. 1. Riga 1804 geliefert, Wilh. Schott von zwei Märchen nach Kowalewskis Text in Lehmanns Magazin 1844. Nr 19. 21.

VIII. Die Thaten des Bogda Gesser Châns, eine ostasiatische Heldensage aus dem mongolischen übersetzt von I. J. Schmidt. Petersburg und Leipzig 1839. Den Urtext hat schon 1836 der Übersetzer nach der Ausgabe in Peking vom Jahr 1716 abdrucken lassen.

IX. (Slavonische) Volksmärchen von Joh. Nic. Vogl. Wien 1837.

X. Märchen und Kinderspiele in Griechenland von Zuccarini in der Zeitschrift Ausland vom Jahr 1832. Nr 57. 58. 61.

XI. Walachische Märchen herausgegeben von Arthur und Albert Schott. Stuttgart und Tübingen 1845.

XII. Spaziergänge eines Großvaters. Moskau 1819. Ich kenne das russische Buch nur aus Anführungen. [XXIV] Russische Volksmärchen in den Urschriften gesammelt und ins Deutsche übersetzt von Anton Dieterich. Mit einem Vorwort von Jacob Grimm. Leipzig 1831.

Die ältesten Volksmärchen der Russen von Joh. Nic. Vogl. Wien 1841. Übersetzung aus den Spaziergängen eines Großvaters und aus fliegenden Blättern, großentheils dieselben Märchen, die in Dieterichs Sammlung vorkommen, manchmal in etwas verschiedener Auffassung: aber Dieterich enthält mehr, und drei, die ihm fehlen, sind unbedeutend.

XIII. Der tapfere Georg und der Wolf. Aus dem Russischen des Kosacken Luganski (Regimentsarzt Dahl) in Lehmanns Magazin 1836. Nr 71. 72. Die Urschrift bei Nowosselje Sammlung von Aufsätzen und Gedichten der jetzt lebenden russischen Schriftsteller. Petersburg 1833.

XIV. Polnische Volkssagen und Märchen. Aus dem Polnischen des K. W. Woycicki von Friedrich Heinrich Lewestam. Berlin 1839.

Märchen aus dem Weichselthale von Friedr. Uhl. Wien 1847.

XV. Wendische Märchen und Legenden in dem zweiten Band der Volkslieder der Wenden in der Ober- und Niederlausitz herausgegeben von Leopold Haupt und Joh. Ernst Schmaler. Grimma 1843.

XVI. W. Grant Stewart the popular superstitions and festive amusements of the Highlanders of Scotland. Edinburgh 1823.

(Crofton Croker) Faicy Legends and Traditions of the south of Ireland. London 1825. Zweite Auflage. Erster Theil 1826. Zweiter und dritter Theil 1828. Der letzte Theil enthält auch einige Märchen aus Schottland und Wales.

Irische Elfenmärchen übersetzt von den Brüdern Grimm, Leipzig 1826, enthält den ersten Theil von Croker; hinzugefügt ist eine Abhandlung über die Elfen von Wilhelm Grimm mit weitern literarischen Nachweisungen.

Sagen und Märchen von K. v. K., 1ter Theil Stuttgart und Tübingen 1847. 2ter Th. 1849. Eine Sammlung aus Zeitschriften und verschiedenen Büchern, die nachgewiesen werden. Ein 3ter und vielleicht ein 4ter Th. mit einer vollständigen Übersetzung von Crofton Crokers Werk soll folgen. [XXV] Skizzen aus Ireland von V. A. Huber. Berlin 1850.

XVII. Emil Souvestre Le foyer breton, Traditions populaires. Paris (1845).

Volksmärchen aus der Bretagne, für die Jugend bearbeitet von Heinrich Bode. Leipzig 1847. Eine Übersetzung von Souvestre mit Abänderungen.

XVIII. The adventures of the Gooroo Paromarton: a tale in the Tamul language by B. Babington. London 1822.

Le Pantscha-Tantra ou les cinq ruses, fables du Brahme Vichnou-Sarma; aventures de Paramarta et autres contes, le tout traduit la première fois sur les originaux indiens; par I. A. Dubois. Paris 1826.

The Vedala Cadai; being the tamul version of a collection of ancient tales in the Sanscrit language, populary known throughout India, and entitled the Vetàla Panchavinsati, translated by G. B. Babington kenne ich nur aus der Nachricht in den Göttinger gelehrten Anzeigen 1832. Nr 178.

Die Mährchensammlung des Somadeva Bhatta aus Kaschmir. Aus dem Sanskrit ins Deutsche übersetzt von Hermann Brockhaus. Th. 1 und 2 Leipzig 1843.

Aus Mahabharata sind einzelne märchenhafte Stücke ausgehoben in den Indischen Sagen von Adolf Holzmann. Drei Theile. Karlsruhe 1845–1847.

XIX. Touti Nameh, eine Sammlung persischer Märchen von Nechschebi. Deutsch von Iken nebst Anhang von J. G. Rosegarten. Tübingen 1822.

Die Märchen in den Sketches of Persia (von John Malcolm) T. 1. 2. London 1828 sind ausgezogen in Kisseh-Khūn (l. Kisse Chân), der persische Erzähler. Berlin und Stettin 1829.

XX. Wodana, Museum voor nederduische Oudheidskunde uitgegeven door F. W. Wolf. Gent 1843. s. 47–75.

XXI. H. C. Andersen Eventyr fortalte för börn. Kjöbnhavn 1842. Zweite Aufl. Märchen und Erzählungen von H. C. Andersen aus dem Dänischen von Jessen. Braunschweig 1840.

Udvalgte Eventyr og Fortällinger ved Christian Molbech. Kjöbnhavn 1843. [XXVI] Nordische Elfenmärchen von Hermann Püttmann. Leipzig 1844.

Eventyr og Folkesagn fra Jylland. Fortalte af Carit Etlar. Kjöbenh. 1847.

XXII. Norske Folkeeventyr samlede ved P. Ch. Asbjörnsen og Jörgen Moe. Förste Deel. Christiania 1843. 2den Deels förste Hefte. Das. 1844. Mehr ist, soviel ich weiß, nicht erschienen. Nachträge von Asbjörnsen in einem Reisebericht vom Jahr 1847 in einer dänischen Zeitschrift.

Norwegische Volksmärchen gesammelt von P. Asbjörnsen und Jörgen Moe. Deutsch von Friedrich Bresemann. Mit einem Vorworte von Ludwig Tieck. Bd. 1. 2. Berlin 1847.

XXIII. Svenska folk-sagor ock äfventyr. Efter muntlig öfverlemnig samlade och utgifna af Gunnar Olof Hyltén-Cavallius och George Stephens. Första delen. Stockholm (1844).

Schwedische Volkssagen und Märchen. Nach mündlicher Überlieferung gesammelt und herausgegeben von Gunnar Olof Hyltén-Cavallius und George Stephens. Mit Varianten und kritischen Anmerkungen deutsch bearbeitet von Carl Oberleitner. Wien 1848.

XXVI. Östreichische Volksmärchen von Franz Ziska. Wien. 1822.

Friedr. Heinr. v. d. Hagen Erzählungen und Märchen. Zweiter Band. Prenzlau 1826.

Ein Büchlein für die Jugend vom Verfasser des Volksbüchleins. Stuttg. und Tübingen 1834.

L. Bechstein die Volkssagen, Märchen, Legenden des Kaiserstaats Östreich. Bd 1. Leipzig 1841.

Sagen- und Märchenwald von L. Wiese. Thl. 1. Barmen 1841. Thl. 2. 1842.

Almanach deutscher Volksmärchen von H. Kletke. Berlin ohne Jahr (wahrscheinlich 1842).

Elsässisches Volksbüchlein. Kinder- und Volkslieder, Sprüche und Märchen. Herausgegeben von August Stöber. Straßburg 1842. Auch als Anhang zu dem oberrheinischen Sagenbuch von demselben Verfasser.

Sagen und Märchen aus der Oberlausitz nacherzählt von Ernst Willkomm. Thl. 1. 2. Hannover 1843. [XXVII] Märkische Sagen und Märchen gesammelt und herausgegeben von Adelbert Kuhn. Berlin 1843.

Märchen für Kinder von K. L. Kannegießer. Breslau ohne Jahr.

Aus dem Böhmerwalde von Josef Rank. Leipzig 1843. Neue Geschichten aus dem Böhmer Wald von demselben. Leipz. 1846.

Hundert neue Märchen im (Böhmer) Gebirge gesammelt von Friedmund von Arnim. Erstes Bändchen (mit zwanzig Märchen). Charlottenburg 1844.

Germaniens Völkerstimmen, Sammlung der deutschen Mundarten in Dichtungen, Sagen, Märchen, Volksliedern. Herausgegeben von Joh. Matthias Firmenich. Erster Theil. Berlin ohne Jahr (1845).

Sagen, Märchen und Lieder der Herzogthümer Schleswig, Holstein und Lauenburg. Herausgegeben von Karl Müllenhoff. Kiel 1845.

Deutsche Märchen und Sagen. Gesammelt und mit Anmerkungen herausgegeben von Joh. Wilh. Wolf. Leipz. 1845; darin auch eine Übersetzung der Flämischen Märchen aus der Wodana. Von einer neuen Märchensammlung sind schon einige Bogen gedruckt.

Deutsches Märchenbuch. Herausgegeben von Ludwig Bechstein. Leipzig 1845.

Neue preußische Provinzialblätter. Herausgegeben von A. Hagen und Meckelburg. B. 1. Königsberg 1846.

Sagen, Märchen und Gebräuche aus Sachsen und Thüringen. Gesammelt von Emil Sommer. 1s Heft. Halle 1846.

Erzählungen eines Großmütterchens. Von Joh. N. Vogl. Wien ohne Jahr. Enthält auch einige deutsche Märchen.

Volkssagen aus Voralberg. Gesammelt von J. F. Vonbun. Wien 1847. 2te verm. Aufl. Innsbr. 1850.

Norddeutsche Sagen, Märchen und Gebräuche aus Meckelnburg, Pommern, der Mark, Sachsen, Thüringen, Braunschweig, Hannover, Oldenburg und Westfalen. Aus dem Munde des Volks gesammelt und herausgegeben von A. Kuhn und W. Schwarz. Leipzig 1848.

Beitrag zur deutschen mythologie von Friedrich Panzer. München 1848.

Ich rechne es mir zum Verdienst an, daß ich Bücher hier übergehe, die nicht das geringste Neue enthalten, sondern aus andern zusammengetragen sind, oder eigene Erfindungen liefern, die für uns keinen Werth haben.

[XXVIII] Wie einsam stand unsere Sammlung, als sie zuerst hervor trat, und welche reiche Saat ist seitdem aufgegangen. Man lächelte damals nachsichtig über die Behauptung daß hier Gedanken und Anschauungen erhalten seien, deren Anfänge in die Dunkelheit des Alterthums zurück giengen: jetzt findet sie kaum noch Widerspruch. Man sucht nach diesen Märchen mit Anerkennung ihres wissenschaftlichen Werths und mit Scheu an ihrem Inhalt zu ändern, während man sie früher für nichts als gehaltlose Spiele der Phantasie hielt, die sich jede Behandlung müßten gefallen lassen.

Das neu zu Tag geförderte verdient nähere Betrachtung, ich will dabei an dem äußersten Rand des Horizonts beginnen. Ein malayisches Märchen erscheint ebenso anmuthig in der Darstellung als eigenthümlich in der Auffassung. Zwar eine Brautwerbung ist ein so gewöhnliches Ereignis, daß die Sagen aller Völker davon berichten, aber daß der Werbende vor einer der gestellten Bedingungen zurückweicht, macht einen Gegensatz zu der Bereitwilligkeit, womit er sonst der gefährlichsten sich unterzieht. Ein König will dem Rath der Großen seines Reichs folgen und nach dem Tod seiner Gemahlin sich wieder vermählen, aber er besteht darauf keine andere zu nehmen, als die Fürstin von Ledang, die in weiter Ferne auf einem schwer zugänglichen Berg wohnt. Boten gehen ab, doch nur einer wagt sich auf den schwierigen Pfad: ihm droht erst Frost und Kälte, dann gelangt er in einen Wundergarten, wo die Vögel in fremdartigen Tönen sich hören lassen, die Citronen rauschen, die Weinbeeren kichern, die Pomeranzen lächeln, die Rosen singen. Die Fürstin erscheint in der Gestalt einer buckelichen Alten und erklärt ihren Willen sich nur dann mit dem König zu vermählen, wenn er eine goldne und eine silberne Straße von Malacca nach Ledang bauen lasse, wenn er ihr das Herz einer Mücke und einer Motte, drei ellenbreit, darreiche, ferner ein Faß [XXIX] mit Menschenthränen, endlich ein Fläschchen mit seinem Blut und ein anderes mit dem Blut seines Sohns. Als der König die Antwort vernimmt, erklärt er sich bereit in alle Bedingungen einzugehen, nur gegen das Aderlassen empfinde er Abneigung.

Die zahlreichen Märchen der Betschuanen in Südafrika sind zwar gesammelt aber erst wenige davon mitgetheilt worden, so erwünscht ihre Bekanntmachung wäre; sie scheinen in jeder Beziehung werthvoll. Eins davon erzählt wie zwei Brüder ausziehen ihr Glück zu versuchen. Der jüngere gewinnt einem Riesen eine große Herde Kühe ab, in welcher sich eine befindet, die weiß ist wie der gefallene Schnee. Er kommt mit dem älteren Bruder wieder zusammen, der nur eine Herde Hunde erworben hat. Dieser verlangt jetzt die weiße Kuh, und als sie ihm versagt wird, ermordet er hinterlistig den jüngeren bei einem Brunnen. Alsbald sitzt auf dem Horn der weißen Kuh ein Vöglein und verkündigt was geschehen ist. Der Mörder zerschmettert das Vöglein mit einem Steinwurf, aber es erscheint wieder auf dem Horn. Er tödtet es abermals, verbrennt es und zerstreut seine Asche in den Wind. Das Vöglein zeigt sich zum drittenmal und spricht „ich bin das Herz des Getödteten: mein Leichnam ist bei der Quelle in der Wüste.“ Es gleicht dem dreimal wiederkehrenden, die Unthat verrathenden Vöglein im Machandelbaum (Nr 47), aber noch mehr dem singenden Knochen (Nr 28), wo die Ereignisse fast dieselben sind. Eine andere Erzählung liefert ein merkwürdiges Thiermärchen, in welchem der Hase die Rolle des Fuchses spielt, wenn dieser nicht wirklich gemeint ist und hier nur ein Misverständnis waltet. Er verräth die andern Thiere an den Löwen und überlistet hernach auch diesen, indem er dessen Schweif in Pfählen so verflicht, daß er nicht entrinnen kann und verschmachten muß. Als sich der Hase aber in die Haut des Löwen steckt und die Thiere zitternd ihm Geschenke darbringen, [XXX] wird er übermüthig und prahlt mit seiner List, die den Abscheu und die Verachtung der Thiere hervor ruft, so daß er sich ein Ohr abschneiden muß, um nicht erkannt zu werden.

Besonderer Beachtung werth sind die Überlieferungen der Indianer in Nordamerika. Der Herausgeber, der seine Jugend unter den Wilden verlebte, hat sie aus dem Mund einer alten Indianerin, die ihn pflegte, vernommen. Er hat wohl die Darstellung und den Ausdruck etwas ausgeschmückt, doch, muß man gestehen, mit Sorgfalt und Geschick. Die Wilden erscheinen nicht als ein rohes, vielmehr als ein geistig ausgestattetes und tiefsinniges, den edlern Richtungen der menschlichen Seele zugewandtes Volk, wie fremdartig ihre Sitte manchmal erscheint; man muß die tiefe Wahrheit und sinnreiche Kühnheit ihrer Bildersprache bewundern, ihren eindringenden Blick in die großartigen Erscheinungen der Natur wie in ihr heimliches Weben. An der Echtheit des Inhalts wird niemand zweifeln, der das Wesen der Überlieferung kennt. Das Bedeutungsvolle und Mythische liegt offen da, aber es ist mit den Zuständen und Ereignissen des täglichen Lebens so innig verbunden, wie das Wunderbare und Unglaubliche. Die Thiere stehen mit den Menschen in vertraulichem Verkehr, und der kluge, in selbsterbauten Wohnungen lebende Biber wird noch zu diesen gezählt. Die Thiere entbehren nicht der menschlichen Sprache, ja der Grund wird ausdrücklich angegeben, warum ein Theil von ihnen mit dem Verlust derselben bestraft ward. Wie auf dieser Seite die menschliche Natur herab steigt, so erhebt sie sich auf der andern. Unsterbliche, die in den Höhen des Himmels oder in den Tiefen des Abgrunds ihre Heimat haben, treten mit den Bewohnern der Erde in nahen Verkehr, verbinden sich mit ihnen durch Heirath, indem sie eine Zeitlang menschliche Gestalt annehmen und sich menschlichen Trieben und Leidenschaften überlassen. [XXXI] So empfängt die Beherrscherin des ewigen Schnees, deren Athem eisig ist, Lebenswärme und Gefühl erst in der Umarmung eines Menschen, nach dessen Tod sie wieder zu dem Nordlicht zurück kehrt. Der große Tagsstern, wie die Sonne heißt, ist ein Mann, der Weib und Kinder hat: wenn er die Augen schließt, so wird es Nacht, wie die Luft stille steht, wenn die Winde sich dem nöthigen Schlaf überlassen. Die ersten Menschen waren sechs Indianer, die am Meeresufer sitzend sich einmal neben einander fanden und dann ausgiengen Weiber zu suchen. Sie kommen zu einer bestimmten Zeit wieder zusammen, jeder bringt sein Weib und ein Kind mit, und erzählt wie er dazu gelangt ist; aus einer andern Quelle (vergl. Friedrich Majer Religiöse Gebräuche und Ideen der Urvölker des nördlichen Amerika im mythologischen Taschenbuch vom Jahr 1811. S. 239. 240) war diese Überlieferung schon mit einigen Abweichungen bekannt. Hier nur einiges von den Schicksalen des ersten. Er klettert Tage lang an einem Sonnenstrahl hinauf, bis er zu dem großen Tagesstern gelangt, und wirbt um dessen schöne Tochter. Von der Mutter begünstigt, gewinnt er ihre Neigung, aber der König des Lichts verschmäht die Vermischung seines Geschlechts mit den Geschöpfen der Erde. Als die Folgen des heimlichen Verständnisses offenbar werden, wirft er beide zornig vom Himmel herab, doch die Mutter läßt sie unverletzt auf die Erde nieder fallen, wo sie ein glückliches Leben führen und ihre Nachkommen sich ausbreiten. Es ist das einzige von diesen Märchen, das im Gang der Ereignisse einige Ähnlichkeit mit andern, bei uns bekannten zeigt, wo ein kühner Jüngling sich in die Behausung des Teufels oder eines andern bösen Geistes begibt, um etwas von ihm zu erlangen: eine gutmüthige Alte fördert sein Vorhaben und läßt ihn glücklich entrinnen; doch das ist nur eine allgemeine, in natürlichen Verhältnissen begründete Übereinstimmung. Ich will [XXXII] noch aus einer andern Überlieferung, die zu den bedeutendsten gehört und am besten den Gehalt dieser Märchen erkennen läßt, einige Züge mittheilen. Der erste Mensch, der alte Chappewee, findet auf der Erde weder Männer noch Weiber noch Kinder. Er schafft Kinder und gibt ihnen zweierlei Früchte, weiße und schwarze, verbietet ihnen aber von den schwarzen zu essen. Da die Erde noch nicht von den Strahlen der Sonne erleuchtet ist, so geht er fort die prächtige Scheibe zu holen. Nach langer Abwesenheit bringt er sie herbei, und sie beginnt nun ihr glänzendes Licht gewisse Stunden hindurch über die Erde auszuströmen. Mit Freude bemerkt er daß seine Kinder nur von den weißen Früchten gegessen, mithin Krankheit und Tod noch keine Gewalt über sie erlangt hatten. Aber die Sonne leuchtet nicht zu aller Zeit: der Alte geht abermals fort um die Lampe der dunkeln Stunden, den Mond herbei zu holen. Als er sie herbei bringt, merkt er gleich an den Augen der Kinder daß sie von der verbotenen Frucht genossen haben. Er ist nicht ohne Schuld, denn ehe er weggieng hatte er vergessen sie mit einem Vorrath von weißen Früchten zu versorgen und der Hunger sie gezwungen von den schwarzen zu genießen. Jetzt kommt Krankheit und Tod in die Welt, Miswachs, Mühseligkeit und Qual. Chappewee sieht mehr als zwanzig Geschlechter verschwinden, er selbst ist dem Tod nicht unterworfen. Hundertmal sind ihm die Zähne ausgefallen und neue gekommen, ebenso oft haben Zunge und Augen sich ersetzt: aber er ist des Lebens müde und will sterben. Da schickt er einen von den Seinigen zu dem kleinen klugen Volk, zu den Bibern, von denen einer bewogen wird sich sieben von seinen scharfen Zähnen ausreißen zu lassen. Der Alte erhält was er verlangt und befiehlt einen von diesen Zähnen ihm in jeden Schlaf, einen in die Mitte der Stirne, einen in jede Seite, einen in die Höhle des Rückens, einen in die große Zehe des rechten [XXXIII] Fußes zu schlagen. Als der letzte eingeschlagen ist, seufzt der Alte dreimal und stirbt.

Ich gedenke noch der Erzählung des vierten unter den Indianern, die ausgiengen sich Weiber zu suchen, weil sie Ähnlichkeit mit den irischen Märchen von dem nächtlichen Elfentanz hat. Der Jüngling gelangt am sechsten Tage seiner Wanderung, als die Sonne eben untergeht, auf die Anhöhe eines Bergs, wo er sich nieder setzt. Als es Nacht geworden ist, dringt aus dem Thal ein lieblicher Gesang zu seinen Ohren, dazwischen Lachen und fröhliches Geschrei. Er steigt herab und nähert sich vorsichtig, da erblickt er im Mondschein eine Menge weiblicher Gestalten, die auf einem grünen Plan tanzen. Einige sind klein, wie ein Kind von drei Monaten, andere in menschlicher Größe. Er setzt sich an einer Stelle nieder, wo er nicht kann bemerkt werden, und ergötzt sich an dem Anblick. Plötzlich springt eine von ihnen in muthwilliger Lust aus dem Ring und kommt gerade auf ihn zu. Als sie ihn entdeckt, schreit sie vor Schrecken laut auf und eilt zu den andern zurück. Sie gerathen bei der Nachricht daß ein Fremder in der Nähe sei, in höchsten Zorn, kommen und machen ihm Vorwürfe daß er sie in der Dunkelheit bei dem heiligen Tanz und dem Geisterlied der Nacht belauscht habe. Sie sagen ihm sie seien Berggeister, die seit Jahrhunderten auf diesem grünen Platz in Sommernächten sich an Tanz und Gesang erfreuten und den Thau der Blumenkelche tränken. Ihn erwarte nichts anderes als der Tod. Er entschuldigt sich mit der Macht des Gesanges, den er in der Ferne vernommen und der ihn herbei gezogen habe, und erbietet sich die größte und schönste von ihnen zur Frau zu nehmen. Ihr Zorn hat sich bei seiner Rede gemildert, und die auserwählte entschließt sich, bevor der Mond den höchsten Stand am Himmel erreicht hat, die Berge zu verlassen und ihm als Frau in ein wärmeres Land zu folgen. [XXXIV] Weitab von diesen nordamerikanischen Märchen, auf der östlichen Halbkugel und höher im Norden begegnen wir Überlieferungen der Finnen, die bei aller Verschiedenheit des Inhalts in der Bildungsstufe Verwandtschaft mit jenen zeigen und, wenn auch durch einen losen epischen Faden zusammen gehalten, doch in einzelne Stücke sich leicht abtrennen lassen. Die mythische Grundlage tritt hier noch mächtiger hervor, während sich Tiefe und Wahrheit der Naturanschauung nicht geringer erweist. Kalevala, noch jetzt in dem Munde der Sänger fortlebend, ist zugleich eine der wunderbarsten Denkmäler der nordischen Vorzeit und wird an Ursprünglichkeit und innerm Gehalt nur von der Edda übertroffen; würdigen aber kann diese Poesie, die aus dem Zusammenhang mit der vorgeschichtlichen Zeit ihre Kraft zieht und ihre Bedeutung empfängt, nur wer gelernt hat sich in die Zustände zu versetzen, die sie schildert. Auch hier macht den Hauptinhalt eine Brautfahrt aus, indem drei Brüder um dieselbe mit wunderbarer Schönheit und den höchsten Gaben ausgestattete Jungfrau werben, die dem jüngsten zu Theil wird. An die Geschicke, die dabei walten, sind Überlieferungen geknüpft, die in märchenhafter Darstellung von der Entstehung der Erde und den frühsten Zuständen des menschlichen Zusammenlebens berichten. Den Brüdern wohnt schaffende Kraft bei, zumal dem ältesten: er bildet Inseln, Buchte und Felsen, läßt Sonne und Mond erscheinen. Die jedesmalige Lage, in die sie gerathen, bestimmt sie hervor zu rufen was zum irdischen Dasein nöthig ist. Ihnen gegenüber steht eine böse Zauberin, die Krankheit und Seuchen entstehen läßt und Sonne und Mond verschließt, um der Erde das Licht zu entziehen. Wir vernehmen von der Erfindung der Harfe und des Gesangs, dessen Kraft so überwältigend ist, daß die ganze Natur in Aufruhr geräth: die Thränen, die dem Sänger dabei über die Wangen rollen, fallen ins Meer und bilden Edelsteine, die eine blaue Ente [XXXV] aus der Tiefe holt. Als jene Harfe ins Meer gesunken ist, wird eine zweite verfertigt, bei deren Klang der Adler seine Jungen im Nest verläßt und auf die Töne horcht. Doch auch die Grenzen der Macht werden bezeichnet, vergeblich ist der Versuch einer aus Silber und Gold kunstreich gebildeten Frau Lebenswärme mitzutheilen oder Athem einzuhauchen: vergeblich will man die geraubten Gestirne, Sonne und Mond durch künstliche, aus edlem Metall geschmiedete ersetzen, die Nachbildung strahlt kein Licht aus. Das Höchste aber, was die Brüder schaffen, ist der dem Boden Fruchtbarkeit verleihende, alle Wünsche erfüllende Sampo, in dessen Besitz zu gelangen, von feindlicher Seite List und Gewalt angewendet wird. Zuletzt ins Meer geschleudert zerbricht er, so daß seine Schätze auf dem Grund liegen bleiben und nur einzelne, von den Wellen ausgeworfene Stücke wieder an den Tag kommen. Der Nibelungehort, dessen Werth auch mehr in den damit verbundenen wunderbaren Dingen als in dem angesammelten Gold beruht, darf wohl damit verglichen werden. Die Heldensage setzt staatlich geordnete Völker voraus, die um Unabhängigkeit oder um Oberherrschaft kämpfen, menschliche Helden treten auf, an denen manchmal noch der Widerschein höherer Abkunft haftet: hier Götter, die einander den Besitz übernatürlicher, wunderkräftiger Dinge streitig machen. Auch die drei Brüder sind göttliche Wesen, der älteste von ihnen, der Herr des Liedes (um mich eines Ausdrucks des Mittelalters zu bedienen), hat dreißig Jahre in dem Schoß der Mutter gelegen, ehe er das Licht der Welt erblickte: schon am zweiten Tag schmiedet er sich ein Pferd, das leicht ist wie ein Halm, auf dem er über das Meer weg reitet. Nirgend Rohheit oder Verwilderung, neben den Äußerungen eines ungezähmten Übermuths steht Sanftheit, zarte Empfindung und liebevolle Betrachtung der Natur, wie sie dem schön geschilderten Hirtenleben eigen ist. Die Darstellung ist durchaus [XXXVI] märchenhaft, sie kümmert sich um Wahrscheinlichkeit so wenig als der Gedanke bei der Auffassung des Übersinnlichen an irgend eine Schranke sich bindet: sie weiß die ausschweifendste Phantasie zu überflügeln. Ein Ochse ist so groß, daß eine Schwalbe den ganzen Tag zwischen seinen Hörnern zu fliegen hätte und das Eichhorn von dem einen Ende des Schwanzes bis zu dem andern einen ganzen Monat zu laufen, wobei es doch der Erschöpfung wegen auf der Mitte des Weges rasten müßte; das Bild wäre als Übertreibung in andern Dichtungen unerträglich gewesen, dieser Poesie ist es angemessen. Einzelne Anklänge an die deutschen Märchen sind in der Abhandlung über das finnische Epos nachgewiesen, ich will noch einiges mit jenen Gemeinschaftliche hier anmerken: der Pfad über Nadelspitzen Schwertecken und Streitäxte gleicht dem Weg über Kämme und Stacheln (Nr 79). Die Mutter zieht die einzelnen Glieder ihres zerstückten, in den Fluß geworfenen Sohns aus dem Wasser, fügt sie zusammen und wiegt sie so lange auf ihrem Schoß, bis er wieder lebendig wird, wie bei uns (Nr 46) die in dem Blut schwimmenden Glieder der zerhackten Schwester wieder belebt werden.

Ganz der Geist von Kalevala, nicht minder bedeutsam, nur milder, das heißt ohne die Beimischung des Ungeheuern, offenbart sich in den Märchen der ehstländischen Finnen. Was kann anmuthiger sein als die Erzählung von der Leuchte, welche die Hallen Altvaters erhellt? Er überträgt die Sorge dafür zwei unsterblichen Dienern, einem Jüngling und einem Mädchen. Zu diesem, die Ämmarik (Abendröthe) heißt, spricht er „Töchterchen, dir vertraue ich die Sonne, lösche sie aus und verbirg das Feuer, daß kein Schade geschieht.“ Dann zu Koit (Morgenröthe) „Söhnchen, dein Amt ist, die Leuchte zu neuem Lauf wieder anzuzünden.“ Keinen Tag fehlt die Leuchte am Himmelbogen, im Winter hat [XXXVII] sie lange Rast, im Sommer nur kurze Ruhezeit, und Ämmarik übergibt die erlöschende unmittelbar den Händen Koits, der sie alsbald zu neuem Leben anfacht. Zu einer solchen Zeit sehen beide einmal sich zu tief in die braunen Augen, ihre Hände fassen einander, ihre Lippen berühren sich. Altvater sieht es und spricht „seid glücklich als Mann und Weib.“ Sie antworten „Alter, störe unsere Freude nicht, laß uns ewig Braut und Bräutigam bleiben, so ist die Liebe immer jung und neu.“ Nur einmal im Jahr, vier Wochen lang, kommen beide zur Mitternachtszeit zusammen. Dann legt Ämmarik die erlöschende Sonne in die Hand Koits, ein Händedruck und ein Kuß beseligt sie. Die Wange der Ämmarik erröthet und spiegelt sich rosenroth am Himmel, bis Koit die Leuchte wieder anzündet. Weilt Ämmarik zu lange, so ruft ihr die Nachtigall scherzend zu „säumiges Mädchen, die Nacht wird zu lang.“ Dem geheimnisvollsten nährt sich die Dichtung der Völker und weiß es in ihrer Unschuld zu deuten. Ein Märchen beschreibt die Entstehung der verschiedenen Sprachen: Altvater kocht Wasser in einem Kessel, und nach den verschiedenen Lauten, die es beim Brodlen von sich gibt, wird den heran nahenden Völkern die Sprache zugetheilt: nur die Ehsten, die zuerst kommen, als das Wasser noch nicht kocht, erhalten die Sprache Altvaters. Wird gesagt die Scheidung der Sprachen sei entstanden, als der stille Wasserspiegel uranfänglichen Lebens von dem Feuer irdischer und sündlicher Triebe gestört und durchbrochen ward? Auch ehstnische Volkslieder bewahren Überlieferungen dieser Art und manche mit Kalevala übereinstimmende Züge.

Hier muß ich der Sage von Gesser Chan Erwähnung thun. Sie ist zwar in der mongolischen Volkssprache aufgefaßt, ursprünglich aber, aller Wahrscheinlichkeit nach, in Tibet entstanden und zeigt Einwirkungen indischer Mythen. Dort herrschte der Held, [XXXVIII] dessen Ruhm noch heute bis nach China fortdauert. Alle Zeichen deuten darauf daß wir nur die Auflösung eines alten Gedichts vor uns haben, dessen Zeit man nicht kennt, dessen Inhalt aber auf ein hohes Alter zurück weist. Man kann leicht einzelne, für sich bestehende Theile abtrennen, zumal in den ersten die Geburt und die Jugend Gessers umfassenden Abschnitten, die nur durch schwache Bande zusammen gehalten werden; erst in den Kriegen mit den drei schiraigholischen Chanen zeigt sich mehr epischer Zusammenhang. Die Dichtung gewährt helle Blicke in die früheren Zustände ostasiatischer Völker und ist auch in dieser Beziehung von nicht geringem Werth. Das Erhabene und Großartige der Gedanken, das in Kalevala Bewunderung erregt, fehlt hier gänzlich, aber die mythische Bedeutsamkeit und die ungezügelte Phantasie bricht in ähnlicher Weise hervor, ja es fehlt nicht an Bildern in dem Geist jener Zeit: ein Pfeil bei Sonnenaufgang abgeschossen fällt erst nieder, wenn die Sonne drei Viertel von ihrer Bahn vollendet hat: ein Stier ist so groß, daß sein rechtes Horn den Himmel stützt, sein linkes die Erde berührt: ein Felsenstück wird von einem Berggipfel zum andern geworfen; anderes ist wild und wüst. Gesser, die Verkörperung eines Gottes, der an einer Kette in den Himmel und wieder herabsteigt, bewährt seine Abstammung durch übernatürliche Kräfte und durch Verwandelungen in jegliche, selbst in doppelte Gestalt, womit er jeden Widerstand besiegt: er schafft zauberhafte Helden, deren einer als Feuerklumpen unter die Feinde sich wälzt und sie verbrennt. Schön wird seine Macht ausgedrückt, wenn es heißt „die Erde bebt, wenn Gesser weint;“ er beruhigt sie durch Räucherwerk (S. 228. 238. 243). Auch seine Gegner sind meist übernatürliche Wesen, Riesen, deren Macht so weit geht, daß sie in Felsenwände verwandelt sich herbei bewegen und zusammen schlagend ihren Feind erdrücken. Gessers Kampf mit ihnen hat [XXXIX] völlig mythische Geltung: er soll den Widerstreit des Guten und Bösen darstellen, aber nur nach der Ansicht des Gedichts, denn seinen Handlungen liegt kein Gedanke zu Grund, der uns Achtung einflößen könnte. Alles was er und seine Helden vollbringen, wird durch Trug, gemeine Verstellung und unwürdige List erreicht: er übt ohne Zaudern erbarmungslos die rohsten Grausamkeiten, schneidet dem Kind die Hand ab, die er ihm erst gestreichelt hat, und während er sich den Schein gibt, als wolle er den Segen empfangen, schlitzt er dem Lama den Leib auf und zerreißt dessen Eingeweide. Nur der Gegensatz zu dem niederträchtigen Tschotong, der, obgleich ein Fürst, Schläge hin nimmt und in knechtischer Furcht unter den Tisch kriecht, Roßäpfel und Leder als gute Speise verschluckt, hebt ihn etwas: doch menschliches Gefühl zeigt er nur in der Liebe zu seinem irdischen Vater, der gleichwohl seine Verschmitztheit empfinden muß. Wir suchen bei ihm vergeblich einen Anhauch jener edlen Gesinnung, die in dem Epos anderer Völker Lebensbedingung ist; das Gedicht steht uns in dieser Beziehung in weiter Ferne. Nur in der Klage der Tümen (S. 119), die auszieht den verlorenen Gesser zu suchen, finde ich eine bessere Stimmung, die sich auch in Sprichwörtern, Bildern und Formeln, die offenbar herkömmlich sind, erkennen läßt: Rogmo Goa, um ihren Schmerz auszudrücken, sagt (S. 81) „das Weiße meiner Augen ist gelb geworden, das Schwarze meiner Augen ist gebleicht.“ Ich löse ein paar einzelne Erzählungen ab, die ganz märchenhaft und für uns besonders merkwürdig sind. Die Darstellung darin ist gut und der Inhalt hat die Vollständigkeit und Genauigkeit, wodurch die Auffassungen alter Zeit sich auszuzeichnen pflegen.

Gessers Vater will die Eigenschaften seiner Söhne prüfen (S. 32). Er fängt ein Rebhuhn und steckt es in einen Sack, den er zubindet. Diesen Sack zu sich nehmend besteigt er einen Büffel und läßt den [XL] einen Sohn Namens Dsesse hinter sich aufsitzen. Als das Rebhuhn anfängt zu flattern, bockt der Büffel und wirft den Alten ab, der sich todt stellt. Wehklagend eilt der Sohn nach Haus. Am andern Morgen macht der Vater dieselbe Probe mit Rongsa, dem zweiten Sohn, die ebenso ausfällt. Am dritten Morgen kommt die Reihe an Joro, wie Gesser in seiner Kindheit genannt wird. Auf dem Weg gelangen sie zu dem Feld eines Chinesen, das mit Holz eingezäunt ist, auf dem eine Elster hüpft. Das Rebhuhn flattert, der Alte fällt vom Büffel zur Erde und stellt sich todt. Joro springt herab, fängt zum Schein ein entsetzliches Trauergeschrei an, hält aber den Büffel fest. Plötzlich hört er mit seiner Klage auf und spricht „hätte dieser tückische Chinese nicht hier seinen Acker angelegt und nicht mit hölzernen Stangen umsteckt, von denen die Elster auffliegen konnte, so hätte der Büffel sich nicht gebäumt und mein Alter wäre nicht ums Leben gekommen.“ Dann ruft er den Chinesen herbei und droht er wolle ihn als Ersatz für den Todten nehmen. Der Chinese, der nicht eher kommt als bis Joro anfängt das Getreide zu verwüsten, muß das Gehölz in der Nähe umhauen und herbei bringen, welches zum Leichenbegängnis dienen soll. Joro setzt das gefällte Holz neben seinen Vater in einen Haufen und zündet ihn an. Als das Feuer auflodert, schielt der Alte seitwärts: Joro nimmt eine Handvoll Erde, wirft es auf die Augen des Vaters und spricht „man sagt, Väterchen, es sei ein schlechtes Zeichen für die nachbleibende Familie, wenn jemand mit offenen Augen sterbe.“ Als das Feuer immer stärker prasselt, zieht der Alte beide Beine zusammen. Joro spricht „man behauptet die Glieder des nachgelassenen Weibes und der Kinder könnten sich nicht ausstrecken, wenn jemand im Tode die Beine zusammen ziehe.“ Er holt ein Stück Balken und legt es dem Alten über beide Beine. Dann nimmt er ihn auf den Rücken, um ihn auf den brennenden Holzstoß zu [XLI] legen. Während er ihn trägt, schreit der Alte „dein Vater ist nicht todt, er lebt.“ Joro spricht „es ist von der schlechtesten Vorbedeutung für die Nachkommen, wenn jemand nach seinem Tode noch spricht.“ Er ist eben im Begriff ihn ins Feuer zu werfen, als der Alte schreit „ich sage dir daß ich nicht todt bin: willst du deinen Vater bei lebendigem Leib verbrennen?“ „Es freut mich, daß du nicht todt bist, Väterchen,“ spricht Joro, hilft dem Alten auf den Büffel und zieht mit ihm heim. Der Alte spricht zu seinem Weib „ich habe die Eigenschaften meiner drei Knaben geprüft, Dsesse wird ein herzhafter Mann werden, Rongsa ein mittelmäßiger Mensch, aber keiner von beiden dem Joro gleich kommen.“ Mit diesen Worten entfernt er sich, aber sein Weib faßt Groll und hat Böses im Sinn. Sie denkt „soll der Sohn der verstoßenen Frau meine beiden Söhne übertreffen? ich will ihn geschwind auf die Seite schaffen.“ Sie stellt für jene gute Speise auf den Tisch, unter die Speise Joros mischt sie starkes Gift. Dsesse und Rongsa setzen sich nieder und essen, Joro bleibt als müßiger Zuschauer links stehen. Die Mutter spricht „lieber Joro, was stehst du da und siehst zu? setze dich an den Tisch und verzehre dein Essen.“ Joro ergreift seine Schale, läßt sich nieder und spricht „unsere Eltern haben unsern Erbantheil an der Schüssel unter uns getheilt: jetzt werden sie auch unsern Erbantheil an Vieh unter uns theilen. Ihr, meine Brüder, habt ein Versehen begangen, indem keiner von Euch den Eltern die Vorkost als Opfer dargebracht hat: wenn ich nicht esse, was hat das zu bedeuten?“ Mit diesen Worten überreichte er dem Vater die Speise, der in seiner Unschuld eben davon genießen will, als Joro die Schale zurück zieht und sie der Stiefmutter darbietet. Aus Schamgefühl will sie davon essen, aber Joro nimmt auch ihr die Schale weg, schüttet einen Theil ihres Inhalts in den großen Kessel und spricht „dies war von jeher der [XLII] allgemeine Familienkessel;“ unmittelbar darauf platzt dieser auseinander. Einen Theil schüttet er auf den Dreifuß, der in Stücke zerspringt. Einen Theil wirft er aufwärts gegen den Rauchfang, der gleichfalls in Stücke geht. Einen Theil wirft er dem Haushund an den Kopf, der in zwei Theile sich spaltet. Den Rest genießt Joro selbst (ihm als einem Gott scheint er nicht gefährlich) und bringt etwas Röthliches daraus gepreßtes seinen bei den Drachenfürsten befindlichen Schwestern zum Opfer. Es kommt in deutschen Märchen mehrmals vor daß ein Vater seine drei Söhne aussendet um ihre Fähigkeiten zu prüfen: aber eine Ausführung, die dieser ähnlich wäre, finde ich nirgend.

Näher steht uns eine andere Erzählung (S. 141). Gessers Gemahlin, Tümen Dschirghalang wird von einem Riesen geraubt, der sie auf seine hoch gelegene, von einer Mauer ohne Thore umgebene Burg bringt. Gesser begibt sich dahin: als er angelangt ist, nimmt er die Gestalt eines Bettlers an und ruft mit lauter Stimme „wo bin ich hin gekommen?“ Die Frau, als sie seine Stimme hört, springt auf, aber der Riese hatte vor den rechten und linken Thürpfosten zwei Spinnen von der Größe eines zweijährigen Kalbes gesetzt, die sie verschlingen sollen, wenn sie den Versuch macht hinaus zu gehen, und die jetzt den Rachen öffnen, als sie an der Thüre erscheint. Gesser schlägt sie mit seinem schwarzen Stecken todt und läßt ihre Stelle von zwei ähnlichen aber falschen Spinnen einnehmen. Die Frau fällt dem Gesser weinend um den Hals, er aber spricht „ist das nicht, was man ein Weib von kurzem Zügel (wenig Überlegung) nennt! wenn du weinst, wird das nicht der Riese bemerken?“ Er vernimmt von ihr daß dieser, der gerade auf der Jagd ist, als Wahrsagungszeichen rothe Fäden besitzt, aus denen er Alles mit Sicherheit erfahren kann. Sie sinnen nach wie sie ihm seine Listen ablocken: sie soll ihn ausfragen, und er will dabei horchen. [XLIII] Sie graben eine sieben Klafter tiefe und lange Grube, in welche Gesser kriecht. Dann wird sie mit einer weißen Steinplatte bedeckt, über welche eine gemalte Decke gelegt wird: auf diese kommt eine dünne Erdschicht, weiter Heu und grüne Kräuter: endlich wird ein mit Wasser gefüllter Kessel darüber gestellt und um dieses Wasser gepflückte Federn von allerlei Vögeln gestreut. Abends, als die Sonne roth wird, kommt der Riese auf seinem kupfergrünen, mit einem Elenthier beladenen Maulthier heim. Das Maulthier, als es sich nähert, schnaubt mit der Nase, nimmt das Gebiß zwischen die Zähne, kaut daran, macht Sätze und Sprünge, und wühlt die Erde auf; auch die beiden Grauschimmel des Riesen laufen unruhig hin und her. Der Riese vermuthet einen Betrug der Frau: „ist etwa ein Feind gekommen?“ ruft er, „meine Nase empfindet einen Geruch wie von Mistkäfern (in den deutschen Märchen „ich wittere Menschenfleisch“). Die Frau beruhigt ihn, er aber verlangt seine wahrsagenden Fäden und sagt ihr dabei wie sie sich benehmen müsse, damit die Deutung daraus nicht unzuverlässig werde: unter andern soll sie sorgen daß die Fäden nicht unterhalb eines Hundeskopfe kommen. Sie thut gerade was er verbietet und überreicht ihm dann die rothen Fäden, die er auf seinem Maulthier sitzend untersucht. „Weh,“ ruft er, „Gesser ist gekommen! wie es scheint liegt er unter meinem Herde begraben, mit einer Steinplatte bedeckt und mit schwarzer Erde überstreut.“ Die Frau antwortet „was schwätzest du da? habe ich Gesser begraben? blauer Himmel da oben, werde mein Vater und rede! Erdfläche hier unten, werde ein Mensch und rede! horcht und vernehmt was zwischen uns beiden gesprochen wird.“ Da ruft eine Verwandlung Gessers als Mensch oben vom Himmel „du bist den Gesser geringschätzend hergekommen, jetzt trage dein Schicksal.“ Sodann ruft er selbst aus der Tiefe „des Riesen Gezänk ist unerträglich.“ Als der Riese das hört, spricht er „das ist doch [XLIV] merkwürdig“ und lacht. Dann untersucht er noch einen der Fäden und spricht „Gesser ist gestorben und überdeckt mit einer weißen Steinplatte, die von weißem Schnee beschneit ist: das vertrocknete Kraut ist zusammen gefallen und neues grünes Kraut gewachsen. An dem Ufer einer großen See waschen sämmtliche Vögel ihre Federn: über ihnen sitzen Krähen und Elstern und treiben ihr Gespötte mit Gesser. Seit seinem Tod ist schon ein volles Jahr verflossen.“ Jetzt steigt er von dem Maulthier und fordert seinen Zahnstocher: als er damit stochert, fallen zwei bis drei Menschen aus seinem Rachen. Die Frau muß ihm sein Essen bringen, eine Schüssel mit geschmorten Menschenfingern. Nach der Mahlzeit setzt sie sich auf seinen Schoß und spricht „wenn ich allein im Hause bin, und der verruchte Gesser kommt und will mich tödten, so möchte ich dich gleich davon benachrichtigen, aber die Burg hat keinen Ausgang.“ „Ich sage dir nichts,“ antwortet der Riese, „der Mensch ist in drei Dingen ungewis, einen Strauch rechnet er nicht zu den Bäumen, einen Sperling nicht zu den Vögeln und ein Weib nicht zu seinen Freunden; ich will nicht.“ Sie besänftigt ihn indessen und legt sich nieder. Er lacht und heißt sie näher sich legen, dann nimmt er sie in seine Arme und spricht „hier hast du zwei goldne Ringe, lege den einen beim Ausgang auf die Nasenspitze, stecke den andern beim Eingang an den kleinen Finger, so wird das Thor der Burg sich öffnen. Wenn ich sage daß ich nach Osten gehe, so bedeutet das nach Westen.“ Sie fragt „wie willst du Gesser besiegen, wenn er herkommen sollte?“ Der Riese antwortet „wenn der Nichtswürdige kommen sollte, werde ich ihn nicht mit dem kleinen Finger tödten können? Es befinden sich vorwärts von meinem Haus drei verschiedene große Seen, herwärts davon ein fünffaches Schilffeld. AmUfer des nächsten Sees rennen zwei Stiere, ein weißer und ein schwarzer, um die Wette. Am Morgen siegt der weiße, Gessers Schutzgeist, [XLV] am Mittag der schwarze, mein Schutzgeist: wenn er meinen Schutzgeist tödten sollte, so kann er auch mich tödten. Weiterhin steht eine große Burg, darin wohnen meine drei jüngeren Schwestern: sie sitzen gewöhnlich auf dem Wipfel von neun rothen Bäumen. Wenn er diese tödten sollte, so kann er mich auch überwältigen. Links davon befinden sich drei große Seen, an welchen drei Hirschkühe spielend umher laufen. Zur Zeit der Mittagshitze kommen sie aus dem Wasser und legen sich ausruhend neben einander am Ufer nieder. Wenn er alle drei mit Einem Pfeilschuß zu durchbohren vermag, dann den Leib der mittlern Hirschkuh aufreißt und eine darin befindliche große kupferne Nadel entzwei bricht, so könnte er mich tödten. Rechts ab liegt eine Burg, wo eine ältere Schwester von mir in magischer Verwandlung wohnt, diese bewahrt einen großen Käfer, welchen sie mir seit meiner Geburt noch nie gezeigt hat, wenn er diese beiden, die meine Seele sind, tödtet, so könnte er vielleicht auch mich tödten. Dies ist das Ende meiner Verwandelungen.“ Damit legt der Riese sich nieder, aber die Frau spricht abermals „ach, wie du doch so dumm bist! was hatte ich dich doch vorhin gefragt? fragte ich dich nicht welche von deinen Verwandlungen die vornehmste sei? gewis hast du noch einige, sage sie her.“ Der Riese erwidert „wenn ich eingeschlafen bin, so kommt aus meinem rechten Nasenloch ein großer goldner Fisch hervor und bewegt sich spielend auf meiner rechten Schulter, dann kommt aus meinem linken Nasenloch ein kleiner goldner Fisch und bewegt sich spielend auf meiner linken Schulter. Sollte er auch diese beiden tödten, was hat es auf sich? ich sterbe dann als Held in gleichem Kampf mit ihm. Wenn er mich auch tödten sollte, so lebt noch mein älterer Bruder, ein Lama und Zauberer, ferner meine Mutter, eine Hexe, und endlich ein einzelnes eigenes Kind von mir: wie vermag er diese drei zu tödten? Mich selbst könnte er vielleicht besiegen: wenn [XLVI] er aber diese meine Drei tödten sollte, so würde ich ohne Nachkommenschaft sterben.“ Die Frau spricht abermals schmeichelnde Worte zu ihm, worüber der Riese lacht und sich (zum Schlaf) niederlegt. Am andern Morgen steht er früh auf und indem er vorgibt nach vorn auszugehen, geht er nach hinten fort. Die Frau weckt jetzt den in der Grube liegenden Gesser, gibt ihm die zwei goldnen Ringe und berichtet ihm alles, was sie von dem Riesen vernommen hat. Es wird nun erzählt wie Gesser alle Schwierigkeiten überwindet und den Riesen zuletzt tödtet, das Mitgetheilte reicht hin um die Verwandtschaft mit dem deutschen Märchen von dem Teufel mit den drei Goldhaaren (Nr 29) darzuthun, dem unter ähnlichen Umständen seine Geheimnisse abgefragt werden. Noch einige Einzelheiten aus dem Gedicht muß ich anführen, Gesser kocht sieben Menschenhäupter, nimmt das Schädelgebein heraus und verfertigt daraus sieben Trinkschalen, wie Völund in der Edda und Alboin in der langbardischen Sage. Gesser wird in eine Schlangengrube geworfen (S. 104. 260): er tödtet die Schlangen durch Gift, dann ordnet er die großen als Polsterlager, die kleinen als Kopfkissen und legt sich darauf nieder. Jetzt fängt er an zu singen und verkündigt was geschehen ist. Dies erinnert an die nordische Sage von Naynar Lodbrok, der in der Schlangenhöhle vor dem Tod seine Thaten preist.

Von den Märchen der Magyaren kennen wir wahrscheinlich nur einen geringen Theil, Gaal und Mailáth gewähren nicht sehr viel und es mangelt dabei an genauer Auffassung und schlichter Erzählung. Besser sind in dieser Beziehung die Stücke aus der Erdélyischen Sammlung. Ich habe schon früher (Bd. 3. S. 433) gezeigt daß bei Gaal der größte Theil ähnlichen deutschen Märchen entspricht, doch ist das äußere Gewand meist sehr verschieden, wie z. B. die drei Königstöchter (Stier S. 34) zeigen, in welchen offenbar [XLVII] unser Hänsel und Grethel (Nr 15) liegt. Doch Einiges gehört den Ungarn allein, ist schön und sinnreich, wie z. B. der Traum (Stier S. 14) und die Pomeranzen (das. S. 83). Anderer Art ist der Eisenlaci (Mailáth Nr 20), der an den mongolischen Gesser erinnert. Nirgend sind fremde Einwirkungen so wahrscheinlich als bei den von Deutschen, Slaven und Walachen umgebenen Ungarn und auf einem von so verschiedenen Völkern bewohnten Boden. Mailáth liefert überhaupt nur sechs Märchen, die zwar, wie ausdrücklich gesagt wird, aus dem Munde des Volks aufgenommen, aber aus mehreren zusammen gesetzt sind: dadurch ist eine Anhäufung des Wunderbaren entstanden, die das Wesen des Märchens zerstört, das eine Vereinigung des Unerhörten mit dem Gewöhnlichen und Alltäglichen verlangt. Die Erzählung von den Brüdern weist auf einige deutsche (Nr 29. 53. 107) hin, ebenso Pengö (Nr 62. 111. 197). Die Gaben enthalten, wenn auch unvollkommen, das Märchen von der Gänsemagd (Nr 88). Einzelne Züge in anderer Verbindung deuten gleicherweise auf Verwandtschaft, so geht, wie bei Brunhilt, die Zaubermacht der Jungfrau verloren (Mailáth 2, 30), sobald sie sich verheirathet: Schlangen bringen Kräuter herbei und beleben damit einen Todten (2, 195), wie im deutschen Märchen (Nr 16): aus dem Blut wächst ein Baum mit Goldäpfeln hervor (2, 196) wie im Einäuglein (Nr 130) aus dem Eingeweide der Ziege. Bei Stier wird in den Anmerkungen der Zusammenhang mit den deutschen Überlieferungen nachgewiesen.

Einige Grade näher als die finnischen stehen uns die Märchen celtischer Völker. Bei den Iren, wo die Quelle noch reichlich fließt, hat Crofton Croker zuerst die Bahn gebrochen. Der Inhalt seiner Sammlung ist echt und auf eine geschickte Weise sind in die Erzählung seltsame, kühne aber lebendige Anschauung verrathende [XLVIII] Redensarten, Bilder und Gleichnisse des Volks eingewebt: man muß bedauern daß die Darstellung zu dem ausgebildeten Geschmack der jetzigen Zeit sich etwas mehr zuneigt als zuträglich ist, zumal wenn sie jene Ironie anwendet, die uns zu verstehen gibt daß das märchenhafte nur das Erzeugnis einer durch den Rausch erregten Phantasie sei, womit jede tiefere Bedeutung schwindet. Eine dankenswerthe Zusammenstellung enthalten die irischen Sagen und Märchen von K. v. K., wo auch benutzt ist was in den Popular tales and legends von Lover (1832–34) und in Thoms Märchen und Sagen aller Völker (1834) vorkommt. Nichts besser kann die immer aufgeregte, mit einer gewissen Wildheit behaftete, aber auch mit den geistigsten Kräften ausgestattete Natur der Irländer schildern als diese Märchen: nur eine so behende Phantasie war fähig dem Grundgedanken der Sage einen Ausdruck zu verleihen, der uns durch immer neue und unerwartete Wendungen überrascht. Fast in allen wird die Verwickelung der Ereignisse oder ihre Lösung durch den Zutritt eines der geisterhaften Wesen bewirkt, die in zahlloser Menge Wasser und Land, Wälder und Berge, Felsen und Einöden bewohnen und die reizendste wie die häßlichste Gestalt annehmen. Herzlos, wie sie sind, suchen sie die Menschen in ihren Kreiß zu bannen, als trügen sie Verlangen das warme Leben derselben in sich aufzunehmen. Man kennt ihre Tücke und scheut sie, aber man sucht sich mit ihnen in gutem Vernehmen zu erhalten, etwa wie die Schlesier ihren Rübezahl schonen, die unwillig werden, wenn ein Fremder seinen Namen in den Wald hinein ruft, was sie selbst sich niemals erlauben. Treffend wird das Verhältnis in einem Märchen bezeichnet, wo das linke Auge des Menschen mit einer Salbe bestrichen fortan ihre wahre häßliche Gestalt, das rechte den Schein wunderbarer Schönheit sieht. Nur das Märchen von Darby Duly (K. v. K. 2, 23) macht Ausnahme und stellt einen andern Charakter [XLIX] dar, denn er führt Streiche aus ganz in der Art, wie im deutschen (Nr 61) das Bürle. Immer tritt der Inhalt der irischen Märchen mit scharfer und sicherer Bestimmung hervor, und sie unterscheiden sich darin zu ihrem Vortheil von den deutschen, wo die vielfach gestörte oder durch fremde Einflüsse geschwächte Überlieferung oft Lücken und einen Mangel an Zusammenhang verräth: dagegen fehlt ihnen das Zutrauliche und Heitere das diesen eigen ist, die gerne mit der Aussicht auf lange und dauernde Glückseligkeit schließen. Aber die Elfen sind auch bei den Iren seltner geneigt sich als gütige und wohlthätige Wesen zu beweisen, und ihre Gaben müssen ihnen mit List abgewonnen werden. Andere Verhältnisse, als die aus der Berührung mit der Geisterwelt hervor gehen, werden hier kaum erwähnt. Wie häufig wird z. B. in den deutschen Märchen das schwere Geschick geschildert, das Kinder von einer bösen Stiefmutter erdulden müssen, ich habe das in den irischen nicht gefunden: die Übersetzung eines alten, nicht volksmäßigen Gedichts von den drei Schwänen Lirs (K. v. K. 2, 275) macht keine Ausnahme. Eine entschiedene Übereinstimmung habe ich nur in dem vorhin genannten Darby Duly bemerkt, sonst kommt aber in einzelnen Zügen manches Ähnliche vor, wie ich in den Anmerkungen zu Crokers Werk nachgewiesen habe: deutlicher ist die Übereinstimmung in dem Glauben an die Elfen. Die von der Lady Guest aus einer alten Handschrift herausgegebenen gälischen Mabinogion (Märchen) übergehe ich hier: wie werthvoll sie für die Geschichte der Poesie sind, so enthalten sie doch keine aus dem Munde des Volks geschöpfte Sagen, sondern eigenthümlich kalte und unbelebte Darstellungen alter Rittergedichte, die uns wie trockene Auszüge aus bessern Werken gemahnen.

In Schottland, für sächsische Einwirkungen empfänglicher, läßt sich vielleicht eine so reiche Ernte nicht halten, doch das bekannt [L] gewordene überzeugt schon daß derselbe Glaube an das gute Volk, wie man aus Scheu sie zu verletzen die Elfen nennt, Geltung hat und gleiche oder ähnliche Märchen umgehen.

In nahem Verwandtschaftsgrade mit den irischen stehen die Märchen der Armorikaner in der Bretagne, nur daß sie, nicht abgeschlossen wie jene, dem Einfluß benachbarter Länder zugänglich waren. In der Sammlung von Souvestre (S. 180) findet sich ein Beispiel (vergl. Croker 1, 23), wo Übereinstimmung und Abweichung das Gemeinsame wie das Unabhängige auf beiden Seiten darthun. Der Verkehr mit dem kleinen Volk macht auch hier den Hauptinhalt aus, doch nicht ausschließlich: das Märchen wie der alberne Peronnik die mächtigsten Zauberer überlistet und zu den höchsten Ehren gelangt, hat schon eine verschiedene Färbung, und wenn der Teufel dem Heiland begegnet und von ihm die Erlaubnis erhält auf einen Tag in der Gestalt eines Geistlichen sich den Menschen zu zeigen, so gehört das in einen ganz andern Kreiß. Ich will noch anmerken, daß in einem armorikanischen Volkslied (Barzaz-Breiz von Villemarqué 1, 50) das Märchen von dem Wechselbalg in ziemlicher Übereinstimmung mit dem deutschen (Nr 39, III) erzählt wird.

Ich springe über nach Osten zu den slavischen Völkern, bei denen der Zusammenhang mit dem deutschen Stamm entschieden hervor tritt. Die sechs slavonischen Märchen, die wir kennen, sind ihrem Inhalt nach nicht ausgezeichnet, wobei noch die gedehnte, wenig belebte Erzählung nachtheilig wirkt. Sie zeigen Verwandtschaft mit ungarischen und deutschen, im ganzen aber geringe Eigenthümlichkeit. Das letzte, der kleine Kerza, verbindet das deutsche Märchen von Daumesdick (Nr 37) mit dem sonst weit abliegenden vom starken Hans (Nr 116), fügt aber zu jenem einige neue Züge. Auszeichnen muß ich aber ein Lügenmärchen, das vollständiger [LI] und zusammenhängenden erzählt als das verwandte deutsche (Nr 112).

Bekannt sind die epischen Lieder der Serben, und ihre Schönheit stellt niemand in Abrede: von der Reinheit und Vollständigkeit der serbischen Märchen wird man sich überzeugen, wenn die, welche Wuck Karadschitsch gesammelt und wovon er eine deutsche Übersetzung vorbereitet hat, veröffentlicht sind. Einige wenige, davon bekannt gewordene (Bd. 3, 421–27) zeigen deutlich Verwandtschaft mit den deutschen.

Die in alten fliegenden Blättern zu Moskau gefundenen, noch nicht vollständig bekannt gemachten russischen Märchen enthalten großentheils echte Überlieferung in einfacher, etwas trockener Erzählung: wahrscheinlich würde, wenn man bei den Landleuten sorgsam nachforschen wollte, eine frischere und vollere Quelle sich öffnen. Den Zusammenhang mit alten Heldenliedern zeigt das Märchen von Ilja (Elias), der auch in Wladimirs Tafelrunde auftritt. Die Verwandtschaft mit deutschen ist nicht bloß in einzelnen Zügen sichtbar, auch denselben Grund finden wir häufig wieder, doch mit Abweichungen und unter ganz anderer Umgebung. Wenn Iwan von seinem Diener verlangt er solle ihm Wasser schöpfen, und dieser sich weigert und ihn heißt es selber zu thun, um ihn damit in seine Gewalt zu bringen, so sehen wir dies in der Gänsemagd (Nr 89) auf eine Königstochter angewendet, wo sich auf eine ähnliche Art daraus die weitern Begebenheiten entwickeln. Die sieben Simeone, im Besitz besonderer Geschicklichkeiten, deren einer als listiger Dieb sich hervor thut, entsprechen den vier kunstreichen Brüdern (Nr 129). Noch näher kommt Iwan, der sein goldnes Haar mit einer Blase bedeckt, dem Königssohn in dem deutschen Märchen vom Eisenhans (Nr 136), der, um dieses Zeichen königlicher Abkunft zu verbergen, seinen Hut niemals abnehmen [LII] will; beide dienen als Gärtner und beide erregen in dieser Verkleidung die Aufmerksamkeit der Königstochter. Was bei uns von dem Tischchen deck dich (Nr 36) erzählt wird, ist hier in ein hübsches Märchen von einem bösen Weib und einem sanften Mann verflochten. Am meisten klingt zusammen die Erzählung von dem Feuervogel und dem grauen Wolf mit der deutschen von dem Goldvogel (Nr 57), und doch verbleibt einer jeden ihre Selbständigkeit.

Das Märchen eines Kosacken unterscheidet sich dadurch, daß es in der Thierwelt spielt und zugleich eine lehrhafte Richtung hat. Der Wolf wird vom Fuchs verleitet den Gebieter der Thiere um Nahrung und Sättigung anzugehen. Er wird von einem Thier zum andern gewiesen, von allen aber mishandelt. Zuletzt wendet er sich an die Menschen, wo es ihm nicht besser ergeht: sie zwingen ihn eine Hundshaut anzuziehen. Da er nirgend Recht und Gerechtigkeit finden kann, so lebt er fortan kümmerlich von Raub und Diebstahl.

Die von Woycicki geschickt aufgefaßten polnischen Märchen haben in ähnlicher Weise wie die russischen häufig mit deutschen die Grundlage gemein, weichen aber in der Ausführung ab. So z. B. kommt auch hier Aschenputtel (Nr 21) und Allerleirauh (Nr 65) vor. Geringen Werth haben die Märchen aus dem Weichselthal von Uhl, denn nur weniges darin stützt sich auf Überlieferung, und dies wenige wird durch eine überladene Sprache fast erstickt. Am merkenswerthesten ist das dem deutschen (Nr 105) ziemlich nahe kommende von der Hausschlange, die mit dem Kinde aus Einer Schüssel Milch ißt.

Unter den Märchen der Wenden in der Lausitz finden sich auch Thiermärchen. Sie handeln von der List des Fuchses, womit er den täppischen Wolf betrügt, und zeichnen sich durch Vollständigkeit und natürliche Darstellung aus; fast zu allen gibt es entsprechende deutsche. [LIII] Die Sammlung walachischer Märchen ist reichhaltig und aus reiner Quelle geschöpft: sie behält ihren Werth, wenn auch nicht überall der rechte Ton in der Erzählung getroffen ist. Wir finden hier die Mannigfaltigkeit der deutschen, mit denen sie zum Theil nah zusammen kommen, wie z. B. Allerleirauh, Sneewittchen, Tischchen deck dich sich wieder finden, aber daneben zeigen andere merkwürdige Eigenthümlichkeiten. Dahin zähle ich unter andern die gewis uralte, hier mit seltener Vollständigkeit erhaltene Sage von Bakâla, der wie das deutsche Bürle (Nr 61) den Schein der Gutmüthigkeit und boshafte List auf eine seltsame Weise mischt. Das Märchen von der Wunderkuh enthält eigentlich das deutsche von Ferenand getrü (Nr 126), nur ursprünglicher und besser. Da der arme Mann keinen Pathen finden kann, so übernimmt Gott selbst die Stelle und macht dem Kinde eine Kuh zum Geschenk, von deren Nachkommen zwei durch große Wundergaben sich auszeichnen. Als der begünstigte Jüngling einmal eine schwere Aufgabe vollbringen soll, aber eingeschlafen und die Zeit zu weit vorgerückt ist, so schleudert die Kuh mit ihren Hörnern die Sonne bis zur Mittagsstunde am Himmel zurück, ein Gedanke, der an die Kühnheit von Kalevala erinnert. Einzelne auffallende Züge kommen ebenso in den deutschen Märchen vor, aber in anderer Verbindung. So läßt hier (Seite 106) wie dort (Nr 107) der von Hunger gequälte sich für ein wenig Speise die Augen ausstechen: wie dort (Nr 1) das Herz des treuen Dieners, ist hier (Seite 145) die Brust des Helden Wilisch mit drei eisernen Banden umgürtet, die hernach zerspringen: wie dort Sneewittchen (Nr 58), so ist hier (Seite 200) ein Weib weiß wie Schnee, roth wie Blut, schwarz wie Rabenfedern, und wie Sneewittchen beim strählen der Haare durch einen vergifteten Kamm betäubt wird, so steckt hier (Seite 251) eine boshafte Alte bei gleicher [LIV] Gelegenheit dem schönen Mädchen eine Zaubernadel (den Schlafdorn der Brunhild) in das Haupt.

Die Überlieferungen der Walachen waren slavischen und deutschen Einmischungen ausgesetzt, während seinem Ursprung nach das Volk zu den Romanen gehört. In dem großen Bereich, den diese einnehmen, ist für die Auffassung der Märchen nichts Nennenswerthes geschehen. Freilich seit Basiles Pentameron war in Italien schwerlich etwas von Belang nachzutragen, und ich freue mich nur bemerken zu können daß durch die sorgfältige, mit willkommenen Anmerkungen ausgestattete Übersetzung von F. Lieberecht (Berlin 1846) dies schätzbare Buch einheimisch geworden ist, auch das Urtheil, das ich darüber (Bd. 3, 277. 279) ausgesprochen habe, Beistimmung gefunden hat. In Spanien und Portugal ist, soviel ich weiß, der Gedanke noch nicht aufgetaucht, Märchen, an welchen es dort nicht fehlen wird, aufzusuchen und sie vor dem Untergang zu bewahren. Die heftig drängende, der Ruhe entwöhnte Zeit mag zum Theil die Schuld tragen, ja es kann kommen, daß wie der Apfelbaum der Frau Holle vergeblich bittet geschüttelt zu werden, die Früchte endlich am Zweig vertrocknen oder herab fallen, wenn sie verfault sind: aber eine solche Zeit ist auch geeignet bei Einzelnen, die ein Gefühl von dem Werth dieser mit einem glücklichen Dasein verknüpften Überlieferungen überkommt, die Lust zur Beschäftigung damit hervor zu rufen. Hat sie sich doch sogar in Frankreich geregt, das zeigen die Übersetzungen der deutschen Märchen, auch das Buch von Emile Souvestre über die Bretagne, nur hat niemand den Weg wieder betreten, den Perrault angebahnt hatte, dessen kleines aber treffliches Buch noch heute sein Ansehen behauptet. Ich habe schon früher (Bd. 3, 378–380) nachgewiesen daß von seinen dreizehn Märchen zwölf mit deutschen verwandt sind, nur von dem gestiefelten Kater, der auch bei Straparola IX, 1 und Basile II, 14 vorkommt, konnte ich es nicht: [LV] jetzt zeigt er sich in sichtbar unabhängiger Gestaltung auch in Norwegen (Asbjörnsen Seite 200) und in Schweden (Cavallius XII), und es ist wohl nur Zufall daß er sich noch nicht in Deutschland gefunden hat. In Frankreich zumal in dem südlichen mögen die Märchen noch in reicher Fülle vorhanden sein: ausdrücklich sagt das ein C. S. unterzeichneter, an den Redacteur des Globe (1830. Nr 146) gerichteter Brief, der zugleich ein merkwürdiges Beispiel anführt, das Märchen von dem Machandelbaum (Nr 47) mit ziemlich geringen Abweichungen, selbst die Reime mit entsprechendem Inhalt fehlen darin nicht.

Bevor ich von den Märchen des deutschen Stammes rede, muß ich den Blick nochmals nach dem Morgenlande richten, dahin wo die über die Erde verbreiteten Völker ihre ersten Sitze hatten. Altindische Märchen in beträchtlicher Anzahl enthält Somadevas Sammlung. Er lebte im elften Jahrhundert zu Kaschemir und seine Absicht war, wie er am Eingang des im epischen Versmaß abgefaßten Gedichts sagt, das bunte Märchennetz dem Gedächtnis zu erhalten. Er benutzte frühere Werke ähnlichen Inhalts, wovon die wichtigern noch vorhanden sind, selbst Ramayana, Mahabharata und die Legenden der Puranen haben ihm Beiträge geliefert; das Alter der Märchen geht also weit über Somadevas Zeit hinauf. Da er ausdrücklich bemerkt daß er nichts ausgelassen und nur den Inhalt zusammen gedrängt habe, so wird dieser vollständiger und zusammenhängender sein als bei späteren Auffassungen möglich gewesen wäre. Sein Ausdruck ist gebildet und verständig, aber eintönig und ohne höhere Belebung: auch das Naive fehlt, die Luft, in der diese Dichtungen allein gedeihen; man fühlt daß die Sage nicht unmittelbar aus dem Munde des Volks genommen ist und schon mehr als eine Überarbeitung erfahren hat. Sonst würde auch die Verwandtschaft mit deutschen Sagen und Märchen deutlicher hervor [LVI] getreten sein, die sich doch in der Anlage und Entwickelung der Begebenheiten, wie in einzelnen Zügen und Wendungen erkennen läßt. Man weiß daß Siegfried Nibelungs Schwert erwarb, als er eine Erbschaft theilen sollte, was Wackernagel (Haupts Zeitschrift 2, 544) als alten Rechtsgebrauch erklärt, und in deutschen Märchen (Nr 92. 193. 197. Bd. 3, 410) wird erzählt wie ein Bedrängter oder in Lebensgefahr Schwebender zwei Streitenden begegnet, und zu gleichem Geschäft aufgerufen wird: so geschieht dem Putraka bei Somadeva (1, 19). Dem indischen Helden wird, wie dort dem Glückskind (Nr 60) jeden Morgen bei seinem Erwachen ein Goldstück unter dem Kopfkissen beschert (1, 17), womit man den Hort Siegfrieds und den sich immer mehrenden Ring Andvaris vergleichen kann. Noch weitere Ähnlichkeiten zeigen sich im Geschick beider. Putraka steigt Nachts in die Burg der bewachten Patali, dringt in ihr Gemach und weckt sie aus dem Schlaf, um sich mit ihr zu vermählen, was mit Sigurds erstem Besuch bei Brunhild zusammen kommt. Ein rother Lappen wird dem Putraka aufs Gewand genäht, wie dem Siegfried ein Kreuz. Neid und Bosheit trachten dem indischen König nach dem Leben und verlocken ihn auf eine Pilgerfahrt, um ihn im Heiligthum zu ermorden, wie gleiche Verrätherei den deutschen Helden auf die Jagd lockt, wo er am Brunnen mit dem Speer durchbohrt wird. Ein anderes Beispiel gewährt die Geschichte von Askodatta und Vyaydatta, die mit dem Märchen von den zwei Brüdern (Nr 60) Ähnlichkeit hat.

Die Märchen, die bei den Indiern noch heute umgehen, zeigen ganz die volksmäßige Natur. Ein solches findet man als Anhang zu Somadeva Bhatta, in einem andern (Schlegel ind. Bibl. 2, 263) streiten vier Braminen wer der thörigste sei, wie etwa in einem deutschen (Nr 151) wer der faulste. Am merkwürdigsten sind die Geschichten des Paramarta (Einfaltspinsels), weil, ganz im Geist [LVII] der deutschen Lalenbürger, unter dem Schein der höchsten Weisheit die unbeschreiblichsten Albernheiten ausgeführt werden. Wie ergötzlich, wenn der Meister auf einer Reise seinen Schülern den Rath ertheilt nicht eher in den tückischen Fluß zu treten, als bis er sich im Zustand des Schlafes befinde. Dummkopf wird ausgeschickt Nachforschungen anzustellen, wobei ihm die größte Vorsicht empfohlen ist. Er berührt deshalb die Oberfläche des Wassers mit einem brennenden Hölzchen, das zischend verlischt, und wovon der Rauch ihm ins Gesicht steigt. Voll Schrecken lauft er zurück und meldet dem Meister das Wasser sei in heftigem Zorn, es habe gleich einer Schlange um sich gezischt und ihn mit gewaltigem Rauch ersticken wollen: ohne Lebensgefahr könne man in diesem Augenblick den Fluß nicht überschreiten. Elphinstone bemerkt in der Reise nach Kabul (übersetzt von Rühs 1, 95) daß in Asien eine Menge von unsern Schwänken erzählt werden.

Holzmann hat nicht bloß das altindische Mahabharata zu seiner ursprünglichen Gestalt, die an Großartigkeit der Gedanken und Erhabenheit der Gesinnung keinem andern Epos zu weichen braucht, zurück zu führen, den kühnen Versuch gemacht, er hat auch einzelne, für sich bestehende Stücke ausgeschieden. Zwar nehmen diese Theil an der höheren Ausbildung des ganzen Gedichts und sind kein unmittelbarer Ausdruck der Überlieferung, vielmehr ist Kunst in der Darstellung und bewußte Betrachtung sittlicher Zustände eingetreten, doch so manches ganz Märchenhafte in der Grundlage bestimmt mich ihrer hier Erwähnung zu thun und Einiges daraus als Beispiel anzuführen. Dakscha, der Herr der Welt, gibt siebenundzwanzig von seinen Töchtern dem Mond zu Frauen. Alle sind sie schön, doch an Rohini (Stern Aldebaran), die im höchsten Glanz strahlt, hat der Mond das größte Gefallen: er wohnt bei ihr allein. Die übrigen, die sich vernachlässigt sehen, zürnen über den Herrn der [LVIII] Nacht, verklagen ihn bei ihrem Vater und wollen zu diesem zurückkehren. Dakscha ruft den Mond herbei, stellt ihm sein Unrecht vor und fordert ein anderes Betragen. Die sechsundzwanzig gehen wieder in das Haus ihres Gemahls, aber der kühlstrahlende vergißt sie abermals und wohnt nur bei Rohini. Neue Klage der andern bei ihrem Vater, der dem Mond mit seinem Fluch droht: doch vergebens, er hat seine Gedanken nur auf die eine gerichtet. Zum drittenmal klagen jene, Dakscha geräth in Zorn und verhängt die Schwindsucht über den Mond. Jetzt wird dieser von Tag zu Tag kleiner: umsonst bemüht er sich durch Opfer jeder Art die Krankheit zu entfernen. Auf der Erde verändert sich alles, die Kräuter wachsen nicht mehr, die Pflanzen verlieren den Geschmack, die Thiere schwinden hin und die Menschen nähern sich dem Untergang. Die Götter, ale sie vernommen haben was geschehen ist, begeben sich zu Dakscha und bitten um Erbarmen: „bis auf einen schmalen Streif,“ sagen sie, „ist der ganze Mond aufgezehrt, die Kräuter, Gräser und Pflanzen verderben, die Thiere schwinden dahin und alles Leben wird vergehen, endlich auch die Götter, was bleibt der Welt dann übrig?“ Der Herr der Welt erwidert „den Fluch kann ich nicht aufheben, aber ich kann ihn beschränken, wenn der Mond künftig bei allen seinen Frauen wohnt, so soll nur in der Hälfte des Monats die Schwindsucht Macht über ihn haben: er soll in die heilige Flut Saraswati sich tauchen, das wird ihn stärken daß er in der andern Hälfte wieder wächst.“ Der Mond gehorcht indem er bei jeder seiner siebenundzwanzig Frauen einen Tag weilt. Einen halben Monat nimmt er ab, verschwindet dann im heilenden Bad, und mit neuer Kraft gestärkt nimmt er den halben Monat zu. Auch ein Beispiel von dem Übergang des Märchens in die lehrhafte Fabel. Während der König Usinara ein Opfer bringt, kommt eine schüchterne Taube in seinen Schoos geflogen und fleht ihn um Beistand [LIX] gegen den Habicht an, der sie verfolgt. Der Habicht fordert die Taube zurück, da ihn der König der Speise nicht berauben dürfe, auf die er angewiesen sei. Usinara weigert sich, aber der Habicht besteht auf seinem Recht: werde ihm seine Nahrung versagt, so verurtheile er ihn, Weib und Kind zum Tod. Vergeblich bietet der König Stiere, Eber, Hirsch und Büffel an, der Habicht kann sie nicht zur Nahrung brauchen. „Wohlan,“ spricht der Habicht, „gib mir von deinem eigenen Fleisch so viel als die Taube wiegt.“ Der König schneidet sich selbst das Fleisch aus dem Leib, aber die Taube ist schwerer: er schneidet sich noch mehr Fleisch aus, aber das Gewicht der Taube ist immer größer. Endlich steigt der König selbst auf die Wage. Da spricht der Habicht „ich bin Indra, der König des Himmels, und die Taube ist des Feuers Gott, wir sind gekommen deine Tugend zu prüfen, frommer Fürst. Daß du dir das Fleisch von den Gliedern des Leibes geschnitten hast, das wird dir unvergänglichen Ruhm auf der ganzen Welt bereiten.“

Die persischen Märchen in Tuti Nameh entlehnte Nechschebi, der sein Gedicht im Jahr 1329 vollendete, aus indischen Quellen, und aus diesem Gedicht machte im 17ten Jahrhundert Mohamed Kaderi einen prosaischen Auszug, welcher jetzt gedruckt ist. Die Märchen sind fast alle schön, wiewohl das ältere Werk, von welchem Kosegarten aus einer Handschrift in der Vorrede Nachricht gibt, bei weitem den Vorzug verdient. Einige kommen mit deutschen Märchen zusammen, wie ich in den Anmerkungen des dritten Bandes zu Nr 62. 102. 119 gezeigt habe. Übrigens merkt man auch hier schon die Absicht eine gute Lehre zu ertheilen. Dagegen auf persischem Boden gewachsen sind die Märchen, die in Malcolms Werk in bester Auffassung vorkommen. Hier tritt die Übereinstimmung mit deutschen deutlich hervor. Amin der kluge berückt einen übermächtigen Ghul (bösen Geist) in derselben Weise, wie das [LX] Schneiderlein den Riesen (Nr 20): selbst einzelne Züge stimmen überein. Der Schneider spiegelt dem Riesen vor wie Amin dem Ghul er könne Wasser aus einem Stein drücken, was jener durch einen Käs, dieser durch ein Ei bewirkt, das sie statt des Steins in die Hand nehmen; die Iren haben eine entsprechende Redensart (K. v. K. 1, 73) „er ist so stark daß er Lab und Molken aus einem Stein drückt.“ Ferner entgeht das Schneiderlein wie Amin dem Schlag, mit welchem das Ungethüm sie in der Nacht tödten will, dadurch daß sie in der Höhle ihre Lagerstätte vertauschen. In einer andern Erzählung erinnert der Schuhflicker Achmed, der als Sterndeuter vom Zufall begünstigt die geheimsten Dinge an den Tag bringt und zu großem Ansehen gelangt, an den armen Bauer Krebs (Nr 98), der als Doctor Allwissend auftritt und auf gleiche Weise zu Ehren kommt; hier ist ein Zusammenhang bei aller Verschiedenheit der Ausführung nicht leicht zu verkennen.

Äußert sich in den Werken von Somadeva und Nechschebi das Bestreben nach kunstreicher Ausbildung und gewählter Sprache, so hat sich noch der einfache Ausdruck erhalten in dem mongolischen Buche Schiditu Kur, dessen indischer Ursprung, wie mir W. Schott bestätigt, nicht zu bezweifeln ist. Hier zeigt sich unter ganz anderen äußern Verhältnissen die Verwandtschaft mit deutschen Märchen auf das bestimmteste. Die fünf Gefährten, die dem sechsten Beistand leisten, um die schöne Frau zu erlangen, machen ähnliche Ansprüche auf ihren Besitz, wie die vier Brüder (Nr 129). Ein Meisterdieb zeigt gleiche Künste (Nr 192 und norwegisch bei Asbjörnsen Seite 216), der Wundermann vernichtet seine Feinde zwar mit andern Mitteln, aber ganz auf die Weise, wie der Besitzer des Ranzens, des Hütleins und Hörnleins (Nr 54), und die Abenteuer Massangs stimmen mit denen des starken Hans (Nr 166) überein.

Bei den Völkern des deutschen Stammes hat sich der Eifer für [LXI] Erhaltung der Märchen am thätigsten gezeigt. Die in der Wodana bekannt gemachten, mit der behaglichen Umständlichkeit erzählt, die dem Niederdeutschen eigen ist, erregen das Verlangen nach einer vollständigen Sammlung. Ein Gleiches gilt von den dänischen, deren Werth schon was davon bekannt geworden ist außer Zweifel setzt. Großes Lob verdient die norwegische und die schwedische Sammlung wegen ihrer Reichhaltigkeik, sorgfältigen Auffassung und natürlichen gewandten Erzählung. In allen Märchen dieser stammverwandten Völker zeigt sich die größte Übereinstimmung mit den unsrigen, und man kann annehmen daß dieselben Überlieferungen in dem ganzen weiten Bereich zu Hause sind: eine besonders wichtige Bestätigung gewährt das wegen seiner schon im Alterthum bekannten Lösung schwieriger Aufgaben merkwürdige Märchen von der klugen Bauerntochter (Nr 94), das Asbjörnsen im Norden wieder gefunden hat. Ein Unterschied tritt nur insoweit ein, als sie nicht überall vollständig sich erhalten konnten, einzelnes lückenhaft ward und völlig abstarb, oder die Natur der Länder, Bergzüge und weite Ebenen, Sprache, Sitten und Glaube eine Änderung bewirkte. Wenn z. B. bei uns der Geist verschwindet sobald die Mitternacht vorüber ist oder der Hahn kräht, so werden die Riesen im Norden listig hingehalten bis der erste Sonnenstrahl sie berührt, weil sie dann in Stücke zerbersten gleich Steinen, in welche sie nach der Lehre der Edda verwandelt werden.

Die Sammlungen in Deutschland liefern häufig nur abweichende Auffassungen schon bekannter Märchen, die immer Werth haben, oder beschränken sich auf gewisse Gegenden, was bei der örtlichen Sage ein größeres Gewicht hat. Amnuthig sind die in den Mundarten des Elsasses, Vorarlsberg und Holsteins nieder geschriebenen, und Auszeichnung verdient das fleißige Buch Panzers, der den Versuch gemacht hat, sie nach ihrem mythischen Inhalt zu ordnen. [LXII] Es sei mir erlaubt mit einigen allgemeinen Betrachtungen diese Übersicht zu schließen.

Die Übereinstimmung zwischen Märchen durch Zeit und Entfernung weit getrennter nicht minder als nahe an einander gränzender Völker beruht, theils in der ihnen zu Grund liegenden Idee und der Darstellung bestimmter Charaktere, theils in der besondern Verflechtung und Lösung der Verhältnisse. Es gibt aber Zustände, die so einfach und natürlich sind, daß sie überall wieder kehren, wie es Gedanken gibt, die sich wie von selbst einfinden, es konnten sich daher in den verschiedensten Ländern dieselben oder doch sehr ähnliche Märchen unabhängig von einander erzeugen: sie sind den einzelnen Wörtern vergleichbar, welche auch nicht verwandte Sprachen durch Nachahmung der Naturlaute mit geringer Abweichung oder auch ganz übereinstimmend hervor bringen. Man begegnet Märchen dieser Art, wo man die Übereinstimmung als Zufall betrachten kann, aber in den meisten Fällen wird der gemeinsame Grundgedanke durch die besondere, oft unerwartete, ja eigensinnige Ausführung eine Gestalt gewonnen haben, welche die Annahme einer bloß scheinbaren Verwandtschaft nicht zuläßt. Ich will einige Beispiele anführen. Nichts ist natürlicher als die Erfüllung einer Bitte an die Lösung schwieriger Aufgaben zu knüpfen, aber wenn die Aufgaben die seltsamsten von der Welt sind, wie bei der klugen Bauerntochter (Nr 94) und sie stimmen überein, so kann dies nicht mehr Zufall sein. Daß man in schwierigen Fällen einen Schiedsrichter anruft, versteht sich fast von selbst, aber daß aller Orten gerade drei uneins sind, und zwar mit höheren Kräften ausgestattete Wesen, daß es eine Erbschaft ist, die getheilt werden soll, und diese aus drei wunderbaren Dingen besteht, daß endlich der als Schiedsmann angerufene Mensch die Eigenthümer listig darum betrügt (der Mensch muß die selten sich darbietende Gelegenheit benutzen, wenn er den [LXIII] Zwergen oder Kobolden ihre übernatürlichen Schätze abgewinnen will), das setzt einen Zusammenhang der Überlieferung voraus. Dies Gemeinsame gleicht einem Brunnen, dessen Tiefe man nicht kennt, aus dem aber jeder nach seinem Bedürfnis schöpft.

Ich leugne nicht die Möglichkeit, in einzelnen Fällen nicht die Wahrscheinlichkeit des Übergangs eines Märchens von einem Volk zum andern, das dann auf dem fremden Boden fest wurzelt: ist doch das Siegfriedslied schon frühe von dem Norden aufgenommen worden. Aber mit einzelnen Ausnahmen erklärt man noch nicht den großen Umfang und die weite Verbreitung des gemeinsamen Besitzes: tauchen nicht dieselben Märchen an den entferntesten Orten wieder auf, wie eine Quelle an weit abliegenden Stellen wieder durchbricht? Wie die Hausthiere, das Getreide, Acker- Küchen- und Stubengeräthe, die Waffen, überhaupt die Dinge, ohne welche das Zusammenleben der Menschen nicht möglich scheint, so zeigen sich auch Sage und Märchen, der befeuchtende Thau der Poesie, so weit der Blick reicht, in jener auffallenden und zugleich unabhängigen Übereinstimmung. Auch in gleicher Nothwendigkeit des Daseins, denn nur wo Geldgier und die schnarrenden Räder der Maschinen jeden andern Gedanken betäuben, meint man ihrer entrathen zu können. Wo noch gesicherte, herkömmliche Ordnung und Sitte des Lebens herrscht, dauern sie fort: die besten habe ich von Bauern vernommen, und ich weiß daß dies Buch von ihnen mit der größten Freude ist gelesen, ja im eigentlichen Sinne vergriffen worden; selbst bei den schon lange dem Vaterland entfremdeten Deutschen in Pensilvanien, hat sich noch Empfänglichkeit dafür gezeigt. Will man sich eine plötzliche Ankunft der Sage denken, etwa wie den Strom eines wandernden Volks, der sich in unbewohnte Landesstrecken, in eine nach der andern, ergießt und sie erfüllt? Wie will man es erklären, wenn die Erzählung in einem einsamen hessischen Gebirgsdorf mit einem indischen [LXIV] oder griechischen oder serbischen Märchen einer Grundlage nach übereinkommt?

Von dem Gemeinsamen, das in der überall hervortretenden Erscheinung einiger scharf ausgeprägten Charaktere liegt, habe ich schon früher, in der Einleitung zu dem ersten Band der zweiten Ausgabe (L–LIV) geredet und will darauf zurück kommen. Der Dummling, ungeschickt zu allen Dingen, wozu Erfahrung, Witz und Gefügsamkeit gehören, wird anfangs zurück gesetzt, muß gemeine Arbeiten verrichten und Spott erdulden: er ist der Verachtete, der in der Asche am Herde seinen Platz, unter der Treppe seine Schlafstätte hat. So muß in der altfranzösischen Sage der starke Rennewart Küchendienste thun, und der britische Parzival, der einen Anflug davon hat, heißt der tumbe klâre, doch eine höhere Kraft und Freudigkeit leuchtet bei den jugendlichen Helden schon durch. In den Märchen ist er gewöhnlich der jüngste von drei Brüdern, den die beiden andern mit Stolz und Hochmuth behandeln. Kommt es aber zur That, so erhebt er sich schnell, und er allein vermag die Aufgabe zu lösen, die den Vorzug unter ihnen bestimmt, denn ihm hat eine höhere Macht beigestanden und den Sieg verliehen. Unterliegt er dem Verrath und verliert das Leben, so verkündigt lange nachher der hervor gespülte, weiß gebleichte Knochen die Unthat, damit sie nicht ungestraft bleibe.

Ungeschickt und tölpelhaft sind die Riesen, klug und listig die Zwerge. Die Eigenschaften der letztern werden gesteigert in dem Däumling, dem alle die geheimen Kräfte eigen sind, die dem Finger, von dem er den Namen hat, beigelegt werden. Klug und verschlagen berückt er, äfft und neckt jedermann. Die Unfälle, in welche ihn seine winzige Gestalt bringt, weiß er zu überwinden. Das Glück ist ihm günstig und läßt die prahlerischen Lobsprüche, die er sich beilegt, in Erfüllung gehen. Als behendes Schneiderlein [LXV] schreckt er Riesen, tödtet Ungeheuer und weiß die schwersten Räthsel zu lösen.

Wird die Albernheit unter dem Schein eines breiten Verstandes und mit sichtbarem Wohlgefallen, aber mit voller Gutmüthigkeit betrieben, so kommen die Lalenbürger zum Vorschein, deren Narrheiten das bekannte deutsche Buch in einigem Zusammenhang darstellt, wie die nicht minder treffliche indische Erzählung von Paramarta. Die liebe Dummheit ohne alle Zuthat kommt bei Catherlieschen, dem Frieder (Nr 59) gegenüber, glänzend an den Tag und ist ebenso natürlich in dem Märchen vom gescheidten Hans (Nr 32 und Vogls Großmütterchen S. 93) geschildert; in dem abenteuerlichen Zug der sieben Schwaben macht sie sich auf andere Weise Luft. Eingemischte Schalkheit führt zu den Streichen Eulenspiegels, die älter sind als man glaubt: schon der Riese Kullervo in Kalevala richtet unter dem Schein der Folgsamkeit was ihm aufgegeben wird so verkehrt aus, daß es zum Verderben ausschlagen muß. Schadenfreude steht bei dem Bäuerlein (Nr 61) im Hintergrund, das sich anfänglich nur dumm anstellt, dann aber immer weiter schreitend das Schlimmste unter der Decke der Unschuld ausführt: übertroffen wird es von dem irischen Darby Duly und noch weiter geht der walachische Bakâla, der keine Schandthat scheut.

Dagegen ist es harmlose Lust, die den Aufschneider antreibt, wenn er behauptet unerhörte Dinge vollbracht zu haben. Er ist an einem dünnen Stiel in den Himmel gestiegen, hat sich dort umgesehen und hernach an einem Seil von Spreu wieder herab gelassen, oder was er sonst Unglaubliches erlebt hat. Davon berichten deutsche Märchen (Nr 112. 138. 159), ein norwegisches (Asbjörnsen Seite 284), am vollständigsten ein serbisches vom Bartlos (Bd 3, 421) und ein slavonisches (Vogl Seite 71): auf andere Weise, aber nicht minder gut das irische von Daniel O Rourke; die bekannten [LXVI] münchhausischen Lügen sind nur ein matter, geistlos behandelter Nachhall. Dichtungen dieser Art waren schon frühe vorhanden, der Modus florum aus dem zehnten Jahrhundert (Eberts Überlieferungen 1, 79) knüpft sie, wie ein deutsches Märchen (Bd 3, 201) an die Bekanntmachung eines Königs, wonach derjenige seine Tochter zur Frau haben soll, der am besten zu lügen weiß. Gewahrt wird dabei immer ein gewisser Schein des Möglichen, während die Märchen vom Schlaraffenland (Nr 158. Haupts Zeitschrift 2, 560) absichtlich das Unmögliche zusammen bringen: der Habicht schwimmt über den Rhein, die Fische schreien, der Blinde sieht einen Hasen laufen und der Stumme ruft die Lahmen herbei, der den Hasen greift. Die menschliche Einbildungskraft befriedigt hier das Verlangen das große, alle Schranken zerschneidende Messer einmal mit voller Freiheit zu handhaben.

Der Meisterdieb, der den gemeinen Diebstahl verachtet, der aber einer angeborenen Lust folgend mit kecker Gewandtheit Streiche ausführt, die einem andern unmöglich sind, der dem Vogel die Eier unter den Flügeln wegnimmt, ohne daß es dieser merkt, ein solcher macht auf eine gewisse Ehre Anspruch. Man gedenkt seiner nicht bloß ohne Unwillen, es gibt Märchen, die ausschließlich von solchen erzählen, die in ihrer Kunst den letzten Grad erreicht haben, und darin stimmen indische, deutsche, nordische und italienische Überlieferungen zusammen.

Endlich der Bruder Lustig oder der Spielhansel, der sich um nichts kümmert als um ein fröhliches Leben und den Unterschied zwischen Recht und Unrecht zu beachten selten aufgelegt scheint. Da er aber von Natur nicht bösartig ist, und eine solche Stimmung sich ohne Humor nicht durchsetzen läßt, so geht ihm manches hin, was bei andern für unerlaubt gilt, wie Shakespear seinen Falstaff, der nur in diesem Wasser schwimmen kann, sogar liebenswürdig zu [LXVII] machen gewußt hat. Die Märchen stellen ihn meist dar, wie er mit dem Herrn oder dem Apostel Petrus, die auf Erden wandeln, zusammen kommt. Der Herr will bei ihm herbergen, und der Bruder Lustig ist bereit das letzte mit ihm zu theilen, veruntreut aber gleich im Spiel den Groschen, der ihm gegeben war einen Trunk zu holen. Dem Apostel, der ihn in der Gestalt eines Armen um ein Almosen anspricht, reicht er seinen letzten Heller, und als dieser, weil er glaubt einen Frommen gefunden zu haben, mit ihm zieht, betrügt er ihn alsbald um das Herz des gebratenen Lämmchens und äußert seinen Verdruß, daß jemand, dem so große Macht zu Gebot stehe, nicht mehr Geld zu gewinnen suche. Als Bärenhäuter dient er dem Teufel, wird aber aus der Hölle wieder fort geschickt. Den Tod hat er lange zum Narren, als er endlich genöthigt ist ihm zu folgen, wollen weder Himmel noch Hölle ihn einlassen, bis er durch eine List sich Eingang in jenen verschafft.

Gemeinsam allen Märchen sind die Überreste eines in die älteste Zeit hinauf reichenden Glaubens, der sich in bildlicher Auffassung übersinnlicher Dinge ausspricht. Dies Mythische gleicht kleinen Stückchen eines zersprungenen Edelsteines, die auf dem von Gras und Blumen bewachsenen Boden zerstreut liegen und nur von dem schärfer blickenden Auge entdeckt werden. Die Bedeutung davon ist längst verloren, aber sie wird noch empfunden und gibt dem Märchen seinen Gehalt, während es zugleich die natürliche Lust an dem Wunderbaren befriedigt; niemals sind sie bloßes Farbenspiel inhaltloser Phantasie. Das Mythische dehnt sich aus je weiter wir zurück gehen, ja es scheint den einzigen Inhalt der ältesten Dichtung ausgemacht zu haben. Wir sehen wie diese, getragen von der Erhabenheit ihres Gegenstandes und unbesorgt um Einklang mit der Wirklichkeit, wenn sie die geheimnisreichen und furchtbaren Naturkräfte schildert, auch das Unglaubliche, das Gräuelhafte und Entsetzliche nicht abweist. [LXVIII] Sie wird erst milder, wenn die Beobachtung einfacher Zustände in dem Leben des Hirten, des Jägers, des Ackerbauenden, und der Einfluß gereinigter Sitte hinzu tritt. Mit Verwunderung erblicken wir in der finnischen und nordamerikanischen Sage das Maßlose und Ungeheure unmittelbar neben Schilderungen des einfachsten, fast idyllischen Lebens. Oft unschön, manchmal nackt und roh erfüllt es die tibetische Sage, obgleich auch hier nicht ganz die Darstellung natürlicher Verhältnisse oder Äußerungen wahrhafter Empfindung fehlen. In dem Grad, in welchem menschliche und gemilderte Sitte sich entwickelt und die sinnliche Fülle der Dichtung wächst, weicht das Mythische zurück und beginnt sich mit dem Duft der Ferne zu überziehen, der die Deutlichkeit der Umrisse schwächt, aber die Anmuth der Dichtung erhöht, etwa wie die bildende Kunst von den scharf gezeichneten, hagern, sogar häßlichen aber bedeutungsvollen Gestalten zu der äußern Schönheit der Formen übergeht. Kommt der Glanz der Heldenzeit über ein Volk, und bewegen große Thaten die Gemüther, so erfolgt eine neue Umwandlung der Sage. Die Götter gesellt Homer zu den Menschen, deren Gestalt sie annehmen, und die Helden werden fast bis zu ihnen hinauf gerückt: in Mahabharata wird Nahuscha ein Mensch als König über die Götter wie über die Welt gesetzt und Gleichstellung beider in dem Krieg der Kuruinge und Panduinge ist noch größer als in der Ilias. Damajanti weiß den Nala von den Himmlischen, die sich zu der Brautwerbung mit ihm eingefunden haben, nicht zu unterscheiden. Ganga gebiert dem Könige Pratipa acht Kinder, ehe er erfährt daß sie eine Göttin ist. Der Einzelkampf, in dem sonst die Entscheidung lag und der genau bestimmten Gesetzen unterworfen war, breitet sich zur Völkerschlacht aus, wo alle an dem Ruhm des Sieges oder dem Untergang eines Heldengeschlechts Theil nehmen. Das Epos strebt nach geschichtlicher Wahrheit, Maß und Ordnung [LXIX] aller Dinge, wie nach innerm Adel der Gesinnung: das Mythische und Wunderbare, wo es noch verbleibt, muß den Schein des Geschichtlichen annehmen und als Wahrheit gelten. Nur wenig davon erträgt das Nibelungelied, nur im Hintergrund zeigen sich die Schwanenjungfrauen, selbst die Hornhaut und Unverwundbarkeit Siegfrieds war der ältern Auffassung der Edda fremd: auch der Erwerb des unsichtbar machenden Mantels statt der Annahme einer andern Gestalt, wozu Götter die Kraft besitzen, mag erst aus Märchen eingeführt sein. In der Dieterichssage und in der älteren Gudrun ist es bis auf leise Spuren verschwunden, gänzlich in Walther und Hildegunde. Neben der Heldensage hat das Märchen gewis ununterbrochen fort bestanden, schon in der heutigen oder einer ihr nahe kommenden Gestalt, nur weniger lückenhaft und gestört. Zeugnis davon liefern das lateinische Märchen bei Ratherius (Haupts Zeitschr. 8, 21), der Modus liebinc das Schneelied, und Modus florum (Eberts Überlieferungen 1, 79) alle drei aus dem zehnten Jahrhundert, ferner der König Laurin, Sanct Oswald, die Entführung Hagens durch den Greif in dem ersten Theil der Gudrun, der Rosengarten, der arme Heinrich, der Pfaffe Amis, Schretel und Wasserbär (Haupts Zeitschr. 6, 174), die zwölf Tursen (Altd. Wäld. 3, 178. Konrad von Würzburg MS. 2, 205), der rosenlachende Mann in Heinrichs von Neustadt Apollonius (Alt. Wäld. 1, 72).

Man wird fragen wo die äußern Grenzen des Gemeinsamen bei den Märchen beginnen und wie die Grade der Verwandtschaft sich abstufen. Die Grenze wird bezeichnet durch den großen Volksstamm, den man den indogermanischen zu benennen pflegt, und die Verwandtschaft zieht sich in immer engern Ringen um die Wohnsitze der Deutschen, etwa in demselben Verhältnis, in welchem wir in den Sprachen der einzelnen dazu gehörigen Völker Gemeinsames [LXX] und Besonderes entdecken. Findet man bei den Arabern einige mit deutschen verwandte Märchen, so läßt sich dies auf die Abstammung der Tausend und einen Nacht, wo sie vorkommen, aus indischer Quelle erklären, die Schlegel mit Recht behauptet hat. So gewis für jetzt die angegebene Grenze gilt, so ergibt sich vielleicht, wenn noch andere Quellen sich aufthun, die Nothwendigkeit einer Erweiterung, denn mit Erstaunen erblickt man in den paar Märchen, die von den Betschuanen einem Wandervolk in Südafrika bekannt geworden sind, einen nicht wegzuleugnenden Zusammenhang mit deutschen, während ihre eigenthümliche Auffassung sie weit von ihnen trennt. Dagegen in den nordamerikanischen habe ich wenigstens keine so bestimmte, ins Einzelne gehende Übereinstimmung gefunden. Einige Berührung zeigen tibetische Märchen, wie finnische: deutliche Verwandtschaft tritt hervor in den indischen und persischen, entschiedene in den slavischen: ein croatisches erzählt sogar von der Wanderung Gottes und des hl. Petrus (vergl. Vogls Großmütterchen S. 27 mit Nr 82), wovon sonst nur die Deutschen wissen. Am nächsten rückt sie vor in den romanischen: die Verbindungen, in welchen beide Völker zu allen Zeiten gestanden und die Vermischungen, die schon früher statt gefunden haben, erklären hinlänglich diese große Übereinstimmung. Hat sich doch das umfangreiche, ursprünglich deutsche Thierepos nur in französischen Dichtungen erhalten, die es von den Franken geerbt haben. Die deutschen Märchen, glaube ich, besitzen nicht nur der nördliche und südliche Theil unseres Vaterlandes, sondern auch die nahverwandten Niederländer, Engländer und Skandinavier in völliger Gemeinsamkeit; die neusten Sammlungen gewähren davon Überzeugung. Es ändert nichts, wenn, wie auf hohen Gebürgen oder in versumpften Niederungen nicht alle Pflanzen fortkommen, hier und da eine kleinere oder größere Anzahl abgestorben ist, ebenso wenig, wenn dir verschiedene Natur des Landes [LXXI] und die darauf gegründete Lebensweise und Sitte auf die äußere Gestaltung Einfluß geübt hat.

Doch etwas hat das engere Deutschland voraus, es besitzt allein das Thiermärchen, sei es, daß es bei andern Völkern ursprünglich nicht vorhanden war oder nicht zur Entwicklung gelangte: nur den alten Griechen ist es nicht fremd gewesen; was bei den Wenden in der Lausitz davon vorkommt, mag von den benachbarten Deutschen übergegangen sein. In dem altindischen und tibetischen Epos, bei den Nordamerikanern, Finnen, Gälen, Persern, Slaven und Romanen werden häufig genug Thiere in die Schicksale der Menschen verflochten, oder gute und böse Götter üben in Thiersgestalt ihre Macht aus (als eins der schönsten Beispiele habe ich oben aus Mahabharata das Märchen von der Taube und dem Habicht angeführt), doch wird nicht das abgesonderte, von den Menschen unabhängige Leben der Thiere dargestellt, darin liegt aber der Grundgedanke, der höchst überraschend auch bei den Betschuanen zum Vorschein kommt; in dem Märchen eines Kosacken finde ich ihn so wenig als in den Thierfabeln des Mahabharata (Holzmann 1, 81. 2, 168), die nur eine sittliche Betrachtung geltend machen wollen.

In diesen Märchen wird den Thieren der geordnete Zustand eines staatlichen Lebens beigelegt. Ein König herrscht über sie und fordert unbedingten Gehorsam: es gilt ein herkömmliches Gesetz, dem sie sich unterwerfen müssen. Sie haben Anführer, vereinigen sich in Schaaren, die gegen einander ausziehen und sich bekriegen. Neben Treue und Redlichkeit erhebt sich Bosheit und List, bei deren Vertretung der Fuchs seine ausgezeichnete Begabung an den Tag legt. Rohe Gewalt hilft nicht immer, der kleine Zaunkönig weiß über den unbeholfenen Bären den Sieg zu erreichen. Durch die Sprache, die ihnen verliehen ist und sie höherer Gedanken theilhaftig [LXXII] macht, werden sie dem Menschen fast gleichgestellt, der ihnen gegenüber meist feindselig auftritt und selten in gutem Licht erscheint, aber auch oft den kürzern zieht. Der schwache Sperling weiß den ihm befreundeten Hund an dem unbarmherzigen Fuhrmann zu rächen, den er völlig ins Verderben lockt. Nur ein ruhiges Hirten- und Jägervolk konnte in langem und vertraulichem Umgang das heimliche Leben der Thiere in Wäldern, Triften und Einöden kennen gelernt haben und erblickte in dem Bau der Wohnungen, der Heimkehr, der Vorsorge für die Nahrung und Pflege der Jungen eine der menschlichen nahe kommende Ordnung. Die leise Ironie und das Humoristische, das sich der Darstellung öfter beimischt, gewährt dieser Abspiegelung noch einen besonderen Reiz.

Erdmannsdorf in Schlesien

am 30sten September 1850.

Wilhelm Grimm.
[LXXIII]
Inhalt.
1. Der Froschkönig oder der eiserne Heinrich Seite     1
2. Katze und Maus in Gesellschaft 6
3. Marienkind 10
4. Märchen von einem, der auszog das Fürchten zu lernen 17
5. Der Wolf und die sieben jungen Geislein 29
6. Der treue Johannes 33
7. Der gute Handel 44
8. Der wunderliche Spielmann 50
9. Die zwölf Brüder 54
10. Das Lumpengesindel 61
11. Brüderchen und Schwesterchen 64
12. Rapunzel 73
13. Die drei Männlein im Walde 79
14. Die drei Spinnerinnen 86
15. Hänsel und Grethel 90
16. Die drei Schlangenblätter 100
17. Die weiße Schlange 105

[LXXIV]

18. Strohhalm, Kohle und Bohne Seite     111
19. Von dem Fischer un syner Fru 113
20. Das tapfere Schneiderlein 124
21. Aschenputtel 136
22. Das Räthsel 146
23. Von dem Mäuschen, Vögelchen und der Bratwurst 150
24. Frau Holle 153
25. Die sieben Raben 158
26. Rothkäppchen 162
27. Die Bremer Stadtmusikanten 167
28. Der singende Knochen 172
29. Der Teufel mit den drei goldenen Haaren 175
30. Läuschen und Flöhchen 184
31. Das Mädchen ohne Hände 187
32. Der gescheidte Hans 195
33. Die drei Sprachen 199
34. Die kluge Else 203
35. Der Schneider im Himmel 208
36. Tischchen deck dich, Goldesel, und Knüppel aus dem Sack 211
37. Daumesdick 224
38. Die Hochzeit der Frau Füchsin 232
39. Die Wichtelmänner 236
40. Der Räuberbräutigam 241
41. Herr Korbes 246
42. Der Herr Gevatter 248
43. Frau Trude 251
44. Der Gevatter Tod 253
45. Daumerlings Wanderschaft 257
46. Fitchers Vogel 263

[LXXV]

47. Von dem Machandelbom Seite     268
48. Der alte Sultan 280
49. Die sechs Schwäne 284
50. Dornröschen 291
51. Fundevogel 296
52. König Drosselbart 300
53. Sneewittchen 306
54. Der Ranzen, das Hütlein und das Hörnlein 318
55. Rumpelstilzchen 326
56. Der Liebste Roland 330
57. Der goldene Vogel 335
58. Der Hund und der Sperling 346
59. Der Frieder und das Catherlieschen 351
60. Die zwei Brüder 360
61. Das Bürle 388
62. Die Bienenkönigin 395
63. Die drei Federn 398
64. Die goldene Gans 402
65. Allerleirauh 408
66. Häsichenbraut 416
67. Die zwölf Jäger 418
68. De Gaudeif un sien Meester 422
69. Jorinde und Joringel 425
70. Die drei Glückskinder 429
71. Sechse kommen durch die ganze Welt 433
72. Der Wolf und der Mensch 440
73. Der Wolf und der Fuchs 442
74. Der Fuchs und die Frau Gevatterin 445
75. Der Fuchs und die Katze 447
76. Die Nelke 449

[LXXVI]

77. Das kluge Grethel Seite     456
78. Der alte Großvater und der Enkel 460
79. Die Wassernix 462
80. Von dem Tode des Hühnchens 464
81. Bruder Lustig 467
82. De Spielhansl 481
83. Hans im Glück 485
84. Hans heirathet 492
85. Die Goldkinder 494
86. Der Fuchs und die Gänse 501

  1. in die sich Kinder selbst so gern greifen (Fischarts Gargantua 129 b. 131 b.), und die sie sich holen möchten.
  2. Merkwürdig ist daß bei den Galliern nicht erlaubt war die überlieferten Gesänge aufzuschreiben, während man sich der Schrift in allen übrigen Angelegenheiten bediente. Cäsar, der dies anmerkt (de B. G. VI. 4.), glaubt daß man damit habe verhüten wollen, im Vertrauen auf die Schrift, leichtsinnig im Erlernen und Behalten der Lieder zu werden. Auch Thamus hält dem Theuth (im Phädrus des Plato) bei Erfindung der Buchstaben den Nachtheil vor, den die Schrift auf die Ausbildung des Gedächtnisses haben würde.
  3. Unser Bruder Ludwig Grimm hat eine recht ähnliche und natürliche Zeichnung von ihr radiert, die man in der Sammlung seiner Blätter (bei Weigel in Leipzig) findet. Durch den Krieg gerieth die gute Frau in Elend und Unglück, das wohlthätige Menschen lindern aber nicht heben konnten. Der Vater ihrer zahlreichen Enkel starb am Nervenfieber, die Waisen brachten Krankheit und die höchste Noth in ihre schon arme Hütte. Sie ward siech und starb am 17. Nov. 1816.
  4. Nachdem Francis Cohen im Quarterly Review (1810 Mai) die ältere Ausgabe ausführlich angezeigt hatte, erschien nach der zweiten eine Übersetzung von Edgar Taylor in zwei Theilen mit geistreichen Kupfern von Cruikshank (German popular stories. London 1823 und 1826), welche nochmals (1839) aufgelegt ward. Eine andere Auswahl mit Bildern von Richard Doyle lieferte John Edward Taylor (The fairy ring: a new collection of popular tales translated from the german of Jacob and Wilhelm Grimm. London 1846). Ein einzelnes Märchen The charmed Roe or the little brother and little sister illustrated by Otto Spekter London 1847; die Bilder sind sehr hübsch. Eine holländische (Sprookjesboek vor Kinderen. Amsterdam 1820) enthielt einen Auszug, wie eine dänische von Hegermann-Lindencrone (Börne Eventyr. Kopenh. 1820 oder 21). Auch in Dansk Laesebog for Tydske af Frederik Bresemann, zweite Auflage 1843, S. 123–133 sind drei Stücke von J. F. Lindencrone übersetzt. Einzelne Stücke hat Öhlenschläger übertragen, eine größere Anzahl C. Molbech (Julegave for Börn 1835–1839 und Udvalgte Eventyr og Fortällingar. Kopenhagen 1843). Mehrere Stücke findet man in Reuterdahls Julläsning for barn ins Schwedische übersetzt. Das Journal de Débats vom 4ten August 1832 enthält sinnreiche Äußerungen über das Buch und als Probe eine Übersetzung des Märchens von dem eisernen Heinrich: ferner das Blatt vom 1. Jan. 1834 ein Bruchstück aus dem Machandelbaum; späterhin (Paris 1836) erschienen Contes choisis de Grimm traduits par F. C. Gérard mit Kupfern. Endlich im Jahr 1846 Contes de la famille par les frères Grimm, traduits de l’allemand par N. Martin et Pitre-Chevalier (Paris ohne Angabe des Jahrs) mit einer märchenhaften Biographie.